Chemnitz (Galerie)

  • Zitat von "ursus carpaticus"

    Diese grenzdebilen Verhüllungsaktionen sind symptomatisch für die Lieb- und Respektlosigkeit im Umgang mit städtischen Ensembles. WAs soll der Quatsch? Das Denkmal ist nicht dazu da, innerhalb einer kondomartigen Verpackung begafft zu werden, sondern im Zusammenhang mit der Platzanlage wahrgenommen zu werden. Viele Touristen, so auch ich, v.a aber auch die Einheimischen, die ja etwas von ihrer Stadt sehen wollen, werden so um wesentliche Eindrücke betgrogen. Sowas ist meinetwegen für ein paar Wochen lustig, aber doch nicht als Dauerzustand.

    Es ist ja auch kein Dauerzustand, sondern war vielmehr nur für einige Wochen lustig. Aber gut, knappe drei Monate können manchmal auch verdammt lang sein!

    http://www.ad-hoc-news.de/vom-marx-kopf-zum-quadrat-nischel-architektursommer-mit--/de/News/17343966\r
    http://www.ad-hoc-news.de/vom-marx-kopf ... s/17343966

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Zitat von "spacecowboy"

    Nürnberg, Würzburg, immer diese unpassenden Vergleiche! Chemnitz war schon vor dem zweiten Weltkrieg eine moderne Industriestadt mit Kontrasten, nicht nur, sicher, aber eben hauptsächlich. Eine Stadt, wie viele andere Industriestädte auch, nicht zu vergleichen mit der historischen Einmaligkeit Nürnbergs, das es kein zweites Mal auf Erden gab. Unter diesem Gesichtspunkt kann man den Nürnberger und Würzburger Wiederaufbau für grandios gescheitert erklären, weil dieser qualitativ nicht im entferntesten an die Zeit davor anknüpft, während Chemnitz den bereits weit vor dem Krieg eingeschlagenen modernen Weg konsequent weiterverfolgt. Und die bauliche Qualität gerade der Neubauten begeistern mich auch. Wie ursus schon andeutete, wenn die Chemnitzer Lust auf eine historische Altstadt haben, fahren sie - wie vor hundert Jahren schon - ins nahe Freiberg oder Meißen.

    Das ist eine interessante Ansicht. Wir diskutieren in Chemnitz über dem der Stadt verpassten Slogan "Chemnitz - Stadt der Moderne". Er wird oft nur an der Architektur festgemacht. Chemnitz hat im Stadtbild noch eine Reihe Gebäude aus den 20er Jahren. Hinzu kommen die Neubauten der letzten 15 Jahre.
    Chemnitz' erste Eigenschaft, was der Stadt auch zum Erfolg verhalf, ist die Veränderung, das schnelle Eingehen auf neues. So war es in der Industrie, wie neue Technologien schnell übernommen wurden oder eben auch im Stadtbild. Chemnitz' eigentliche Altstadt wurde im letzten drittel des 19. Jh. schnell beseitigt um neuen Platz zu machen. Wenn man sich Chemnitz' Innenstadt anschaut, kann man auch sagen, moderne Architektur hat nicht unbedingt den Anspruch schön zu sein. Eher funktional. So ist Chemnitz authentisch. Auch im Stadtumbau wurde so verfahren. Was nicht gebraucht wurde, hat man eben beseitigt ... Schön ist das Ergebnis allerdings nicht.

  • Ich find die Stadt sehr wohl schön. Nicht gezeigt wurde der Schlossberg mit der Kirche und dem Teich darunter... sogar ein bisschen ein Rudiment eines Altstadtviertels ist dort noch übrig.
    Die Stadt hat ein eigenes Flair, das fangt schon bei dem lustigen Dialekt an, der wirklich fast unverständlich ist.
    @Dirk
    Dass ich etwas "schönrede", hat bisher noch niemand behauptet. :D

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Chemnitz hat sicherlich etwas aber als schön würde ich es dennoch nicht bezeichnen und wenn ich die Bilder vom "alten Chemnitz" als Vergleich sehe, dann fühle ich mich darin bestätigt. Man könnte jetzt sagen, ach du, du hast doch das "alte Chemnitz" gar nicht live miterlebt, wie kannst du dir dann so ein Urteil erlauben. Mit den Leuten in meinem unmittelbaren Umfeld aber, die das Vorkriegschemnitz noch miterlebt haben, ist man durch die Bank weg ebenfalls meiner Meinung. Meine Oma hat mal zynisch gesagt, dass die Bombenangriffe auf Chemnitz auch was gutes hatten, denn durch die entfachten Brände/Zerstörung verschwanden die ganze versifften und verwanzten Gebäude. Was immer das bedeuten mag.

    XFlipX

  • Nun, verwanzt wurden die Chemnitzer Häuser vermutlich erst in den Jahrzehnten nach der Zerstörung. :zwinkern:

    Aber eine kleine Anmerkung will ich mir nicht verkneifen. Diese allerdings wohlgemerkt mit der Ankündigung, daß ich nichts weiter zu dieser Sache schreiben werde, mich also an keiner weiteren Diskussion beteiligen. Keine Zeit dazu, keine Lust dazu, wäre dann ohnehin off-topic. Also nur als kleine Anmerkung @"ursus carpaticus":
    Einerseits bist Du - im besten Sinne - sehr radikal in der Analyse und Kritik des materialistischen Systems der Moderne incl. Wachstumsfetischismus. Andererseits aber ignorierst Du, daß das Phänomen der modernen Architektur untrennbares Ergebnis dieses Systems ist. In Deiner häufigen Ablehnung des Historismus zeigst Du noch Konsequenz. Du lehnst den Historismus vor dem gleichen Hintergrund ab, wie andere ihn begrüßen. Du lehnst ihn als Anfang der fatalen Entwicklung des Wachstumssystems ab, während andere ihn noch befürworten, weil in ihm, wenngleich in einer Endzeit, noch etwas aus der Zeit vor dem konsequenten Durchbruch dieses Systems steckt. Man kann z.B. einen Bahnhof als Mittel der Beschleunigung der Infrastruktur ablehnen, ihn andererseits aber bewundern, weil in ihm z.B. der Geist des antiken oder ägyptischen Monumentalismus noch durchschimmert, demnach ein Rest religiösen Bewußtseins. Also, einerseits bist Du sehr radikal in der geistigen Durchdringung der Moderne, andererseits aber kommt dann immer wieder mal bei irgendwelchen Klötzen der Moderne oder Neubauprojekten nur ein banales "mir gefallt´s". Das ist ein innerer Grundwiderspruch.
    Ich empfehle zur Funktion moderner Architektur als Mittel des Systems z.B. den kleinen Aufsatz über Gegenwartsarchitektur in Michel Houellebecqs "Die Welt als Supermarkt".

    Zu Chemnitz: Ich kenne die Stadt nicht, bin nur einmal durchgefahren. Nach den Bildern kann ich mit ihr leben, weil die Stadt ohnehin keine sehr große Historie hat und weil es eben noch historische Ankerpunkte im Stadtbild gibt, von denen aus man Stadtreparatur betreiben kann. Insofern sei "ursus´" Gefühl hinsichtlich der Stadt nicht widersprochen. Das geht mir ähnlich. Gleichwohl sollte man die Situation und die damit verbundenen Strukturen aber auch nicht schönreden.

  • Zitat

    Einerseits bist Du - im besten Sinne - sehr radikal in der Analyse und Kritik des materialistischen Systems der Moderne incl. Wachstumsfetischismus. Andererseits aber ignorierst Du, daß das Phänomen der modernen Architektur untrennbares Ergebnis dieses Systems ist.

    Da muss ich dir widersprechen, zeigt doch gerade das Beispiel Chemnitz, wie das Phänomen "Moderne" auch ohne materialistisches, vielmehr innerhalb eines sozialistischen Systems eine ganze Stadt umgestaltet hat. Für mich sind jedenfalls beide Varianten des "modernen" Wiederaufbaus, in Ost und West, äußerst schädlich für unsere Städte gewesen, wobei ich sagen muss, daß jener im Osten in Städten wie Chemnitz, Magdeburg oder Dresden ganz besonders radikal war, wurde hier in den Stadtzentren doch das komplette Gedächtnis beseitigt, fast die komplette Bebauung und alte Straßenverläufe, der Grundriss der Stadt noch dazu. Dieser wurde sogar in enorm zerstörten westdeutschen Städten wie Köln wenigstens noch teilweise beibehalten, von daher ziehe ich diese Variante des Wiederaufbaus, die wieder verdichtete Stadt, besagter Ost-Variante der großen Leere immernoch vor.

    In dubio pro reko

  • Ich gebe zu bedenken, das unsere heiß geliebten Altstädte im Vorkriegsdeutschland nicht als das non plus ultra galten. (soweit ich weiß) Gerade im Osten, war der Neuaufbau der Innenstädte, der Versuch, es besser zu machen. Breitere Straßen, Wohnhäuser, wie in der Vorstadt etc. ...

  • Es war der Versuch, die bürgerliche Stadt zu beseitigen. Es war keine gute Absicht, sondern knallharte politische Ideologie, durch die Städte wie Chemnitz und Dresden, oder die Berliner Stadtmitte buchstäblich leergeräumt wurden. In westdeutschen Städten wurde natürlich auch viel abgerissen, aber man hat die Stadt wieder ähnlich baulich verdichtet wie vor der Zerstörung, damit einher ging eine viel höhere Urbanisierung als die sozialistischen, zugig-monumentalen Stadtzentren es je erreichen konnten (und was ja wohl auch nicht beabsichtigt war). Dieses Bewahren der bürgerlichen Stadt ist dem westdeutschen Nachkriegsstädtebau immerhin gelungen, einer Stadt wie Chemnitz fehlt diese Kontinuität, in Dresden wird wenigstens das Zentrum wiederhergestellt.

    In dubio pro reko

  • Mir gefallen die DDR Stadtzentren auch überhaupt nicht. Im Falle von Karl-Marx-Stadt habe ich das den Architekten von damals sogar ins Gesicht gesagt.
    Aber ich denke die Ideologie, die Du beschreibst ist auch Ergebnis der alten Deutschen Innenstädte. Das enge Wohnen viel zu vieler Personen auf kleinem Raum und die Probleme die das mit sich bringt... Man wollte an der Stelle etwas verändern. Das dies in westdeutschen Städten nicht ging und dort die alten Parzellen neu bebaut wurden, hatte andere Gründe. Da hatte die DDR andere Möglichkeiten. Auch wenn die nicht demokratisch waren.

  • Da ist viel zusammengekommen.
    Die Debatte, ob der Wiederaufbau im Osten besser war, als im Westen, hatten wir schon oft. Mein Standpunkt ist, dass er da wie dort idR keinen Schuss Pulver wert war. Vom Konzept war die Leere des Ostens sicher nicht schlechter: die "urbane Verdichtung" im Westen, die (ungefähre) Beibehaltung des alten Grundrisses bedeutet nichts, wenn nur Müll und Schrott gebaut wird. Und Nichts, also Leere ist immer noch besser als verdichteter Schrott wie zu Würzburg, Nürnberg.

    Zitat

    Dieses Bewahren der bürgerlichen Stadt ist dem westdeutschen Nachkriegsstädtebau immerhin gelungen


    Solche Sätze versteh ich nicht. Was ist im heutigen Nürnberg denn bitte noch bürgerlich? Der Kaufhof neben der Mauthalle? Die Deutsche Bank am Hauptmarkt? Die Genossenschaftsbauten, nur weil sie ein Schrägdach haben?

    Der Vorhalt von Heimdall ist interessanter:

    Zitat

    Andererseits aber ignorierst Du, daß das Phänomen der modernen Architektur untrennbares Ergebnis dieses Systems ist.

    Irgendwer wer hat die Neue Mitte von C. als Aneinanderreihung von Kommerztempel oä bezeichnet.
    Nun ja, Kaufhof, P&C...
    Ich kann drauf nur sagen, dass ein gewisser Pragmatismus durchaus lebenserhaltend sein kann. Man kann eine (negative) Einstellung gegenüber einem politischen bzw gesellschaftlichen System nicht konsequent und in allen Details durchziehen. Ich muss auch in Supermärkten einkaufen, mit Frauen schlafen, die von der Notwendigkeit des Endes des Kapitalismus durchaus nicht überzeugt sind, muss beruflich mit Kapitalisten ein Auskommen finden, dh mich damit abfinden, ihnen nicht richtig zusetzen zu können... Mitunter werde ich sogar zum klassischen Mittäter: ich fahre Auto, lege ein an meinen Bedürfnissen und weniger an ethischen Kriterien orientiertes Konsumverhalten an den Tag...
    Warum soll ich Chemnitz' Neue Mitte also nicht mögen?
    Dass im Kapitalismus kapitalistisch gebaut wird, ist klar und ergo nicht kritisch zu hinterfragen. Nebenbei bildet der sozialistische Aufbau immer noch das Kernstück, die Basis der Innenstadt und hat mit seinen Brachen die jetzigen Neubauten (die dadurch durchdachter und besser wurden als es in den 60/70ern der Fall gewesen wäre) ermöglicht.
    Und nebenbei: mit dieser Argumentation bist du genau bei genovas Ablehnung des Neumarktes.

    Zitat

    andererseits aber kommt dann immer wieder mal bei irgendwelchen Klötzen der Moderne oder Neubauprojekten nur ein banales "mir gefallt´s


    Ich muss mich für die Banalität meiner Gedanken und Äußerungen entschuldigen. Aber läuft nicht jede ästhetische Wertung letzten Endes auf eine derart banale Zusammenfassung hinaus?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von "cherubino"

    Ich gebe zu bedenken, das unsere heiß geliebten Altstädte im Vorkriegsdeutschland nicht als das non plus ultra galten. (soweit ich weiß) Gerade im Osten, war der Neuaufbau der Innenstädte, der Versuch, es besser zu machen. Breitere Straßen, Wohnhäuser, wie in der Vorstadt etc. ...

    Naja "einfach besser machen" reicht da nicht - hier schwang sicher auch die Vorgabe durch die SED Funktionäre mit, die eben Aufmarschplätze verlangten, damit das Arbeitervolk am 1.Mai aufmarschieren konnte\musste.

    XFlipX

  • Gerade in der Hauptstadt hätte man aber nichts ändern müssen, um bei Bedarf pompös aufmarschieren zu können. Berlin mit seinen breiten geraden Straßen und großen Platzanlagen ist neben Paris ja das Eldorado schlechthin für den Alltagsmilitaristen. Man nehme Unter den Linden, den Lustgarten und den Schlossplatz für kleinere gediegene Anlässe und für die wirklich großen Dinger suche man sich ein freies Feld weiter draußen. Das hat auch in der guten alten Zeit mit den damaligen Strukturen sehr gut geklappt. Siehe z. B.: http://www.youtube.com/watch?v=sUTaS7qOhbM (2:00-2:15) :P

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Zitat

    Solche Sätze versteh ich nicht. Was ist im heutigen Nürnberg denn bitte noch bürgerlich?

    In Nürnberg sind Wohn- und Geschäftshäuser zum Großteil wieder dort entstanden wo es sie auch vor dem Krieg schon gab. Auch wenn die so entstandene Architektur dürftig war, hielt das bürgerliche Leben hier wieder an Ort und Stelle Einzug, während es z.B. im Zentrum Berlins verschwunden blieb.

    :pfeil: Aber zurück zu Chemnitz

    In dubio pro reko

  • Bummelt man heute vom Nürnberger Bahnhof zur Kaiserburg, ist das noch heute m. E. ein Erlebnis.
    Mit Genugtuung vermerkt man, wie in ( sehr, sehr schlichte ) Nachkriegsbauten mitunter Spolien, Erker ( Chörlein ) und weitere Details liebevoll eingefügt wurden.
    Sicher hätte man sich hie und da noch mehr Mut zu umfangreicheren Rekos gewünscht . . .

    Stimmig fand ich die Vielzahl historischer aber auch zeitgenössischer Kleinarchitekturen ( Plastiken, Brunnen etc.) die wirkungsvoll das
    Stadtbild bereichern.
    Wobei der lokale Bezug bei diesen Arbeiten fast immer vorhanden ist.
    Witzig fand ich u. a. den bronzenen "Dürerhasen". Sicher Kleinigkeiten aber sie gehören zu einem sehenswerten Stadtbild.

    Während Nürnberg und Würzburg über Residenzen verfügten, war CHEMNITZ stets eine Stadt der Industrie - das sog. "Sächsische Manchester".
    Es war also auch überhaupt keine klassische "Bürgerstadt".
    Das Wenige von dieser Art Architektur, was noch da war, sank wohl 1945 für immer dahin.
    Diese Tatsache sollte man bei Beurteilungen berücksichtigen.
    Industrien haben Chemnitz besonders geprägt, deshalb war die Stadt als Schwerpunkt der Rüstungsindustrie Ziel allierter Bombenangriffe.

    Einige Solitäre, die nicht unbedingt spektkuläre Historismus - Architektur zeigen, haben die Vernichtung überdauert.
    Dazu zählt ein städtebaulich schönes Platzensemble mit Museum, Theater, Kirche und einem etwas später entstandenen Hotel
    ( "Chemnitzer Hof" ).
    Das Neue Rathaus, sowie dessen fast original erhaltener Ratskeller, ( Jugendstil ), desweiteren Schloßberg und der Villenstadtteil Kaßberg sind sehenswert.
    Sonst aber zieht mich eigentlich NICHTS nach Chemnitz. Ich bin der Ansicht, der Stadt mangelt es an Atmosphäre.

  • Zitat

    Industrien haben Chemnitz besonders geprägt, deshalb war die Stadt als Schwerpunkt der Rüstungsindustrie Ziel allierter Bombenangriffe.

    Es ist immer wieder mühsam, solche Unrichtigkeiten zu lesen, die nichts anderes als auf dem gesunden Hausverstand fußende Mutmaßungen sind und die britischen Mordtaten schönzureden versuchen, .

    Chemnitz wurde am 5. März 1945 zerstört, als die Rüstungsindustrie völlig obsolet war. Die britischen Angriffe richteten sich wie üblich AUSSCHLIESSLICH gegen das Stadtzentrum und erfolgten in mehreren Wellen, um den Massenmord zu maximieren. Chemnitz war vor allem deshalb interessant, weil sich dort viele aus Dresden Entkommene angesammelt hatten.


    Der Vergleich mit Nürnberg ist völlig absurd. Nürnberg war eine der schönsten Städte der Welt, was denn auch der Grund für seine Zerstörung war. Der Wiederaufbau war katastrophal schlecht, aber naturgemäß sind die groben Sehenswürdigkeiten wiederhergestellt worden, was heute ausreicht, um Touristenmassen dorthin zu locken. Chemnitz war eine Industriestadt ohne bauliche Reize, bei seiner Zerstörung ging es den Briten in erster Linie um Blut. Da der Vorzustand nur wenig bedeutsam war, konnte man das Ideal des sozialistischen Städtebaus viel rücksichtsloser als anderswo entwickeln. Deshalb finde ich Chemnitz architektonisch gar nicht uninteressant, die gelungen postmodernen Zutaten taten ein Übriges.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    Einmal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (19. Juli 2012 um 20:34)

  • Wenn man sich den Zeitpunkt 5.März 1945 vor Augen führt, ist es wirklich schwer möglich mit miltärischen Argumenten daher zu kommen. Wäre die Stadt wirklich so bedeutsam gewesen, hätte man sie schon weitaus früher vernichtend angegriffen. Der Angriff galt dann auch weitestgehend dem Stadtzentrum, dass so schlecht gar nicht war. Natürlich eine Musterstadt an Architektur der Kaiser und Zwischenkriegszeit.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia (20. Juli 2012 um 12:51)

  • Wir wollen uns hier aber an geschichtliche Tatsachen halten, Herr Hofrat !

    Chemnitz musste von Mai 1 9 4 4 bis 11. April 1945 insgesamt 10 ( i. W. z e h n ) grausame Luftangriffe über sich ergehen lassen,
    d a r a n gibt es keinen Zweifel.
    Tatsache ist weiterhin, dass die ca. 4000 Bombenopfer in Chemnitz von den Allierten billigend in Kauf genommen wurden. Dies kann und wird niemand "schönreden" wollen. Es wäre eine Verhöhnung der Opfer und Leiden der betroffenen Bevölkerung.

    Eine Taktik/"Arbeitsteilung" der Allierten bestand desweiteren darin, dass die 8. US. Luftflotte ( relativ ) gezielt, in Tagesangriffen, Stätten der Rüstungsproduktion, Verkehrsanlagen zerstörte, die Briten dagegen mit verheerenden Nachtangriffen die Moral der zivilen Bevölkerung brechen sollte.
    Dabei wurden historische Stadtkerne weitestgehend ausgelöscht, ungeheure Menschenverluste die Folge.

    Die Rüstungsproduktion stieg trotz der Bombenangriffe unablässig weiter an, u. a. auch mit punktuellen Verlagerungen in unterirdische Fertigungsstätten.

    Gerade im Sächsischen Raum war die effiziente Rüstungsindustrie Anfang März ´45 keineswegs "obsolet", im Gegenteil, wie detailierte Luftschutzmeldungen der damaligen, überörtlichen Polizeibehörden des Landes ausweisen.
    Diese hatten nach Bombenangriffen u. a. den Zerstörungsgrad von Rüstungswerken genauestens zu erfassen und weiter den möglichen Wiederanlauf der Produktion einzuschätzen.
    Einige Rüstungswerke, wie u. a. in Dresden, arbeiteten bis in den April 1945 hinein, stellten u. a. Zielfernrohre, Periskope für U- Boote, Zielgeräte ( für Bomber ) etc. her.

    Chemnitz galt als einer der bedeutendsten Standorte der Maschinenbauindustrie in Deutschland.
    In Folge der allierten Luftangriffe wurden in Chemnitz einhundertsiebenundsechzig ( 167 ! ) Rüstungswerke zerstört.
    Diese Wirkungen entschuldigen natürlich die zahlreichen Menschenopfer in Chemnitz nicht.

    Desweiteren hüte ich mich, Nürnberg oder Würzburg mit Chemnitz vergleichen zu wollen. Das will ich mit meinen Darlegungen, auf die der Hofrat abstellt, s o nicht verstanden wissen. Das wäre vermessen.

    Die Allierten zerstörten Nürnberg nicht allein wegen seiner Schönheit, sie wollten die "Stadt der Reichsparteitage" tödlich treffen.

    Nürnberg war und i s t eine schöne Stadt - und, Herr Hofrat, es wurden in dieser Stadt eben nicht nur ein paar "grobe Sehenswürdigkeiten" wieder hergestellt.
    Solche Auslassungen werden der ungeheuren Aufbauleistung der Bürgerschaft nicht gerecht.
    Dürerhaus, St. Lorenz, St. Sebald, Rathaus usw. usw. sind keine "groben" Sehenswürdigkeiten.
    Das sehen nicht nur die Nürnberger so, "Außenstehende" haben keineswegs eine andere Auffassung.

  • Es gibt Leute, die kapieren NICHTS.

    Zitat

    Tatsache ist weiterhin, dass die ca. 4000 Bombenopfer in Chemnitz von den Allierten billigend in Kauf genommen wurden. Dies kann und wird niemand "schönreden" wollen.


    Das IST bereits ein Schönreden, denn:
    Diese 4.000 Chemnitzer Opfer wurden von den Alliierten nicht bloß "billigend in Kauf" genommen (= dolus eventualis), sondern absichtlich getötet (=dolus malus). Dh auf diese Toten ist es den britischen Angreifern angekommen. Der Angriff vom 5.3. 45 erfolgte ausschließlich deshalb, um möglichst viele Zivilisten zu töten. Eine bloße billigende Inkaufnahme von Kollateralschäden wäre im Kriegsfall nichts Verwerfliches (bzw angesichts der tatsächlichen Bombenopfer völlig vernachlässigbar).

    Zitat

    In Folge der allierten Luftangriffe wurden in Chemnitz einhundertsiebenundsechzig ( 167 ! ) Rüstungswerke zertstört.
    Diese Wirkungen entschuldigen natürlich die zahlreichen Menschenopfer in Chemnitz nicht.

    Auch hier wird alles durcheinander gebracht. Wären die 4.000 zivilen Opfer ausschließlich Folge der Angriffe auf die167 Rüstungswerke, so läge hier keinerlei Kriegsverbrechen vor. Selbstverständlich würden Angriffe auf militärische Anlagen unvermeidliche zivile Opfer entschuldigen.

    Für die forumsgegenständlichen Überlegungen, die bloß auf das STADTBILD abzielen, war ausschließlich der Angriff vom 5.3. 45 maßgeblich. Die vielen früheren Angriffe auf Chemnitz berührten das innere Stadtbild kaum. Daher waren die Rüstungsbetriebe nicht für die Zerstörung der Innenstadt kausal, weshalb die besserwisserischen Verweise so unangebracht wie der bemüht ironisch-despektierliche Tonfall sind.
    Lern Geschichte, Jüngling! (frei nach Dr. Bruno Kreisky)

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Teil 1

    Eine mir zufällig in die Hände gefallene Werbebroschüre der Stadt Chemnitz brachte mich auf die Idee, mal wieder meines Vater Heimatstadt zu besuchen. Da in diesem etwa aus dem Jahre 1933 stammenden Druckwerk (ein Zettel mit diversen Namensänderungen von Straßen und Plätzen ist bereits eingeklebt) die modernen Baulichkeiten der Industriestadt besonders hervorgehoben wurden, wollte ich mir vor allem einen Überblick über deren Schicksal verschaffen.

    Warum man sonst nach Chemnitz fahren sollte, dürfen wir in diesem Fall aus der besagten Broschüre erfahren:

    Na wenn das keine Argumente gewesen sind?!

    Aber beginnen wir mit einigen für Chemnitz typischen Industriebauten, die man schon vom Hauptbahnhof aus wahrnehmen kann.

    Der Jahreszeit gemäß - die Aufnahmen entstanden am 29.09.2014 - blicken wir durch bereits herbstlich angefärbtes Laub auf das Gebäude der Firma Emden und Söhne:


    Das Gebäude entstand 1926 nach Entwürfen der Brüder Hans und Oskar Gerson, die vor allem in Hamburg tätig waren.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_und_Oskar_Gerson

    Ein Jahr später, nämlich im Jahre 1927, entstand der Uhrturm der Werkzeugmaschinenfabrik Schubert & Salzer in der Zwickauer Straße:


    Für den Entwurf verantwortlich zeichnete Erich Basarke.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Basarke

    Ein weiterer stark dem Expressionismus frönender Bau ist das ehemalige Verwaltungsgebäude der Möbelstoff-Weberei Cammann & Co. in der Blankenauer Straße.

    http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%B6be…_Cammann_%26_Co.


    Der nach einem Entwurf Willy Schönfelds errichtete Bau entstand zwischen 1923 und 1926.


    Mit seinen acht Etagen und rund 40 m Höhe war es damals das erste Hochhaus der Stadt Chemnitz.


    Der mit einem Kratzrillenputz versehene Bau wurde 1995 saniert und dient seither als Bürohaus.

    Bilder sind von mir.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe