• Der Eindruck täuscht bei Plauen immer etwas, die Stadt mag gar nicht schlecht aussehen heute, sie war aber um 1910 mal fast doppelt so groß und hatte natürlich enorme gründerzeitliche Bausubstanz. Zudem sind Teile der Innenstadt einfach gar nicht wieder aufgebaut worden (Neustadt).

  • Wer die Stadt ohne dieses Hintergrundwissen erstmalig besucht, wird ein sehenwertes und lebendiges Zentrum von großer Geschlossenheit vorfinden, das eine hohe Aufenthaltsqualität ausstrahlt. Würde die Stadt zentraler liegen, würde sie außerordentlich beliebt sein.

  • Ich fasse mich kurz, weil wir ja hier im Dresden-Strang sind ...

    Ja, Plauen hat mich im Zentrum sehr angenehm überrascht, speziell der Theater- und Postplatz waren urban und ziemlich traditionell bebaut. Wie schon angesprochen, hat sich die Bevölkerungszahl in den letzten hundert Jahren aber fast halbiert ...

    Ich habe aber den Eindruck, daß es sich bei vielen Häuserzeilen um gut gestaltete Neubauten handelt, zudem ist der geschlossene Eindruck auf das unmittelbare Zentrum (und ggf. auf den benachbarten Schloßberg?) begrenzt.

    Hier eines meiner wenigen Fotos von meinem Besuch 2005:

    IMG_1031_k.jpg

    Die Luftbildsuche hat schöne Fotos des Zentrums: hier und hier (man sieht auch, daß die Bebauung dann plötzlich aufhört)

    Hier sieht man, daß die langen Häuserzeilen neueren Datums sind, ggf. vielleicht Nachwendebauten?

    Alamy und nochmals Luftbildsuche

    Noch eine Dokumentation zu Plauen:

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  • Diese Karte ist interessant und vermutlich auch präzise in ihren Angaben. Mich würde darüber hinaus auch eine Übersicht interessieren, die unsere Städte im Hinblick auf die Gesamtzerstörung historischer Bausubstanz einschließlich der Abrisse der Nachkriegszeit vergleicht, also eine Bilanz aus heutiger Sicht. Aber sowas gibt es vermutlich nicht. Mir sticht auf der gezeigten Karte besonders Berlin ins Auge, das in Bezug auf die Kriegszerstörung eigentlich noch recht gut davonkam (laut Grafik auf gleicher Stufe wie München) und erst später die enormen baulichen Verluste erlitt. Auch meine Heimatstadt Stuttgart könnte heute noch besser aussehen, wenn zu den Kriegsverlusten nicht auch noch zahlreiche Abrisse, bedingt durch stadtplanerische Fehler, hinzugekommen wären.

    In dubio pro reko

  • Das größte zusammenhängende Gebiet mit relativ geringen Zerstörungen liegt genau in der Mitte Deutschlands in Thüringen und den angrenzenden Teilen Sachsens, Niedersachsens und Sachsen-Anhalts. Mit Erfurt, Halle und Leipzig liegen dort gleich drei größere Städte mit nur kleinen/moderaten Kriegsschäden, zudem konzentriert viele erhaltene Mittelstädte. Wäre Dresden nicht zerstört, würde auch Sachsen (außer dem Süden) zum Flächengebiet zählen.

    Ansonsten gibt es entlang der Ostsee noch eine Kette an gut erhaltenen Städten mit Flensburg, Schleswig, Lübeck, Schwerin, Wismar, Güstrow, Stralsund, Greifswald. Selbst Rostock sieht immer noch überwiegend gut aus, so dass nur Kiel fast völlig verloren ist. In der Banane Nord- und Ostbayern gab es ebenfalls viel weniger Zerstörungen

  • Hm... So ganz akkurat ist die Karte aber vielleicht auch nicht. Trier wird hier mit einem Zerstörungsgrad von 20-30% angegeben. Hier in Trier heißt/hieß es aber immer, dass die Stadt zu etwa 40% zerstört war. Was auch eher mit dem heutigen Stadtbild übereinstimnmt als nur 20-30%.

  • Nach dem zweiten Weltkrieg gab es eine zweite Zerstörungswelle durch Abrisse.

    Meiner Einschätzung nach kann man locker nochmal 10% - 30% an Zerstörung dazurechnen, natürlich variert das lokal.

    Würde heissen grob geschätzt für Trier:
    30% Krieg + 20% Nachkrieg - 10% Wiederaufbau = 40% Neubau

    8o

  • Nach dem zweiten Weltkrieg gab es eine zweite Zerstörungswelle durch Abrisse.

    Meiner Einschätzung nach kann man locker nochmal 10% - 30% an Zerstörung dazurechnen, natürlich variert das lokal.

    Würde heissen grob geschätzt für Trier:
    30% Krieg + 20% Nachkrieg - 10% Wiederaufbau = 40% Neubau

    8o

    Für das Ganze Deutsche Reich :

    100% Bausubstanz stand 1939 / > 1939 - 1945 (33,3% verlust durch den Bombenkrieg)

    1945 - 1972/73 (33,3% verlust durch Abriss)

    Heutiger stand , etwa ein Drittel des Vorkriegsbestandes

  • Ich möchte zum sogenannten Zerstörungsgrad noch etwas sagen. Die Zerstörungs- oder Schadenskarten sind leider sehr mit Vorsicht zu genießen, weil sie naturgemäß recht oberflächlich bleiben müssen. Die Anzahl der zerstörten Wohnungen ist dabei zwar sicherlich akkurat, bildet für unser städtebauliches Interesse aber keine entscheidende Kenngröße, weil erstens die meisten Wohnungen nicht in den architektonisch besonders wertvollen Innenstädten lagen (die schon lange vor dem 2. Weltkrieg einer starken City-Bildung ausgesetzt waren), sondern in den Vorstädten, und zweitens vor allem, weil die Feststellung einer zerstörten Wohnung noch lange nicht bedeutet, dass das ganze Haus unwiederbringlich zerstört war.
    Ich besitze einige hochaufgelöste, von den Amerikanern angefertigte Luftbilder der Münchner Altstadt aus der Stunde Null, d.h. von Ende April bis Anfang Juni 1945 und habe diese mit den offiziellen Schadenskarten für München verglichen. Dabei fällt auf, dass die Kategorisierungen der Schadenskarten in "gering beschädigt", "mittlere Schäden", "schwere Schäden" und "sehr schwere und Totalschäden" völlig unzureichend sind, um die Realität abzubilden, die man auf den Luftbildern und natürlich auch auf einzelnen Straßenansichten sehen kann: als "sehr schwere und Totalschäden" werden gleichermaßen Häuser bezeichnet, von denen wirklich gar nichts mehr stand, als auch Häuser, von denen die Fassade oder auch das restliche Mauerwerk noch stehengeblieben war und die somit grundsätzlich wiederaufbaufähig waren. In einigen Fällen wurde eine solche stehengebliebene Fassade neu hinterbaut und somit das Haus im Stadtbild erhalten, in vielen anderen wurde die stehengebliebene Fassade abgerissen und ein neues Haus gebaut. In manchen Fällen setzte man die stehengebliebene Fassade auch zuerst jahrelang ungeschützt Regen, Schnee und Eis aus und riss sie schließlich aufgrund nicht mehr behebbarer Schäden ab: in vielen dieser Fälle war den Eigentümern ein Neubau lieber, weil dieser mehr Geschoße haben konnte und somit mehr wirtschaftlich verwertbare Fläche aufwies; in manchen Fällen war vielleicht auch eine Rettung der Fassade in Betracht gezogen worden, konnte aber aus Geldmangel nicht sofort angegangen werden, während in der Zwischenzeit das Mauerwerk witterungsbedingt irreparable Schäden erlitt. Wie bewertet man nun die Frage, was im Krieg "zerstört" und was nachher "unnötigerweise" abgerissen wurde? Diese Frage ist ohne eingehende Untersuchung jedes Einzelfalls nicht zu beantworten. Im Falle Münchens hätte bei sofortigen Sicherungsmaßnahmen auf jeden Fall wesentlich mehr gerettet werden können - bloß wer kann im Nachhinein mit Sicherheit behaupten, dass eine Wiederherstellung zumutbar gewesen wäre? Wir Nachgeborenen tun uns leicht darin, die damaligen Eigentümer zu beschuldigen, nicht genügend für die Rettung der alten Bausubstanz getan zu haben, verkennen aber oft die damalige Notlage und die daraus folgenden Prioritäten. Gleichwohl wurden viele, auch eher mittelschwer beschädigte Gebäude nach dem Krieg abgerissen, welche wiederhergestellt hätten werden können.
    Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Frage nach der effektiven Kriegszerstörung einerseits und dem Verlust durch vermeidbare Abrisse nach dem Krieg andererseits sehr schwer zu beantworten ist und die Schadenskarten hierfür höchstens eine grobe Orientierung geben.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Ob die Dresdner Hintergründe zu "Werk ohne Autor" hier schon angesprochen wurden, wäre zu klären. Es ergeben sich ja doch einige Einblicke mit Langzeitfaktor, wie Marktstände am Taschenberg, der Bus in der Torfahrt des Georgentors, die surreal erweiterten Galerien des Zwingers, das computeranimierte Hintergrundbild der Stadt (in dem ich irgendwie gewisse süddeutsche Einflüsse sehe), in einem Fall die Verlagerung der Frauenkirche in den Bereich der Jenidze ( ! ), die Kunstakademie sowie einen Blick aus derselben auf den Ruinenrest des Treppenturms Nordwest und sicher noch dies und das mehr. Aus Gründen, die man errät, ist das ein Film, den ich mir nicht jeden Tag ansehen könnte.

  • Frohe Feiertage euch allen! 😊

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  • Im Japanischen Palais kann man bis März 2025 in der Veranstaltung "Planet Utopia" erleben, wie sich eine an der TU Dresden entwickelte KI den zukünftigen "Canaletto-Blick" vorstellt. Das einzig Gute an diesen Ausblicken ist, dass die KI die Rekonstruktion der historischen Augustusbrücke als selbstverständlich voraussetzt.

    https://media.tag24.de/951x634/9/o/9owizovn5lxktcan51qrwy6syz6h51ej.jpg

    https://media.tag24.de/720x480/6/w/6ws1p0ogy8n9qw57rukmplehsapyumh0.jpg

  • Für berlin gilt das besonders: 33% vom Krieg zerstört (Bomben & Strassenkämpfen); 17% (in der Mitte, entlang der Mauer, Vineta & Rollberge Viertel, Ost Berlin rund Karl Marx Allee) nach dem Krieg zerstört und von verblieben 50% wurde 66% die Stuck & Schmuck entfernt. Bedeutet dass nur 17% in Orginalzustand noch da ist in Berlin (bestimmte Viertel wie Prenzlauerberg, Kreuzberg-Ost, Neukölln, Friedenau und Moabit) und 34% der Bauten leider noch immer schnorkellos dastehen. Nur vereinzelt werden sie wieder stuckiert, aber meistens nur sehr schlicht.
    Die Neubauten im klassischer Still haben leider wenig oder nichts von den prachtvollen Gründerzeitbauten von rund 1900. Sie sind meistens zu "eckig" (z.B. Pilaster der Balkonen) oder "blockig" und haben durchaus sehr vereinfachte Dächer, kein eindrucksvollen Giebel, keine Türmchen und keinen Schmuck oder Stuckelementen. Sie sind "hochwertig"aber auch unangepasst und gar nicht Berlinerisch.