• Aus Sicht der Denkmalpflege ist ein Rückbau eines Zustandes aus der Mitte des 19. Jahrhunderts höchst fragwürdig. Arbeitet man in Dänemark mit anderen Standards? Oder gab es vielleicht konservatorische Gründe für diese Maßnahme?

    Die (übrigens deutsche Industrieziegel aus 1860) sehen viel zu glatt aus. Daher begrüsse ich die Massnahme. Das Ergebnis war schon an einigen Stellen gut sichtbar und sah wunderbar aus. Übrigens sind die rückwertigen Giebel alle Neuschöpfungen aus der Restaurierung in 1860. Die werden natürlich nicht abgerissen (müssen sogar jetzt teilweise rekonstruiert werden).

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Die (übrigens deutsche Industrieziegel aus 1860) sehen viel zu glatt aus. Daher begrüsse ich die Massnahme.

    Industrieziegel dieser Zeit sehen nun mal so aus. Eine solche frühe denkmalpflegerische Maßnahme ist selbst längst Teil der Geschichte und der Substanz des Bauwerks. Da dieser Rückbau eigentlich nicht mir den Standards der Denkmalpflege vereinbar ist, frage ich mich, ob es halt gewichtigere Gründe gab, hier einzugreifen. Hat das Gebäude durch diese Ziegelschicht vielleicht mittlerweile Schaden genommen, weil möglicherweise die Luftzirkulation nicht mehr gewährleistet war oder Feuchtigkeit eindringen konnte? In einem solchen Fall wäre eine so eingreifende Maßnahme sicher gerechtfertigt.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Versteh ich richtig: Man hätte sozusagen das "Gefache" zwischen den Sandsteinteilen austauschen wollen? Das erscheint mir in der Tat als schwerwiegender Eingriff.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • ursus carpaticus

    Das würde wohl kaum statisch machbar sein. Wenn ich es richtig verstanden habe, sollte nur die oberste oder die obersten Backsteinschichten, die aus der Mitte des 19. Jh. stammten, ausgetauscht werden. Soweit so gut, aber die industriell gefertigten Ziegel sollten durch Handstrichziegel ersetzt werden, was natürlich eine erhebliche Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes zur Folge hätte. Unabhängig davon, ob das ästhetisch zum Vorteil wäre, würde man damit ein über 160 Jahre alten Zustand des Gebäudes rückbauen.

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  • Unabhängig davon, ob das ästhetisch zum Vorteil wäre, würde man damit ein über 160 Jahre alten Zustand des Gebäudes rückbauen.

    Bei sehr vielen Bauten - insbesondere Denkmälern bedingt durch das Alter, hat man z.B. auch die Fensterformate vereinheitlicht bzw. durch Verschließen und Öffnen ein ansprechendes Fassadenbild erzeugt, sollte es viele Fenster- und Funktionsöffnungen geben. Da baut man teils in einen Zustand 'zurück' den es gar nie gegeben hat, aus ästhetischen Gründen. (Bisher) ging es also da durchaus schwerpunktmäßig um das ,,schönste Ergebnis". Aber ein Denkmalschutz, der einen (historisch) abgebrannten Zustand erhalten will, wir hatten den Fall im Forum, der setzt da sicherlich die Schwerpunkte neu.

  • Bilder von Heute:

    Der mittlere Giebel ist leider weg. Dafür können wir uns jetzt die verschiedene Ziegel ansehen. Rechts mit weissen Fugen: Handgestrichene Ziegel - ein Ergebnis der geplanten Sanierung. Oben sehen wir die gelben Originalziegel (siehte so aus, als hätte es ein Muster aus gelb und rot gegeben). Der Rest ist noch die Ziegel aus 1860.

    Die Industrieziegel sind hier besser zu sehen.

    Gesamtansicht vom Kanal gesehen. Der Giebel zum Schlossplatz sieht auch nicht gut aus.

    Zitat

    Soweit so gut, aber die industriell gefertigten Ziegel sollten durch Handstrichziegel ersetzt werden, was natürlich eine erhebliche Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes zur Folge hätte. Unabhängig davon, ob das ästhetisch zum Vorteil wäre, würde man damit ein über 160 Jahre alten Zustand des Gebäudes rückbauen.

    Das hört sich nach Dehio an. Dann bist du wohl auch über den Grossen Schlosshof in Dresden sehr geärgert?

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  • Die Zerstörung ist natürlich immens. Immerhin stehen die beiden grossen Giebel (Mitte des Gebäudes und zum Schlossplatz) zumindest teilweise. Laut Feuerwehr sind die Mauern noch einigermassen stabil.

    Die Ausmaße sind ja schlimmer als befürchtet :schockiert: Oh oh... Möge es bald mit der möglichst handwerklichen und originalgetreuen Rekonstruktion losgehen. Dieses Gebäude hat mich bei meinem Kopenhagen-Besuch besonders fasziniert.

  • Das hört sich nach Dehio an. Dann bist du wohl auch über den Grossen Schlosshof in Dresden sehr geärgert?

    Das hört sich nach internationalen Standards der Denkmalpflege an. Mich wundert es, dass man sich in Dänemark scheinbar darüber hinwegsetzt und frage mich, ob es dafür auch nachvollziehbare Gründe gibt. Die Ästhetik reicht dafür sicher nicht. Zu Dresden: Hat man im Dresdner Schlosshof Zustände des 19. Jahrhunderts rückgebaut? Ich bin da nicht im Detail informiert.

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  • Ich habe jetzt recherchiert. Die Industriesteine haben zur Feuchtigkeitsschaden an der Fassade geführt, weil die Fassade nicht "atmen" konnte. Deshalb hat die Denkmalpflege zugestimmt.

    Was Dresden betrifft: Hier wurde nicht der Vorkriegszustand des Hofes rekonstruiert.

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  • Die Industriesteine haben zur Feuchtigkeitsschaden an der Fassade geführt, weil die Fassade nicht "atmen" konnte. Deshalb hat die Denkmalpflege zugestimmt.

    Das habe ich ja bereits weiter oben vermutet. Somit ist alles im grünen Bereich. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die dänische Denkmalpflege so etwas ohne Not absegnet.

    Was Dresden betrifft: Hier wurde nicht der Vorkriegszustand des Hofes rekonstruiert.

    Solange dabei nicht ganze Zustände rückgebaut werden, kann man das in Einzelfällen durchaus diskutieren. Und in Dresden scheint man da doch zu einer überzeugenden Lösung gekommen zu sein. Ich kann damit mittlerweile gut leben, wenn ein solcher Prozess wissenschaftlich seriös begleitet wird.

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  • [...] Oben sehen wir die gelben Originalziegel (siehte so aus, als hätte es ein Muster aus gelb und rot gegeben). Der Rest ist noch die Ziegel aus 1860.

    Ich sehe nirgendwo gelbe Ziegel. Oder wurden die verbliebenen gelben Ziegel im 19. Jahrhundert rot gestrichen, und damals nur ein Teil der originalen Ziegel durch rote Industrieziegel ersetzt? Die Ziegelflächen am obersten Geschoss sehen unregelmässig aus, weshalb ich vermute, dass hier die originalen Ziegel überdauert haben, aber lediglich mit einem roten Anstrich versehen.

    Die Industrieziegel sind hier besser zu sehen.

    Bei diesem Bild hat man tatsächlich das Gefühl, vor einem Bau aus dem 19. Jahrhundert zu stehen. Die Aura früherer Jahrhunderte fehlt völlig.

    Ich schliesse aus den Beobachtungen, dass im 19. Jahrhundert nur ein Teil der originalen Backsteinflächen durch Industrieziegel ausgetauscht wurde und dann alle Wandflächen rot gestrichen wurden. Das würde den jetzigen Restaurierungsplan, die im 19. Jahrhundert ersetzten Flächen wieder durch handgestrichene Ziegel zu ersetzen, auch denkmalpflegerisch legitimieren, da es sich dann lediglich um die Korrektur einer unsachgemässen 'Restaurierung' handelte.

    Man könnte jetzt noch weiter argumentieren, dass die 'Restaurierung' im 19. Jahrhundert nicht nur den Ersatz von defekten Wandflächen zum Ziel hatte, sondern auch das Erscheinungsbild von gelben zu roten Wänden:

    Mitte des 19 JH wurden die Dächer mit Kupfer gedeckt und die Mauern mit roten Industrieziegel vermauert. Das Idealbild der Bauten von König Christian der 4. waren Rosenborg und Frederiksborg (grünes Kupfer/rote Ziegel).

    Diese Aussage tönte für mich so, wie wenn damals alle Wandflächen durch rote Industrieziegel ersetzt wurden. Dem ist wohl nicht so, wenn ich die Fotos oben betrachte. Und das rote Erscheinungsbild anstelle des gelben war einfach der persönliche Wunsch einer Einzelperson. So ein Wunsch hat für mich in der Denkmalpflegetheorie keine Relevanz, respektiert zu werden, auch wenn es sich bei dieser Person um einen König handelte und dieser Zustand gut anderthalb Jahrhunderte Bestand hatte. Mit der Argumentation, dass ein im 19. Jahrhundert verputztes Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert nun schon 150 Jahre verputzt war, dürfte man keine Fachwerke mehr freilegen.


    Ich habe jetzt recherchiert. Die Industriesteine haben zur Feuchtigkeitsschaden an der Fassade geführt, weil die Fassade nicht "atmen" konnte. Deshalb hat die Denkmalpflege zugestimmt.

    Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Da müssten ja alle Sichtbacksteinbauten aus dem 19. Jahrhundert Feuchtigkeitsschäden infolge Kondenswasser aufweisen, was offensichtlich nicht der Fall ist.

    Backsteinfassaden bekommen dann enorme Schäden, wenn die Fugen aus Zementmörtel ausgefugt wurden. Zement im grossen Stil wurde erst ab den 1870erJahren verwendet; vorher gab es vielleicht Versuche mit diesem 'neuen' Baumaterial. Es ist also möglich, dass bei der Baumassnahme im 19. Jahrhundert oder bei einer späteren Renovation Fugenmörtel aus Zement verwendet wurde. Dann würden aber die Backsteinoberflächen infolge Spannung abplatzen, aber Probleme mit der Atmungsaktivität kann ich mir an dieser Fassade nicht vorstellen.

    Abschliessend stellt sich bei mir die Frage, weshalb man bei der jetzigen Restaurierung wieder die ursprünglichen Oberflächen mit hangestrichenen Ziegeln herstellen, aber bei der roten Farbe aus dem 19. Jahrhundert verbleiben wollte. Das ist doch denkmalpflegetheoretisch inkonsequent, oder nicht?

    (Für die einen mögen das jetzt spitzfindige Gedankengänge sein, aber genau das ist doch das interessante am Denkmalpflegeberuf. Dogmatiker werden bei solchen Diskussionen ihre Mühe haben.)

  • Ich sehe nirgendwo gelbe Ziegel. Oder wurden die verbliebenen gelben Ziegel im 19. Jahrhundert rot gestrichen, und damals nur ein Teil der originalen Ziegel durch rote Industrieziegel ersetzt? Die Ziegelflächen am obersten Geschoss sehen unregelmässig aus, weshalb ich vermute, dass hier die originalen Ziegel überdauert haben, aber lediglich mit einem roten Anstrich versehen.

    Ich befürchte, das erste Foto ist zu unscharf, um dort genauere Aussagen zu treffen. Aber zumindest auf dem zweiten Foto sehen wir komplett den Klinker des 19. Jh. Auf dem obigen Foto, auf dem man schön sehen kann, dass man bereits von oben begonnen hat, die Steine abzuschlagen.kann man auch gut nachvollziehen, wie im 19. Jh. üblicherweise Backsteinwände erneuert wurden. Es wurden nur die äußeren Schichten ausgetauscht und der meist intakte Mauerkern blieb bestehen. Die Frage ist dann nur, wie gut verzahnt wurde und ob sich daraus Feuchtigkeitsprobleme ergeben.

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  • Es wurden nur die äußeren Schichten ausgetauscht und der meist intakte Mauerkern blieb bestehen.

    Diese Präzisierung hatte ich in meinem Beitrag vergessen. Danke, dass Du diese noch ergänzt hast, denn für den Laien war das vielleicht nicht nachvollziehbar. Die fehlenden Ziegelflächen oben im oberen Bild sind kein Brandschaden, sondern zeigen die Renovationsarbeiten nach der Abnahme der äusseren Ziegelschicht, und damit den verbliebenen Mauerkern aus dem 17. Jahrhundert. Davor hätte man dann die neuen Ziegel wieder vorgemauert, wohl mit der Verzahnung.

  • Hier einige Bilder der Sanierung aus November 2023: https://www.danskerhverv.dk/dansk-erhverv-…der-forandring/

    Offenbar stammte die äussere Ziegelschicht aus 1880, nicht 1860.

    Die Börse brannte eine Woche lang! Die Diskussion um das Innere hat schon angefangen. Ob dort rekonstruiert wird, bleibt abzuwarten. Ich werde auf jeden Fall über den Wiederaufbau hier berichten, falls Interesse besteht.

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  • Ja, kann ich bestätigen. Nur eines der vier Bilder wird angezeigt. Der Quelltext ist korrekt, aber die Bilder werden nicht geladen.

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  • Jetzt passt es. Sehr aufschlussreich ist das Bild mit dem Zuganker. Schön zu sehen, wie sich dahinter das Backsteinmauerwerk des 17. Jh. verbirgt, das dann mit den Industrieziegeln des 19. Jh. verblendet wurde.

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