Dresden - Frauenkirche

  • Die Wiederaufbaubestrebungen der 80er Jahre waren allerdings nicht der wirklich erste Anlauf zur Rekonstruktion der Dresdner Frauenkirche. Schon 1956 projektierte man den Wiederaufbau in Form einer mit Sandstein verblendeten Betonkonstruktion. Diese Planungen standen im Zusammenhang mit dem "maßstabsgerechten" Vorhaben der Neumarkt-Bebauung im gleichen Zeitraum.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Danke Bilderbuch, das wird ja immer interessanter :thumbup:

    Ich stelle mir allerdings gerade die Frauenkirche im Stile der 50iger Jahre vor - ich fürchte dieses Bauwerk hätte dann nicht mehr all zu viel mit der historischen Kirche zu tun. Gut, auch der jetzige Neubau ist ja statisch gesehen so völlig anders als das Original, nur stört es? Ich würde sagen "Nein", denn ich denke hätte man zur historischen Bauzeit jene technischen Möglichkeiten gehabt wie wir heute, wären sie mit Sicherheit auch verwendet worden. Sofern historische Gebäude originalgetreu (von der Optik her) rekonstruiert wurden, ist ja gegen moderne Technologie überhaupt nichts einzuwenden, eine größere Stabilität ist ja sicher nicht von Nachteil :wink:

    Viele Grüße

    Strandfliese

  • Die Kirche wäre äußerlich rein denkmalgerecht rekonstruiert worden. Nur die Umgebung sollte im Stil der 50'er neubebaut werden. Das hätte dann ähnlich wie in der Inneren Klosterstraße in Chemnitz ausgesehen.

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  • Die Kirche wäre äußerlich rein denkmalgerecht rekonstruiert worden.

    Also ich bin ja kein Architekt, aber es interessiert mich doch mal spaßenshalber wie denn der Betonuntergrund so rein statisch hätte angelegt werden müssen um eine entsprechende Stabilität zu erzielen - vielleicht in der Art wie der Berliner Fernsehturm? Ich versuche mir das gerade vorzustellen, die Frauenkirche im Vollstahlbetonguß?

    Entschuldige bitte diese blöde Frage, aber ich bin da absoluter Laie in dieser Hinsicht.

    Viele Grüße

    Strandfliese

  • Noch ein kleiner Nachtrag zum Neumarkt:

    - bei einem Entwurfsseminar zum Neumarkt ( 1981 ), hatten die Herren Schwarzbach & Burggraf ( TU Dresden ) den 1. Preis erhalten.
    Neben einigen Leitbauten, war eine modernistische Bebauung vorgesehen, die den historischen Straßenverlauf weitestgehend wieder aufnahm.
    In den Entwürfen war dabei zunächst sogar die Reko der barocken Hauptwache ( vor der Frauienkirche ) vorgesehen.
    Diese kannte man jedoch nur noch von Ansichten Canalettos.

    Zwar sah man die Frauenkirche in mehreren Projekten an ihrem angestammten Platz, ihr Wiederaufbau stand jedoch auch bei "vertiefenden" Wettbewerben ( 1983, 1989 ) nicht mehr im Focus.
    Vielmehr sollte die Ruine der Frauenkirche vom Trümmer/Steinschutt beräumt werden und die Umfassungsmauern stabilisiert werden.

    Eine frühere, weitere Variante sah vor, das Innere des Kirchenraums mit Sandsteinplatten auszulegen und eine "ewige Flamme" zu installieren.

    ZUM HILTON HOTEL :

    Baubeginn war 1987. Im Frühjahr 1990 als Hotel "Dresdner Hof" der Öffentlichkeit übergeben.
    Auf vorgeschlagene Fassadenrekos verzichtete man leider.

  • @ Strandfliese:

    Rein konstruktiv würde es sich um ein sogenanntes Schalentragwerk handeln. Dieses wurde schon (siehe Pantheon) von den alten Römern verwendet und hatte gegenüber herkömmlichen Steinkuppeln den großen Vorteil der bei weiten erhöhten Spannweite bei gleichzeitiger Dünnwandigkeit der Konstruktion.
    Mit der Verbesserung und dem zunehmend üblichen Einsatz von Stahlbetonkonstruktionen ab dem Ende des 19. Jh., kam es auch zu Verbesserungen bei Schalentragwerkskonstruktionen. Ein frühes Beispiel ist die Breslauer Jahrhunderthalle mit einer damals rekordverdächtigen Spannweite von immerhin 65m. Vielleicht ist dir noch Ulrich Müther ein Begriff, der mit seinen spektakulären Konstruktionen gegen die Ödnis des industriellen Wohnungsbaues der DDR ankämpfen durfte. Hier wären das "Ahornblatt" in Berlin, der "Teepott" in Warnemünde, die "Seerose" in Potsdam oder das Ruderzentrum in Dresden Blasewitz zu nennen. Allerdings handelte es sich bei diesen Objekten um teure Einzelanfertigungen, deren nötige Schalungen eine große und damit teure Herausforderung darstellten.

    @ Bernd Ludwig

    Im Rahmen der Lösung des Wohnungsproblems bis 1990 hatte die DDR wahrlich ehrgeizige Pläne für das Dresdner Stadtzentrum, die natürlich weit über 1990 hinausgingen und sich bis in das Jahr 2000 erstrecken sollten. So war nicht nur an eine "behutsame" Flächensanierung der Äußeren Neustadt und der Friedrichstadt gedacht. Man wollte auch große Brachflächen im Stadtzentrum mit den Mitteln des industriellen Wohnungsbaues füllen. Hierzu hatte man im Baukombinat Dresden den Typ WBS 14,40m entwickelt, der mit zahlreichen Sonderelementen auch für kleinflächige Standorte geeignet war.
    So sollte im Stil der Straße der Befreiung Nordabschnitt auch bis 1991/92 die nördliche Prager Straße, daran anschließend die Südseite des Altmarktes und bis 1995 der Postplatz bebaut werden. Außerdem waren größere Maßnahmen am Schützenplatz und entlang der Pillnitzer Straße/Steinstraße vorgesehen. Daneben sollten die Bauten der 50er- und 60er Jahre umfassend generalüberholt werden.
    Für den eigentlichen Neumarkt war an eine spätere Bebauung gedacht worden. Aber dazu - off topic lässt grüßen - kam es ja - Gott sei Dank - nicht mehr.

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  • Vielen Dank Bilderbuch, für die ausführliche Beschreibung. Ja, Ulrich Müther sagt mir durchaus was, das Zeiss Großplanetarium auf dem Gelände des ehemaligen (Ost) Berliner Gaswerkes (heutige Thälmanpark) hat er ja auch entworfen (obwohl ich die alten Gasometer hübscher fand - aber das nur mal so nebenher). Auch wenn ich jetzt seine Architektur nicht sonderlich schön empfinde, so muß man ihm doch lassen daß es schon eine Leistung ist derart riesige Hallen aus Beton ohne tragende Zwischenwände zu konstruieren.
    Nun habe ich auch eine Vorstellung da von, wie ein in Beton gegossener Neubau der Frauenkirche zu realisieren gewesen wäre. Ob die DDR Führung es hätte bezahlen können (oder wollen) steht natürlich auf einem anderem Ahornblatt :biggrin:

    Was mich ja beim Wiederaufbau stark beeindruckt hat, war die Neuberechnung der Statik mittels Computeranimation - schade, ich finde darüber keine Bilder mehr, es ist damals beim Beginn des Wiederaufbaus in der Tageszeitung gestanden.

    Viele Grüße

    Strandfliese

  • Gottlob, d i e s e r Kelch ist gerade noch einmal an uns vorbeigegangen.

    Ich habe seinerzeit die umfangreichen, in einer Broschüre veröffentlichten Pläne, für die Gegend um den Albertplatz, Hauptstraße etc. mit Entsetzen gesehen.
    Dort waren ausschließlich wahrhaft gruselige Ungetüme zur Errichtung vorgesehen.

    Versöhnlich stimmte durchaus nicht, dass in den Plänen ein neues, kleineres Theater oder Kino am Albertplatz ( wohl als "Ersatz" für das
    abgerissene Alberttheater, später "Theater d. Volkes" ) in Formen einer Käseschachtel geplant war.

    Im Lapidarium sind gegenwärtig die beiden Nischenplastiken ( Tanzkunst und Musik ) von der Theaterfassade eingelagert.

    Besonders empörend, dass nach Willen der "Planer" der "Goldene Reiter" seinen angestammten Platz am Neustädter Markt verlassen sollte.
    Dafür sollte dort ein überdimensioniertes "Befreiungsdenkmal" errichtet werden.
    Wenn ich nicht irre, sollte "August" in den Großen Garten verbannt werden. Es waren wohl noch andere "Varianten" vorgesehen.

  • Lies, Bernd Ludwig!

    Ich sprach keineswegs vom Planungsstand von 1969, der eh nie eine Chance auf Realisierung hatte und spätestens 1977 mit dem neuen Generalverkehrsplan nur noch für die Akten taugte, sondern von den 80'er Jahren.
    Ironischerweise wurden die damaligen Planungen dann nur noch am Albertplatz/Platz der Einheit und an der nördlichen Hauptstraße/Straße der Befreiung (teilweise auch Prager Straße) umgesetzt. Sie zeigen eine in Anbetracht des industriellen Wohnungsbaues sehr gute Architektur, der die teilweise von der Gagfah durchgeführten Sanierungen nicht gerecht werden.

    Jetzt sollten wir aber nur noch in einem separaten Strang über die DDR-Planungen für Dresden sprechen und zur Frauenkirche zurückkommen.

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  • Einverstanden; aber dennoch - ich konnte allerhand an Makulaturwerdung diverser Pläne erleben. Gleichgültig ob 1969 oder später ! Dies ist ein weites "Feld" . . .

  • Das war mir immer noch am sympathischsten am "Neuen Dresden", daß man zu viel geplant, aber zu wenig gebaut hat.

    Ja mei, es war halt Planwirtschaft - der Zement war da, aber bis die "planübererfüllten" Stahlbewehrungen eintrafen war der Zement inzwischen verdorben - nun mußte man erst wieder neuen Zement anfordern...inzwischen waren die Stahlbewehrungen nimmer brauchbar, oder geklaut. Kein Witz sondern DDR Realsatire, ich hab als Jugendlicher ein solches Szenario an einer Baustelle selbst erlebt.

    Aber ich muß mich schon wieder selbst ertappen daß ich vom Thema abschweife, wir sollten vielleicht doch mal so langsam wieder auf das eigentliche Thema Frauenkirche zurückkommen:

    Was mir bisher noch nicht so ganz einleuchtet - man hat ja zum Teil alte Steine wieder verwendet, welche im Moment noch als tief schwarz rausleuchten...klar früher oder später wird das ganze Gebäude wieder dunkel. Nur es hätt doch schöner ausgesehen wenn man die alten Steine Sandstrahl gereinigt hätte, dann sähe die Kirche ned so aus, als wären da irgendwelche Schmierfinken dran gewesen.

    Viele Grüße

    Strandfliese

  • Da wir mittlerweile den 20. Jahrestag des Beginns des Wiederaufbaues der Frauenkirche begehen dürfen, wird der 1. Juni, der Tag der Bergung des Turmkreuzes, zum Anlass genommen, an die enorme Rekonstruktionsleistung zu erinnern, die nicht zuletzt durch eine überwältigende weltweite Spendenbereitschaft ermöglicht wurde.

    http://www.dresden-fernsehen.de/Aktuelles/Arti…esonderen-Fund/

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  • Heute vor genau 20 Jahren, am 27.05.1994, begann mit der Versetzung des ersten Steins (Basis des rechten Türgewändes am Eingang A) der eigentliche Wiederaufbau der Frauenkirche. Bereits am 21.08.1996 konnte die Unterkirche geweiht werden. Am 22. Juni 2004, also ziemlich genau 10 Jahre nach Beginn der Wiederaufbaumaßnahmen, wurde das Kuppelkreuz unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf die Laterne gesetzt. Viele Feiertage für diese Stadt und ihre Freunde in nah und fern!

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  • Man kann sagen, das war eine Erfolgsgeschichte mit weitreichenden Wirkungen.
    Wahrscheinlich hätten wir ohne FK keine Stadtschlösser in Berlin und Potsdam.
    Die Erfahrung, dass Rekonstruktion funktioniert und zu befriedigenden Ergebnissen führt, war für uns alle, egal ob Befürworter oder Skeptiker, wichtig.
    Ich kann mich erinnern, wie bewegt ich war, als ich die FK zum ersten Mal gesehen habe. Es war von den Höhen des Elbsandsteingebirges unweit der Bastei. Man sah nicht viel, aber man sah, dass sie schon da war (was man zwar schon gewusst hat, aber trotzdem aufregend festzustellen war).
    Und als ich dann einen Tag später am NM war, der damals diese Bezeichnung noch nicht verdient hat, waren jegliche Zweifel beseitigt. Ich hatte das Gefühl, die FK wäre "nie weggewesen".
    Mit dem Gelingen des NMs habe ich damals überhaupt nicht gerechnet. Eigentlich kamen mir diese Bestrebungen recht sinnlos und albern vor. Der Ton der GHND, wie er sich in dem Container neben den Baustellen manifestierte, schien mir unangemessen und sinnlos aggressiv, im Ganzen sektiererisch. Es schien mir klar, dass aus dem Projekt nichts Rechtes werden konnte, auch die bereits vorhandenen Rohbauten vom Q 1 machten da keinen guten Eindruck.
    Irgendwann bin ich dann im Web vor einer Sachsen-Reise, bei der ich DD gar nicht eingeplant hatte, zufällig auf das Web-cam-Bild (auf dem Kulturpalast aufgenommen, und das sich um di FK bis heute relativ wenig geändert hat) gestoßen und war fassungslos. So kann man sich, überhaupt, wenn man keinen Sachverstand hat, täuschen, und so ändern sich die Zeiten!
    Heute ärgern wir uns über irgendwelche Details in zT schon ein bisschen abgelegenen Quartieren. Damals ist mir die Wiederherstellung des NMs als bloßen Platzraum utopisch vorgekommen.
    In diesem Sinne herzlichen Glückwunsch (nach DD, aber auch für uns alle, die wir im Herzen ein Stück DD tragen)!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Baudirektor Burger sieht schwarz

    Unsere Frauenkirche
    beginnt zu rosten

    Baudirektor Burger sieht schwarz | Unsere Frauenkirche beginnt zu rosten

    In einigen Jahrzehnten wird unsere geliebte Frauenkirche wieder ganz so schwarz sein, wie sie es vor ihrer Zerstörung war. Wenn man heute die Kirche mit den den Aufnahmen von 2005 vergleicht, dann kann man die Verfärbung schon recht gut erkennen.

    Mich persönlich stört das überhaupt nicht und ich hoffe, dass ich die schwarze FK noch erleben werde! Irgendwie gibt ihr das auch die alte Würde wieder zurück und bis sie ganz schwarz ist, ist sicherlich auch der Neumarkt fertig, der Neustädter Markt und...;-)

    Modeationshinweis (Aedificium): Link funktionstüchtig gemacht

  • Letzte Woche war ich oben auf der Laterne; und wenn ich mir die Risse dort innen anschaue, mache ich mir um die Farbe in einigen Jahren weniger Gedanken. Stattdessen kommen mir die drei Schwestern Buddenbrook (die unverheirateten aus der Seitenlinie) in den Sinn und die Aussage bei Tony´s zweiter Hochzeit: "Hoffentlich hält es diesmal...".