Hamburg - Speicherstadt und Kontorhausviertel

  • Genau! Da werden immer wieder historische Gebäude abgerissen, mit der Begründung, das Haus sei zwar alt aber es mangele aufgrund späterer Umbauten an Authentizität, und hier sieht man über ein komplettes, die ursprüngliche Idee entstellendes Facelift, hinweg.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Denkmalschutz hat nichts mit Logik zu tun.

    Beliebige Verhaltensweisen lassen sich damit begründen.


    Ja, aber muß dass so sein?

    Man sollte schon darauf hinweisen, wenn wiedereinmal ein Bauernhaus oder ein über die Jahhunderte verändertes Bürgerhaus mit mittelalterlichem Kern abgerissen werden soll und die Denkmalschutzbehörden sich nicht trauen gegen die von der jeweiligen Stadtverwaltung geförderten Investoren Einspruch zu erheben.

    Letzendlich hilft man damit doch auch den engagierten Mitarbeitern in Denkmalschutzbehörden die doch auch um den Wert der Häuser, deren Abbruch sie nicht verhindern können, wissen. Da aber dann Vorgaben von "Oben" kommen, versuchen dies Mitarbeiter irgendwelche Argumente zu finden, den Denkmalschutz wirder aufheben zu können, obwohl sie selber bei der Klassifizierung alls Denkmal die Schutzwürdigkeit noch gesehen hatten.

    Einmal editiert, zuletzt von Andreas (29. April 2015 um 16:28)

  • Ach komm! Das ist doch nicht dein Ernst. Willst du wirklich behaupten die Denkmalbehörden würden "von Oben" erpresst? In den ein oder anderen Fällen mag das vielleicht zutreffen, vor allem in wirtschaftlich schwachen aber auch besonders starken Regionen, wo es Klüngel gibt, aber letztendlich weiß der Denkmalschutz oft selbst nicht was er tut, habe ich den Eindruck. Das unwürdige Schauspiel in Hamburg widerlegt die These. Hier geht es ja gerade darum, dass die Dinger Platz machen sollen für einen Neubau hinter dem sicher ein potenter Investor steht.
    Der Denkmalschutz tritt einfach nicht bestimmt genug auf und schöpft seine Möglichkeiten nicht aus. Ausserdem drängt sich mir der Eindruck einer zutiefst dogmatisch motivierten Zerstrittenheit unter den Denkmalpflegern auf.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Denkmalbehörden werde sicher nicht "von Oben" erpresst. Aber man darf auch nicht übersehen, das es sich bei Denkamlbehörden um Behörden handelt, die in eine Hierarchie eingegliedert sind.

    Dies zeigt sich nicht darin, dass in den letzen Jahren Gebäude aus der Nachkreigszeit unter Denkmalschutz gestellt wurden. Dies kommt sicher aus den Denkmalbehörden. Dabei mag auch mitspielen, dass sich Mitarnbieter ein neues Betätigungsfeld suchen, nämlich die sog. Nachkreigsmoderne. Dagegen ist auch aus meiner Sicht im Übrigen grundsätzlich nichts zu sagen. Strittig ist doch nur was wirklich schützenswert ist. (wie hier das Hamburger beispiel zeigt)

    Wo ich aber schon eine Einflussnahme auf die Denkmalbehörden sehe, ist in den vielen Fällen, wo der Denkmalschutz aufgehoben wird, wenn das schützende Gebäude dem Vorhaben eines Investors entgegensteht. Das die Denkmalbehörden das betreffende Gebäude eigentlich als schützenswert ansehen, erschließet sich darus, dass es als Denkmal klassifiziert wurde. Die Argumente, den Denkmalschutz aufzuheben, erschienen demgegenüber immer weit hergeholt. Oft sind es die zu hohen Sanierungskosten, die aber nur deswegen entstehen, weil das Denkmal zuvor (meist bewußt!) nicht gepflegt wurde oder eben das der fehlenden Originalsubstanz. Gerade letzteres Argument erscheint immer vorgeschoben, da der Umfang der Originalsubstanz bereits bei der Klassifizierung bekannt gewesen war (oder doch sein sollte). Es fällt auch auf, dass der Denkmalschutz immer dann aufgehoben wird, wenn ein Investor am Standort etwas anderes plant und hierbei von der Stadtverwaltung unterstützt wird.

    Richtig ist, dass der Denkmalschutz seine (rechtlichen) Möglichkeiten nicht ausschöpft. Das ist wahrscheinlcih auch politsich nicht gewollt, das dies Geld kosten würde (durch Ersatzvornahmen pp.) Aber ob dies auch Mitarbeiter tatsächlich nicht wollen und zumindest in den jeweiligen Einzelfällen nicht auch Einflussnahme von Aussen kommt, ist doch fraglich.

    Das Hambuger Beispiel kann den Denkmalbehörden aber in jedem Fall vorgehalten werden, wenn wieder einmal das Argument von der fehlenden Originalsubstanz kommt!

  • Ich bin ja wirklich kein Materialfetischist. Wenn ein altes, unter Denkmalschutz stehendes Gebäude, extrem marode ist, sollte auch der Abriss kein Tabu sein. ABER: Es müsste eine Verpflichtung geben, dass das Gebäude unter Verwendung möglichst vieler Originalsubstanz wiederaufgebaut werden müsste, möglichst am alten Standort. Darauf hätte der Denkmalschutz zu achten. Das widerspricht allerdings wieder dessen Dogmen.

    Leider ist der Denkmalschutz bei Privatleuten weniger großzügig. Da wird bis auf die Fenstersprossung und Gebäudefarbe alles vorgeschrieben. Vor Jahren tobte in Neustadt so eine Schlacht. Ein klassizistisches Haus war vom Besitzer liebevoll restauriert worden. Sein Pech: Der Anstrich war in einem Apricot-Ton erfolgt, bei der Größe des Hauses sicher kein günstiges Unterfangen. Man kann jetzt über sie Schönheit von Pastelltönen geteilter Meinung sein aber jetzt lief der Denkmalschutz Sturm. Die Farbe hätte entweder Lichtgrau, Ochsenblut oder Dunkelgrün zu sein, da das Haus zur Zeit seiner Erbauung nur in dieser Farbe gestrichen gewesen sein könnte, Entwurfspläne belegten dies. Dass das Haus seit hundert Jahren eine andere Farbe hatte, und dass der Besitzer wahrscheinlich nicht auf diese Farben steht, war da irrelevant. Der Mann musste vor Gericht und bekam recht, da ein Anstrich als leicht reversibler "Eingriff" gewertet wurde. Allerdings muss er vor einem erneuten Anstrich den Segen des Denkmalamtes einholen, sonst wird es teuer. Soviel zum Denkmalschutz.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Es müsste eine Verpflichtung geben, dass das Gebäude unter Verwendung möglichst vieler Originalsubstanz wiederaufgebaut werden müsste, möglichst am alten Standort. Darauf hätte der Denkmalschutz zu achten.


    Das sehe ich für Ausnahmefälle, bei denen eine Sanierung wirklich nicht oder nur unter äussertst schwierigen technischen Bedingungen möglich ist auch so. Aber um dies durchsetzen zu können müßten die Denkmalschutzbehörden die Möglichkeit haben die Arbeiten selber durchführen zu lassen. Eine solche Ersatzvornahme müßte allerdings von den staatlchen behörden vorfinanziert werden und dies ist staatlicherseits nicht gewollt, zumal ja nie feststeht, ob ein Ersatz der Kosten durch den Grundstückseigentümer erfolgt. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für den Fall. dass ein Eigentümer das Baudenkmal entweder, weil er die Mittel wirklich nicht hat oder bewußt, verfallen läßt.

    Den Verstoß gegen Auflagen des Denkmalschutzes als Ordnungswidrigkeit oder sogar Straftat zu ahnden, hilft nicht viel weiter. Wenn entgegen der Vorgaben abgerissen wird, ist das Baudenkmal weg, da hilft auch keine Strafe mehr. Allenfalls kann diese als Abschreckung dienen. Dies funktioniert sicher bei einem privaten Bauherrn, bei Investoren, die dann halt die Geldbuße als Kosten mit einkalkulieren, sicher nur in Ausnahmefälllen.

  • Einen solchen Fall hatte ich hier auch buchstäblich vor der Haustür. Ein Fachwerkhaus von regionaler Bedeutung und bedeutenden Ausmaßen wurde illegal abgerissen. Der Abreißer erhielt eine Strafe und sollte wiederaufbauen, war allerdings bankrott und so befindet sich dort seit 15 Jahren eine Brache. Ein bedeutendes Baudenkmal ist verschwunden. Doch jetzt zurück nach Hamburg, sonst werden wir noch "abgemahnt" :biggrin:

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Auf Zeit.de gibt es jetzt eine Bildergalerie über den CityHof mit Fotos aus der Erbauungszeit. Da zu der Zeit das Stadtbild überwiegend aus Gründerzeitarchitektur besteht, muss das Gebäude einen ungeheuer modernen Eindruck gemacht haben. Da ich nicht daran glaube, das qualitätvolle Architektur nachfolgt, könnte ich auch mit einer Rekonstruktion des Erbauungszustands gut leben. Momentan werden ja viele Bauten aus der Zeit abgerissen...

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Oh nein, wirklich nicht. Ich bin mir sicher, dass selbst aktuelle moderne Architektur, von Ausnahmen abgesehen, einen ganzes Stück ansprechendere und elegantere Lösungen hervorbringen würde. Diese Häuser verursachen Augenkrebs.

  • Man kann es drehend wenden wie man will, die Dinger waren und sind potthässlich, auch damals schon. sie wirkten schon zur Zeit ihrer Erbauung irgendwie total billig und sowjetzonal, von Manhattan keine Spur.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Naja, das sind dann vmtl. einfach geschmackliche Unterschiede. Die Prager Straße in Dresden wird ja hier von einigen auch sehr gelobt, m.E. fällt sie aber gegen die City Höfe stark ab. Außerdem...


    Man kann es drehend wenden wie man will, die Dinger waren und sind potthässlich, auch damals schon. sie wirkten schon zur Zeit ihrer Erbauung irgendwie total billig und sowjetzonal, von Manhattan keine Spur.


    ... also mit Sowjetzone verbinde ich überdimensionierte Plattenbauten aus der Fabrik mit sichtbaren Trennkanten zwischen den Betonplatten. Zu ihrer Erbauung besaßen die Häuser eine weiße Keramikfassade und Fenster aus rötlichem Holz (Farbbild). Seit den 70ern wurde dieses Gebäude jedoch nach und nach verschandelt.

    Was uns bei einem Abriss und folgender Neubebauung blüht, kann man sich ja schonmal hier anschauen. Sind das wirklich "ganzes Stück ansprechendere und elegantere Lösungen"?
    Ergebnisse eines Studentenwettbewerbs für das Areal

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Die Prager Straße in Dresden wird ja hier von einigen auch sehr gelobt, m.E. fällt sie aber gegen die City Höfe stark ab.

    Klares NEIN, braucht man glaube ich nicht näher auszuführen:
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…_2010-11-09.jpg
    VS:
    https://susannebuhl.files.wordpress.com/2013/09/cimg6187.jpg
    Dass die Prager von ganz anderer Qualität ist erschließt sich wohl selbst dem wenig geneigten Betrachter.

    .. also mit Sowjetzone verbinde ich überdimensionierte Plattenbauten aus der Fabrik mit sichtbaren Trennkanten zwischen den Betonplatten.

    Bitte sehr, das meine ich damit:
    http://s59.radikal.ru/i166/0812/5d/839d029ad323.jpg
    Der frühere Kalinin-Prospekt in Moskau als Beispiel

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Die studentischen Entwürfe zeigen keine Neubau-, sondern Umbaupläne für die City-Höfe. Richtige Neubauten würden die Kubaturen dort verändern und sicher gefälliger herkommen. Hamburg hat zuletzt einen recht hübschen Trend zu einer Art Neo-Backsteinexpressionismus, daran könnte man hier anknüpfen, um eine Verbindung zum Kontorhausviertel zu schaffen.

  • Die studentischen Entwürfe zeigen keine Neubau-, sondern Umbaupläne für die City-Höfe. Richtige Neubauten würden die Kubaturen dort verändern und sicher gefälliger herkommen.

    Aber selbst die sind teilweise gefälliger als der jetzige Bestand und auch als die ursprüngliche Gestaltung

    Das Problem sind aber in der Tat die jetzigen Kubaturen, die bei einem Neubau sicher verändert werden würden.

  • Aber selbst die sind teilweise gefälliger als der jetzige Bestand und auch als die ursprüngliche Gestaltung

    Ich glaube selbst Lieschen Müller von nebenan könnte was gefälligeres liefern :biggrin:

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.


  • Dass die Prager von ganz anderer Qualität ist erschließt sich wohl selbst dem wenig geneigten Betrachter.


    Okay, mir nicht. Dass die Prager Str. ein herausragendes Zeugnis von DDR-Städtebau ist, sehe ich ja ein - inwiefern ein positives Beispiel sei dahingestellt. Aber warum sie qualitativ besser ist als die City Höfe (die Du ja leider in der aktuell verunstalteten Form mit Eternitfassade zitiert hast), erschließt sich mir überhaupt nicht. Im Gegensatz zu den City Höfen sind die Fassaden doch total überdimensioniert. Beim City Hof hält sich die Monotonie m.E. in Grenzen, die Treppenhausverglasungen und das Staffelgeschoss sowie die Bauweise mit 4 Hochbauten lockern doch allgemein auf. Ich beziehe mich allerdings bei meiner Meinung immer auf das Ursprungsgebäude. Die Treppenhausverglasung wurde in den 70ern ja auch verunstaltet...

    Zu dem Beispiel aus Moskau: Okay, das ist schon eine andere Qualität, allerdings vom Stil her fast schon international zu sehen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Aber warum sie qualitativ besser ist als die City Höfe (die Du ja leider in der aktuell verunstalteten Form mit Eternitfassade zitiert hast), erschließt sich mir überhaupt nicht.

    Die sahen auch mit den Bahnhofstoilettenfliesen an der Fassade nicht besser aus. Warst du schon mal in Dresden und Hamburg und hast dir das ganze mal in natura angesehen? Die Hamburger Häuser sind buchstäblich ein schlag ins Gesicht der Stadt, zumal sie an die wunderschöne Sprinkenhoffassade grenzen. Die Prager ist durchaus durchkomponiert und als stadtplanerisch gelungen zu bezeichnen. Ich habe die Prager auch nie als positives Beispiel für Städtebau genannt, zumal sie das Scheitern der "Moderne sehr eindringlich veranschaulicht identitätsstiftende Stadträume zu schaffen, wie es der Vorkriegs-Prager gelang, was man an der bis heute andauernden Verklärung dieser banalen Straße, auch hier im Forum sieht. Dennoch kann die Qualität dieser auf der grünen Wiese, im wahrsten Sinne des Wortes, gebauten Straße, als Einzeldenkmal, durchaus anerkannt werden. Die Hamburger Häuser sind Solitäre, denen kein Konzept oder stadtplanerischer Aspekt zugrundeliegt. Da war halt Platz nach dem Krieg und man wollte was "Modernes", Amerikanisches. So sind die halt entstanden.

    Was vergleichbares zur Prager haben die Hamburger übrigens mit der Hamburger Straße in Barmbek gebaut:
    http://de.academic.ru/pictures/dewik…64b3db80d19.jpg

    http://www.hamburg-web.de/fotos/original…ger-strasse.jpg

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.