Zwickau - Wiederaufbau von Schloss Osterstein

  • Ich hab jetzt mal meine Dozentin gefragt. Sie ist wirklich die Autorin des Artikels über die Grabungen rund ums Kornhaus. Sie war dort Grabungsleiterin und das ist auch ihr Promotionsthema. Sie hat angeboten, mir mal die Unterlagen, die sie über das Kornhaus hat, auszuleihen.

    Übrigens meinte sie, dass das Kornhaus nicht mehr zu retten ist, wenn es noch ein paar Jahre leer steht, und dass die örtliche Denkmalpflege da eine Mitschuld dran trägt, weil die Denkmalpfleger den durchaus vorhandenen Interessenten zu viele Auflagen gemacht haben, sodass alle potenziellen Investoren wieder abgesprungen sind. Dabei sei allein schon der völlig intakte Dachstuhl (ich glaube dendrochronologisch in die 1470er datiert) Grund genug, das Gebäude zu erhalten.

  • Zitat

    Übrigens meinte sie, dass das Kornhaus nicht mehr zu retten ist, wenn es noch ein paar Jahre leer steht...


    Dies ist auch für einen Laien offensichtlich.

    Zitat

    ...und dass die örtliche Denkmalpflege da eine Mitschuld dran trägt, weil die Denkmalpfleger den durchaus vorhandenen Interessenten zu viele Auflagen gemacht haben, sodass alle potenziellen Investoren wieder abgesprungen sind.


    Das ist auch gut so, wobei man wirtschaftliche und denkmalplegerische Aspekte einander abwägen sollte. Das Kornhaus wird ja zur Zeit mittels Fördergelder gesichert, so dass wieder ein bisschen Zeit gewonnen ist.

  • Na klar kann das noch gerettet werden, auch mit Dachstuhl. Wenn der aus Eichenholz ist, dürfte eine Sanierung noch machbar sein. Das das ein relativ hoher Aufwand ist, ist klar. Aber sollte es das nicht Wert sein? Schließlich ist das nicht irgendein kleines Bürgerhäuschen aus dem 19. Jh., das sich in 100facher Ausfertigung in ähnlicher Form noch x-mal findet.

  • Zitat von "Leipziger"

    Sehr spannend. Ich glaube, ich muss da auch mal vorbeigucken. Nach den ... Bekanntmachungstexten für die Ausschreibung wird wohl dieses Jahr wohl noch einiges passieren (äußere Hülle bis zum Winter wetterfest?)....

    Jawoll:
    Nach den Dachdeckerarbeiten und den Fenster- und Türgewänden aus Sandstein (Ausschreibung mit angegebenem Realisierungszeitraum bis Ende August bzw. Ende September) nun die Ausschreibung für die Fenster:

    1. Ausschreibung:


    2. Ausschreibung

    Zitat

    II.1.1) Bezeichnung des Auftrags durch den Auftraggeber:
    Tischlerarbeiten, Kunststofffenster/-türen im Neubauteil Westflügel.

    II.1.4) Kurze Beschreibung des Auftrags oder Beschaffungsvorhabens:
    Liefern und Einbauen von Kunststofffenster/Kunststoffrüren, teilweise mit
    Rolladenkästen und Sonnenschutz (Senkrechtmarkiesen).


    Na ja, Kunststofffenster, das klingt nicht so toll, aber Spacecowboy hatte ja geschrieben (1. Beitrag auf Seite 1):

    Zitat

    Zunächst wird der Westflügel, dessen marode Bausubstanz teilweise abgetragen werden musste, wieder neu errichtet. Die erhaltenen Teile werden dabei in den neuen Baukörper integriert.

    Die Kunststofffenster kommen also in einen "Neubaukörper". Außerdem wurde schon völlig richtig angemerkt:

    Zitat

    Ich denke, man sollte das Ergebnis später nicht zu kritisch beurteilen. Der Bau ist total fertig. Man kann froh sein, dass die Rettung nun doch noch erfolgt. Das Mauerwerk ist sicherlich noch haltbar, aber wenn von den maroden Dachstühlen (nach jahrelang fehlendem Dach und folgenden Teileinstürzen) überhaupt noch was bleibt, ist das viel. Also ich möchte nicht garantieren müssen (als Planer oder Auftragnehmer), dass da noch was hält....

    Unter diesen Umständen kann man auch zunächst mit Kunststofffenstern leben. Die werden irgendwann sicher/hoffentlich ausgetauscht.

  • Zitat von "Miwori"

    Da ich gestern in Zwickau war, habe ich auch ein paar Bilder gemacht:

    Das ist ja nett, danke.


    Zitat von "Miwori"



    Ich sehe und stelle fest...
    - für neue Straßen hat das Geld schon vor ein paar Jahren gereicht.
    - was soll der Betondachstuhl denn in einem Baudenkmal, und dann noch in einem Uraltbau aus dem 16. Jh. oder wasweisich, wie alt der ist.

    Zitat von "Miwori"



    Armes Kornhaus... bitte sofort erste Hilfe...
    einem Menschen, der einen Unfall hatte, helfen wir doch auch sofort...
    :augenrollen::schockiert:

  • Jedes Mal, wenn ich das arme Kornhaus sehe, könnte ich heulen :(

    Hoffentlich findet sich da jemand, der es "verarztet", bevor man nur noch "exitus" feststellen kann.

    Übrigens habe ich von meiner Dozentin Frau Kenzler (die die Ausgrabungen rund ums Kornhaus geleitet hat) gehört, dass es wohl ziemlichen Ärger wegen der Dachstühle des Schlosses gab, da die wohl eigentlich erhalten werden sollten. Den neuen Fotos nach zu urteilen scheint das ja nur auf einem der Flügel der Fall zu sein.

  • Ein sehr erfreuliches update zum Baufortschritt am Schloss Osterstein. Unter anderem ist eine wichtige Teilmaßnahme, eine von denen, die leider Gottes in Deutschland nicht selbstverständlich sind, mittlerweile weit gediehen. Man kann die beiden dominanten Renaissance-Giebel wieder bewundern. Diese befanden sich (und befinden sich wieder) auf den jeweiligen Ostseiten der Hauptflügel. Beide Giebel wurden bereits 1830 wegen drohender Einsturzgefahr abgenommen. Diese aktuellen Fotos zeigen sie:

    http://farm3.static.flickr.com/2016/2189679118_d7fca093a9_b.jpg

    http://www.fotocommunity.fr/pc/pc/extra/se…isplay/11309268

    Zum Vergleich noch einmal 2 Fotos von spacecowboy, auf denen man den verheerenden Ausgangszustand sieht. Man beachte jeweils die beiden schmalen Frontseiten im Bildvordergrund, dort wurden die Giebel ergänzt:


    Auf der HP des Fördervereins findet man ein ansehenswertes Video. Das ist zwar nicht ganz taufrisch (ich schätze so Frühsommer 2007, aber man erfährt u. a. Details zu diesen Giebeln. (Auf der Seite nach unten scrollen):

    http://www.ostersteinverein.de/cms/front_content.php?idcat=111

    Im Herbst soll die Baumaßnahme bereits fertig sein. Im aktuellen Ausschreibungsanzeiger finden sich folgerichtig schon Leistungen zur Gestaltung der Hofflächen und Zufahrten/Wege:

  • Schöne Fortschritte. Danke für deine Aufmerksamkeit und die Infos, BautzenFan! :daumenoben:

    "Willst du eine Stadt vernichten, baue Kisten, Kisten, Kisten!"

  • Das nenne ich mal eine einfühlsame Rekonstruktion bzw. Restaurierung:

    Am linken Schloßflügel "wackelt" sogar noch der Dachfirst, also wohl originaler alter Dachstuhl und zeigt uns somit die Verformungen aus den Jahrhunderten seines Bestandes. Der rechte Dachfirst zieht glatt und gerade durch, ohne diese Anmutung von Altersgeformtheit.
    Bei Betondachstühlen gibt's auch auf Jahrhunderte hin keine aussicht auf individuelles "lebendiges Atmen" des Gebäudewesens. Bleibt halt starr betonköpfig. (Wobei ich glaube,daß im Falle von Schloß Osterstein die Betonwände/-decken im Dachstuhl sich auf das erste Dachgeschoß beschränken, nach den Fotos jedenfalls. Vielleicht weiß jemand mehr davon)

  • Betondachstühle halten ohnehin keine hunderte, ja fast 1.000 Jahre, die manche Kirchendachstühle beinahe erreicht haben. Stichwort Karbonatisierung, Rosten der Armierung etc., die faktisch nur durch kompletten Neubau zu reparieren sind. Kein Vergleich zu der modularen Reparatur, die jegliche Holzkonstruktion bietet.

    Genauso wie das Flachdach ist der Betondachstuhl eine Sackgasse blinden Fortschrittsglaubens.

  • Solche Wunder wie die um Schloss Osterstein werden leider immer seltener. Und das noch 2008!
    Was gibt es für vergleichbare Gebäude in (Ost-) Deutschland, die aus ähnlich ruinösen Zuständen gerettet wurden/werden?

  • Mich erstaunt jedesmal wieder aufs neue die Stabilität solcher Mauerwerke, auch nach jahrzehntelangem Verfall.
    Man stelle sich nur mal vor das würde man mit modernen Gebäuden machen, einfach mal 10-20 Jahre lang unbewohnt vergammeln lassen. Ob man da noch etwas wiederfinden würde?? Wohl nicht!

    Da kann man Zwickau nur zu einem wunderbaren wiederauferstandenem Schloss Osterstein gratulieren. :blumen:

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • In der Tat, es ist wunderschön - aber auch ein wenig fremdartig. Man kannte das Gebäude samt Areal ja nur als abweisend und trostlos. Was in so kurzer Zeit (wieder)ertstanden ist, wiegt die wenigen Fehler (Betondachstuhl) weit auf.

    Übrigens ist die urbane Flickarbeit noch lange nicht getan; die Ostseite der Altstadt wartet auf das Zeichen zum Wiederaufbau. Die lieblos sanierten WBS70-Riegel dürfen nicht das letzte Wort der Geschichte sein.

    Nein, die werden gedünstet