• In Würzburg sollen mal wieder ohnehin spärlich vorhandene Vorkriegsbauten mit Krüppelwalmdach (20er Jahre) abgerissen werden. Argumente sind Brandschutz, Schallschutz, Nachverdichtung, Schaffung einer Tiefgarage, Barrierefreiheit.

    Wäre das alles nicht auch durch eine Sanierung möglich? Die Bürgerinitiative wirft der Wohngenossenschaft vor eine Sanierung seit Jahren verschleppt zu haben, sodass die Häuser jetzt abgerissen werden.

    Aussage der Stadt Würzburg laut dem Mainpost-Artikel: "Die angedachte Planung bewegt sich im Rahmen des geltenden Bauplanungsrechtes. (...) Die Neubebauung befasst sich mit dem Bestand und vollzieht eine zeitgemäße Transformation und architektonische Weiterentwicklung."

    Damit ist wohl gemeint, dass das Neubauprojekt zumindest über ein Satteldach verfügt. Dennoch geht historischer Wert, allein die typisch fränkischen Dachziegel ("Biberschwanz"), verloren.

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  • Auch beim Ortkuratorium Würzburg der Deutschen Stiftung Denkmalschutz hat sich die Initiative gemeldet.

    Aber tatsächlich sieht die Lage zur Rettung schlecht aus. Die letzten Mieter ziehen wohl im August aus.

    Demnach wird Stück für Stück das gesamte Straßen-Ensemble in den nächsten Jahren abgerissen und durch viel größere Neubauten ersetzt.

  • Problematisch ist vor allem die wesentliche Größe Baumasse: hohes einheitliches Keller-/Tiefgaragengeschoss, drei Vollgeschosse und ein steiles Satteldach.

    Quelle: Mainpost

    Das Bild ist auch durch die Initiative veröffentlicht.

  • Danke für die weiteren Kommentare dazu. Im Jahrbuch der Genossenschaft ab Seite 34 ff. sind schöne Bilder von dem, was unwiederbringlich verloren geht. Man beachte insbesondere das besonders ansehnliche Gebäude (vor allem wenn eine Sanierung erfolgen würde) Wittelsbacher Str. 21 auf Seite 39 des Jahrbuchs. (betrifft wohl noch nicht den ersten Bauabschnitt, gehört aber auch zum Ensemble)

    Für mich unbegreiflich, warum sowas nicht unter Denkmalschutz steht!

    Zum Jubiläum - Einhundert Jahre Würzburger Wohnungsgenossenschaft

    Dass es auch anders geht, beweist eine andere Genossenschaft in Würzburg, welches vor wenigen Jahren dieses Haus in der Otto-Richter-Str (derselbe Stadtteil, allerdings 50er Jahre) schön saniert hat.

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  • Es wäre extrem wichtig, diese oft schlecht sanierten, aber für das Ortsbild sehr wichtigen und trotzdem "links liegen" gelassenen Genossenschaftsbauten der 20er oder 30er Jahre zu erhalten. Oft finden sich in den Wohnblöcken leichte Anleihen an den Barock.

    In Regensburg hat die OTH vor ein paar Jahren ein Forschungsprojekt (Plato-Wild-Siedlung) gestartet für genau diesen Bautyp. Daraus ist ein Sanierungsleitfaden entstanden:

    Forschungsarbeit: Historische Stadtquartiere nachhaltig restaurieren
    Die Lebensqualität in einem Stadtquartier lässt sich steigern, indem Bau­kunst, Energieeffizienz, Energieversorgung und kostengünstiges Wohnen kombiniert…
    www.baulinks.de
    Leitfaden: Historische Stadtquartiere nachhaltig restaurieren
    Forscher der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH) zeigen, wie ein historisches Stadtquartier behutsam modernisiert werden kann und…
    stadtundgruen.de

    Möglicherweise schickt man den Verantwortlichen mal den Leitfaden?

    Zitat

    Der Leitfaden entstand als dritter Band der Reihe "Zukunft Bauen. Forschung für die Praxis" erschienen. Interessierte können ihn kostenlos anfordern unter zb@bbr.bund.de (Stichwort: RENARHIS)

    EDIT: Den Leitfaden kann man hier herunterladen


    Ein paar Jahre später hat man ein weiteres Projekt (Margaretenau) begleitet:

    Energetisch Modernisieren mit solaraktiven Baustoffen und hybridem Heizsystem
    Im historische Wohnquartier Margaretenau in Regensburg kombinierten Forschende neue Technologien, um ein Mehrfamilienhaus aus den 1930er Jahren effizienter und…
    www.energiewendebauen.de
    Klimaneutral im Quartier
    www.erneuerbareenergien.de
    Zitat

    [...]„Dem Projekt gelingt es, durch eine Warmmieten-konstante Sanierung und eine intensive Partizipation der Mieter auch die sozialen Aspekte einer Sanierung zu berücksichtigen.“ Oliver Steffens, der das Projekt leitet, sagt: „Die besondere Herausforderung besteht darin, dass die Gebäude auch architektonisch wertvoll sind und deshalb nicht einfach von außen mit Platten gedämmt werden können.“ Für die denkmalgerechte Modernisierung der historischen Fassaden wurde ein solaraktives und solaradaptives Außenputzsystem entwickelt.

    [...]

  • Umbau der Festung Marienberg - Museum für Franken

    Nachdem 2017 aus dem Mainfränkischen Museum das Museum für Franken wurde, beschloss man in diesem Zuge auch eine umfassende Renovierung der gesamten Festung und den Umzug des Museums aus dem Bereich der Kommantur und Zeughausbereiches in die Vierflügelanlage um den Inneren Burghof.

    Seit 2021 ist im Zuge der anstehenden Umbaumaßnahmen auch das Fürstenbaumuseum im Ostflügel der Festung geschlossen.

    Nun wird ab September auch der Innere Burghof wegen der Baumaßnahmen geschlossen. Erste Gerüste wurden an einigen Fassadenbereichen für Probeachsen aufgestellt.

    2032 soll das Museum dann eröffnen. Für die Sanierung und Umbauten sind 315 Mio. € vorgesehen.

    Der Umbau der Anlage wird durch das Berliner Architekturbüro Hoskins Architects betreut.

    Für die Ausführung ist Wenzel+Wenzel und für die Ausstellungsplanung sind Ralph Appelbaum Associates zuständig.

    Nachfolgend sind das Konzept und Visualisierungen zu sehen, die man bis 2022 im Museum für Franken öffentlich zeigte.

    Lageplan mit Bauabschnitten

    Grobeinteilung nach Nutzung

    Feineinteilung nach Nutzung

    Modernes „Burgtor“ zur Verbindung von West- und Nordflügel

    Neuer Museumsshop

    Oberes Geschoss des neuen „Burgtores“ zur Erschließung der Flügel

    Ausstellungsgestaltung - mit Kiliansbanner

    Ausstellungsgestaltung

    Neuer Riemenschneidersaal

    Alle Visualisierungen (Fotos) wurden letztes Jahr von mir im Museum aufgenommen.

  • Man sieht ja die Fenster, aber die Schauräume wirken eher wie eine Art umgewidmeter Bunker. Das ist alles kalt, dumpf und seelenlos. Ein Unort und kein Schatzhaus.

  • Sieht vielversprechend aus. Aber bis 2032 fließt noch viel Wasser den Main herunter.

    Die Räume sind zurückhaltend gestaltet, sodass die Exponate allein wirken können und der Betrachter nicht abgelenkt wird. Besonders gut gefällt mir die Emporenlösung, die eine andere Perspektive auf den unten stehende Leuchttisch ermöglicht. Solche Visualisierungen kranken ja häufig daran, dass man sie nicht als Ganzes erfassen kann. Überhaupt ermöglichen doppelgeschossige Räume ganz andere Ein- und Ausblicke.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Hallo. Ich suche historische Ansichten von der Weingartenstraße 5 in Würzburg, oder zumindest von der gesamten Straße aus der Zeit zwischen 1880 und 1910. Kann mir da eventuell jemand weiterhelfen? MfG

  • Nachdem die erste Genossenschaft im Sommer schon gehörig daneben gegriffen hat (siehe Posts von Ende Juli 2023), macht die nächste munter weiter!


    Alle Mieter rausgeworfen: Würzburger Genossenschaft will Haus jetzt abreißen – und beginnt mit historischem Stuck (mainpost.de)

    Es geht um das Gebäude Frauenlandstraße 12, Bilder siehe hier:

    Wohnungsgenossenschaft Frauenland - Frauenlandstr. (wg-frauenland.de)

    Ein schönes, schlichtes, 20er-Jahre Mietshaus.

    Auszüge aus dem Mainpost-Artikel für alle, die es nicht lesen können:

    Eine "energetische Sanierung" hatte die Würzburger Frauenlandgenossenschaft für ihr Wohnobjekt in der Frauenlandstraße 12 angekündigt – und die komplette Hausgemeinschaft rausgeworfen. Nun ist klar: Die Genossenschaft will das Haus doch nicht sanieren, sondern abreißen. Betroffene sind empört. Und auch der Würzburger Stadtheimatpfleger geht auf die Barrikaden.

    Er sei von Betroffenen auf die Angelegenheit aufmerksam gemacht worden, erklärt er bei einem Ortsbesuch. Er habe das in den 1920er Jahren gebaute und "besonders schützenswerte" Haus begutachtet und komme zu dem Schluss: "Das Haus ist nicht baufällig." Auch der Stuck komme ihm nicht porös vor, er könne die Maßnahme daher nicht nachvollziehen und hoffe auf ein Umdenken der Genossenschaft im Sinne der Bewohner und des Denkmalschutzes.

    Steidle freilich ist weder Architekt noch Ingenieur, sondern als Stadtheimatpfleger dem Erhalt des Bestehenden verpflichtet. Er verweist auf das Landesamt für Denkmalpflege, das den Fall von der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Würzburg hat prüfen lassen.

    Viel sollten sich die Bewohner davon nicht erhoffen, denn laut Genossenschaft liegt inzwischen eine Abrissgenehmigung der Stadt Würzburg vor.


    Was ist nur los? Sind die Genossenschaften denn kein bisschen dem Traditionserhalt verpflichtet, macht sich da niemand Gedanken? Ausgerechnet das im Krieg so zerstörte Würzburg, das in den Wohnbezirken wie dem Frauenland oft aus hässlichen 50er bis 70er-Jahre-Gebäuden besteht, muss so was über sich ergehen lassen. Wie schön hätte man dieses Wohnhaus sanieren können.

  • "Dabei stellte sich bedauerlicherweise heraus, dass die Wohnungsbaugesellschaft bereits sämtliche Fassadenputze und Stuckierungen hatte entfernen lassen, wodurch ein wesentlicher Teil des historischen Bestands verloren gegangen war", schreibt das Amt auf Anfrage. "Da infolge dieser baulichen Maßnahmen wesentliche Teile der Aussagekraft als historisches bauliches Zeugnis verloren gegangen war, wurde eine vertiefende Prüfung der Denkmaleigenschaft nicht mehr eingeleitet."

    Weiter unten wird sowas als "Umbaukultur" bezeichnet. Das Unwort des Jahres ist leider schon vergeben.

    Willkommen im falschen Film (frei nach einem aktuellen Bestseller).

    In dubio pro reko