Dinkelsbühl

  • Nun nochmal 121 Bilder vom zweiten Tag, die einigen wenigen Bilder vom dritten Tag habe ich hier eingearbeitet, was aber kaum auffallen dürfte. Auch habe ich die Bildfolge teils entgegen der Chronologie topographisch gestaltet, um Überschneidungen zu vermeiden. Das erklärt den teilweise etwas wechselhaften Sonnenstand bei eigentlich direkt aufeinander folgenden Motiven. ;)

    Dinkelsbhl: Tag 2

    Einmal editiert, zuletzt von RMA (20. Mai 2011 um 23:25)

  • Tolle Stadtansichten einer scheinbar heilen Stadt ohne Schnickschnack und Experimente und doch so lebendig. Ein Beweis vür Zeitlosigkeit und Aktualität von Fachwerkhäusern. Auf vielen Deiner Bilder möchte man echt meinen, die Zeit sei stehengeblieben. Toll diese erdigen Farben und Dachlandschaften. Einzig und allein störend sind die Automobile. Gibt es kein Fahrverbot, Tiefgarage etc.?
    http://rma2k2.servepix.com/Dinkelsbuehl/T…/IMG_9415_t.jpg

    Ich finde es gar nicht so unansehnlich. Eigentlich mag ich diese Patina- nur die Fenster könnten mal geputzt werden :zwinkern:

    Generell erinnert mich das Ortsbild stark an meinen Besuch im Elsass- man spürt doch sofort die gemeinsame Baugeschichte.

  • Danke für diese Masse an (guten) Bildern. An das Brezelfenster reicht aber bislang kein anderes heran. ;)

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • @ Kindvon2dresdnern:

    Einschränkungen gibt es schon dahingehend, dass in der gesamten ummauerten Innenstadt eine Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h (!) gilt - der Fussgänger ist also definitiv der Bevorzugte. Autofrei ist die Innenstadt nur an den Tagen der bekannten "Kinderzeche", tatsächlich würde es sich einmal lohnen, zu dieser Zeit die Stadt zu besuchen, sind die Autos doch wahrlich das Einzige, was den zeitlosen Eindruck stört.

  • In Rothenburg war ich ja schon mal - aber dieses gleichwertige Schwesterstädtchen sagte mir vor diesen wirklich exquisiten Bilderserien noch nichts. Einen Besuch habe ich mir aber nun unbedingt vogenommen. Georg Friedrich hat recht, wir ignorieren manchmal, wie reich an solchen Perlen Deutschland doch noch ist.

  • Ja, wir ignorieren das bisweilen, weil die ganz großen Städte alle mehr oder wenig kaputt sind. Aber in der Größe gibt's noch ein bisschen was - wenngleich auch schon oft vorsätzlich verdorben.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Zitat von "Antiquitus"

    Ja, wir ignorieren das bisweilen, weil die ganz großen Städte alle mehr oder wenig kaputt sind. Aber in der Größe gibt's noch ein bisschen was - wenngleich auch schon oft vorsätzlich verdorben.

    Ist das Becher halbvoll oder Halbleer? :zwinkern:

    Was sehr traumhauft ist die Bilder von die Türmen am Stadtmauer. Ich war ja selbst dreimal in Dinkelsbühl und haben immer diese Sicht genossen.

  • Zitat von "RMA"

    Nun 61 ausgewählte Bilder vom ersten Tag, die Kommentare sind in der Gallerie untergebracht, deswegen will ich hier nicht mehr schreiben.

    Dinkelsbhl: Tag 1

    P.S.: Schade nur, dass außer Stefan kaum jemand etwas schreibt, obwohl es schon weit über hundert Zugriffe auf die Gallerien gab. Vor diesem Hintergrund wird man schonmal nachdenklich, wozu man sich überhaupt die Mühe des Hochladens macht. :?

    Richtig romantisch mit dem Mond und dem See. :harfe:

  • Die schönen Bilder zeigen gut, wie einfach, aber zugleich individuell und charaktervoll die vielen Fachwerkhäuser in Dinkelsbühl sich zu malerischen Ensembles verbinden. Dieses Phänomen kann man immer wieder ähnlich in mittelalterlichen Städten entdecken. Vielleicht war der mittelalterliche Städtebau doch planvoller als man heute annimmt und hat diese Mittel bewusst eingesetzt, um mit einfachen Mitteln harmonische und niemals langweilige Wirkungen zu erzielen.
    Bei Dinkelsbühl frage ich mich übrigens, in welchem Umfang der reiche Bestand an Fachwerkhäusern dendrochronologisch erfasst ist. In Deutschland hat man in den letzten Jahren immer wieder Überraschungen erlebt, wenn einzelne Fachwerkhäuser viel früher datiert werden konnten als vorher angenommen.

    Aus meiner Erfahrung heraus kann ich übrigens sagen, dass es einfach Spaß macht, durch die Gassen von Dinkelsbühl zu laufen - in Wirklichkeit ist es sogar noch schöner als auf den Bildern.

  • Ich werde wirklich Matthias unterstüzten. Die harmonische Stadtbild atemt etwas fast organisches. Eigentlich ist es auch spannend das wir immer noch heute diese Schönheit schätzen kann und dadurch verstehen, dass Schönheit nicht relativ und kontextabhängig seien muss. Trotz dass die Mittelalter ein völlig Andere Gesellschaft war, dimensionen, spiel zwischen einzelwerk und gesamteindruck macht Dinkelsbühl und Rothenburg harmonisch und schön. Vielleicht die kleinere Grösse von Dinkelsbühl und Rothenburg macht es sogar schöner als mittelalterlicher Grosstädte wie Erfurt oder Regensburg die auch mit grössere Bevölkerung zu kämpfen gehabt hat.

  • Ich denke, Wismut hat nicht Unrecht, mit dem was er gesagt hat. In dieser Stadt hat im Gegensatz zu den Großstädten mit erhaltenen mittelalterlichen Kernen (wie z. B. Erfurt oder Regensburg) eben (fast) keine gründerzeitliche Überformung oder eine architektonisch-planmäßige Umgestaltung stattgefunden. Fast alle Häuser sind von Handwerkern erbaute Zweckbauten, gebaut aus dem Material, was man vor Ort hatte - zwar immer von den jeweiligen Stilen geprägt, aber an der eigentlichen Grundform der Häuser hat sich zwischen Spätmittelalter bis in 20. Jahrhundert hinein nichts geändert. Dieser aus praktischen Gründen vorgegebene Formenkanon ist meines Erachtens wesentlichster Grund für das organische Gesamtbild.

    Erst die Moderne und die modernen Materialien machen es ja möglich, Bausünden mit Flachdach oder Sichtbeton zu konstruieren - man baue mal ein unverputztes Holzhaus mit Flachdach in unseren wetterlichen Gefilden.

    Und dennoch: vielleicht waren unsere mittelalterlichen Vorfahren ja doch große Ästheten, und es hat viel mehr planmäßig im Städtebau stattgefunden, als wir es heute ahnen. Meines Wissens wird ja gerade erst damit angefangen, das geschichtlich genauer zu erforschen.

    P. S.: Zumindest schriftlich scheint es so etwas wie eine Denkmaltopographie von Dinkelsbühl nicht zu geben. Eventuell kann man etwas in "Fachwerk in Franken vor 1600 - eine Bestandsaufnahme" von Konrad Bedal (2006) nachlesen, das ist wohl sowas wie ein Standardwerk, vor dem ich mich bisher nur wegen des Preises von 60 Euro gedrückt habe. Das Teil enthält angeblich alle bekannten Fachwerkbauten Frankens.

  • Zitat von "Johan"

    Intressant ist dass diese Verputzung macht es in manche Bereich Dinkelsbühl wie ein Kleiner Bruder von Tübingen.

    Beiden Städten würde eine konsequente Freilegung des Fachwerks an verputzten Häusern auch nicht unbedingt guttun. Die Altstadt des "kleinen Bruders" ist übrigens ungefähr genauso groß wie diejenige Tübingens, vielleicht sogar noch etwas größer.

    Zitat von "Johan"

    Es gibt schon mehrere Platzanlagen in Dinkelsbühl. Keine sind von die Schönheit von Rothenburg ob der Tauber.

    Zitat von "Wissmut"

    Für einen großen Platz gibt es zig kleine Stadtplätze, die auf den ersten Blick nicht als solche wahrgenommen werden...

    Ihr habt schon Recht. Kleine Stadtplätze hat Dinkelsbühl - dort, wo sich Straßen treffen und einige Häuser quer angeordnet wurden, wird eine Platzstruktur einmal mehr, einmal weniger angedeutet. Aber es fehlt eben ein Platz, der - möglichst groß und rechteckig - ohne jeden Zweifel der Mittelpunkt der Stadt wäre.

    Sicherlich ist die Entstehungszeit des Ortes zu berücksichtigen. Dinkelsbühl geht auf die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts zurück. Das ist schlichtweg zu früh, um große, planmäßig angelegte Platz- bzw. Ringanlagen zu erwarten, wie sie besonders in Böhmen und Schlesien im 13. Jahrhundert geschaffen wurden (Breslau, Budweis, Pilsen etc.) oder auch bei den Stadtneugründungen an der Ostsee aus demselben Zeitraum (insbesondere Wismar). Völlige Neugründungen des 13. Jahrhunderts sehen auch in Franken kolonialer aus (z. B. Hassfurt), nur sind sie selten - zu dieser und zu späterer Zeit wurden hier zwar noch häufig bereits bestehenden Orten die Stadtrechte verliehen, aber kaum noch Neues auf dem Reißbrett geschaffen.


    Zitat von "Wissmut"

    das Fehlen jeglicher Überformung durch fürstliche Herrschaft oder ein übereifriges Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts.

    In diesem Zusammenhang wundert es mich, dass Dinkelsbühl kein stärker katholisches Gepräge aufweist. Der Barock ist in der Stadt ja nicht sonderlich stark vertreten und dass, obwohl, wie aus einem Bild hervorgeht, der Deutsche Orden offensichtlich über einen eigenen Immunitätsbereich verfügte. Der Stadt wurde durch den Westfälischen Frieden zudem auch explizit die Parität aufgezwungen. Die katholischen Bürger mussten in sämtlichen Ratsgremien, Ämtern etc. zu 50% vertreten sein und konnten nicht - wie wohl von der Mehrheit damals gewünscht - einfach zum Konvertieren gezwungen oder vertrieben werden. :lachen:


    Zitat von "Kindvon2dresdnern"

    Generell erinnert mich das Ortsbild stark an meinen Besuch im Elsass- man spürt doch sofort die gemeinsame Baugeschichte.

    Sieht Dinkelsbühl elsässisch aus? Deinen Eindruck finde ich sehr interessant. Für mich hat es vielmehr einen behäbigen, ostschwäbischen Einschlag. Aber strenge Abgrenzungen in irgendeine Richtung sind hier sicherlich schwer. Die Ähnlichkeiten rühren wohl daher, dass Landschaften wie Franken, das Elsass, Schwaben, Hessen, die Pfalz und Thüringen in ihren Altstadtbildern oftmals einige Grundeigenschaften teilen: die Abneigung für eine gerade Straßenführung, das Fehlen planvoller, großer Platzanlagen (in Thüringen weniger ausgeprägt) und vorherrschend Giebelhausreihung in Fachwerk. Die klischeehafte Vorstellung von der typisch altdeutschen Stadt wird nirgends so häufig erfüllt wie hier. Die Fachwerkhäuser sind zudem zumindest grundsätzlich ähnlich. Für mich als interessierten Laien haben die beiden Fachwerktypen "alemannisch" und "fränkisch" eine geringe Trennschärfe - abgesehen davon, dass sie ohnehin nicht sagen, wo ein betreffendes Gebäude liegt (es gibt auch vereinzelt alemannisches Fachwerk in Thüringen, der schwäbisch-alemannische Dialektraum ist voll von fränkischem Fachwerk usw.). Die Unterscheidung zwischen ihnen wirkt für mich viel weniger berechtigt als die Sonderbehandlung des niederdeutschen Fachwerks.


    Zitat von "BautzenFan"

    In Rothenburg war ich ja schon mal - aber dieses gleichwertige Schwesterstädtchen sagte mir vor diesen wirklich exquisiten Bilderserien noch nichts. Einen Besuch habe ich mir aber nun unbedingt vogenommen. Georg Friedrich hat recht, wir ignorieren manchmal, wie reich an solchen Perlen Deutschland doch noch ist.

    Zitat von "Antiquitus"

    Ja, wir ignorieren das bisweilen, weil die ganz großen Städte alle mehr oder wenig kaputt sind. Aber in der Größe gibt's noch ein bisschen was - wenngleich auch schon oft vorsätzlich verdorben.

    Und diese Ecke ist besonders reich. Wenn man in Rothenburg beginnend am Westrand Bayerns nach Süden bis Füssen fährt, kommt man an etlichen schönen Kleinstädten vorbei: Ansbach und Feuchtwangen zwischen Rothenburg und Dinkelsbühl, weiter nach Süden in Schwaben dann Nördlingen und Wemding (ein kleines Nördlingen), an der Donau Donauwörth, Dillingen und Lauingen, im Allgäu mindestens Memmingen und Füssen. Und damit ist die Liste sehenswerter Kleinstädte sicher noch lange nicht erschöpft. Bayern hat sich jedenfalls vor 200 Jahren ein sehr wichtiges Drittel Schwabens unter den Nagel gerissen.

    Einen kleinen Überblick liefert z. B.: http://www.schwabenstaedte-in-bayern.de (Stadt auswählen und dann unten auf "Fotostrecke starten" klicken)

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Zitat von "RMA"

    Danke auch für die Information, Georg Friedrich. Werde mir das Buch nach deinem Bericht wohl dann auch mal gönnen - auch wenn's natürlich schmerzt, wenn da ähnlich wie in "Kriegsschicksale" wieder Bauten drin sind, die bereits der Zerstörung anheim gefallen sind.

    P. S.: Auch wenn's hier offtopic ist, aber kannst du vielleicht mal einen kurzen Auszug aus dem Buch geben, was da zu Dinkelsbühl steht? Kannst es ja in der Gallerie posten...

    Da Dinkelsbühl ein größerer Ort ist, werden den Einträgen zur Stadt ein kurzer Abriss zur Stadtgeschichte und einige Bemerkungen zu lokalen Besonderheiten (z. B. die auffallend lange Beibehaltung des am Dachbalken mit Überstand angeblatteten Sparrens etc.) vorangestellt. Überdies wird in einer Karte der Häuserbestand vor 1600 farblich markiert. Erwähenswert ist, dass Dinkelsbühl heute mehr Fachwerkbauten aus der Zeit vor 1600 aufweisen kann als jede andere Stadt Frankens. Die Bestandsaufnahme verzeichnet rund 430 Objekte - diese stellen rund 55% des Hausbestands Dinkelsbühls um 1600 dar. Diese Einleitung nimmt zwei Seiten in Anspruch.

    Es folgt nun die eigentliche Bestandsaufnahme, die sich über 47 Seiten erstreckt. In ihr werden wie gesagt rund 430 Objekte kurz beschrieben und datiert. Sofern dendrochronologische Untersuchungen durchgeführt wurden, werden die Ergebnisse genannt. Gleiches gilt für Inschriften oder Quellen aus Archiven, die zur Datierung herangezogen wurden. Am Ende zahlreicher Einträge finden sich Literaturhinweise in Kurzform (die Abkürzungen der zitierten Literatur und deren Auflösung können den Seiten direkt nach dem Inhaltsverzeichnis entnommen werden). Die einzelnen Einträge folgen den Straßennamen in alphabetischer Ordnung und dann der Hausnummer. Die weitaus meisten Bauten werden nicht abgebildet, es finden sich jedoch pro Seite im Schnitt - von mir geschätzt - zwei kleine SW-Fotographien oder Skizzen.

    Ein einzelner Eintrag sieht so aus:


    Bauhofstraße 4

    1291 (d) / 1536 (d). Zweigeschoßiges verputztes Giebel-
    haus mit Satteldach ohne Aufschieblinge und jüngerer
    (1536 d) Erweiterung nach SW, aus der gleichen Zeit
    der Dachstuhl; im älteren Kern Säulenbau, der Straßen-
    giebel im OG vorkragend. Auf der nordöstlichen Trauf-
    seite im Geschoßriegel des EG Blattsitze von doppelten
    Kopfstreben, die bis zur direkt auf dem vorkragenden
    Geschoßriegel aufliegenden Schwelle des OG-Giebels
    weiterreichen (nach Skizze bei Hähnel); im Inneren bei
    Umbau eine über zwei Geschoße durchgehende Säule
    entdeckt, Blattsitze für Kopfbüge, 1291 (d), sonst ver-
    baut, Inzwischen wieder verputzt.

    KD Dinkelsbühl (1962) 60; Hähnel (1982) 58; DL Mittelfranken
    (1986); Schemm (2003) 27 - d 1291 mdl. Hinweis M. Schwemm,
    2005 - Bildarchiv FFM


    oder:


    Fladergasse 3

    (um 1400). Abgebrochen 2000. - Zweigeschoßiger gie-
    belständiger verputzter Säulenbau mit Satteldach ohne
    Aufschieblinge; das Giebeldreieck teilweise vortretend.
    Auf der südlichen Traufseite eine einzelne lange Kopf-
    strebe, die dem Traufrähm aufgeblattet ist, durchgehen-
    de Säule mit langen verblatteten Kopfstreben; geschoß-
    hohes Gefach ohne Zwischenriegel mit Lehmflechtwerk
    erhalten, das gegenüber dem Gefüge, deutlich zu-
    rücksprint. Eine Datierung "nach 1547 d" aus dem Ab-
    bruchholz vermutlich nicht den Kernbau betreffend.

    KD Dinkelsbühl (1962) 65; Hähnel (1982) 51; DL Mittelfranken
    (1986); Schemm (2003) 26 - Bildarchiv FFM


    Einträge wie der letzte, die nicht mehr existente Häuser behandeln, sind in einem hellen, fast transparenten Grauton gehalten, sodass sie selbst beim flüchtigen Durchblättern des Buches schnell ins Auge stechen.

    EG steht für Erdgeschoß, OG für Obergeschoß, d für dendrochronologisch datiert. Eine fette rote Jahreszahl weist auf die Datierung eines im größeren Umfang erhaltenen Baus bzw. auf genauere Kenntnis des Baus hin, eine dünnere rote Jahreszahl auf nur geringe Bauteile bzw. keine genaueren Kenntnisse über den Umfang der erhaltenen Fachwerkteile. Der Autor verwendet bevorzugt eine süddeutsche Terminologie, vgl. z. B. Säule statt Ständer, Kopfbug statt Kopfband.

    Wenn Fragen zu bestimmten Häusern bestehen, schlage ich gerne nach.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Danke für die Informationen, Georg Friedrich. 55 % sind schon wesentlich mehr, als ich erwartet hätte, und wohl auch, als man auf den ersten Blick sieht, der Verputz verbirgt wohl doch mehr altertümliche Konstruktionen, als man denkt. An dem Buch führt wohl kaum ein Weg vorbei... und trotz des Reichtums ist es mal wieder geradezu entsetzlich zu lesen, dass noch in unserer Zeit Bauten aus dem 15. Jahrhundert abgerissen werden, wie von dir zitatweise berichtet... :schockiert:

  • Sehr interessante Hinweise, Georg Friedrich! Obwohl Dinkelsbühl schon auf den ersten Blick eine starke mittelalterlich-frühneuzeitliche Prägung aufweist, überrascht mich die sehr große Anzahl der erhaltenen Häuser aus der Zeit vor 1600! Prächtige Fachwerkhäuser wie das Deutsche Haus mit klar erkennbaren Stilmerkmalen ihrer Epoche sind eben doch die Ausnahme. Bei den meisten, eher schlichten Fachwerkhäusern, deren Bautechnik sich über Jarhunderte oft nur wenig geändert hat, konnte erst die Dendrochronolgie in den letzten Jahrzehnten zeigen, welche Schätze hinter unscheinbaren Fassaden versteckt sein können. Ich vermute, die meisten Besucher - und wahrscheinlich sogar viele Bewohner von Fachwerkhäusern - wissen noch gar nicht, wie wertvoll diese alten Häuser sind! Hier besteht eindeutig Bedarf an mehr Aufklärung. Selbst an dem Haus, das derzeit als ältestestes deutsches Fachwerkhaus gilt (in Esslingen, Webergasse 8, 1267), habe ich z. B. keine Informationstafel gefunden. Kein Wunder, dass immer noch solche Häuser abgerissen werden...

  • Mal zurück nach Dinkelsbühl, Georg Friedrich, da du ja Zugriff auf das Buch "Fachwerk in Franken von 1600" hast, kannst du mal bei diesen vier für mich persönlich sehr interessanten Bauten gucken, ob du etwas darüber findest?

    Adlergässlein (leider keine Hausnummer)

    Koppengasse 11

    Koppengasse 13 (?)

    Wethgasse 13 (?) oder 17 (?)

  • Adlergäßchen 3 (ehem. Messnerhaus)

    (1450-1500). Dreigeschoßiges hohes Giebelhaus mit kurzem Schopfwalmdach und Firstöffnung. Die oberen Geschoße traufseitig, giebelseitig nur das zweite OG vorkragend. Auf der südlichen Traufseite im ersten OG drei verschiedene Säulenverstrebungen: 1. Verband aus sich kreuzenden und weit ausscherenden Streben. Die Fußstrebe angeblattet, die Kopfstrebe nur dem Rähm aufgeblattet und in der Säule eingezapft. 2. Ein angeblattetes Steigband, das die Säule überblattet. Zusätzliche Aussteifung der Säule durch einen kurzen angeblatteten Fußbüg. 3. Variante einer K-Verstrebung: Lange angeblattete Kopfstrebe über Riegelfolge und fußstrebenartig angeordnete und verblattete Gegenstrebe. Im zweiten OG Verband aus sich kreuzenden Streben an den Ecksäulen. Die Kopfstreben sind angeblattet, die Fußstreben nur der Schwelle aufgeblattet. Die Verzapfung an der Säule schneidet den Sturzriegel an. In der Wandmitte eine Säuler mit langen angeblatteten Kopfstreben über eine Riegelfolge; das Giebeltrapez weist den Sparren aufgeblattete Kehlbalken auf. (Nach Neeser [= Max Neeser: Baugeschichte der Stadt Dinkelsbühl. 1. Abschnitt: Die Zeit des Erd- und Holzbaues, Dinkelsbühl 1912, S. 26] angeblich 1571 erbaut. Urkundlich bereits 1390 in Zusammenhang mit Wohnrecht des Kaplans genannt).


    Koppengasse 11

    (1400-1450). Kleines zweigeschoßiges Giebelhaus mit Satteldach ohne Aufschieblinge, das OG auf Deckenbalkenlage weit, das Giebeldreieck leicht vorkragend. Im ersteren kurze verblattete Fußständer, Säule ohne Kopfaussteifung, auf der östlichen Traufseite verblattete Fußstreben mit zweifach gehaktem Blattsitz und verblattete Kopfbänder. Nach Mayer (= Eugen Mayer: Das Bürgerhaus zwischen Ostalb und Oberer Tauber, Tübingen 1978, S. 105) im EG ehem. doppelte verblattete Kopfstreben an den Eckständern; im Dach zweifach stehender Stuhl mit verblatteter Kopfverstrebung.


    Koppengasse 13 (?) kann ich nicht zuordnen. Alle weiteren beschriebenen Bauten in der Koppengasse (Koppengasse 8, 4, 3, 1) sind laut Bedal verputzte Giebelhäuser aus der Zeit um oder vor 1600 - Bedal führt in der Koppengasse neben dem Haus Nr. 11 als einzigen weiteren unverputzten Bau das ehemalige Kornhaus (jetzt Jugendherberge, Koppengasse 10) an. Das von dir gezeigte Haus war laut Bildindex schon 1956 nicht verputzt (http://www.bildindex.de/bilder/MI04505f09b.jpg). Kann es sein, dass das Haus erst nach 1600 errichtet wurde und deshalb bei Bedal keine Erwähnung findet?


    Wethgasse 17

    (vor 1500). Dreigeschoßiges verputztes Traufenhaus mit zwei vorkragenden OG; auf der nördlichen Giebelseite nur das zweite OG vortretend. Nach KD (= Bayerische Kunstdenkmale: August Gebessler, Stadt und Landkreis Dinkelsbühl, München 1962, S. 95) spätmittelalterlicher Bau.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Das Gebäude "alte Nagelschmiede" ist ein Fachwerkhaus aus dem 15. Jahrhundert oder früher.
    Dieser Ausschnitt aus der Rückseite des Gebäudes, fotografiert von der Straße Kirchhöflein, zeigt zwei angeblattete Kopfbänder, sowie zwei Stellen, wo sich einmal Streben irgendeiner Art befanden.
    DSC_0029 | Flickr - Photo Sharing!
    Das Detail hab ich durch Zufall gefunden als ich nach dem gelben mittelalterlichen Haus in derselben Straße gesucht habe. Wahrscheinlich gibt es auch keinen Zugang zu dem Gang durch den ich das Foto gemacht habe, sodass man nicht die gesamte Rückfassade sehen könnte.

    Einmal editiert, zuletzt von Mündener (15. Mai 2011 um 18:25)

  • Das Foto zeigt die Rückseite des Gebäudes, aufgenommen vom kleinen Platz nördlich der St.-Georgs-Kirche.
    Leider ist nicht zu erkennen ,ob die Gebäude links und rechts des Gangs direkt an das betroffene Gebäude angebaut wurden, oder ob eine Lücke vorhanden ist. In letzterem Fall könnte man den Hausbesitzer um Erlaubnis zum Betreten des Gangs bitten, um die Fassade komplett zu sehen.