Dinkelsbühl

  • Wow, danke Johan! :D
    Da fühlt man sich ja gleich ins Mittelalter versetzt...

    Am besten, man schaut sich also alle drei Städtchen an (Dinkelsbühl, Rothenburg und Nördlingen), ja? Werde ich bestimmt in naher Zukunft machen. Ich habe für solche Architektur sehr viel übrig.

  • Zitat von "MunichFrank"


    Du wirst sehen, dass Nördlingen große Ähnlichkeiten mit Dinkelsbühl aufweist.

    Nun, Nördlingen ist bei weitem nicht so geschlossen (das Stadtbild ist mit dem einen oder anderen Neubau durchsetzt) und die Stadtbildsatzung wird m.E. auch nicht besonders konsequent umgesetzt.
    ( Edelstahlhandläufe finde ich an mittelalterlichen Häusern nicht unbedingt angebracht...).
    Von den drei fränkischen Reichsstädten ist Nördlingen meiner Ansicht nach die "hässlichste".
    Absolut sehenswert ist aber die riesige, kilometerlange begehbare Stadtmauer.

  • Eigentlich will ich klingentor anschliessen: so toll ist Nördlingen auch nicht.

    Ich werde eher Schwäbisch Hall empfehlen. Da gibt es auch ein winzige Anzahl von Neubauten, und die gassen die hoch und runter geht, die riesige siebenstockige fachwerkhäuser und die wunderbare Marktplatz macht Schwäbisch Hall zu ein bessere Sehenswürdigkeit als Nördlingen. (Und Schwäbisch Hall ist ja auch Fränkisch, auch wenn es zu Baden-wurtemberg zuhört.)

  • #johan

    ...dem kann ich nur zustimmen.
    Rund um den Marktplatz (mit Superlativen ist das ja immer so eine Sache, aber ich finde das ist einer der schönsten deutschen Plätze überhaupt), am Kocher sowie in der Gelbinger Vorstadt kann Hall mit den berühmten fränkischen Reichsstädten durchaus mithalten. Zwar beherbergt Hall mit der Stadtbücherei eine der grässlichsten Bausünden, die in den letzten Jahren in die intakte Bausubstanz einer historischen Stadt gerammt wurden, aber den den Neubau des Würth-Museums finde ich gar nicht so schlecht, zumal der Bau sich wirklich ernsthaft auf die gegenüberliegende Altstadtsilhoutte bezieht und diese wie ein Gemälde einrahmt.

  • Danke Johan! Es tut gut auch wieder so etwas zu sehen, denn dann kann man ein wenig wieder durchatmen, bevor man sich zum Beispiel dem Thema Dresden wieder zuwendet.

  • Tolle Bilder. Auch ich empfinde Dinkelsbühl als Ensemble beeindruckender als Rothenburg. Mir kommt die Bausubstanz dort allerdings in der Tendenz jünger vor als in Rothenburg - was aber ja nichts Schlechtes sein muss. (In Schwäbisch Hall wird es wiederum überdeutlich, dass hier im 18. Jahrhundert stellenweise noch massiv gebaut wurde. Dort kann man, wie kaum wo anders, reichsstädtischen Barock bewundern.)

    N. B.: Dinkelsbühl gehörte als Exklave dem schwäbischen Reichskreis an. Aus demselben Grund heißt Hall "Schwäbisch Hall". Nördlingen jedoch ist anders als Dinkelsbühl und Hall in jeder Hinsicht schwäbisch, was seine politische Zugehörigkeit im Alten Recih angeht als auch dialektographisch. Nördlingen ist keine fränkische Stadt, sondern eine schwäbische.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Nachdem ich die letzten Tage in Dinkelsbühl geweilt habe, habe ich nun über 500 Fotos mitgebracht, die, so hoffe ich, einigermaßen vollständig den einzigartigen Status der Stadt belegen werden können. Ich war zwar auch in Rothenburg und Nördlingen, aber wenn man gerade einmal abends durch Dinkelsbühl gezogen ist, die Straßen nur erleuchtet von den (innerlich modernisierten) Laternen des 19. Jahrhunderts, so glaubt man doch nicht selten, sich in einer anderen Zeit zu befinden. Alles erscheint hier wirklich alt und authentisch, vieles nicht so "gefällig" wie in Rothenburg; von der Dichte der Touristenströme noch ganz abgesehen...

    Wie schon in diesem Thread erwähnt, ist ein mehrtägiger Aufenthalt Pflicht und gleichsam Balsam für die Seele eines jeden Mittelalter- wie Architekturfans. Obgleich das genauere Hinsehen einige wenige angepasste Neubauten ausmacht, gibt es innerhalb der Stadtmauer doch tatsächlich keine einzige Bausünde! Und bei noch genauerem Hinsehen findet man dann halt auch einige Bauten, die eben nicht aus der Neuzeit, sondern noch dem Mittelalter stammen - doch dazu später mehr.

    Zunächst als ersten von einigen Bilderbeiträgen der beeindruckende Münster St. Georg. Zuerst fällt auf, dass er von außen wesentlich kleiner wirkt, als er dann von innen tatsächlich ist, als nächstes springt natürlich die wunderbare Inneneinrichtung ins Auge - obgleich vieles davon, was man schon an den zuckersüßen Farbfassungen erkennen kann, eher neugotisch denn wirklich mittelalterlich ist. Geschickterweise ist z. B. bei den Altären oft mittelalterliche mit Substanz des 19. Jahrhunderts verwurstet, so dass man ohne gewisse kunstgeschichtliche Vorkenntnisse leicht geblendet wird. Andererseits gibt es wieder liebevolle Details, die wirklich nur eine Kirche haben kann, die über Jahrhunderte und vor allem in den Weltkriegen nie ernsthaft beschädigt worden ist. Mein persönliches Highlight unter diesen Details ist das von der Bäckereizunft gestiftete "Brezelfenster", wo das Maßwerk deswegen eben die Form mehrerer Brezeln hat. Ein nicht minder kostbares Prachtstück ist das vollständig erhaltene Renaissance-Gestühl der Kirche, das auf wunderbare Weise noch mehr von naiv-ländlichen Merkmalen denn italienischen Einflüssen geprägt ist, ein absolutes Unikat!

    Leider hatte ich eine kleine Auseinandersetzung mit dem Pfarrer bezüglich des Einsatzes von meinem Stativ, so dass alles eher aus dem hinteren Bereich fotografiert ist, in den Chor kam ich damit gar nicht - aber das wesentliche sollte zu sehen sein. Die nachfolgenden Bilder lasse ich daher mal unkommentiert.


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    Der die nächsten Tage folgende Teil wird dann den Blick auf die Dächer der Stadt vom Kirchturm aus beinhalten. :)

    5 Mal editiert, zuletzt von RMA (7. Juni 2011 um 21:27)

  • Ich habe bei Dinkelsbühl den angenehmen Eindruck, dass die Spielregeln eingehalten werden, die man andernorts nicht (mehr) (an-)erkennt.

    Aus dieser Warte aus hat man einen guten Überblick auf die Dachlandschaft. Mir fiel u.a. die teilweise, sogenannte Einfachdeckung in Biberschwanzziegeln positiv auf. Zur Lebendigkeit der Dachlandschaft wäre der Einsatz alter und neuer handgestrichener Ziegel zukünftig wünschenswert.


    :daumenoben:

  • Noch vor den Stadtansichten folgt jetzt noch eine Gallerie, die dem bedeutendsten Profanbau Dinkelsbühls gewidmet ist - das Deutsche Haus, früher auch Drechselhaus genannt. Es wurde in seiner heutigen Form um 1600 gebaut oder verändert, denn die Erstnennung als Stammhaus der Familie Drechsel-Deufstetten einschließlich eines entsprechenden Wappens an der Fassade findet sich bereits 1440.

    Schon Dehio erwähnte es als einziges Gebäude der Stadt namentlich, und zweifelsfrei handelt es sich hier um eine der schönsten deutschen Renaissance-Fassaden überhaupt. Doch darüber hinaus handelt es sich hier auch um eine völlig ausgereifte Fachwerkskonstruktion, die mit durch die Leichtigkeit beeindruckt, mit der das, inklusive Dach, sechsgeschossige Gebäude gezimmert wurde.

    Sämtliche Ständer sind gleichermaßen figural wie auch mit Renaissance-Rollwerk-Kartuschen verziert, in den oberen Stockwerken sind sie teils als Hermen ausgeführt, die von Schreckmasken bekrönt sind. Im unteren Bereich befindet sich in einer in Dinkelsbühl häufigen Nische für eine Heiligenfigur eine Mariendarstellung, die vermutlich der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zuzuordnen ist. In der Nähe finden wir auch schon die bereits angesprochenen Wappen. Die zahlreichen figürlichen Darstellungen an der Fassade vermag ich ikonographisch nicht einzuordnen, vielleicht zeigen sie die Bauherren oder am Bau beschäftigte Handwerker / Künstler. Die Sgraffito-Verzierungen der Brandwände könnten dagegen eher eine Zutat des 19. Jahrhunderts sein, neueren Datums sind sie auf jeden Fall.

    Einziger Wermutstropfen ist meines Erachtens, dass alle Holzteile der Fassade in einer relativ dicken Farbe gestrichen sind, die mit Sicherheit viel der Qualität der Schnitzverzierungen übertünchen - inwieweit der Anstrich einem entsprechenden Befund folgt, oder ob eine monochrome Fassung nicht viel eher dem ursprünglichen Aussehen entspricht, vermag ich natürlich nicht zu beurteilen.

    Dinkelsbhl: Das Deutsche Haus

    Einmal editiert, zuletzt von RMA (20. Mai 2011 um 23:24)

  • Die Aufnahmen im Detail verdeutlichen das eindrucksvolle Zierfachwerk,
    die interessanten Schnitzereien und die Ausmalungen der Putzfaschen.

    Als kleinen Wehmutstropfen würde ich auch den Terrassenzaun des Gastronomiebesitzers oder -pächters bezeichnen. Der sticht in Form und reinem Weiß vor diesem Gebäude 'zu laut' heraus. Eine zurückhaltende
    Begrenzung wäre, falls überhaupt nötig, hier sicher von Vorteil.

  • Nun 61 ausgewählte Bilder vom ersten Tag, die Kommentare sind in der Gallerie untergebracht, deswegen will ich hier nicht mehr schreiben.

    Dinkelsbhl: Tag 1

    P.S.: Schade nur, dass außer Stefan kaum jemand etwas schreibt, obwohl es schon weit über hundert Zugriffe auf die Gallerien gab. Vor diesem Hintergrund wird man schonmal nachdenklich, wozu man sich überhaupt die Mühe des Hochladens macht. :?

    Einmal editiert, zuletzt von RMA (20. Mai 2011 um 23:24)

  • Zitat von "RMA"

    P.S.: Schade nur, dass außer Stefan kaum jemand etwas schreibt, obwohl es schon weit über hundert Zugriffe auf die Gallerien gab. Vor diesem Hintergrund wird man schonmal nachdenklich, wozu man sich überhaupt die Mühe des Hochladens macht. :?

    Die Bildergalerien sind wirklich sehr interessant.

    Ich selber war auch schon des Öfteren in Dinkelsbühl und bin fasziniert von der Stadt und seiner Lage.

    In diesem Zusammenhang freue ich mich immer wieder über aktuelle Bilder :daumenoben:

  • Schöne Bilder in einer hervorragenden Qualität. Vielen Dank.

    Einer der wenigen Kritikpunkte in Dinkelsbühl ist, wie erwähnt, die zu deckende Farbgebung an manchen Häusern, was ja leider auch auf viele andere nichtsdestotrotz wunderschöne Altstädte zutrifft.

    Die Stadtkirche St. Georg ist wahrlich fantastisch. Ihr phänomenaler Raumeindruck kann durch Fotografien kaum vermittelt werden. Sie gilt vollkommen zu Recht als eine der großartigsten spätgotischen Hallenkirchen in Süddeutschland. Umso erstaunlicher ist diese großartige Bauleistung, wenn man bedenkt, dass die Kirche kein Werk aus einem Guss ist, da Teile eines romanischen Vorgängerbaues offensichtlich integriert werden mussten - am Kirchenturm und am Portal ist das noch deutlich erkennbar. Als Vorbild für den spätgotischen Neubau diente meines Wissens St. Georg im unweiten Nördlingen, welches auch sehr schön, aber dann doch weniger spektakulär ist.

    Was dem Stadtbild Dinkelsbühls fehlt ist eine wirkliche Platzanlage. Es ist schwer zu sagen, worin dies begründet liegt, aber zahlreichen Städten Frankens und Schwabens fehlt trotz prinzipiell ansehnlicher Größe ein planvoll angelegter zentraler Platz, was dazu führt, dass die ehemalige Bedeutung so manchen Ortes etwas verschleihert wird.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Intressant ist dass diese Verputzung macht es in manche Bereich Dinkelsbühl wie ein Kleiner Bruder von Tübingen.

    Es gibt schon mehrere Platzanlagen in Dinkelsbühl. Keine sind von die Schönheit von Rothenburg ob der Tauber. In diese Art und Weisse sind Rothenburg schon schöner. Die zusammenspiel zwischen Rathaus und umliegende Häuser ist dort einmalig.

    Die Schönheit von Dinkelsbühl liegt nach meiner meinung in seine untouristische Schönheit. Mann kann oft selbst alleine Rumwandern und einfach für ein paar sekunder vergessen die Dunkle und Böse Künste der gegenwartige Kunstformen...

  • Zitat von "Georg Friedrich"

    Was dem Stadtbild Dinkelsbühls fehlt ist eine wirkliche Platzanlage. Es ist schwer zu sagen, worin dies begründet liegt, aber zahlreichen Städten Frankens und Schwabens fehlt trotz prinzipiell ansehnlicher Größe ein planvoll angelegter zentraler Platz, was dazu führt, dass die ehemalige Bedeutung so manchen Ortes etwas verschleihert wird.


    Gerade das macht aus meiner Sicht den Reiz dieser aus germ. Haufendörfern gewachsenen Orte aus; das Fehlen jeglicher Überformung durch fürstliche Herrschaft oder ein übereifriges Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts.

    Für einen großen Platz gibt es zig kleine Stadtplätze, die auf den ersten Blick nicht als solche wahrgenommen werden...

    Nein, die werden gedünstet