Das alte Dresden in Farbe

  • Hier neuer Stoff.
    Unerreichte Ästhetik des Sozialismus, ein Glanzstück des Wiederaufbaus:

    Irgendwie bin ich gerade dazu verleitet, deine dieser AK zugeordnete Überschrift als nicht sarkastisch gemeinte Äußerung anzunehmen. Dies tue ich umso mehr, da ich mich bei der Durchsicht derartiger 70er-Jahre-Aufnahmen einer gewissen Faszination nicht entziehen kann.
    Irgendwie strahlen diese zyklopischen Ensembles eine zukunftsgläubige heitere Allmacht aus, die einen den Osterspaziergang schnell vergessen lassen. "Hier ist des Volkes wahrer Himmel", könnte man ausrufen.
    Allerdings unterscheidet sich diese "Postkartenidylle" essentiell von der Realität! Wenn erst einmal die Tage kürzer werden und die Herbststürme duch die Schneisen fegen, wird die lichte Zukunftsphantasie überspannter Architekten zu einem menschenfeindlichen Raum, der sich vom Basislager des Chomolungma wohl nur durch das nahe Centrum-Warenhaus unterscheidet.
    Aber heute hat man ja ganz andere Möglichkeiten.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Fein, dass dir das auch irgendwie zusagt, aber da gibt s noch mehr davon:

    Aber interessanter ist das:

    Was soll diese deplazierte Bude rechts im Vordergrund?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Die tatsächlich "deplazierte Bude" war größer als man denken möchte. Sie streckte sich vor ihrem Abriss vom Anfang der Salzgasse bis weit nach hinten, wo heute das hässliche Innside Hotel seine Rückfassade hat. Ungefähr über den Grundriss der heutigen Garageneinfahrt mit den eigenartigen Aufbauten. Ich glaube, das sich darin kleine Läden und Werkstätten befanden.

  • Bei der kleinen Bude handelte es sich tatsächlich um die den Zeughausplatz (heutiger Tzschirnerplatz) nach Süden hin abschirmende Zeughauskaserne (wohl 17. Jahrhundert), einen niedrigen langgestreckten Baukörper mit Satteldach. Sie wurde - wie schon von Exilwiener richtig gesagt - am Beginn des 20. Jahrhunderts abgebrochen.
    Die Garagenaufbauten der Sachsenbau Chemnitz aus den 90er Jahren waren wohl tatsächlich als Reminiszenz an diese ehedem vorhandene Bebauung gemeint. Über das Ergebnis allerdings, braucht man sich wohl kaum zu streiten!

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Meine Güte, was muss das eine schöne Stadt gewesen sein. Was würde ich darum geben, wenn wenigstens die Hälfte davon noch stünde.

    Ich kann mir die alten Bilder nicht ansehen ohne......nein, nicht ohne mich aufzuregen, das tue ich schon lange nicht mehr, irgendwann geht einem die Kraft hierzu aus, und in Deutschen Städten müsste man sich dann 365 Tage im Jahr ständig über die hässlichen Entstellungender Moderne aufregen. Traurig und wütend werde ich auch nicht mehr, das ist auf Dauer einfach zu energieraubend und führt zu nichts. Von daher kann ich das Gefühl nicht beschreiben, sagen wir mal so: Wenn ich die unzerstörte Fritz-Löffler, den Friedrichring etc unzerstört sehe, dann fühle ich doch, wenn nicht Trauer, so doch ein....ja, jetzt kann ich es in Worte fassen: ein unglaublich tiefes Bedauern.

    Also es ist schon sehr hart, sich diese Bilder des unzerstörten Dresdens anzuschauen, und sich im Kopf Stück für Stück die Mosaiksteine zusammenzusetzen, wie die Stadt früher ausgesehen haben muss. Dies muss eine so überwältigend schöne und beeindruckende Stadt gewesen sein,dass ich einfach nur unglaublich tief bedaure, dass all dies weg sein soll. Vor allem dann, wenn ich mir ins Gedächtnis rufe, wie entsetzlich entstellt die "moderne" Stadt heute aussieht.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Als gebürtigen Dresdner, der sein Leben lang in dieser Stadt verbracht hat, berühren mich Fotos und Filme vom alten Dresden besonders.
    Meine Großmutter hat mir schon als Kind von der Schönheit und den Schätzen dieser Stadt erzählt. Leider wurde ich erst 24 Jahre nach der Zerstörung Dresdens geboren und habe das wirkliche Dresden somit nie erlebt.
    Ich bin im "sozialistischen Dresden" aufgewachsen und konnte nur die einstige Schönheit dieser Stadt aus Bildern und Erzählungen meiner Verwandten erfahren.
    Was würde ich darum geben, wenigstens mal einen Tag durch das alte Dresden spazieren zu können! Hätte ich 3 Wünsche frei, wäre das mit Sicherheit einer von ihnen. Das wird immer mein unerfüllbarer Traum bleiben.
    So betrachte ich mir die alten Aufnahmen und stelle dabei fest, je älter ich werde, umso mehr schmerzt mich der Anblick.

  • So betrachte ich mir die alten Aufnahmen und stelle dabei fest, je älter ich werde, umso mehr schmerzt mich der Anblick.

    Du wirst es nicht glauben, aber es geht mir als Nicht-Dresdner ähnlich mit deiner Stadt. Und jetzt das Kuriosum:

    Obwohl ich Wessi bin, ultra-Wessi auch noch (im amerikanisch besetzten Frankfurt d.h. Zentrum des BRD-Kapitalismus aufgewachsen), hatte ich manchmal einen regelrechten Hass auf meine "Heimatstadt". Denn seelenlose Glas/Stahl/Betonklötze, amerikanisierte MacDonalds-Verblödung und Geschichtsauslöschung empfand ich nie als "Heimat" (daher in Zitatzeichen). Dann entdeckte ich Dresden, und die Geschichte Dresdens und ich kann dir ganz klar und 100 Prozent versichern, dass mein Herz in den letzten Jahrzehnten VIEL mehr an Dresden hing als an dieser "Heimat" die ich nie als meine empfand. Mir war Dresden, seit ich in Architekturforen bin (seit ca. 2001), wesentlich wichtiger als Frankfurt am Main. VIEL wichtiger - kann man gar nicht vergleichen. Galaxien auseinander.

    Mit anderen Worten: Mein Herz gehörte Dresden. Frankfurt kam irgendwann ganz am Ende der Liste meiner Lieblingsstädte. Dresden war mir am wichtigsten von allen.

    Es hat sich kurioserweise erst vor wenigen Jahren geändert. Nun steht auch in Ffm ein grosser Teil der Altstadt wieder (danke an dieser Stelle an die Dresdner, denn ich weiss, dass erst das weltweit aufsehenerregende Signal der Frauenkirche 2005 auch die Frankfurter zur Vernunft brachte - sie bauten ihr Altstadt wieder auf. Für mich natürtlich ein Traum und bringt mir meine ehemalige Heimat - wohne seit 30 Jahren nciht mehr da - doch wieder ein Stück näher. Erst die Altstadt gibt mir Wärme im Herz. Mit den Wolkenkratzern konnte ich nie allzuviel anfangen.

    Das heisst, Frankfurt ist mir zwar nun plötzlich wichtig geworden, und ich glaube ich kann endlich , nach 30 Jahren, wieder eine emotionale Verbindung zu der Stadt aufnehmen. (Ja, ist kein Witz - hat nicht nur, aber maßgeblich mit der Altstadt zu tun).

    Und das mag zwar für dich ein schwacher Trost sein, lieber Matielli, aber vielleicht lindert es doch etwas den Schmerz: Denn Dresden ist für mich noch immer die Nummer 1.

    Ich erkläre hiermit als Wessi ausdrücklich meine emotionale Solidarität mit Dresden!

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Der MDR-Sachsenspiegel berichtete gestern über neuentdeckte Farbfotos vom zerstörten Dresden. Aufnahmen eines Reichsbahners. Besonders erschütternd: das brennende Japanische Palais mit rötlichem Feuer. Es ist nur ein kurzer Bericht, der nicht in die Tiefe geht.

  • Hammer! Leider sieht man nur das Japanische Palais als Foto, aber das ist schon sehr beeindruckend und gerade als Farbfoto geht es einem sehr nahe! Leider Bezahlschranke, aber gibt es auch noch weiter Bilder im Artikel?

    => Ergänzung: Gerade Beitrag auf MDR entdeckt! Sehr beeindruckend! Ganz zum Schluss des Beitrags sieht man sogar einen noch (bis auf das Eckhaus) intakten imposanten Straßenzug in Farbe! Unfassbar, was dann nach der ersten Zerstörung von den Kommunisten noch zerstört wurde. Ein Unglück kommt leider selten alleine...jedenfalls toller Fund!

    https://www.mdr.de/sachsen/dresde…tdeckt-100.html


    Anbei ein paar Bilder, die ich in besagtem Eisenbahnforum fand:




    Quelle dieser Bilder: https://eisenbahnstiftung.de/

    Einmal editiert, zuletzt von Exilwiener (26. April 2019 um 15:52)

  • Ganz zum Schluss des Beitrags sieht man sogar einen noch (bis auf das Eckhaus) intakten imposanten Straßenzug in Farbe! Unfassbar, was dann nach der ersten Zerstörung von den Kommunisten noch zerstört wurde.

    Willst du damit sagen, dass der Straßenzug heute nicht mehr existiert?

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Ich glaube Exilwiener meint den Straßenzug auf dem von ihm zuletzt eingestellten Foto.
    Ich tippe auf Johannstadt, einer der Straßenzüge hinter dem Käthe-Kollwitz-Ufer. Dann wäre der Teil noch erhalten. Weiß es aber nicht sicher. Bilderbuch, was meinst Du?
    (Schön, mal wieder was von Dir zu lesen!)

  • Mir ist schon klar, dass er das letzte Bild in seinem Beitrag meint. Es zeigt die Rudolf-Leonhardt-Straße im Hechtviertel. Das Eckhaus im Vordergrund wurde übrigens - wenn auch vereinfacht - wieder aufgebaut - im “Kommunismus“.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Willst du damit sagen, dass der Straßenzug heute nicht mehr existiert?

    Wenn der Straßenzug in der Altstadt war, dann wird er mit 99iger Wahrscheinlichkeit durch die leider Gottes verordneten Flächenabrisse für die sozialistische Stadt demoliert worden sein. Wenn er allerdings auf der Neustädter Seite stand, dann würde ich meinen, dass die Wahrscheinlichkeit eigentlich sehr hoch sein müsste, dass er noch stünde. Vielleicht erkennt einer der Dresdner hier etwas mehr?

    Ich habe vor einiger Zeit mit dem bekannten Dresdner Herrn Tietze (der ebenfalls als 15 jähriger Bub diesen Bombenterror miterlebt und wie durch ein Wunder und als nur einer von zweien aus seiner Schulklasse überlebte) eine Führung gemacht. Er erzählte, dass gleich im ersten Friedenssommer die Überlebenden und nicht vor der Roten Armee geflohenen Dresdner begonnen haben ihre Häuser wieder aufzubauen. Die Sozialisten haben aber in ihrem Wahn selbst wieder bewohnbare Häuser wieder räumen lassen und sie anschließend mutwillig zerstört. Ich weiß, für uns heute lebenden Menschen nicht mit Ratio fassbar, aber in den damaligen Zeiten muss man sicher schon mehr als froh gewesen sein, nicht den Nazis, den Alliierten Bomben, den Sowjets oder anschließend den örtlichen Sozialisten zum Opfer gefallen zu sein. Dresden war in dieser schlimmen Zeit sicherlich die Verkörperung der Hölle auf Erden.

  • Was für ein dummes Zeug du schreibst. Leider - wie üblich - von deinen ideologischen Scheuklappen beeinflusst und durch sogenannte Experten scheinbar verifiziert. Wenn du den Vorbeitrag gelesen hättest, wüsstest du immerhin, wo sich der Straßenzug befindet, ob er noch existiert und wie man im Nachkriegsdresden mit ihm umgegangen ist.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Auch wenn ich mich ganz bewusst nicht auf Dein „Niveau“ herab begeben werde, versuche ich es - vermutlich vergeblich - mit einem Sachbuch: Abschied vom alten Dresden - Matthias Lerm. Aber es kann sich hier jeder andere, wenn er es nicht ohnedies bereits kennt, ein Bild von genau dieser Materie machen und nachlesen. Dir würde ich persönlich das Kapitel mit der Sophienkirche und der Stadtplanung unter dem ersten sozialistischen Oberbürgermeister empfehlen!

  • Wenn der Straßenzug in der Altstadt war, dann wird er mit 99iger Wahrscheinlichkeit durch die leider Gottes verordneten Flächenabrisse für die sozialistische Stadt demoliert worden sein. Wenn er allerdings auf der Neustädter Seite stand, dann würde ich meinen, dass die Wahrscheinlichkeit eigentlich sehr hoch sein müsste, dass er noch stünde.

    Das ist doch alles Blödsinn und zeigt das Niveau, auf dem du argumentierst. Auf der einen Seite sollen die neuen Machthaber für Flächenabrisse verantwortlich zeichnen und dann die Neustadt verschont haben? Was für eine Logik!

    Erzähle uns hier bitte keine Märchen und führe in diesem Zusammenhang nicht auch noch das Buch von Herrn Lerm auf, das hier jeder kennen dürfte. Zeige stattdessen Schadenspläne und untermauere deine Theorie. Da du das jedoch nicht können wirst, solltest du lieber schweigen.

    Der Verlust des alten Dresden wiegt meiner Ansicht nach zu schwer, als das ein dahergelaufener Ideologe wie Exilwiener ihn für was auch immer missbrauchen sollte.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe