Der Neumarkt Dresden - archivierter Strang

  • Sicher ist da leider gar nichts. Die Stadt hatte angekündigt, man wolle in der Schlossstraße und dem umliegenden Gebiet (Sporengasse, Landhausstraße) die Zahl der Leitbauten reduzieren und verstärkt auf moderne Bauten setzen. Also auf die Pläne kann man sich nicht mehr verlassen. Auch im Q VI wurden bereits 2 Leitbauten gestrichen.

    APH - am Puls der Zeit

  • Das stimmt. Es wurde ja schon von 2 bis 3 Neubauten gesprochen.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Hier ein paar Aussagen von Bernhard Schuster (Präsident der Brandenburgischen Architektenkammer) zum Gewandhaus und zum Neumarkt (Quelle: Märkische Allgemeine):

    Zitat

    ... "Ein respektvoller und ernsthafter Diskurs mit der Architektur unserer Zeit wird kaum noch versucht. Jedes Gebäude, das nicht eine Ahnung von Barock hinterlässt, soll völlig inakzeptabel sein. Das ehrenwerte bürgerschaftliche Engagement der Dresdner zeigt Defizite in unserer Gesellschaft auf, das lässt sich auch auf Potsdam übertragen" ...

    Das liegt wohl daran, dass in der Architektur unserer Zeit kein Wert auf Schönheit und Eleganz gelegt wird. Viel Glas, viel Stahl, höchstmöglicher Kontrast zur Architektur vergangener Tage; dass kommt eben nicht an! Die Defizite liegen nicht in unserer Gesellschaft sondern in unserer zeitgemäßen Architektur. Wenn es die Architekten nicht schaffen, Gebäude zu errichten, die von der Gesellschaft akzeptiert werden, wird es wohl weiterhin "Defizite in der Gesellschaft" geben.

    Zitat

    "Der Neumarkt in Dresden muss sich mit den ersten Plätzen in Europa messen lassen. Denken Sie nur an den Markusplatz in Venedig" ... "Architektur befriedigt nicht nur funktionale Bedürfnisse. Sie muss auch die Sinne anregen. Der Baukörper und die Fassaden (des Gewandhauses) spielen mit dem Kontrast zwischen geöffenten und geschlossenen Flächen. Die Qualität des Materials wird die Proportionen noch wesentlich ergänzen"

    Vielleicht soll er mal die Venezianer fragen, ob diese das Gewandhaus haben wollen; der Markusplatz ist doch noch groß genug :zwinkern: Als der Campanile am Anfang des 20. Jhr. einstürzte, entschied man sich ja auch für eine Rekonstruktion und nicht für ein Gebilde im Bauhaus-Stil. Und dann wieder das geblubber über die moderne Architekur des Gewandhauses; einfach zum kotzen. "Die Qualität des Materilas wird die Proportionen noch wesentlich ergänzen" Hä?????

    Das Interview fand sicherlich in Schusters gründerzeitlicher Villa in einem Nobelvorort von Potsdam satt :zwinkern:

  • Tja, auch Chipperfield wohnt selber in ein alter gepflegter Haus (Villa).
    Und diese Herren reden immer über neue Kontrasten schaffen, aber nicht in ihre eigene Umgebung!!!

  • ^ Dies hier wäre eine angemessene und reichlich verdiente Bleibe für diesen "Architekten". Da kommt er schon selbst irgendwann auf den Trichter, wie beschi**en und menschenfeindlich eine solche Kartonarchitektur ist. Ich wünsche mir zum nächsten Fest, dass dieser Mensch aus Europa exkommuniziert wird, soll er eben China verunstalten (wobei da nicht mehr viel zu verunstalten ist).

    Nichtsdestotrotz wünsche ich euch allen frohe Weihnachten und vielen Dank noch einmal für euer aller Engagement hier, hoffe, das kann nächstes Jahr aufrechterhalten (sogar ausgebaut?) werden :zwinkern:

  • Zum Q VIII:

    also auf der einen Seite ist es natürlich nicht gerade die beste Lösung, der Baywobau noch ein Quartier zu geben, wenn man auf Qualität bedacht ist. Auf der anderen Seite bin ich ganz froh, dass es die Baywobau ist und nicht etwa Herr von Döring. Herr Dietze hat bewiesen, dass man mit ihm reden kann. Er scheint auch nichts gegen historische Fasaden zu haben und ist kein Ideologe wie z.B. Herr Döring, der unbedingt modern bauen will. Wenn es nach Herr Dietze ging, würde das ganze Q VIII sicher auch historische werden können. Das große Problem ist die Gestaltungskommission und die mäßge Qualität der Baywobau. Trotzdem können wir auf historische Fassaden hoffen. Zur Not müssen wir halt wieder mit zahlreichen email ran. Dass dies etwas bewirken kann, haben wir ja schon beim Q III gesehen. Da der Aufschrei damals so groß war, glaube ich auch nicht, dass sich Herr Dietze diese Diskussion und Umplanung noch mal antun will :lachen:

    APH - am Puls der Zeit

  • Noch mal zur Erinnerung:

    das Q VIII enthält zumindest nach nicht rechtsverbindlicher Gestaltungssatzung die mit Abstand meisten Leitbauten. Welche hier am Ende kommen, hängt nicht zuletzt auch vom öffentlichen Druck ab.

    Zur Orientierung noch mal die Karte zum Q VIII:

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  • http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1701198\r
    http://www.sz-online.de/nachrichten/art ... id=1701198

    Bild: http://www.sz-online.de/nachrichten/fotos.asp?artikel=1701198\r
    http://www.sz-online.de/nachrichten/fot ... el=1701198

  • Sächsische Zeitung vom 27.12.2007

    70 Fassadenteile vom British Hotel geborgen
    Gesellschaft Historischer Neumarkt fordert eine enge Zusammenarbeit beim Wiederaufbau

    Von Bettina Klemm

    Im nächsten Jahr soll das Beichlingsche Palais, besser als British Hotel bekannt, am Neumarkt wieder aufgebaut werden. Das Schweizer Unternehmen Hapimag hat das Grundstück erworben, um dort eine Ferienanlage zu errichten.

    In dem Gebäude wurde am 25. Dezember 1745 der Dresdner Frieden zwischen Preußen, Österreich und Sachsen geschlossen, der die europäische Geschichte nachhaltig beeinflusst hat. "Doch das Gebäude ist nicht nur geschichtsträchtig, sondern es zählt mit fast 70 geborgenen Fassadenfragmenten zu den wichtigsten Leitbauten", sagt Torsten Kulke, Vorstand der Gesellschaft Historischer [lexicon='Neumarkt Dresden'][/lexicon] (GHND). Mit seinem einzigartigen Inneren sei der Bau nur noch mit dem Taschenbergpalais vergleichbar - quasi im Miniaturformat. Angesichts einiger schlechter Erfahrungen am Neumarkt möchte Kulke sichergehen, dass die historische Struktur im Inneren originalgetreu entsteht. "Wir fordern die Stadt Dresden, den Investor Hapimag und das verantwortliche Planungsbüro Ipro auf, die Planungen öffentlich zu machen und eine rechtzeitige Bürgerbeteiligung zuzulassen", sagt er.

    Von einer Bürgerbeteiligung in dieser Angelegenheit hält Stadtentwicklungsbürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU) wenig. "Die Pläne werden in der Gestaltungskommission und mit dem Landesdenkmalamt genau besprochen."


    Zitat

    Von einer Bürgerbeteiligung in dieser Angelegenheit hält Stadtentwicklungsbürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU) wenig. "Die Pläne werden in der Gestaltungskommission und mit dem Landesdenkmalamt genau besprochen."

    Dieser arrogante Mensch. Wenn er nicht zugereist wäre, könnte man meinen der SED Funktionär würde durch ihn sprechen. Dieser Mann ist eine Schande für Dresden. Wer den Demokratiebegriff in einer solchen Weise strapaziert, hat im Bürgermeisteramt nichts mehr zu suchen. Es ist so schade, dass die Chancen einer aktiven Bürgerbeteiligung und eines kritischen Diskurses in Ost wie in West kaum aufgegriffen wird.

    APH - am Puls der Zeit

  • Zum [lexicon='Quartier VIII'][/lexicon]: Offensichtlich wurden nur die Keller weggebaggert, die nicht zu den Leitbauten zählen. Im [lexicon='Quartier VIII'][/lexicon]/2 stehen zumindest die Keller der Leitbauten noch - nur dazwischen hat man zugeschlagen.

  • Zitat


    „Es gab auf Anregung der Stiftung noch Umplanungen im Inneren“, sagt dazu der private Bauherr Peter Zeibig. Seine aus Herrenberg bei Stuttgart stammende Familie Zeibig sowie die Edith-Haberland-Wagner-Stiftung sind die Bauherren der beiden zwar kleinen, aber feinen Gebäude.

    Eine Frage: Als Grund für den teilweise mißlungenen Wiederaufbau des Neumarkts wurde doch immer wieder die Tatsache angeführt, daß nur riesige Grundstücke als Großinvestoren verkauft wurden und werden, die dann natürlich auch nur Riesenquartiere mit Hotel, Einkaufspassage im Innenhof und etlichen Büros bauen - statt daß man kleine Parzellen für ein bis zwei Häuser an private Bauherren verkauft, die dann tatsächlich eine Art "Bürgerhaus" errichten.

    Kürzlich hieß es hier auch, ein privater Kaufinteressent, der das Dinglinger-Haus rekonstruieren wollte, habe das Grundstück nicht bekommen, weil die Stadt lieber abwarten wollte, bis sie das Grundstück zusammen mit den Nachbarparzellen an einen Großinvestoren verkaufen kann (der dann wieder Beton, Flächdächer & popelige Passagen baut).

    Warum konnte eigentlich Peter Zeibig das kleine Grundstück AdF 16/17 kaufen? Warum hat man für ihn eine Ausnahme gemacht? Bzw. warum geht man nicht nach der Erfahrung mit diesem rundum gelungenen Projekt wenigstens teilweise dazu über, kleine Parzellen zu verkaufen? Hat dafür jemand eine Erklärung?

  • @ Schloßgespenst

    ich gehe mal davon aus, dass die Grundstücke aus Privatbesitz stammen, ähnlich wie die Grundstücke, die Herr Blobel gekauft hat oder auch die Grundstücke im Q II, die ebenfalls in Privatbesitz sind.

    APH - am Puls der Zeit

  • Mir ist ein alter Zeitungsartikel in die Hände gefallen, den ich Euch in Auszügen nachfolgend vorstellen möchte. Sehr interessant – so begann die Ära *Neumarktbebauung*. Am 9. April vermeldete die Sächsische Zeitung (Lokalblatt des Bezirkes Dresden):

    Im Rahmen des benannten Artikels wurde auch ein Entwurf für die Fassadengestaltung zur Töpferstraße veröffentlicht:

    Man vergleiche mit der dann tatsächlich realisierten Fassung, die ist m. E. deutlich „verschlechtert“ (Vergleichsfoto von Harmonica):

    Ich möchte aber noch auf einen Passus aus dem obigen Zeitungstext näher eingehen:

    Zitat

    …(das Hotel -) *ein erster Schritt bei der Realisierung der städtebaulichen Konzeption im Bereich des Neumarktes. Bekanntlich sieht sie (also diese Konzeption) vor, hier im nächsten Jahrzehnt mit zeitgenössischer Architektur im historischen Kontext und historischen Anleihen ein anspruchsvolles Ensemble zu bauen und dabei auch die historische Raumstruktur aufzunehmen.*

    In der fachlichen Vorbereitung der besagten „städtebaulichen Konzeption“ für den Neumarkt (noch mal: Es geht hier um die letzten Jahre der DDR-Ära, um die damalige Fachdiskussion – wie hier zu bauen sei) war von Hans Nadler die Idee mit den Leitbauten eingebracht und letztlich in die „DDR-Konzeption“ übernommen worden.

    Das Hotel und das benachbarte Funktionsgebäude an der Münzgasse, beide zusammen bildeten das erste Projekt am Neumarkt, waren noch nicht fertig gestellt, da kam die politische Wende in der DDR. Und damit zeichneten sich nun völlig neue Möglichkeiten ab. Im Rückblick dazu Prof. Magirius:

    Zitat

    In den achtziger Jahren hat das Institut für Denkmalpflege für die Wiederherstellung einiger »Leitbauten« - Kanzleihaus, Coselpalais, Kurländer Palais, Regimentshaus und British Hotel – zwischen Wohnungsneubauten plädiert, da im Rahmen des »sozialistischen Wohnungsbauprogrammes« nur Bauen mit vorgefertigten Elementen in Frage kam.

    Textquelle:
    „George Bährs Frauenkirche als Mitte der Bürgerstadt Dresden – eine Denkschrift“
    In: Dresdner Hefte, Nr. 38, 1992

    Magirius sagt hier letztlich, dass unter den wirtschaftlichen Bedingungen der DDR gar nicht mehr möglich gewesen wäre, schon die in die Liste aufgenommenen Leitbauten stellten ja fast schon ein utopisches Programm dar.
    Im Gegensatz zu Magirius argumentiert nun allerdings Gerhard Glaser immer so, als ob wesentlich mehr Leitbauten aus fachlichen Aspekten nie wünschenswert gewesen seien. Beispiel eines seiner diesbezüglichen Statements:

    Zitat

    Auszug aus der Rede von Glaser zum 90. Geburtstag von Hans Nadler (Sommer 2000):

    …Alle diese Ihre Bemühungen (Anm.: Ihre = Hans Nadlers Bemühungen, die Rede war ja an ihn gerichtet) zur Vorbereitung des Wiederaufbaus des Neumarktgebietes, in dessen Rahmen Sie das Prinzip der Leitbauten formulierten, drohen nun zu kippen, indem sie in eine zweidimensionale Bildinszenierung der historischen Straßen und Platzräume des Neumarkgebietes umdiskutiert werden, indem in einem „Glaubenskrieg“ (Anm.: Anführungszeichen im Original) um 50, 60 oder 80% Anteil historischer Fassaden gekämpft wird, an denen sich sicher fernöstliche Touristen delektieren, die aber das Anliegen von Fritz Löffler mit seinem berühmten Buch „Das alte Dresden“ nicht mehr treffen.
    … Eine Inflation von Rekonstruktionen entwertet die unter unendlichen Mühen als Ruinen bewahrten und wieder aufgebauten Monumente einschließlich der mit Anstand als gänzliche Rekonstruktion bei hinreichender Quellenlage als Abbild wieder hergestellten.

    Bleibt nur anzufügen, dass Prof. Magirius strikter Gegner des „neuen“ Gewandhauses ist, während Gerhard Glaser die Wiederbebauung dieser Fläche ausdrücklich befürwortet.


    Noch ein ganz anderer Vermerk im Zusammenhang mit den Leitbauten. Dass man diese Rekonstruktionen in der Endphase der DDR tatsächlich offiziell „abgesegnet hatte, manifestiert sich auch in den Planunterlagen für das Schloss.
    Erste Fassung der Planunterlagen, erstellt 1982:


    Bildquelle: http://www.bildindex.de">http://www.bildindex.de

    In der später überarbeiteten Fassung, unten ein Auszug für das 2. OG, erstellt Ende 1987, ist das Kanzleihaus „plötzlich“ integriert, obwohl es ja auch hier „nur“ um die Schlossplanung ging. So etwas passierte nicht ohne Hintersinn. Was in der DDR einmal gedruckt und für die Öffentlichkeit einsehbar vorlag, hatte schon allein dadurch einen hochoffiziellen Status (es wurde nichts gedruckt oder veröffentlicht, was nicht von der jeweiligen Staats- bzw. Parteistelle vorher genehmigt worden war). Dass die Planer des Schlosses das Kanzleihaus schnurstracks in ihre Plandarstellungen aufnahmen, war wohl auch dadurch begründet, zu verhindern, dass es sich jemand wieder anders „überlegt“. So ein „Rückzug“ wäre dann zumindest wieder ein bisschen „schwieriger“ gewesen.

  • @ BautzenFan

    bist du eigentlich primär Schlossexperte oder interessierst du dich auch für die Gebäude am Neumarkt, Postplatz und Neustädter Markt. So gut der Neumarkt auch durch Forschungen von Herr Hertzig dokumentiert ist, so groß sind die Lücken bei anderen Gebieten. Hast du zum Beispiel nähere Infos zu den Gebäuden direkt am Postplatz und zum Neustädter Markt. Darüber würde ich mich sehr freuen :lachen:

    APH - am Puls der Zeit

  • @Wissen.de

    Zum Bereich Neustädter Markt hab ich einiges da, aber natürlich nicht "absendefertig" auf der Festplatte. Kostet ja doch einige Zeit, so ein Beitrag. Aber ich werde bei Gelegenheit gern mal daran denken.

  • BautzenFan

    Danke für den historischen Ausflug in die Anfänge der Neumarkter Rekonstruktionsbewegung!

    Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, dass Glaser auch gegen den Wiederaufbau der Frauenkirche war. Warum Glaser vermutet, dass die Rekonstruktionen nur für asiatische Touristen umgesetzt werden, finde ich schon kurios und betreffend Inflation an Rekos...naja, da sollte Herr Glaser einmal ins benachbarte Prag fahren, wo nicht nur die armen asiatischen Touristen vor lauter Schönheit nicht mehr wissen, wo sie ihre Stadtbesichtigung beginnen sollen. Wenn man sich das einmal vor Augen hält, muss man feststellen, dass bei zwei handvoll historischer Gebäude im Zentrum von Dresden der Vergleich von Glaser sogar ziemlich stark lächerlich, gar absurd ist.

    Im Grunde genommen gehört die gesamte Altstadt wiederaufgebaut mitsamt der Neustadtseite, aber das bleibt wohl unseren Kindern vorbehalten. Warschau ist auch nicht an einem Tag aufgebaut worden und auch jetzt werden noch Gebäude dort rekonstruiert (Sächsisches Palais)...