Der Neumarkt Dresden - archivierter Strang

  • Zitat von "Exilwiener"

    Meiner Meinung gibt es für Dresden nur eine adäquate Lösung und das ist eine weitestgehende Rekonstruktion der Altstadt mit seinem alten Stadtgrundriß. ich finde auch, dass in ferner Zukunft einmal, der Neustädter Markt zumindest teilweise wieder zurückkommen sollte.

    Das wird wohl noch 100 Jahre dauern. Schaut man sich die Innenstadt an, dann wird man nach dem alten Grundriss ausserhalb des Neumarkts vergeblich suchen. Einzig die missratenen Bauten südlich des Altmarkts folgen dem mittelalterlichen Stadtgrundriss. Der Rest ist reinste "sozialistische Stadt".

  • Zitat

    Das wird wohl noch 100 Jahre dauern.

    Wenn es hundert Jahre dauern würde, wäre ich eigentlich schon froh. Denn Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Ich hoffe, dass, wenn der Neumarktbereich einmal irgendwann fertig sein sollte, dass die Innere Neustadt und der Altstadtbereich wieder zusammen wachsen werden.

    Aus diesem noch zu entwickelnden Kern, wird sich dann hoffentlich in Zukunft wieder eine urbane Stadtstruktur entwickeln, bei der nach und nach die Bausünden unserer indoktrinierten, schambeladenen Komplexlergesellschaft beseitigt werden.

  • wäre es nicht mal interessant, die touristen am neumarkt zu befragen, weshalb sie dresden besuchen und ob sie die rekonstruierten oder die modernistischen bauten rund um die frauenkirche bevorzugen? oder hat es solch eine befragung schon einmal gegeben? ich denke nämlich, dass die menschen gerade wegen der schönheit des "neuen" alten kommen und nicht , um die unfähigkeitszeugnisse jetziger architekten zu betrachten. und genau diese tatsache, dass doch gerade der tourismus von rekonstruierter schönheit profitiert, lässt mich einfach nur koppfschütteln bei der unfähigkeit der verantwortlichen in der stadtverwaltung.

  • Der Meinung bin ich auch ABER es wird dir wohl fast jeder Stadtpolitiker darauf antworten, dass es in erster Linie nicht um die Dresdener Touristen gehen sollte, sondern um die Dresdener Bürger... :( Das diese zum großen Teil auch die Rekontruktionen bevorzugen interessiert allerdings keinen...

  • Was sagt ihr zu diesem Artikel:

    Zitat

    Plädoyer für mehr Vielseitigkeit

    Ich bin schon etwas verwundert, wie wenig «echte» Dresdner sich z.B. im Gästebuch der «Gesellschaft Historischer [lexicon='Neumarkt Dresden'][/lexicon]» zur Problematik Wiederbebauung Neumarkt äußern, dafür aber um so mehr Kunstfreunde aus Bamberg, NRW, Stuttgart, Berlin/Dresden (sind wir schon wieder eingemeindet?), München, Frankfurt usw. sich dazu teils äußerst einseitig, intolerant und oftmals hasserfüllt melden. Sie alle wissen mit ihrem mehr oder weniger engen Barockfokus offenbar ganz genau, was für Dresden gut ist - und was nicht. Selbstverständlich sind sachkundiger Rat und Meinung auch von außerhalb wichtig, aber die oftmals unsachlich vorgebrachte pauschale Kritik an allem Neuen sowie am Zustand der gesamten Innenstadt ist wenig hilfreich.

    Natürlich ist es richtig, den Neumarkt weitestgehend wieder in den Strukturen vor der Zerstörung aufzubauen, die wertvollen (Leit-)Bauten - egal welchen Stils - wieder zu errichten und den Rest angepasst zu ergänzen. Dabei und speziell in den Übergangszonen müssen aber auch Lösungen gefunden und zugelassen werden, die nicht dem Zustand von 1945 entsprechen, der ja bekanntermaßen nicht überall, auch nicht im Umfeld des Neumarktes, ein erhaltenswerter war. Ich denke da gerade an die Töpfer- und die Salzgasse mit teils vorbarocken Häuschen in jämmerlichen Zustand, die zum Teil noch um 1936 durch zeitgemäße ersetzt wurden. Ohne die furchtbare Zerstörung Dresdens wären mit Sicherheit weitere «Auswechselungen» erfolgt. Man schaue nur in die Zeit zwischen 1870 und 1930 zurück, wo Hunderte Bürgerhäuser durch Banken, Neues Rathaus, Landtagsgebäude und Warenhäuser ersetzt wurden, eben genau das bereits gemacht wurde, was später mit Hilton und QF seine Fortsetzung fand: das Zusammenlegen von Grundstücken zu Großobjekten und damit das Ende der bürgerlichen Stadt. Diese bürgerliche Stadt wurde aber spätestens 1945 endgültig vernichtet und ist inhaltlich nicht wieder herstellbar. Was heute entsteht, ist - so schön es auch aussieht - eine Art Disneyland, ein Platz zum Ansehen, aber nicht für das normale Stadtleben gedacht. Sicher werden einige «Kunstfreunde» aus ferneren Gegenden hinter einem Frauenkirchkonzert in einem der Luxushotels absteigen, ein paar Sushis oder französische «Pfunds-»Käsehäppchen verzehren oder ihren Kopf beim Designerfriseur stylen lassen, ihren Rechtsanwalt oder Privatzahnarzt beehren - das normale Dresdner Stadtleben findet hier nicht mehr statt. ...

    Den vollständigen artikel findet ihr hier:
    http://www.dresden-lexikon.de/?-LL+../News/P….webtropia.com/

  • Mag schon sein, dass er mit gewissen Vermutungen durchaus Recht behalten wird. Aber ein großer Augur braucht man dafür nicht zu sein, ein Blick in ein beliebiges anderes Tourisdtenzentrum genügt, um zu sehen, was wahrscheinlich auf Dresden zukommt.

    In Wien ist das ja nicht anders. Bekannte von mir hatten ihre Arbeitsplätze noch in den 70er Jahren in der Wiener Innenstadt. Da gab es Handwerksbetriebe, kleine Geschäfte und Gewerbebetriebe. Das ist alles dahin, nur einige wenige Spezialisten konnten sich halten, der Rest ist vor den hohen Kosten aus der Innenstadt geflohen. In Salzburg geschah genau das gleiche, andere Städte habe ich nicht genau beobachten können, aber ich denke, es gibt derer viele, wo es genauso lief.

    Dresden war offenbar jahrzehntelang eine Stadt die eines solchen Zentrums beraubt war. Jetzt wird dies teils liebevoll, teils nur geschäftstüchtig wieder aufgebaut und gewinnbringend vermarktet. Es wird wohl ein innerstädtisches Viertel werden, wie es aus anderen Städten mit Sehenswürdigkeiten bekannt ist. Man kann wohl kaum erwarten, dass in ein aufwändig wiederhergestelltes barockes Bürgerhaus am Frauenmarkt ein Aldi einzieht und daneben der soziale Wohnbau die barocke Pracht übernimmt, das wäre weltfremd.

    Eine Stadt mit Leben zu füllen ist immer noch Aufgabe der Bürger. Man wird sehen was kommt, und als Salzburger, der in Wien wohnt, weiß ich: auch ein Stadtzentrum, wo man sich während der Hauptsaison als Einheimischer ob der Touristenmassen kaum hinwagt, gehört irgendwie dazu. Die dortige Pracht erfüllt einen mit Frohsinn, es ist eben das Herz einer Stadt. Das städtische Leben entwickelt sich von alleine, die Bewohner finden schon ihre Plätchen, ganz ohne Planung, es ergibt sich etwas Neues.

  • grober Unfug. Wie sah denn das NORMALE Dresdner Stadtleben an diesem Ort VOR dem Bau der Frauenkirche und der umliegenden Quartiere aus?

    Die rekonstruierten Quartiere machen ein Leben dort doch überhaupt erst wieder möglich.

    Am Ufer der Sonne wo die wesen vom sehen träumen ist in Echtzeit überall Nacht

  • Zitat

    Was heute entsteht, ist - so schön es auch aussieht - eine Art Disneyland, ein Platz zum Ansehen, aber nicht für das normale Stadtleben gedacht.


    Immer und immer wieder dasselbe. Demnach wäre jede schöne Altstadt heute ein Disneyland. Eben weil sehr viele Menschen kommen, um sie sich anzusehen. Die Nutzung der Häuser wird sich entsprechend an das Klientel - die Touristenströme - anpassen. Gegner eines "Disneyland" müssten folglich einen Neumarkt fordern, der modernistisch hässlich wird, damit keine Touristen sich dorthin verirren und "normales Stadtleben" sich entfalten könnte. Was für eine kranke Logik. Wann kapieren die Rekonstruktionsgegner endlich, dass am Neumarkt der Massentourismus zum normalen Stadtleben dazugehört und der Platz niemals zu einem Freizeitpark nach amerikanischem Vorbild mutieren wird - nur wegen ein paar Rekonstruktionen!

  • Zitat

    Was heute entsteht, ist - so schön es auch aussieht - eine Art Disneyland, ein Platz zum Ansehen, aber nicht für das normale Stadtleben gedacht.

    Das sind hohle Worte. Hört sich nett an und man fühlt sich wunderbar feuilletonistisch, es steckt aber nichts dahinter.
    Was bitte unterscheidet denn das "normale Stadtleben" auf einem modernen Hauptplatz einer Stadt von dem scheinbar zu erwartenden altmodischen Sightseeing- Stadtleben des Hauptplatzes Neumarkt? Na? Gar nichts außer einer Karstadt- Filliale! Alles andere ist dasselbe. In beiden Fällen gibt es Restaurants und Cafes in denen Gäste vor der Tür sitzen und den Sonnenschein genießen, in beiden Fällen gibt es kleinere und größere Shopping- Angebote für die betuchte Kundschaft, in beiden Fällen residieren die üblichen Verdächtigen in den oberen Etagen, in beiden Fällen treffen sich die Gäste der Stadt zuerst an dieser Stelle.

  • Die Frauenkirche ist sicherlich über jeden Disney-Vorwurf erhaben.
    Denn sie ist ja vom Geld der Bürger für die Bürger als Kirche, Konzertstätte und Mittelpunkt der Stadt aufgebaut worden. Daß auch die Touristen daran Freude haben, nimmt man dankbar zur Kenntnis, war aber am Anfang nicht so vorherzusehen.
    Bei den anderen Neumarktgebäuden würde ich schon davon ausgehen, daß der Hauptzweck darin besteht, Touristen anzulocken und Geld zu verdienen.
    Wie sollte es anders sein?

    Wenn das Ganze in Las Vegas stehen würde, also z.B. wie beim "Venetian", der Nachbildung Venedigs, würde auch die Kirche zum Hotelkomplex gehören und in ihr eine tägliche Show laufen...
    Oder man würde sie zu jeder vollen Stunde bombardieren und einkrachen lassen, worauf sie dann auf wundersame Weise neu ersteht.

  • Komischerweise ist das Geldverdienen hinter rekonstruierten historischen Fassaden irgendwie verpönt, irgendwie "Disneyland", überall sonst aber völlig ok und Teil des normalen Stadtlebens.

  • Die allerersten Städte entstanden als Ansiedelung von Händlern und Handwerkern - um Geld zu verdienen!

    Daß Gebäude nur aus Spass an der Freude um ihrer selbst willen erbaut wurden, hat man eher selten. Der Dresdner Zwinger würde in diese Kategorie fallen.

  • Eben, gegen den Zwinger hat aber kein Kritiker was. Aber ein Glück, dass die Russen den Koplettabriss verhindern konnten. Sonst müssten wir uns, um die Rekonstruktion heute zu rechtfertigen, auch gegen "Disney"-Vorwürfe wehren. :augenrollen:

  • Würde man am Neumarkt ein Loire-Schloss hinstellen, dann wäre dies Disneyland, aber nicht wenn Originalgebäude wieder aufgebaut werden. Wann werden manche dies begreifen? Ist die Warschauer Altstadt auch Disneyland weil sie zerstört wurde? :augenrollen:

  • Ein Loire-Schloss in Schwerin ist dagegen kein "Disneyland". Vielleicht sind manche von soviel historischer Architektur überfordert und sie nennen schlichtweg alles "Disneyland", was rekonstruiert wird.

  • Zitat von "snitch"


    Die rekonstruierten Quartiere machen ein Leben dort doch überhaupt erst wieder möglich.

    Nö - stimmt nicht, habe in unmittelbarer Nähe von 1959 bis Anfang der 1970iger gelebt. Ist halt alles relativ - wenn man allerding das Touristengewimmel mit Leben gleichsetzt, mag das stimmen.

  • Was kann denn auf einem riesigen, öden Hinterhof der Wilsdruffer an Leben entstehen? Eine Ausnahme bildete die Münzgasse, nachdem das Hotel und die Bauten gegenüber enstanden waren.

  • Die Bebauung der Wilsdruffer hat jedenfalls nicht wesentlich zu einer Belebung der Innenstadt beigetragen. Ich bin sehr gespannt, wie das Neumarkt-Viertel einmal belebt sein wird. Jedenfalls nicht ausschließlich von Touristen. Und verglichen mit den WOBA-Riegeln ist hier architektonisch (bis auf einige Ausnahmen) das reinste Paradies. Dann noch 30 Jahre warten und die Riegel verschwinden und machen Platz für stadtbildverträglich proportionierte Häuser.

  • Also ich war auch schonmal in DD vor dem Wiederaufbau von Kirche und Markt - und da war die Gegend bei schönem Wetter und mitten am Tag _tot_.

    Ach ja, und natürlich ist _auch_ toutistisches Leben Leben - von Gleichsetzung hat keiner geredet.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Seit die Frauenkirche wieder steht, ist der Neumarkt jedenfalls der stärkste touristische Anziehungspunkt der Innenstadt. Und neben Touristen strömen ja auch massenweise Dresdner hierher. Und ein Ort, der die Menschen stark anzieht, trägt immer wesentlich zur Belebung einer Stadt bei.