• Horrorhochaus Kielstraße

    Nun ja, in diesem Forum wird sich eher mit historischen Bauten beschäftigt, die rekonstruiert werden könnten oder jenen, die vom Abriss bedroht sind. Ich wusste nicht, dass manche sich für die Geschichte des Horrorhochhauses in der Kielstraße interessieren.

    Vor dem Krieg war die Kielstraße wie die gesamte Dortmunder Nordstadt sehr dicht bebaut. Während des Krieges wurden die Gebäude in der Straße aufgrund ihrer nähe zur Dortmunder Innenstadt zerstört.

    Durch die Sanierung der Nordstadt entstanden an dieser Stelle in den 1960er Jahren Neubauten. Von 1967 bis 1969 wurden auch zwei Hochhäuser für die Westfälische Wohnstätten AG errichtet. Eines davon war das Hochhaus an der Kielstraße.

    1992 wurden die Wohnungen dann Privatisiert und als Kapitalanlage einzeln Verkauft. Doch die Käufer wurden getäuscht. Die Totsichere Kapitalanlage erwies sich als äußerst Sanierungsbedürftig. Viele Käufer konnten das Geld für die Sanierung nicht aufbringen und hätten es zudem auch nicht wiederbekommen können, da viele Wohnungen noch in der Sozialbindung waren. Als schließlich auch Strom und Wasser nicht mehr bezahlt wird, drehte die DEW im April 2002 Strom und Wasser ab. Die Mieter zogen nach und nach aus. Viele der Wohnungskäufer mussten Privatinsolvenz anmelden. Die Stadt erklärte das Haus schließlich für unbewohnbar und mauerte die ersten beiden Stockwerke zu, damit dort keine ungebetenen Gäste einziehen konnten.

    Seit 2002 verfolgte die Stadt das Ziel, alle Wohnungen zu kaufen, um das Haus dann abreißen zu können. Das hat gut 20 Jahre gedauert. Im Frühjahr 2021 rückten die Bagger an, um das Gebäude Stockwerk um Stockwerk abzutragen, was bis Ende des Jahres gelang. Auf dem Gelände wird nun wahrscheinlich eine neue Kita entstehen.

    Während das Hochhaus in der Kielstraße ein Opfer der Privatisierungswelle wurde, hatte das zweite Hochhaus, das schräg gegenüber an der Heiligegartenstraße mehr Glück. Es wurde 1992 an die Stadteigene Dortmnder Wohnungsgesellschaft DOGEWO verkauft, saniert und ist bis heute voll vermietet.

  • Ich war gestern seit längerer Zeit mal wieder in Dortmund und geschockt, wie sehr sich die üblichen Neubaukästen in der Stadt breitmachen. Saniert wird wenig und wenn, dann nicht unbedingt hochwertig.

    Leider hat sich die Haltung bzgl. des Erhalts von Altbauen leider kaum geändert, auch in den 20er Jahren des 21. Jh. wird weiter Kahlschlag betrieben.

    Demnächst abgerissen wird die Lindemannstraße 78-80 (Google Streetview), ein Bürogebäude aus den 1930er Jahren, was damals noch auf freiem Feld zwischen Kreuzviertel und dem neuen Westfalendamm errichtet wurde. Im Gegensatz zur danebenliegenden Pädagogischen Akademie von Paul Fehmer, die zu recht unter Denkmalschutz steht, ist dieses Gebäude leider unscheinbar und wurde in jüngerer Vergangenheit aufgestockt und entstellt. Dennoch ist es m.E. ein Zeugnis der Stadterweiterung der Zwischenkriegszeit, was nachfolgt wird wohl wieder reiner Würfelhusten.

    Zum Abriss bestimmt ist auch die über 100 Jahre alte Grundschule in der Kreuzstrasse (Lokalkompass.de). Ohnehin scheinen die NRW-Fördergelder für Schulsanierungen eher in Abriss und Neubau anstatt Sanierungen zu fließen.

    Schon vollzogen wurde der Abriss eines Seniorenheims in der Nordstadt (Schützenstraße), wo der hier verlinkte Artikel auf Lokalkompass.de einige Hintergrundinfos gibt, die sprachlos machen. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben konnte in den Räumlichkeiten nicht weiter ein Seniorenheim betrieben werden und mangels Ersatzgrundstück gab es Abriss und Neubau. Auf der Seite Nordstadtblogger.de gibt es noch weitere Fotos, ebenso vom Abriss (wer es aushält) auf bauforum24.biz.

    Ein weiterer stadtbildprägender Bau in der Nordstadt wurde ebenfalls vor kurzem abgerissen, das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder. Auf hier gibt es eine interessante Fotostrecke auf Nordstadtblogger.de sowie Abrissfotos auf bauforum24.biz.

    Das auch der alte Saal der Gaststätte Heideröschen abgerissen wurde, fällt da kaum noch ins Gewicht.

    Es ist mittlerweile völlig deprimierend - während vor 10 Jahren noch viel saniert wurde und Altbauten langsam an Wert gewonnen haben ist hier mittlerweile ein Kahlschlag wie in den 1960er Jahren angesagt - alles, was sanierungsbedürftig ist und auf einem größeren Grundstück steht wird "entwickelt", sprich abgerissen und durch üble Investorenkisten ersetzt. Wir waren vor 20 Jahren architektonisch schonmal weiter - vmtl. sind es die hohen Handwerkerkosten bei der Sanierung, während Abriss und Neubau weitgehend maschinell erfolgen können. Insofern besteht minimale Hoffnung, dass mit langfristig höheren Rohstoffpreisen auch die Sanierung von Bestandsbauten wieder mehr Bedeutung zukommt. Wobei - wenn ich mir die hiesige Qualität von Sanierungen anschaue, heißt das auch nicht unbedingt etwas Gutes.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Vor beinahe sechs Jahren hatte ich schon mal Bilder vom Löwenhof eingestellt. Rein von außen betrachtet hat sich an dem Gebäude seitdem kaum etwas getan.

    Aber die Stadt hat jüngst offenbar "große Pläne" verlautbaren lassen (leider Bezahlschranke):

    Stadt Dortmund hat große Pläne für den Löwenhof - und dessen Nachbarn (ruhrnachrichten.de)

    Gegenüber am Königswall befindet sich ein altes (Bahnhofs-)Postgebäude, was mir nach 1920er aussieht.

    Blick vom Hauptbahnhof zur Stadtmitte über Katharinentreppe und -straße, hinten die gotische Petrikirche.

    Rechterhand steht dann das 2015 eröffnete Deutsche Fußballmuseum.

    Dortmund präsentiert sich vom Bahnsteig aus...

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Gegenüber am Königswall befindet sich ein altes (Bahnhofs-)Postgebäude, was mir nach 1920er aussieht.

    Das alte Postgebäude entstand nach der Eröffnung des Empfangsgebäudes im Jahr 1910 auf dem Gelände des ersten Hauptbahnhofs von 1847, das einem Schleseischen Schloss nachempfunden gewesen sein soll.

    Das Postgebäude wurde 1913 Fertiggestellt und nach dem Krieg vereinfacht instandgesetzt.

  • Die Geschichte des Dortmunder Stadtwalls

    Der ungefähre Verlauf der Dortmunder Stadtmauer ist durch den heutigen Wallring noch einigermaßen gut erkennbar. Errichtet ab ca. 1200 wurde er im verlauf des 19. Jahrhunderts nach und nach abgetragen. Dennoch stößt man bei Bauarbeiten in der Innenstadt immer wieder auf die Reste der Fundamente.

    Christopher Jung hat nun zwei sehr informative Videos zum Dortmunder Wall, seinen Türmen und Toren und sowie dessen Geschichte veröffentlicht. Es zeigt sich, dass der Wallring heute deutlich attraktiver sein könnte, wenn man zumindest die Tore und Türme erhalten hätte, wie es auch viele andere Städte getan haben.

    Der Dortmunder Wall und die Stadtmauer Teil 1 - YouTube

    Der Dortmunder Wall und die Stadtmauer Teil 2 - YouTube

  • Zitat aus dem Artikel:

    Zitat

    Im Dezember 2021 war für das denkmalgeschützte Haus ein Zwangsversteigerungstermin angesetzt. Das Amtsgericht Dortmund sagte ihn ab. Zu groß war die Zahl der Bieter und Beobachter für den Gerichtssaal. Ein neuer Termin steht bislang noch nicht fest. Viele Mengeder, insbesondere auch der Heimatverein, setzten sich für den Erhalt und eine Sanierung des dreiteiligen Gebäudekomplexes ein.

    Auch ein Zeichen für die zügige Arbeit der Gerichte, dass es nicht geschafft wurde, in acht Monaten einen neuen Zwangsversteigerungstermin festzulegen.

  • Das Kaiser Wilhelm Denkmal wurde mutmaßlich von Linksextremisten geschändet:

    Von der Nachricht hatte ich, bis vorgestern, noch gar nichts mitbekommen. Hier ist eine Ansicht der großflächigen Schmiererei:

    https://www.ruhrnachrichten.de/wp-content/upl…41-1024x683.jpg

    Meine Schwester hatte am letzten Samstag Dortmund-Syburg besucht und mir folgendes Photo geschickt.

    Hohensyburg

    Der Denkmalsockel wurde offensichtlich gereinigt. Doch sieht er nun sehr fleckig aus. Aßerdem hat sich da bereits der nächste Künstler mit einer Spraydose verewigt. Dieser Zustand ist alles andere als ansehnlich.

  • Kaiser-Wilhelm-Denkmal

    Nachdem das Denkmal auf dem Syberg notdürftig von den Graffiti gereinigt wurde, fragte ich beim Besitzer der Fläche nach, ob der Denkmalzustand tatsächlich jetzt so fleckig bleiben soll. Fragen kostet ja (noch) nichts. Die heute erhaltene Antwort stimmt mich positiv.

    Zitat von der Westfälisch-Lippischen Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH

    ... für das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Hohensyburg ist kurz- bis mittelfristig eine Sanierung vorgesehen, die ersten vorbereitenden Arbeiten dafür laufen bereits. Hinsichtlich der immer wieder vorkommenden Graffitis verfolgen wir die Strategie, diese sofort zu beseitigen, um nicht weitere Schmierereien zu provozieren. Sie können davon ausgehen, dass der augenblickliche Zustand nicht dauerhaft sein wird. Über die weitere Vorgehensweise müssen wir uns noch intern abstimmen. (...)

  • Dortmund hat eine lange und traurige Tradition als Abrissstadt. Nun soll auch der über einhundert Jahre alte Bau der Kreuzschule der Abrissbirne zum Opfer fallen.

    Derzeit gibt es eine Überprüfung, ob das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt werden kann. Das wäre die letzte Chance für den historische Schulbau. Ein Erhalt der Schule inklusive Sanierung wäre möglich. Allerdings hat die Politik Abriss und Neubau bereits beschlossen.

    Inzwischen gibt es eine Petition, die für den Erhalt des sanierungsbedürftigen Gebäudes kämpft. Unabhängig davon, ob der Bau der Kreuzschule unter Denkmalschutz gestellt wird oder nicht. Jede Unterschrift kann helfen, den Abriss noch einmal zu überdenken.

    Werden Sie Förderer/Förderin!
    *Die Stadt Dortmund plant, die historische Kreuzgrundschule im Kreuzviertel abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Das darf nicht geschehen!* Quellen:…
    www.openpetition.de


    Bilder: Eigene Aufnahmen

  • Diesen Städten geht es immer noch zu gut.

    So ein Gebäude würde in Ostdeutschland liebevoll saniert und später vor lauter Schönheit nicht mehr wiederzuerkennen sein.

  • ^^^^Die Putzfassade ist eben nicht vereinfacht, sie hat sogar noch den originalen kräftigen Putz. Die war schon immer "schlicht", denn es handelt sich schließlich um ein nobles Reformstilgebäude, das durch die kleinteilig gesprossten, heute verloren Holzfenster und die das mächtige Walmdach wikrte. Die beiden säulengetragenen kupfergedeckten Baldachine sind noch Original erhalten.

    Der Mittelteil wurde ca. 1960 durch Ausbau des Mansardgeschosses zu einem Vollgeschoss aufgestockt und dabei die Zeltdächer mit kupfergedeckten Uhrtürmchen über den Eckpavillons abgebrochen. Der Verlust des Daches war also noch nicht einmal eine Kriegszerstörung.

    Die Originalfenster waren wohl schon von vorn herein "weiß" und standen im Kontrast zur dunkleren monocromen Fassadenfarbe und zum dunklen Dach. Der Putz könnte sogar ein durchgefärbter Edelputz sein, der heute nur einfach von einer dicken Dreckkruste bedeckt ist.

    Die Schule wurde übrigens 1913 nach Entwürfen des städtichen Hochbauamtes unter Stadtbaurat Friedrich Kullrich erbaut, der einige Jahre früher noch in der Ära des Historismus das heutige Alte Rathaus im Stadtzentrum erbaute. Sie reiht sich damit nahtlos in die Reihe jener hochwertigen öffentlichen Gebäude ein, wie sie in den Jahren vor 1914 üblich waren.

  • Ich glaube, dass sich Städte, die durch Krieg und Industrialisierung fast vollständig ihr historisches Bild verloren haben, besonders schwertun mit der Denkmalpflege solcher - seien wir bitte ehrlich - eher zweitrangiger Objekte. Bedauerlich ist es natürlich umso mehr. Der Pott hat in den letzten Jahrzehnten die ganze Kraft in die Revitalisierung der Industriekultur gelegt und damit auch wirklich herausragende Erfolge erzielt. Hier mal nur ein Beispiel aus Dortmund:

    Zeche Zollern - Wiege der Industriekultur
    Industriekultur und Jugendstil im Ruhrgebiet: die Dortmunder Zeche Zollern als Wendepunkt im Umgang mit unserem industriellen Kulturerbe
    www.zeilenabstand.net

    Vor diesem Hintergrund mag es zwar nicht verzeihlich, aber erklärlich sein, warum man einer solchen Schule nur wenig Aufmerksamkeit schenkt.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Selbst im gesamtdeutschen Kontext mittelmäßige Altbauten sollten im Ruhrpott gehütet werden wie der eigene Augapfel.
    Jeder dieser Bauten kann Grundlage für die Revitalisierung eines ganzen Viertels und einer Region sein, wo es sonst kaum noch Anknüpfungspunkte gibt.

    Man sieht das z.B. aktuell auch gut an Detroit: es gewinnt aufgrund der historischen Substanz wieder an Aufmerksamkeit und Attraktivtität. Leider hat man auch dort viel zu viel abgerissen in den letzten Jahrzehnten.

  • Das Problem ist meist gar nicht die Bausubstanz, sondern die Unfähigkeit sich vorzustellen, wie schön so ein aktuell hässlicher Kasten aussehen könnte. Die Gebäude leiden alle an diesen fensterkreuzlosen Fenstern und Farbkombinationen, auf die die DDR nicht gekommen wäre.

  • Ich lege mal Syburg unter Dortmund ab, weil es verwaltungstechnisch dazu gehört. Aber der Ortsteil ist so weit von der Innenstadt entfernt und liegt in einer bergigen Landschaft hoch über dem Rurtal, dass man sich nicht unbedingt im Ruhrgebiet wähnt.

    Meine Vorstellung von Syburg:

    Syburg hoch über der Ruhr
    Der Syberg an der Ruhr: die Hohensyburg, die St.-Peter-Kirche, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal und der Vincketurm am Rande Dortmunds
    www.zeilenabstand.net

    Ruine der Hohensyburg, dahinter der Vincketurm

    St.-Peter-Kirche in Syburg

    Friedhof an der St.-Peter-Kirche

    Kaiser-Wilhelm-Denkmal

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen