München - außerhalb der Altstadt

  • Zitat von "PB"

    Ein ganzes Stadtviertel ist schon möglich. Allerdings bräuchte ich dazu Material (Fotos, Fassadenzeichnungen, Grundrisse).
    [...]
    Wenn man ein ganzes Viertel mit mehreren Häusern nachbaut, dann müsste man schon ein Areal wählen, dessen Nachbau sich lohnt.


    Fotos sind ja kein Problem, aber bei den beiden letzteren Anforderungen wirds etwas schwierig =).

    Ist jetzt etwas OT, aber: Ich denke, daß es sich überall dort lohnt, wo vor dem Krieg inmitten dichter und ästhetisch ansprechender Bebauung reges öffentliches Leben herrschte und wo nun eine Brache, ein Industriegebiet oder Schmuddelviertel ist.
    Dann würde man mit der Kamera dort durchfahren, dabei hin und wieder zwischen den Zuständen hin- und herblenden. Das könntest du ja auch bei den Sälen der Glyphothek machen.

    Das Problem ist natürlich, daß man, wenn es wirklich überzeugend sein soll, die frühere Lebendigkeit auch darstellen muß. Und das wird wahrscheinlich ein Heidenaufwand bei der Modellierung, falls es nicht inzwischen Softwarewerkzeuge gibt, die das stark vereinfachen. Danach sieht es aber nicht aus, wenn man die leergefegten Straßen bei vielen Modellen betrachtet.

    Wie schon öfters gesagt; die meisten hier sehen Architektur recht isoliert, ich mache mir eher Gedanken um die Auswirkungen aufs Stadtleben. Diese sind drastisch und gehen über den Verlust an Ästhetik weit hinaus.

  • Zitat von "haussmann"


    Wie schon öfters gesagt; die meisten hier sehen Architektur recht isoliert, ich mache mir eher Gedanken um die Auswirkungen aufs Stadtleben. Diese sind drastisch und gehen über den Verlust an Ästhetik weit hinaus.

    ^^ Fast moechte ich sagen, dass Verlust an Aesthetik und verringerte Qualitaet des Stadtlebens Hand in Hand gehen.

  • Vor 3 Wochen habe ich auf dem nach Hause Weg von der Uni einen Abstecher über die Messestadt Riem gemacht, um dort die Neubauten zu photographieren.

    Zum Einstieg ein Luftbild (Google Earth) der Messestadt:
    http://denkmaeler-muenchen.de/temp/200704/riem.jpg

    Rot umrandet ist die Messe, die Messestadt befindet sich rechts daneben. Bei der kleinteiligeren Bebauung am rechten Bildrand handelt es sich um die Orte Gronsdorf und Trudering.

    Zuerst einige Bilder aus dem Park (ehemaliges BUGA2006-Gelände). Trotz Temperaturen weit über 20° ist der Park leer. Keine spielenden Kinder, keine Jogger, Walker etc., keine Spaziergänger mit Hunden - nur einige Gärtner die die Amlage in Ordnung halten. Die Parks der Innenstadt dagegen sind überfüllt. Egal ob es sich dabei um den Englischen Garten handelt, die Friedhöfe am Rande der Altstadt oder auch um einen von den Nazis geplanten Park wie dem Alten Botanischen Garten.

    Der Park lädt auch nicht zu verweilen ein. Wenn man das Luftbild von Riem betrachtet, so findet man keine natürlichen Formen, sondern nur gerade Linien. Die großen Rasenflächen werden nicht - wie z.B. in einem englischen Park - durch Erhebungen, Bäche, Baumgruppen, Kunstwerke und Architektur bereichert, sondern sie sind einfach öde Ebenen.
    Die Wege sind auch wohl nur für ihren Erfinder verständlich. Wege sollen ja eiegentlich einen Punkt A mit einem Punkt B verbinden. Dienen diese Wege der Muse (wie es in einem Park ja der Fall sein sollte) müssen sie nicht der kürzesten Strecke folgen, sondern sollten sich harmonisch in die Landschaft fügen.
    Im Riemer Park dagegen ist es anders. Schnurgerade Wege ziehen sich über hunderte von Metern durch den Park und verbinden zwar A und B miteinander, doch stellt sich hier die Frage was die Punkte A und B sind - außer Punkte mitten im Park!
    Auch fügen sich diese Wege nicht harmonisch in die Landschaft, sondern ziehen sich eben und gerade durch die Landschaft wie Aufmarschstraßen.

    Die Bauten der Messestadt können auch nicht mit den neuen Vierteln der Innenstadt (Lenbachgärten, Viertel am Ostbahnhof) mithalten. Die meisten bauten erinnern vielmehr an den sozialen Wohnungsbau der 70er Jahre



    Auch die öffentlichen Bauten sind unteres Niveau.
    Die Kirche (2) der Messestadt kann weder mit den schönen historischen Kirchen der Umgebung (Haar, Eglfing, Keferloh usw), noch mit neueren Kirchen wie z.B. der Herz Jesu Kirche mithalten.
    Einfach ein Betonklotz, der mehr an eine Lagerhalle oder das gerätehaus eine Feuerwache erinnert als an ein Gotteshaus.


    Einen Höhepunkt der Geschmacklosigkeit ist das Bauzentrum (4) der Stadt München - ein Plattenbau, den man nur in O-Deutschland erwarten würde. Diese Einrichtung der Stadt, die eigentlich den Bürgern "Fragen rund ums Wohnen, Bauen und Sanieren" beantworten soll (Eigenwerbung des Bauzentrums) hätten selber mal eine Beratung zum Thema "schönes Bauen" aufsuchen sollen.

    Am Rande des Parks befinden sich Schulgebäude und Kindergärten (1). Das Schulgebäude - obwohl ein Neubau - wird gerade wieder saniert

    Und hier der zentrale Dorfplatz (3) der Messestadt Riem. Er liegt direkt zwischen dem Einkaufszentrum "RiemArkaden" und der Messe

    München hat soviele schöne Plätze (Königsplatz, Stachus, Max-Josephsplatz usw.), die auch von der Bevölkerung angenommen werden. Der Platz der Messestadt dagegen bleibt leer - trotz erfolgreichem Einkaufszentrum und Messe (als dieses Bild entstand war gerade Baumesse mit 500.000 Besuchern).


    Wappensaal, Fassade

    Als Fazit dieses kleinen Ausfluges: Hier wurde eine große Chanche nicht genutzt! Hier hatte man die Möglichkeit "auf der grünen Wiese" einen komplett neuen Stadteil zu errichten. An Altbausubstanz existierten nur der Wappensaal und der Tower des alten Flughafens - in dieser Hinsicht musste man fast keine Rücksicht nehmen.
    Doch hier wurde nichts neues gewagt, sondern Konzepte der 70er Jahre kopiert.
    Selbst der teure BuGa-Park ist kein lohnenswerter Ort. Nur der Badesse (5) lohnt sich, da es in der Nähe keine anderen Seen gibt. Anonsten: Wer einen schönen Park im Münchner Osten sehen will soll den wunderbaren Jugendstilpark in Haar-Eglfing besuchen.

    Und nach was zum Schluss an alle Dresdner: Oberbürgermeister Ude hat den Stadteil nach seiner damaligen Stadtbaurätin "Thalgott-City" genannt. Diese Frau Thalgoot war in der Jury für das Gewandhaus.

  • Diese BUGA war damals auch schon ein Flop (mehrere Mio Miese).
    Architekt des damaligen Flughafens war übrigens Ernst Sagebiel.

    So ähnlich wird man sich dann wohl auch eine Nachnutzung des Flughafens Tempelhof vorstellen dürfen.

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große

  • Da es heute nur geregnet hat, habe ich ein wenig am Glyptothekmodell weitergearbeitet. Rekonstruiert habe ich dabei das kleine Vestibül, das sich zwischen den beiden großen Festsälen befindet.
    In den Raum befindet sich heute das Cafe der Glyptothek.
    Für den Architekten Klenze war der Saal ein Problem. An seiner Nordseite befand sich der Hintereingang der Glyptothek mit der überdachten Vorfahrt für Kutschen, ihn ihm befand sich zudem ein Treppenhaus, das in den Keller und auf eine Empore führte. Hinzu kommt noch eine Tür in den Innenhof der Glyptothek.
    Die Quellenlage für diesen Raum ist überaus schlecht. Es existiert ein Plan des Fußbodens und die Vorzeichnung für die Deckenfresken, aber gerade Details (wie die Glastür zum Hof, der Aufbau des Treppenhauses, das Geländer der Empore) sind nicht dokumentiert. Meinem Wissen nach gibt es nur ein Foto, das zudem noch den Zustand nach der Zerstörung im 2. WK zeigt:

    Hier nun die Rekonstruktion:

    Was noch fehlt/noch zu ändern ist:
    - die Doppelflügeltür muss noch überarbeitet werden
    - die beiden einflügeligen Türen zu den Treppenhäusern: über sie gibt es keine Informationen
    - Der Hintergrund hinter der Glastür
    - Ausstattung: ich habe zwar eine Liste der ausgtestellten Objekte, ich habe aber keine Ahnung wie diese aufgestellt waren.

  • Aktuelle Photos von heute von dem einzigen halbwegs akzeptablen Neubauprojekt in München, den schon mehrfach vorgestellten Lenbachgärten am Stachus:

    …vieles ist noch eingerüstet…

  • Das Hotel erinnert mich etwas an Miami in den 50er Jahren.

    Am Ufer der Sonne wo die wesen vom sehen träumen ist in Echtzeit überall Nacht

  • Das Gebäude neben dem Hotel sieht aus wie in den Fünfziger-Jahren erbaut, in meiner Nähe steht ein ganz ähnliches.

    Wenn du ein Haus baust, denke an die Stadt (Luigi Snozzi)

  • Von solchen Neubauten kann man in Dänemark nur träumen :augenrollen:

    Bei uns heisst Modern = Glas + Stahl + Beton.

    Übrigens wurde das Hochhaus am Rathausplatz in Kopenhagen verhindert :D

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Das Projekt beginnt mir immer mehr zu gefallen, während das erste Bild noch recht eintönig bis langweilig wirkt, scheint der Rest doch sehr abwechlungsreich. Jugendstil, Art Deco, 20er Jahre Wohnungsbau und 50 er Jahre gelungen in die heutige Zeit interpretiert. Besonders hats mir natürlich auch das Hotel angetan, das wirkt richtig großstädtisch, auch wenns eine Etage weniger auch getan hätte.

    Wir sollten zwar weiterhin kritisch sein, doch insgesamt geht die Architektur in Deutschland in die richtige Richtung (auch wenn die Stömung noch in ihren Anfängen steckt), weiter so!

  • Was für den deutschen Wohnungsneubau absolut keine Selbstverständlichkeit ist, ist die hohe Qualitätsanmutung der verwendeten Materialien bei den Lenbachgärten. Bravo, aber die Preise für die Wohnungen sind bestimmt für halbwegs Gutverdienende kaum erschwinglich. Oder?

  • Zitat von "spacecowboy"

    ...aber die Preise für die Wohnungen sind bestimmt für halbwegs Gutverdienende kaum erschwinglich. Oder?

    In der Tat. Auf Seite 2 hatte ich das Projekt zum ersten mal vorgestellt und damals geschrieben, dass die Preise angeblich bei 6000-11000 Euro pro qm liegen sollen. Die Zahlen könnten durchaus realistisch sein.

  • D.h. konkret, man muss für eine 100-qm-Wohnung zwischen 600000 und 1,1 Mio Euro berappen. Das ist wie in Frankfurt: wenige, die jenseits von gut und böse verdienen, treiben die Immobilienpreise nach oben, die sich sonst keiner mehr leisten kann. Selbst für gutverdienende Angestellte bei McKinsey oder KPMG, die 5000, 6000 Euro jeden Monat netto nach Hause bringen, sind solche Preise unerschwinglich. Ganz zu schweigen von Otto-Normalo, der zieht entweder weit ins Umland rein, wenn er ordentlich wohnen will, oder zieht in triste Vor- und Zwischenstädte.

    Eins ist klar: bei diesen Preisen werden auch hier Familien mit Kindern nicht einziehen...!

  • ...eines dürfte aber auch klar sein. Leute mit wenig Geld haben noch nie einen großen Anteil am kulturellen Ausbau eines Landes gehabt. Die schönen Bauwerke, Kunstwerke etc. sind nur Dank wohlhabender Leute entstanden und so ist es auch heute. Glauben Sie wirklich, für Otto-Normalo würde man so einen Aufwand am Bau betreiben?

    Der Tiefpunkt der Baukultur wurde in den 60er und 70er Jahren des 20sten Jahrhunderts erreicht...