München - außerhalb der Altstadt

  • Hab gerade gesehen, dass das Gebäude Landsberger Strasse 191 abgerissen wird - eine Kombination aus schönem Gründerzeitler und nettem 50er-Jahre Bürogebäude. Hätten sich sicherlich gut Lofts drin gemacht, aber die will in München ja niemand, wenn man sieht, wie schnell hier historische Gewerbebauten beseitigt werden. Ich hatte zwar Schon Negatives Befürchtet, weil es schon länger leer stand, dachte aber, das nur der 50er-Jahre-Bau beseitigt wird. Dem ist leider nicht so.

    Hier der Link zu Bing-Maps
    http://www.bing.com/maps/?v=2&cp=s…~0~&form=LMLTCC


    Und München wäre nicht München, wenn der Neubau architektonisch absolut unterirdisch wäre. Das ist Retroarchitektur aus Mitte der 60er - mit einem sehr bescheuertem Namen.
    http://www.trikot-office.de/architektur2.html


    Viele Grüsse
    Michael

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Danke für den Hinweis, Booni. Die Landsberger Straße ist gerade auch in diesem Bereich so dermaßen missraten (siehe Zenos street view Links), dass auch der für diese Stelle geplante Glaskotz... bzw. -klotz keine Verschlechterung bedeutet. Solche auch in dem von dir genannten Link zu sehende unendlich monotone Rasterfassaden aus Glas sind in München gerade sehr im Trend und z.B. auch bei den Neubauten an der nahen Arnulfstraße entlang der S-Bahnlinie in ähnlicher Form realisiert.

    Amüsant sind wie immer in solchen Fällen die Kommentare des Architekturprofessors Hild, der in der Wettbewerbsjury saß:

    Zitat

    ... Es war einfach der herausragende Entwurf, der unserer Meinung nach unbedingt realisiert werden musste...Die Landsberger Straße ist ja geprägt von großen Solitärgebäuden. ... Das Gebäude reiht sich prima in diese Perlenkette entlang der Landsberger ein. Mehr noch: Ich denke, dass es ein Highlight an der gesamten Straße wird. Es ist für Münchens Städtebau enorm wichtig, solche neuralgischen Punkte mit Top-Häusern zu besetzen. Dieses hier ist so eins....

    Quelle

    Jetzt sind wir doch alle von diesem genialen Entwurf überzeugt, gell ;)

  • Leider ist der Entwurf für den Neubau der Kaufingerstraße 11 nicht das einzige enttäuschende Neubauprojekt in der Münchener Altstadt.

    Die Südseite des Marienplatzes gehört zu den nicht gelungenen Gestaltungen der Nachkriegsmoderne, die jeder vernünftige Tourist auf seinen Photos möglichst ausblenden möchte. Diese Seite wird neben dem Kaufhof besonders vom Gebäude der Buchhandlung Hugendubel dominiert, wie es

    hier rechts ...


    Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

    ... und hier links zu sehen ist:


    Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported


    So sah das Gebäude aus, das an seiner Stelle vor dem Krieg (speziell vor einem historistischen Umbau) stand. Es ist rechts im Bild auf der rechten Seite der damals noch schmaleren Straße zum Rindermarkt zu sehen. Es hatte den Krieg eigentlich relativ gut überstanden, wurde dann aber wie die verbliebenden Reste der Nachbarbauten komplett abgerissen:


    gemeinfrei

    Im Rahmen von Sanierungsarbeiten soll nun auch die Fassade des Hugendubels umfassend geändert werden. Gestern wurden nun die Entwürfe für die Umgestaltung vorgestellt.
    Unser OB Ude hält den neuen Entwurf für „kultiviert, angemessen, sensibel – ein Riesengewinn für den Marienplatz.

    Der Architekt will die 50er-Jahre wieder aufleben lassen, „den Hugendubel wieder in eine Einheit mit den schlichten Nachbarhäusern stellen, Zierrat und Verunstaltungselemente abbauen“.

    Hier ist der Entwurf und die Quelle für die vorstehenden Zitate: tz-Artikel.

    Das angestrebte Ziel einer Wiederbelebung der 50er-Jahre Architektur und einer Anpassung an die Nachbarbebauung ist zwar durchaus erreicht, allerdings hätten wir uns natürlich etwas anderes als diese triste Anpassung an die schwachen danebenstehenden 50erJahrebauten erwartet.

    Leider wurde wieder einmal eine Chance zur architektonischen Aufwertung dieser häßlichen Seite des Marienplatzes vertan.

    6 Mal editiert, zuletzt von -Frank- (2. Oktober 2013 um 22:14)

  • Naja, das ist doch wirklich eine Verbesserung zum Vorzustand. Die Südseite des Marienplatzes finde ich gar nicht so schlecht, zumindest im östlichen Teil sind einige Gebäude, die durchblicken lassen, zu welchen Leistungen die Nachkriegsmoderne in der Lage war (insbesondere das Rischart-Haus). Das Hugendubelgebäude ist das allerschlechteste der Gebäude dort - selbst dem brutalistischem Kaufhofgebäude kann ich mehr abgewinnen. Der Vorgängerbau des Hugendubels hat meines Wissens übrigens den Krieg überlebt und wurde erst in den 70er oder 80er-Jahren abgerissen.

    Zum Neubau in der Kaufingerstraße kann ich nur sagen: Typisch München. Die meisten mögen das historische Stadtbild, aber Abrisse sind kein Problem, schließlich ist es ja immer noch schön. Ich bin mal gespannt, wieviel noch fallen muss, dass ein Umdenken stattfindet.

    In der Nähe des Viktualienmarktes wurde ja auch ein Haus aus dem 18. Jh. abgerissen, angeblich mit Bedingung einer Fassadenrekonstruktion. Was dort jedoch gerade hochwächst passt von den Geschosshöhen aber überhauptnicht zu den beiden benachbarten Altbauten. Ich bin mal gespannt, was dort noch passiert.

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    Karl Kraus (1874-1936)

  • Booni, ich gebe dir recht, dass der Entwurf durchaus eine leichte Aufwertung im Vergleich zum bisherigen Hugendubel ist. Aber auch wenn ich durchaus mit der 50er-Jahre Architektur Münchens leben kann, so würd ich mir für diese zentrale Stelle der Stadt doch eine ambitionierte traditionelle Bebauung wünschen, auch wenn eine Reko dieses Vorkriegszustandes (...man beachte die Unterschiede zum früheren vorgründerzeitlichen Zustand auf dem vorstehenden Bild...)...

    ...

    auch unrealistisch gewesen sein mag.

    Ob der Vorkriegsbau tatsächlich erst in den 70er oder 80er Jahren abgerissen wurdel, weiß ich nicht genau. Ich hatte gelesen, dass er bereits in den 50er Jahren weichen musste, bin mir aber auch nicht sicher. Hier ein Photo aus der Nachkriegszeit:

  • Wenn man als Architekt aber die Gelegenheit bekommt einen Eckbau vis-a-vis des Münchner Rathauses am Marienplatz zu gestalten, ist das natürlich ärmlich.
    Eine geringfügige Verbesserung, ja, aber kann es das sein? Dann hätte doch auch konsequenter Weise eine Anpassung an die Dachzonen der rechts benachbarten 50er-Jahre-Häuser erfolgen müssen.
    Der Stadtheimatpfleger, der hier als Architekt wirkt, wollte ja schon an der Kaufingerstraße neben C & A eine Gestaltung durchwinken, die erst die Politik gestoppt hat. Was ist denn das für ein schräger Vogel?

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Der Marienplatz lebt nur noch von den beiden Rathäusern und den umliegenden Kirchtürmen.
    Das Vorkriegsbild von Frank zeigt, wie erbärmlich der heutige Zustand im Vergleich ist. Hier wären wirklich zahlreiche Abrisse nötig.
    Man sollte die Marienplatz Südseite mal mit einer historisch bedruckten Folie wieder entstehen lassen (so wie beim [lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon] damals).
    Die meisten Leute haben ja leider keine Ahnung, wie es hier mal aussah.

  • Der Vorgängerbau des Hugendubels hat meines Wissens übrigens den Krieg überlebt und wurde erst in den 70er oder 80er-Jahren abgerissen.


    Ich habe seit Jahrzehnten stets das Bewusststein, dass das jetzige Hugendubel-Gebäude ein Neubau ist, den es zu meiner Zeit noch nicht gegeben hat. Noch nie habe ich das Haus irgendwie wahrgenommen, ohne das Gefühl im Hinterkopf zu haben, dass das früher ganz anders war.

    Da der Zeitungsbericht der tz aber von einem 50er-Jahre-Gebäude ausgeht, kann ich das auch glauben. Jedenfalls wurde das Gebäude irgendwann vollkommen umgestaltet.

  • Der Marienplatz lebt nur noch von den beiden Rathäusern und den umliegenden Kirchtürmen.
    Das Vorkriegsbild von Frank zeigt, wie erbärmlich der heutige Zustand im Vergleich ist. Hier wären wirklich zahlreiche Abrisse nötig.


    Also so krass finde ich es nicht. Zugegeben, die Südseite zwischen Hugendubel-Gebäude und dem Wormland ist wirklich ziemlich belanglos, der Kaufhof ist auch nicht unbedingt ästhetisch, aber der Rest? Bei der Westseite frage ich mich immer, ob das nun Altbauten oder 50er-Jahre-Bauten sind, so gut fügen sie sich in das Stadtbild ein (zugegeben, ich habe noch nie recherchiert). An der Ostseite steht neben dem Alten Rathaus noch das Kaufhaus Beck, was zwar typische Nachkriegsarchitektur ist, aber durch seine Fassadengestaltung doch sehr originell ist. Und die östliche Südseite besteht aus wirklich schönen 50er-Jahre-Gebäuden sowie dem Altbau der deutschen Bank. Da gibt es selbst in München noch schlimmere Plätze. Wenn der Hugendubel jetzt angepasst wird, ist m. E. schon ein großer Schritt gemacht worden.

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    Karl Kraus (1874-1936)

  • die Münchner Bank zwischen Frauenplatz und Kaufingerstraße, derzeit auch Baustelle...

    Wieder einmal ein weiteres Beispiel für die sehr bescheidenen Münchner Neubauten in zentraler Lage der Altstadt gefällig?

    Vorstehender Beitrag von Markus von April 2011 zeigt die Baufläche der Münchner Bank nach Abbruch des Vorgängerbaus direkt am Dom an der Ecke Frauenplatz/Augustinerstraße.

    Laut Vorgabe der Stadt musste die 50er-Jahre Fassade am Frauenplatz erhalten bleiben, wie man sie auch auf Markus Bildern sieht und wie es auch in diesem alten tz-Artikel beschrieben ist, der zudem eine Planungsdarstellung der neuen Bebauung zur Augustinerstraße zeigt.

    So sieht die fast fertiggestellte Baustelle heute aus:

    Die Seite zum Dom am Frauenplatz mit erhaltener sehr bescheiden wirkender 50er-Jahre Fassade:

    Die Ecke zur Augustinerstraße:

    Und die neu gestaltete Seite zur Augustinerstraße:

    Einmal editiert, zuletzt von -Frank- (6. Oktober 2013 um 13:27)

  • Es zeigt mE vom pathologischen Zustand dieses Landes, wenn man sich aktiv und dezidiert um die Erhaltung von derlei Müll bemüht. Dieser Umstand, so geringfügig er auch erscheint, könnte in eine noch zu schreibende Chronik des Verfalls aufgenommen werden.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • ^^Verstehe ich nicht ganz. Das ist doch eine sehr schön gegliederte, zurückhaltende, aber durchaus elegante Fassade, deren Erhaltung sich mMn vollauf gelohnt hat. Mir gefallen insbesondere auch die Kalksteinverkleidungen im EG sowie die Naturstein-Fensterlaibungen im 1. OG und die schlichte, aber harmonische Gestaltung des Dachbereichs. Dagegen müssen heutige Architektenleistungen erst einmal ankommen. Auch finde ich es überhaupt nicht gerechtfertigt, die Bauleistungen der 50er Jahre etwa pauschal als minderwertig anzusehen. Oft wurden damals mit verhältnismäßig bescheidenen Mitteln durchaus schöne, harmonisch ponderierte Bauwerke erschaffen, ich denke hier insbesondere an Dresden, Freiburg und Würzburg.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

    Einmal editiert, zuletzt von Snork (6. Oktober 2013 um 14:02)

  • Mir gefällt es auch sehr gut. Generell freunde ich mich so langsam mit den 50er-Jahren an. Insbesondere im Innerstädtischen Bereich kann ich durchaus eine Fortsetzung der klassischen Moderne erkennen, oft mit sehr hochwertigen Fassadenmaterialien. Die oft fröhlich wirkenden Treppenhäuser tun ihr übriges. Viel schlechter als eine Patschke-Fassade ist dieser Bau nicht.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Das Erd- und erste Obergeschoss zum Frauenplatz hin ...

    ...sind, das sehe ich auch so, Beispiele für die gelungenen Seiten der 50er-Jahre Architektur: Nachkriegsmoderne, aber mit Anleihen traditioneller Architektur.

    Die weiteren Obergeschosse ...

    ... und die langweilige neu geschaffene Fassade zur Augustinerstraße hin ...

    ... erscheint mir aber, polemisch ausgedrückt, eher als besserer sozialer Wohnungsbau, denn als passender Ausdruck für den Stammsitz einer alten Münchner Bank im Herzen der Münchner Altstadt zu sein. Ein bisschen mehr "Patzschke" hätte ich mir dann doch gewünscht. Mich hat das Ergebnis dieses Bauprojekts deshalb insgesamt betrachtet eher enttäuscht.

    Hier übrigens zum Vergleich der Nachkriegsbau vor der Sanierung und jetzt der gründerzeitliche Vorkriegsbau der Münchner Bank an gleicher Stelle:


    gemeinfrei


    ... „Welches Schweinderl hätten S' denn gern?"...

  • .. Auf welcher Parzelle gab es im Altstadtbereich eine Verbesserung? Ich finde nirgendwo.

    Bei der Rauchstraße 11 in Bogenhausen geht es doch wieder weiter.
    http://www.ritter-projekte.de/objekte/aktuel…1-muenchen.html

    ... Oh, er belieben zu scherzen ;) Danke für den Hinweis, Markus.

    Ich wollte den Link ja zuerst gar nicht anklicken, weil ich den üblichen Münchner Neubaumist vermutet hatte. Aber das ist doch mal ein Neubauprojekt (... für Mieter mit gut gefülltem Geldbeutel ...), das ganz nach unserem Geschmack ausfällt. Sehr schön!

    ... oder hast du doch nicht gescherzt und ich habe den Haken an der Sache nicht erkannt, ... grübel, ... grübel, .... ;)

  • Die Frage war, wo es in der Altstadt eine Verbesserung gäbe. Ich weiß auch keine.

    Wenn es in Bogenhausen eine Verbesserung gibt, dann haben wir in der Altstadt nichts davon.

  • Danke für die Aufklärung, Zeno. Ich hatte Markus Satz "Bei der Rauchstraße 11 in Bogenhausen geht es doch wieder weiter." fälschlicherweise auf seinen vorherigen Satz bezogen.

    Für alle, die ein so schlechtes Gedächtnis wie ich haben, sei daran erinnert, dass wir dieses Bauprojekt der Rauchstraße bereits vor einigen Jahren diskutiert hatten, siehe hier.