Kassel - Karlshospital: Rettung oder Verunstaltung?

  • Kassel, die Stadt, die es weiß Gott nötig hätte, etwas für Ihr Stadtbild zu tun, leistet sich die Verunstaltung eines historischen Gebäudes. Statt das alte Mansarddach zu rekonstruieren, bekommt die Ruine einen modernistischen Aufbau. Bilder von damals, heute und morgen gibt es in diesem Artikel:

    Planungen für das Karlshospital:
    Rettung oder Verunstaltung eines der letzten historischen Gebäude
    der Kasseler Innenstadt?

    Geschichte

    Zitat

    Das Karlshospital (ehemals Zuchthaus am Zuchtberg) wurde 1720-21 in Kassel als Erziehungs- und Besserungsanstalt errichtet. Seine Ruine steht noch heute am Ufer der Fulda an der Weserstraße in der Kasseler Innenstadt.

    Im Laufe der Zeit änderte sich der Charakter des Karlshospital. Spätestens zum Ende des 18. Jahrhunderts entwickelt es sich zu einem Gefängnis im klassischen Sinn. In der Weimarer Republik wurden es zu einem Fürsorgeheim umgebaut mit einer Suppenküche und kleinen Sozialwohnungen. Die Nationalsozialisten richteten im Karlshospital eine Schutzhaftstelle ein. Im 2. Weltkrieg brannte das Gebäude aus und steht bis heute leer.

    Die Stadt Kassel bemühte sich seit Ende 2005 einen Käufer für das Gebäude zu finden. Für die Symbolische Summe von 1 Euro steht das Karlshospital zum Verkauf mit der Auflage es denkmalgerecht instand zu setzen. Im Juli 2006 hat ein Investor den Zuschlag bekommen. Er erhält vom Land Hessen einen Zuschuß von 3 Mio. Euro. Allerdings ist von denkmalgerechte Sanierung nicht mehr zu sprechen. Eine Aufstockung um 2 Vollgeschosse mit Flachdach sowie Fassadenaufbrüche an sensibler Stelle, sehen die aktuellen Planungen vor.

    Das einzige positive daran: Die Ruine verfällt nicht weiter. Aber für dieses Verschandelung durch einen rücksichtslosen Architekten gibt es auch noch dicke Zuschüsse von Steuergeldern. :kopfschuetteln:

  • Es ist so grausam und deprimierend untätig mitansehen zu müssen wie unsere Mitmenschen ein historisches Gebäude brutalstmöglich verschandeln und anscheinend auch noch überzeugt davon sind. Ist es denn so schwierig, angepasste Materialien zu verwenden anstatt dieses billigen 08/15-Krams. Warum gehört überhaupt auf ein solches Gebäude ein Aufbau, wo es doch in der restlichen Innenstadt schon genug Müll gibt?

    Entschuldigt die Wortwahl, aber...................unfassbar!!!

  • Bei solchen Entwürfen sollte man die Ruine lieber weiter vor sich hingammeln lassen, bis sich was vernünftiges findet - oder eben auch nicht...Eine Ruine hat ja auch einen gewissen Charme.

  • Architekturbüro Sprengwerk, der Name ist Programm. Bei denen wurde wohl im Hirn der Teil für den guten Geschmack weggesprengt, einfach nur grausam. Erinnert mich an manche Verunstaltungen, wie sie in Wien neuerdings zur Brandstiftung aufrufen.

    Ansonsten kann ich nur die Worte wiederholen, die schon gesagt wurden - ist Kassel durch den Weltkrieg nicht schon genug geschlagen, dass jetzt auch noch so ein Mist mit den wenigen Relikten der Vergangenheit passieren muss?

  • Vor allem: Welche schlichte Schönheit eine Rekonstruktion mit dem Mansarddach hätte. Elegant, historisch, unauffällig, aber passend. Ein wirklich ekelhafter Vorschlag - wer sich als Architektenbüro "Sprengwerk" nennt, muss allerdings in der Tat ernsthafte psychische Probleme haben.

  • Also der Entwurf für das Dach ist echt lächerlich. Keine neue Einfälle - nur wieder der altbekannte Glas-Bauhaus oben drüber und fertig. Man stelle sich dagegen eine renovierte Barockfassade + Dach vor. Das Ding wäre rasend schnell an Investoren verkauft und die ganze Umgebung würde aus seinem Dornröschenschlaf erwacht. Kassel hat ein Chance zur Stadtreparatur vertan. :klaresnein:

  • Ich bin sicher, dass eine Bürgerinitiative in Kassel, die Unterschriftenlisten mit dem Entwurf hier und einer Rekonstruktion als Alternative vorlegen würde, zu einem eindeutigen Abstimmungsergebnis käme.

  • In Kassel scheint sich bezüglich des geschundenen Karlshospitals und einer möglichen Verunstaltung / Umbau des Bundessozialgerichts (ehemals NS-Genderalkommando) etwas zu tun. Ich setze einen Link zum Forum der dort ansässigen Tageszeitung.
    Vielleicht findet sich ja der ein oder andere Forumler aus Kassel, der einer dortigen Bürgerinitiative etwas unter die Arme greifen kann...

    http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?id=1642&p=7

    P.S.: Hier noch ein Foto vom Bundessozialgericht. Der NS-Bau soll eventuell seines Portikus entledigt werden, um ihn behindertengerecht umzubauen. Auch dies eine unhistorische Verstümmelung der Anlage, wenn das umgesetzt würde.

    Link

    Einmal editiert, zuletzt von Heimdall (5. März 2011 um 00:34)

  • Da kann ich auch gleich noch etwas Werbung machen:

    Das Karlshospital in Kassel. Ein bedeutendes Zeugnis der Kasseler Barockarchitektur.
    Samstag, der 10. Februar, 14:00 Uhr, am Karlshospital.
    Führung: Karl-Hermann Wegner, Christian Presche
    (Veranstalter: Arbeitskreis Denkmalschutz und Stadtgestalt, getragen von den drei historischen Vereinen der Stadt).

    Glücklicherweise ist bis jetzt noch nichts endgültig entschieden, und die Pläne sollen auch überarbeitet werden (ich bezweifle nur, daß dabei etwas Besseres herauskommt).

    Der Kulturdezernent hat übrigens seine eigene Meinung dazu:
    "Thomas-Erik Junge bezeichnet sich selbst als einen Anhänger einer historischen Rekonstruktion. Man müsse aber zur Kenntnis nehmen, dass Kassel im Gegensatz zu seiner Geburtsstadt Lübeck einen anderen Weg eingeschlagen habe." ("Stadt: Das beste Konzept hat gewonnen", HNA vom 19.12.2006)
    Mit anderen Worten: Es hat seit 1945 Tradition, das Stadtbild zu verschandeln, also muß man auch so weitermachen... :boese:

  • also bei manchen Architekten habe ich den Eindruck als kaemen die direkt aus irgendeinem psychiatrischen Anstalt!!
    Mein gott, es ist doch furchtbar wie man dieses ansich schoene gebauede, verstummeln moechte.
    ich versuche immer wieder die Pschyche der Architekten auf irgend eine Weise zu durchgruenden die so etwas planen, aber bis jetzt weiss ich bloss nich was in den Koepfen dieser leute umgeht???????? :?:

  • Zitat von "van Dyk"

    also bei manchen Architekten habe ich den Eindruck als kaemen die direkt aus irgendeinem psychiatrischen Anstalt!!
    Mein gott, es ist doch furchtbar wie man dieses ansich schoene gebauede, verstummeln moechte.
    ich versuche immer wieder die Pschyche der Architekten auf irgend eine Weise zu durchgruenden die so etwas planen, aber bis jetzt weiss ich bloss nich was in den Koepfen dieser leute umgeht???????? :?:

    Hi van Dyk, völlig richtig ! Diese Architekten sind ja auch meist viel älter als der durchschnittliche Bundesbürger, haben den 2.Weltkrieg an der Front mitgemacht, vielleicht sogar persönliche Kriegsverbrechen begangen - wer weiß das schon. Diese Leute haben dann nach dem Krieg sich schuldig gefühlt - teilweise mit recht - und sind daran psychisch zerbrochen. Ist doch klar, daß solch ein seelisches Wrack keine herausragende Architektur vollbringen kann. Wie Du schon richtig schreibst, hätte diesen Menschen geholfen werden müssen, damit sie wenigstens halbwegs wieder ein "normales" Leben führen können. Leider hat man dies versäumt.

  • Zitat von "Oliver"

    Hi van Dyk, völlig richtig ! Diese Architekten sind ja auch meist viel älter als der durchschnittliche Bundesbürger, haben den 2.Weltkrieg an der Front mitgemacht, vielleicht sogar persönliche Kriegsverbrechen begangen - wer weiß das schon. Diese Leute haben dann nach dem Krieg sich schuldig gefühlt - teilweise mit recht - und sind daran psychisch zerbrochen. Ist doch klar, daß solch ein seelisches Wrack keine herausragende Architektur vollbringen kann. Wie Du schon richtig schreibst, hätte diesen Menschen geholfen werden müssen, damit sie wenigstens halbwegs wieder ein "normales" Leben führen können. Leider hat man dies versäumt.


    Ich hoffe das war ironisch gemeint. Bin mir da nämlich angesichts der Fülle an unangemessenen Beleidigungen gegenüber Architekten in diesem Forum nicht ganz sicher.. :schockiert:

  • Zitat von "Studi"

    Ich hoffe das war ironisch gemeint. Bin mir da nämlich angesichts der Fülle an unangemessenen Beleidigungen gegenüber Architekten in diesem Forum nicht ganz sicher.. :schockiert:

    Vielleicht bin ich - und wohl die meisten anderen hier - nicht intellektuell genug, um die wahre Schönheit zu erkennen, die Sprengwerk uns da vorsetzt? Das Problem ist wie bei bei allen Auswüchsen moderner Architektur das selbe: große Teile der Bevölkerung empfinden sie als hässlich, provokant und unpassend. Die hier geäußerten, zugegeben teils zu persönlich formulierten Aussagen sind nur eine Reaktion darauf.

    Insofern frage ich mich schon, was eine "Kunst" soll, die man offenbar ohne Studium bzw. Bauhaus-Drill als das genaue Gegenteil empfindet?

    Wenn du mir erklären könntest, was z. B. dieses Projekt zu einer gründlich durchdachten Perle der modernen Architektur macht, und nicht, wie ich es empfinde, zu einem Abschreibungsklotz aus billigsten Materialien, dann bin ich gerne bereit einzusehen, dass dem so ist.

  • Zitat von "RMA"

    Das Problem ist wie bei bei allen Auswüchsen moderner Architektur das selbe: große Teile der Bevölkerung empfinden sie als hässlich, provokant und unpassend. Die hier geäußerten, zugegeben teils zu persönlich formulierten Aussagen sind nur eine Reaktion darauf.

    Insofern frage ich mich schon, was eine "Kunst" soll, die man offenbar ohne Studium bzw. Bauhaus-Drill als das genaue Gegenteil empfindet?

    Genau so ist es. Sollten nun aber die Architekten so bauen, dass es jeder versteht, so wie vor 100 Jahren? Oder 200 Jahren?

    Meiner Meinung nach beschäftigen sich die meisten Leute nicht richtig mit moderner Kunst und Architektur. Ich habe einige Zeit in Skandinavien gearbeitet. Dort kann man mit "dem kleinen Mann" auf der Straße vernünftig über Architektur diskutieren. Die Neubauten dort und z.b. auch in den Niederlanden sind ein ganzes Stück extremer in der Umsetzung moderner Gestaltung. Kann sicherlich auch damit zusammen hängen, dass es dort in der Schule die Fächer Architekturgestaltung und -theorie gibt und die Leute dort eine größere gestalterische Allgemeinbildung haben.

    Die Sache mit dem "Bauhaus-Drill" an den Unis höre ich immer wieder. Das Bauhaus taucht jedoch höstens noch in der Baugeschichte auf und hat keinen Einfluß auf moderne Bauten.

    Mit dem Sprengwerk Entwurf hab ich mich nicht weiter befasst, ging jetzt nur allgemein um die Beleidigungen gegen Architekten.

  • Study schreibt|:
    Mit dem Sprengwerk Entwurf hab ich mich nicht weiter befasst, ging jetzt nur allgemein um die Beleidigungen gegen Architekten.""


    dazu moechte ich nur sagen dass es besteimmt auch zahl von guten Architekten gibt ( Hans Kohlhoff, Pastchke, Stuhlhemmer sogar Kleihues) aber manchen haengen eben zuviel an Gropius /Van der Rohe/Niemeyer und Co: und diese Stroemung in der Archtektur ist fuer mich einbfach nicht schoen: kalt,unmenschlich und irgendwie unangenehm und lehr...
    wenn man so etwas unangenehmes entwurft, ist man dan klar im Kopf???
    was gefaellt euch besser: Gruenderzeit oder Bauhaus: Renaissance oder Duetman Terrror der Sechsiger- und siebsizgerJahren( denke da bloss z.b. an den Sozial Plast ander Potsdammer strasse in Berlin :?:oder das ICC: kennen kein mensch der so ein Gebaeude schaetzt :!:

  • Da mißversteht "Studi" doch den Sinn von Architektur. Denn diese ist - zumindest in ihrer nicht-spirituell intendierten Form - mitnichten eine intellektuelle Auseinandersetzung. Ein Architekt, der Gebäude als philosophische Konstrukte entwirft und vom Rezipienten (also dem Normalbürger, der dieses Konstrukt tagtäglich ansehen muß) erst eine "Schulung" verlangt, hat seine Aufgabe verfehlt. Architektur sollte in erster Linie die Grundbedürfnisse der Menschen erfüllen, die darin wohnen und arbeiten. Und in zweiter Linie sollte sie auch den Menschen gefallen, die darin wohnen und arbeiten, um deren Leben vielleicht ein wenig glücklicher zu machen. Dies zu erreichen und auch den Bürgern (die durchaus sehr offen sind) nahe zu bringen, dürfte möglich sein. Mit naseweiser Akademiker-Überheblichkeit vieler heutiger Architekten und Baumodellen aus der Vogelperspektive läßt sich das aber nicht lösen.

    Es ist eigentlich eben das alte "linke" Dilemma. Weil sich das System nicht an den Gegebenheiten ausrichtet, sondern man sich über diese (in jetzigem Fall den mehrheitlichen Geschmack) hinwegzusetzen gedenkt, muß der Mensch geändert werden. So können dann z.B. bis heute Sowjet- und DDR-Anhänger jammern, daß der Sozialismus an den Menschen (die man noch nicht genug gegängelt hätte) gescheitert sei. So wird es in Zukunft der heutigen "Multikulti"-Utopie ergehen, die an den realen Menschen scheitern wird, welche eben nicht ständig barfuß und friedlich auf dem interkulturellen Straßenfest tanzen werden. Oder die heutigen Erfinder vieler ganz "innovativer" Ideen und Projekt wundern sich regelmäßig, daß ihre schönen Gedanken so schnell "mißbraucht" und gar nicht im angeblich hehren Interesse der ursprünglichen Entwickler verstanden werden.

    Ähnlich vollzieht es sich auch mit einer modernen Architektur, zu der die Menschen offenbar erst "geschult" bzw. erzogen werden müßten.

    Natürlich sind die Angriffe von "van Dyk" und "Oliver" gegen den Architektenstand irrational und unsachgemäß (keiner der heutigen tonangebenden Moderne-Architekten dürfte noch der NS-Kriegsgeneration angehören), und ihre Emotionalität resultiert sicher aus einem Gefühl der Ohnmacht, nichts gegen die von ihnen festgestellten Fehlentwicklungen tun zu können. Gleichwohl natürlich bieten sie immerhin Erklärungsversuche für die Ursprünge eines Geistes, der heute noch die Architektur-Lehranstalten beherrscht. Und dieser hat durchaus auch ideologische Wurzeln, deren Macht teils in Schuldgefühlen wurzelt (Stichwort: Walter Dirks: Mut zum Abschied). Hier den Kulturkampf von Weltanschauungen zu übersehen, hieße sich an Fassadendetails aufzuhalten.

    Ein anderer wichtiger Aspekt ist natürlich auch der Selbstverwirklichungs-Narzissmus vieler Architekten, und der drückt sich oft gerade im Sprengen städtebaulicher Konstanten aus.

    Insofern Skepsis gegenüber den pauschalen Thesen "van Dyks" und "Olivers", Anerkennung aber für ihre Suche nach den Ursachen der Misere.

    P.S.: Und daß das Bauhaus "keine Einfluß auf moderne Bauten" besäße, halte ich für so unrichtig, wie wenn man behaupten würde, die Antike hätte keinen Einfluß auf das Barock besessen. Jede Strömung entwickelt sich fort, wurzelt aber auch in einer Tradition.

  • Zitat von "van Dyk"


    wenn man so etwas unangenehmes entwurft, ist man dan klar im Kopf???

    was gefaellt euch besser: Gruenderzeit oder Bauhaus: Renaissance oder Duetman Terrror der Sechsiger- und siebsizgerJahren( denke da bloss z.b. an den Sozial Plast ander Potsdammer strasse in Berlin :?:oder das ICC: kennen kein mensch der so ein Gebaeude schaetzt :!:

    Ich denke kein Architekt wird seinen eigenen Entwurf unangenehm oder häßlich finden. Wenn Du so fragst: Gründerzeit oder Bauhaus bin ich sicher dass die meisten Architekten Bauhaus sagen werden. Bei den Bausünden der 70er Jahre sähe das sicherlich anders aus. Hauptsächlich deswegen weil es einfach übertrieben wurde.
    Jede Epoche hat gute und schlechte Vertreter und wenn die 70er Jahre Platten nicht so unangemessen häufig und überall gebaut worden wären, würde man auch dort die guten Seiten besser erkennen.

  • Zitat von "Studi"


    Jede Epoche hat gute und schlechte Vertreter und wenn die 70er Jahre Platten nicht so unangemessen häufig und überall gebaut worden wären, würde man auch dort die guten Seiten besser erkennen.

    :totlachen:

    Solltest du irgendwann in der Realität angekommen sein, lass es mich wissen. ;)

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Zitat von "Studi"


    Genau so ist es. Sollten nun aber die Architekten so bauen, dass es jeder versteht, so wie vor 100 Jahren? Oder 200 Jahren?

    Meiner Meinung nach beschäftigen sich die meisten Leute nicht richtig mit moderner Kunst und Architektur. Ich habe einige Zeit in Skandinavien gearbeitet. Dort kann man mit "dem kleinen Mann" auf der Straße vernünftig über Architektur diskutieren. Die Neubauten dort und z.b. auch in den Niederlanden sind ein ganzes Stück extremer in der Umsetzung moderner Gestaltung. Kann sicherlich auch damit zusammen hängen, dass es dort in der Schule die Fächer Architekturgestaltung und -theorie gibt und die Leute dort eine größere gestalterische Allgemeinbildung haben.

    Die Sache mit dem "Bauhaus-Drill" an den Unis höre ich immer wieder. Das Bauhaus taucht jedoch höstens noch in der Baugeschichte auf und hat keinen Einfluß auf moderne Bauten.

    Mit dem Sprengwerk Entwurf hab ich mich nicht weiter befasst, ging jetzt nur allgemein um die Beleidigungen gegen Architekten.

    Sollte es nicht im Interesse des Architekten liegen, so zu bauen, dass einen jeder versteht? Ansonsten könnte man ja rückfolgern, dass der Beruf des Architekten das gewählte Außenseitertum ist, was dann doch arg pathetisch anmutet?

    Das mit deinen Erfahrungen in Skandinavien - so nett sie auch gewesen sein mögen - kann man nicht verallgemeinern, denn es ist ein genauso dämliches wie typisches Totschlagargument, dass wir Deutschen so nach dem Motto "irgendwie komisch" seien, und man im Ausland mit den Menschen viel besser reden könnte. In etwa der gleiche Käse wie das Beschwören der angeblichen deutschen Neidkultur, die es aber im Ausland genauso wie hier gibt.

    Bezüglich des Bauhauses: deine Beteuerung in allen Ehren, aber wo ist sie, die Moderne? Moderne bedeutet doch, dass jeder Künstler - also (im Grunde) auch der Architekt - frei im Wahl seiner Formensprache und nicht mehr an einen Stil gebunden ist. Soweit, so gut. Nur, wo sind sie, diese Entwürfe?

    Zitat von "Studi"


    Ich denke kein Architekt wird seinen eigenen Entwurf unangenehm oder häßlich finden. Wenn Du so fragst: Gründerzeit oder Bauhaus bin ich sicher dass die meisten Architekten Bauhaus sagen werden. Bei den Bausünden der 70er Jahre sähe das sicherlich anders aus. Hauptsächlich deswegen weil es einfach übertrieben wurde.
    Jede Epoche hat gute und schlechte Vertreter und wenn die 70er Jahre Platten nicht so unangemessen häufig und überall gebaut worden wären, würde man auch dort die guten Seiten besser erkennen.

    Was sollen denn die guten Seiten sein? Plattenbauten sind als Massenmenschhaltungsquartiere konzipiert, die auf billigst-mögliche, industriell-vereinfachte Weise gefertigt wurden. Sprich, möglichst viele Menschen auf einfachste Weise und gerinst möglichem Raum unterzubringen. Nur ein kleiner Blick in die Geschichte verrät, dass das nicht funktioniert.

    Bereits heute dürften die Kosten der Plattenbaughettos unserer Großstädte durch Kriminalität, Vandalismus und soziale Not der dort ansässigen Bevölkerung das um ein Vielfaches übersteigen, was man vor 30 Jahren an der Bausubstanz eingespart hat.

    Gerade den Plattenbau aus deiner Warte als Vertreter der Moderne anzusprechen - was dir ja durchaus gelassen sei - ist doch reichlich ungeschickt. Er ist in meinen Augen das grandioseste Beispiel für die Kurzsichtigkeit und das Scheitern eben dieser Epoche.

  • Zitat von "Antiquitus"

    :totlachen:

    Solltest du irgendwann in der Realität angekommen sein, lass es mich wissen. ;)

    Solche Kommentare können wirklich nur kommen wenn man moderme Gestaltung nicht verstehen kann oder will. Ich bin sehr gut in der Realität angekommen. Wäre ich das nicht, würde ich zeitgenäße Gebäude schlecht reden und mir wünschen durch nachgebaute Museumsdorf-Charakter Innenstädte zu spazieren und mich durch Türmchen und schmucküberladenen Fassaden in untergegangene Zeiten zurückversetzen zu lassen :zwinkern:

    Und: Die Einfamilienhäuser aus den 70ern sind Lichtjahre besser gewesen als die in den heutugen Neubausiedlungen von der Stange.