• Ich finde es sehr interessant, wie die neuen "Trends" der Architektur, wie am Ende des Videos kurz angemerkt, das Bauen in Holz und (momentan noch weniger) Stein sein werden bzw. schon sind. Also genau das, was das Bauen in den Städten bis zum zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts über Jahrtausende ausgemacht hat. Plötzlich kommt den Menschen in den Sinn, dass vielleicht genau diese natürlichen Materialien der Schlüssel zum Erfolg sein könnten. So, als sei der Großteil der Architekten 100 Jahre lang völlig verblendet gewesen und so, als ob diese jetzt aus einem langen Delirium erwachten und den Kater spürten. Interessante Entwicklung. Vielleicht geht der Trend ja tatsächlich auch wieder zum klassischen Blockrand mit Häusern aus o.g. Materialien. Und eventuell sogar mit Satteldächern (was wohl eher ein Traum bleiben wird...).

  • Ich finde es sehr interessant, wie die neuen "Trends" der Architektur, wie am Ende des Videos kurz angemerkt, das Bauen in Holz und (momentan noch weniger) Stein sein werden bzw. schon sind. Also genau das, was das Bauen in den Städten bis zum zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts über Jahrtausende ausgemacht hat. Plötzlich kommt den Menschen in den Sinn, dass vielleicht genau diese natürlichen Materialien der Schlüssel zum Erfolg sein könnten. So, als sei der Großteil der Architekten 100 Jahre lang völlig verblendet gewesen und so, als ob diese jetzt aus einem langen Delirium erwachten und den Kater spürten.

    Ich kann Dir sogar erklären, wieso es so lief. Das Geheimnis lautet unbegrenzt verfügbare Energie (chemische Energie). Solange ich diese Prämisse annehme, kann ich Häuser bauen, die ich nicht (oder bedingt) recyclen kann, die enorm viel Energie wortwörtlich verbrennen beim Herstellen und auch beim Bauen und beim Abriss wieder viel Energie brauchen.

    Und das war nicht erst eine jüngste Entwicklung: Ziegel gibt es bei uns auch erst in breiter Verfügbarkeit seit es viel Kohle gibt.

  • Die Heiliggrabkapelle in Nürnberg war mir bisher gar nicht bekannt, sie hat aber etwas sehr romantisches, ihr versteht denke ich was ich meine. Leider wurde sie im Krieg zerstört/beschädigt? und später abgebrochen.

    https://pin.it/pmgAgyz

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Erbaut 1459 und 1945 nach Kriegsbeschädigung abgebrochen, ist auch alles, was ich in Erfahrung bringen konnte.

    Wahnsinn, in Görlitz ist eine vergleichbare Kapelle von 1481 eine der großen Touristenattraktionen.

    Was da beim vermeintlichen "Wiederaufbau" in Nürnberg geschehen ist, verstehe ich immer weniger.

  • So klein wie sie war, wäre sie doch zumindest äußerlich ein guter Reko Kandidat. Beim Innenausbau muss man sich dann halt an ähnlichen Bauten, Görlitz wurde ja schon genannt, orientieren. Auf der Insel Schütt könnte der ehemalige Standort sogar noch frei sein.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Edit. Das nachfolgend Geschriebene stimmt nicht, da ich einem Irrtum unterlaufen bin. Siehe dazu den Beitrag von Norimbergus fünf Beiträge später:

    Ihr einstiger Standort ist nicht überbaut, aber er wird für Freizeitaktivitäten rege benutzt (Jahrmärkte, Spielplatz, Fussballkäfige, Buddha Meditationswiese...). So sieht es dort heute aus (ziemlich gleiche Perspektive wie die beiden historischen Ansichten): https://goo.gl/maps/tyN4JfhDJEF8q8Fm8. Dafür ist ihr einstiger Standort und die heutige Freizeitaktivitätsanlage von einem Parkhaus unterbaut. Und im Süden der Vorderen Insel Schütt habe ich noch den Stadtstrand vergessen: https://goo.gl/maps/sja63TCNxQu6ruYz7

    Wunderbare Voraussetzungen und Umgebung für ein zu rekonstruierendes Bauwerk, das niemand braucht...

  • rekonstruierendes Bauwerk, das niemand braucht...

    ...das aber aufgrund seiner bescheidenen Ausmaße auch fast niemanden ernsthaft stören würde. Zur Not könnte man einen Meditationsraum daraus machen... :zwinkern:

  • Wie Heimdall schon sagt, muss sie ja nicht zu kirchlichen Zwecken genutzt werden.

    Allerdings geht auch bei Neubauten von Kirchen der Trend eher zu klein aber fein.

  • Die Heilig-Grab-Kapelle war nicht im mittleren Teil der Insel Schütt, wo sich jetzt die Tiefgarage befindet und Stadtstrand, Altstadtfest etc. stattfinden, sondern im Westen, im Bereich des Heilig-Geist-Spitals: Nr. 7 auf dieser Übersicht. So frei, wie es hier den Anschein hat, war sie aber auch vor dem Krieg nicht mehr dagestanden: Auf dem Bild ein paar Beiträge vorher sind schon die Vorbereitungen für den Bau des Norisstifts erkennbar, das der Kapelle unmittelbar vor die Ostfassade gestellt wurde. Nach dem Krieg wurde das Norisstift wiederaufgebaut (übrigens eines der wenigen Beispiele, bei dem der Wiederaufbau besser war als der Vorgängerbau, wenn man vom Abriß der Heilig-Grab-Kapelle absieht - in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist auch nicht immer sehr sensibel in der Altstadt gebaut worden), aber mir ist nicht klar, ob der Nachkriegsbau breiter als der Vorgänger ausgefallen und damit der Standort der Kapelle (teilweise) überbaut worden ist. Der freie Blick von Osten wie auf obigem Bild wäre auf dem Originalstandort auf jeden Fall nicht mehr möglich.

    Wie viel von der Kapelle nach dem Krieg überhaupt noch übrig war, das weiß ich auch nicht.

  • Danke für diese Aufklärung über den ehemaligen Standort der Kapelle; ich habe bei meinem Beitrag oben einen entsprechenden Hinweis über meine Fehleinschätzung angefügt. Lange hatte ich nach ihrem exakten Standort gesucht, auch vor zwei Jahren schon einmal. Ich orientierte mich an der Bayerischen Uraufnahme ab 1808 und dem Stadtplan von 1945. Der Fotograf musste so vor der Kapelle gestanden haben, dass man zwischen den Türmen von St. Lorenz hindurch sah. Ich nahm aber die Türme auf dem Stadtplan zu dick an und kam so auf einen Winkel, dass er viel östlicher gestanden haben musste, was zu meiner falschen Annahme führte.

    Heilig-Grab-Kapelle um 1870.

    Die Fotografie stammt von Georg Maria Eckert (1828-1901) und ist im Werk Nürnberger Studien, Teil III enthalten (Teil I und II findet man hier). Diese Fotos sind für mich die eindrücklichsten Fotos der Nürnberger Altstadt!

    Auf der Fotografie irritierte mich auch, dass man vom Südflügel des Heilig-Geist-Spitals entlang der Pegnitz nichts sieht, ausser diesem relativ kurzen Baukörper unmittelbar rechts des Kapellendaches. Der grössere Teil wird vom Kapellendach verdeckt. Auch der Bayerische Denkmalatlas hilft bezüglich der Baugeschichte dieses Flügels nicht weiter, da er die drei Baukörper nicht sonderlich unterscheidet. Die entsprechende Passage dazu:

    zur Pegnitz zweigeschossiger hölzerner Laubengang, im Ursprung wohl vor 1620, nach Zerstörung von 1945 1952-54 wiederaufgebaut

    Wenn man nun auf der Bayerischen Uraufnahme ab 1808 schaut, sieht man, dass damals noch kein 'anständiger' Südflügel entlang der Pegnitz vorhanden war, sondern nur der Ostflügel, auf den die Jahrzahl 1620 zutreffen dürfte (es handelt sich um den winkelförmigen Bau im Südosten des Spitalareals). Dort sieht man die Kapelle mit einem Kreuz auf der Hofseite des Baus. Ein Blick auf die historische Fotografie zeigt aber, dass dieser Trakt Ende des 19. Jahrhunderts vollständig niedergelegt wurde. Diesbezüglich ist die Denkmalbeschreibung sehr irreführend. In entgegengesetzter Richtung sah die Baustelle so aus:

    26

    Heilig-Geist-Spital und Schuldturm um 1870. Fotografie von G. M. Eckert, Teil I.

    Auf dem Stadtplan von 1945 ist dieser winkelförmige Flügel aus dem 19. Jahrhundert eingezeichnet und als öffentlicher Bau auch schraffiert. Das 'Kapellenanhängsel' ist ebenfalls eingezeichnet, aber nicht schraffiert, sodass es unklar erscheint, ob die Kapelle vor dem Krieg überhaupt noch existiert hat oder die fehlende Schraffur ein Fehler im Stadtplan ist.

    Spitalareal 1945

    Ausschnitt Stadtplan 1945

    Wenn ich wiederum mit dem Satellitenbild im Denkmalatlas vergleiche, steht der heutige Bau noch auf den Fundamenten aus dem 19. Jahrhundert, womit durch den Osttrakt der Standort der Kapelle wohl nicht überbaut wurde (auf der Aufnahme ist dort ein dunkles Auto parkiert). Er wurde beim Wiederaufbau hingegen nördlich bis an die Pegnitz verlängert. Der Hof sieht heute so aus: Fotos Bayerischer Denkmalatlas. Auf dem ersten Bild müsste die Kapelle rechts von der rundbogigen Durchfahrt gestanden haben.

    Ich ziehe aus all dem Geschriebenen nun den Schluss, dass die westliche Hoffassade des winkelförmigen Trakts (Norisstift) Ende des 19. Jahrhunderts unmittelbar auf die Flucht der Eingangsfassade der Kapelle gesetzt wurde, so wie das Norimbergus eben geschrieben hat. Somit war der Kapellenraum wohl direkt vom Norisstift aus betretbar. Weshalb ist der Raum im Stadtplan von 1945 nicht auch schraffiert? Wohl ein Fehler im Stadtplan, denn ich denke kaum, dass die Kapelle zwischen den 1870er-jahren und 1945 niedergelegt wurde. Beim Wiederaufbau des Norisstifts 1952-54 wurde die Flucht der westlichen Hoffassade aus dem 19. Jahrhundert übernommen.

    Für eine Rekonstruktion heisst das nun:

    - die Eingangsfront der Heilig-Grab-Kapelle ist als Ganzes nicht wiederherstellbar, da von der jetzigen Hoffassade überbaut.

    - das Innere ist nur in einer Beschreibung überliefert.

    Also keine gute Voraussetzungen für eine Rekonstruktion. Sicher könnte man den unteren Teil mit dem Portal rekonstruieren und vom Innern des heutigen Baus sichtbar machen. Der schöne Blendarkadenfries würde aber wohl auf Deckenhöhe zu liegen kommen und somit nicht sichtbar sein. Zudem entstünde im Innern des heutigen Baus der optische Eindruck, dass da beim Wiederaufbau 1952-54 eine stehengebliebene Kapelle aus dem 15. Jahrhundert integriert wurde. Also eine totale Geschichtsverfälschung!


    Jetzt ist mir auch klar, um was für ein Gebäude es sich handelt, das vor den Türmen von St. Lorenz steht (mit den beiden neugotischen Treppengiebeln). Gemäss Denkmalatlas war das die ehemalige Bayerische Staatsbank. Das heutige Ministerium der Finanzen und für Heimat am Lorenzer Platz steht auf seinen Fundamenten.

  • Noch zur Heilig-Grab-Kapelle.

    Anbei eine jahreszeitlich nicht sonderlich passende Aufnahme des äußeren Spitalhofes vom Januar 2017 mit dem Ost- und Südflügel vom Norisbau (rechts vom Durchgang lag die Kapelle). So groß und faszinierend sie auf den beiden eingestellten Aufnahmen auch wirken mag, so klein war sie tatsächlich, was an einer Aufnahme im Heft Bayerische Baudenkmäler im 2. Weltkrieg von 1935 (stelle ich wenn möglich ein; derzeit habe ich keine Verbindung vom Fotoapparat zum Laptop...) oder beim Grundrissvergleich mit der nördlich benachbarten, leider nach dem 2. Weltkrieg verändert, aber immerhin wiederaufgebauten Spitalkirche zum Ausdruck kommt.

    Dazu noch ein Link:

    Heilig-Grab-Kapelle (Nürnberg // Kirchen und Klöster) - Wiederaufbauatlas :: Haus der Bayerischen Geschichte (hdbg.eu)

  • Stadtarchiv Nürnberg/ Denkmalarchiv F.A. Nagel

    Zitat

    Das Denkmalarchiv des Kunsthistorikers Friedrich August Nagel (1876–1959) stellt zu einem großen Teil den Ausfluss privat motivierter Forschungsarbeit zu verschiedenen lokalgeschichtlichen Themen dar. Die Aufnahmen sind besonders wertvoll, da auf ihnen nicht nur die bekannten Bauwerke und Sehenswürdigkeiten abgelichtet wurden. Die bevorzugten Bildmotive Nagels waren die Anfang des 20. Jahrhunderts noch vorhandenen Reste der barocken Gartenkultur Nürnbergs. Sie machen die Fotosammlung zu einer einmaligen Quelle für die Garten- und Bauforschung. Daneben hat Nagel auch die Zeugnisse bäuerlichen Wohnens im Umland in den Blick genommen. Neben den Fotosammlungen sind im Stadtarchiv Nürnberg auch der gesamte wissenschaftliche Nachlass des Forschers und Fotografen sowie seine für das Bauamt durchgeführten topografischen Untersuchungen zu historischen Bauten zu finden. Mehr dazu auf https://stadtarchive-metropolregion-nuernberg.de/fotografieren-fuer-den-denkmalschutz-drei-bildbestaende-vorgestellt/

    Quelle: Facebook, Stadtarchiv Nürnberg

  • Nochmals zur Heilig-Grab-kapelle:

    Ich habe aus der Fotografie von G. M. Eckert (s. vier Beiträge vorher) die Kapelle in einem Ausschnitt vergrössert:

    nuernberg heilig-grab-kapelle g.m.eckert

    Wenn man mit der Bayerischen Uraufnahme ab 1808 nochmals vergleicht, sieht man, dass die Kapelle schon vor dem Bau des Norisstifts an der Ostfassade (Eingang) und nördlichen Seitenfassade von Bauten eingeschlossen war - also just die beiden abgebildeten Fassaden. Freilich geht aus der Uraufnahme nicht hervor, wieviele Geschosse die Bauten jeweils aufwiesen.

    So frei, wie es hier den Anschein hat, war sie aber auch vor dem Krieg nicht mehr dagestanden: Auf dem Bild ein paar Beiträge vorher sind schon die Vorbereitungen für den Bau des Norisstifts erkennbar, das der Kapelle unmittelbar vor die Ostfassade gestellt wurde.

    Ich gehe aber davon aus, dass der Vorgängerbau des Norisstifts auch jünger als die Kapelle war, und somit dessen Mauern an die Kapelle angefügt oder um sie herumgebaut wurden. Denn auf der Fotografie sieht man praktisch keine Abbruchspuren, ausser dem sorgfältig abgeschlagenen Gesims über dem Masswerkfries und der fehlenden Eingangsstufe(n). Der Bretterverschlag am Giebeldreieck sieht merkwürdig billig und wie provisorisch aus. Aber auch hier gehe ich davon aus, dass dieser sehr alt war, denn die Bretter waren sonnengebräunt und schienen nicht in Zweitverwendung zu sein. Auch das auskragende Giebeldreieck schien sehr alt zu sein.

    Gibt es eine Abbildung vom Vorgängerbau des Norisstifts, wo man allenfalls auch die Kapelle sieht? Die Kenntnis der Anzahl der Geschosse wäre interessant.