• Andererseits kommt mir die Nürnberger Altstadt auf alten Bildern eher ärmlich vor, vor allem in Bezug auf die Fassaden, mit Ausnahme der bekannten Bauten. Insofern ist es doch glücklich, dass nicht Bamberg zerstört wurde, da die Gebäude hier wesentlich aufwändiger wirken.

    Nichts gegen das wunderbare Bamberg, aber das sehe ich nicht so.

    Was genau meinst du denn mit ärmlich? Was ich aus meiner subjektiven Sicht bestätigen kann, ist, dass auf Bildern aus der Weimarer Zeit oder dem Dritten Reich viele Fassaden in deutschen Städten allgemein eher heruntergekommen wirken. Ich denke, dass das viel damit zu tun hatte, dass der Fokus auf anderen Dingen lag, also etwa auf der Kriegswirtschaft oder dem wirtschaftlichen Überleben in Friedenszeiten.

    Nürnberg speziell ist natürlich nach seiner Hochzeit im Mittelalter und der frühen Neuzeit zu einer zweitrangigen bayerischen Provinzstadt herabgesunken. Zwar nahm seine Bedeutung mit der Industrialisierung zu, dies bedeutete aber zugleich, dass Nürnberg zu einer Industrie- und Arbeiterstadt wurde, was nicht unbedingt mit einem ästhetischen Gewinn verbunden war.

    Das bauliche Erbe an sich war in Nürnberg allerdings schon ziemlich einzigartig. Ja, natürlich gab es auch viele relativ einfach Sandsteinbauten, aber diese stellten eben den Hintergrund, quasi das Gewebe, vor dem die vielen Prachtbauten wirken konnten. Es ist, neben dem Verlust vieler Einzelbauten, auch dieses Gewebe, was vollkommen verloren gegangen ist.

    Bamberg war und ist einfach viel kleiner als Nürnberg; die Stadt wirkt auch durch die landschaftliche Einbettung zum Teil eher ländlich, und fast nirgends großstädtisch. Von daher kann der Erhalt Bambergs den Verlust Nürnbergs leider in keinster Weise kompensieren.

    In welchen deutschen Städten gab es denn solche Bauten wie das Toplerhaus?

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…lerhaus_001.jpg

    Die Wirkung Nürnbergs muss einmalig gewesen sein. Es wäre heute eine Stadt, die mit Florenz oder Venedig in einem Atemzug genannt würde, wäre sie nicht fast komplett zerstört und durch einen verfehlten Wiederaufbau vollkommen verhunzt worden.

  • Meiner Meinung nach könnte man Nürnberg sehr wohl noch retten. Ein gutes Grundgerüst ist ja vorhanden. Einige gute Bauprojekte an den richtigen Stellen, und eine Hand voll Rekonstruktionen, könnten sehr schnell sehr viel Positives bewirken.

    Nur leider hat das die Lokalpolitik noch nicht verstanden. Alle guten Ansätze werden blockiert und jede kleine Verschönerung muss hart erkämpft werden.

    Ich tue mich jedenfalls schwer damit, Nürnberg schon komplett abzuschreiben. Natürlich wird es nie mehr die mittelalterliche Perle, die es mal war. Von dem Gedanken sollte man sich einfach befreien. Aber Nürnberg kann doch noch immer eine schöne und sehenswerte Stadt sein.

    Auf die Baumaßnahmen am Haus zum Savoyischen Kreuz, freue ich mich zumindest. Vielleicht ist auch das Pellerhaus noch nicht verloren. So lange es die Altstadtfreunde gibt, lohnt es sich auch noch zu kämpfen.

  • Rothenstein

    Man merkt dass die deutschen wirklich ihre Grosstädten vermissen. Weil rein touristisch liegt Bamberg wirklich nicht Nurnberg hinterher - die grossartige Dom zu verschweigen. Bamberg ist eigentzlich eine genauso einzigartige Gebilde wie Nurnberg - vielleicht sogar im Details schöner - aber da geht es nicht um. Es ist eher die gefuhl eine grossartige Stadt von Bedeutung Florenz, Prag oder Venedig zu vermissen.

    Vielleicht war Nurnberg die am nähesten diese Ruf waren. Strassburg reicht da nicht wirklich hin. Aber die Kunstsamlungen und eigentliche Sehenswurdigkeiten eher zweitranging zu die grosse Ensemblewirkung waren. Weder Burg oder Stadtmauer oder die Kirchen wurde da wirklich Leuten nicht verzaubern lassen.

    Ich habe neulich ubrigens die Vorkriegsbilderbucher von Deutschland noch mal angeschaut und dadrin gibt es eigentlich oft die gleiche Bildern und Orten die heute immer noch Touristen locken. Rothenburg, Bamberg, Heidelberg, Tubingen, Lubeck - von Grosstädten gab vorallem Nurnberg, Berlin, Dresden und die Stadtsilhoutte von Köln. Sogar Drosselgasse sind da drin.

  • Rothenstein

    Man merkt dass die deutschen wirklich ihre Grosstädten vermissen. Weil rein touristisch liegt Bamberg wirklich nicht Nurnberg hinterher - die grossartige Dom zu verschweigen. Bamberg ist eigentzlich eine genauso einzigartige Gebilde wie Nurnberg - vielleicht sogar im Details schöner - aber da geht es nicht um. Es ist eher die gefuhl eine grossartige Stadt von Bedeutung Florenz, Prag oder Venedig zu vermissen.

    Vielleicht war Nurnberg die am nähesten diese Ruf waren. Strassburg reicht da nicht wirklich hin. Aber die Kunstsamlungen und eigentliche Sehenswurdigkeiten eher zweitranging zu die grosse Ensemblewirkung waren. Weder Burg oder Stadtmauer oder die Kirchen wurde da wirklich Leuten nicht verzaubern lassen.

    Ich habe neulich ubrigens die Vorkriegsbilderbucher von Deutschland noch mal angeschaut und dadrin gibt es eigentlich oft die gleiche Bildern und Orten die heute immer noch Touristen locken. Rothenburg, Bamberg, Heidelberg, Tubingen, Lubeck - von Grosstädten gab vorallem Nurnberg, Berlin, Dresden und die Stadtsilhoutte von Köln. Sogar Drosselgasse sind da drin.

    Wie du richtig erfasst hast: Es geht mir und vielen anderen um die Großstädte. Ja, Bamberg ist schön, aber es ist nicht wirklich groß, und auch ist es eher kirchlich und fürstlich und weniger bürgerlich geprägt. Dinkelsbühl und Tübingen im Süden, Celle und Lüneburg im Norden, alles recht und schön - aber dies ersetzt kein Nürnberg im Süden und kein Braunschweig im Norden. Und selbst die sehr wenigen Großstädte, die weitgehend oder halbwegs davongekommen sind (Regensburg etc.), führen einem eher vor Augen, was man bei den anderen Großstädten verloren hat, als dass sie darüber hinwegtrösten.

    Dass andere Länder auch heftige Verluste haben, siehe Rotterdam, Warschau und viele andere, ist mir auch klar. Es hilft aber leider nicht, denn in diesem Fall ist geteiltes Leid nicht halbes Leid. Es geht auch nicht um Opfer und Täter, sondern schlicht und ergreifend um die Tatsache, dass wir Nachgeborenen mit einem unvergleichlichen Verlust an Kulturgut zurechtkommen müssen, egal, wer nun dafür verantwortlich ist.

    Wahrscheinlich müsste man als Deutscher versuchen, mit diesem Verlust zu leben. Den meisten gelingt das wohl, weil ihnen Architektur und Städtebau ohnehin egal sind, oder weil sie einmal im Jahr Urlaub in der Toskana machen und ihre ästhetischen Bedürfnisse eben dort befriedigen, bevor sie nach Pforzheim, Gelsenkirchen, Kassel oder eben ins versaute Nürnberg zurückkehren.

    Ich habe große Probleme damit; für mich war es eine dramatische Erfahrung herauszufinden, wie viel wir in Deutschland verloren haben. Ich kann und will mich nicht damit abfinden, aber nach vielen Jahren beschleicht mich das Gefühl, dass wir zu meinen Lebzeiten nicht mehr wesentlich vorankommen werden.

    Ja, man wird unter Auferbietung aller Kräfte weiterhin vielleicht einzelne herausragende Bauten rekonstruieren, aber die Ensemblewirkung einer deutschen Großstadt, so wie wir sie in fast jeder beliebigen italienischen oder spanischen Großstadt erfahren können, werden wir in der ganz großen Mehrheit der deutschen Großstädte wohl nicht mehr erleben.

    Durch Nürnbergs "Altstadt" zu gehen, ist mir persönlich eine Qual; ich kann mich einfach nicht an diese Banalitäten und Hässlichkeiten gewöhnen, nicht an diesem Ort. Dass von mir heute abgelichtete Gebäude mag ja an sich gar nicht so schlimm sein, stünde es irgendwo in einer Vorstadt. Aber an einem zentralen Platz einer der für ihr Stadtbild einst berühmtesten europäischen Städte?

  • Ich gebe Nürnberg nicht verloren. Es muss z.B. darum gehen, eines Tages das Toplerhaus zu rekonstruieren. Ich halte das auch für möglich, wenn der Eigentümer verkauft. Das heute dort stehende 50er-Jahre-Gebäude ist auch ohne jeden künstlerischen Wert und dürfte irgendwann ein größerer Sanierungsfall werden.

  • Gleichseitig ist dass verständlich aber soll ich ehrlich sein - in die Bilderbänder von 1920- und 1930 Jahren gibt es halt nicht viel von Braunschweig, Kassel oder Stuttgart. Dafur desto mehr Bilder von Heidelberg, Rothenburg oder Lubeck.

    Die Ausnahmen waren Dresden und Nurnberg - die beide Städten waren die Aushängeschielder Deutschlands Grosstädten fur Touristen.

    Vielleicht geht es nicht um touristischen Highlights sondern eher uber lebenswerten Innenstädten. Regensburg kann ja nur die Leuten trösten die in Regensburg wohnen. Fur alle andere erwartet Grosstadtrealismus. Meine alte Heimatstadt Malmö ist von Politiker arg verwustet aber die Krieg war in Zerstörung schon eine Nummer grösser.

    Klar - die gewaltige Zerstörung und die heutige ist-zustand die meisten deutsche Grosstädten sind schon trostlos. Ich bin oft in Bremen unterwegs und je weiter man in die Zerstörte Teil geht desto bedruckter wird man.

    Trotzdem sollte wir uns keine Illusionen machen - Städten wie Regensburg oder Lubeck waren auch vor dem Krieg keine deutsche Massenware.

    Dafur schmerzt Nurnberg desto mehr weil die Stadt halt mit Dresden die grosstädtische Highlights waren und wäre unzerstört wirklich eine Besuchermagnet. Dresden bietet immer noch seine Kunstschätzen und Prunkbauten aber Nurnberg fehlt halt die einzigartige Ensemble. Ich wohnte ja selbst uber ein Jahr bei Hans-Sachs Platz und fand die Stadt mittelmässig am besten und oft nur depremierend. Ich verstehe dein Gefuhl deswegen.

    Deswegen war ich immer Unterwegs und fast nie in Nurnberg. Ich wechselte sogar Studiumort zu Erlangen weil die Hochschulgebäuden in Nurnberg so depremierend waren. Fur mich waren alle andere schöne Orten in Bayern ein trost fur mich.

  • Dafur schmerzt Nurnberg desto mehr weil die Stadt halt mit Dresden die grosstädtische Highlight waren und wäre unzerstört wirklich eine Besuchermagnet. Dresden bietet immer noch seine Kunstschätzen und Prunkbauten aber Nurnberg fehlt halt die einzigartige Ensemble. Ich wohnte ja selbst uber ein Jahr bei Hans-Sachs Platz und fand die Stadt mittelmässig am besten und oft nur depremierend. Ich verstehe dein Gefuhl deswegen.

    Deswegen war ich immer Unterwegs und fast nie in Nurnberg. Ich wechselte sogar Studiumort zu Erlangen weil die Hochschulgebäuden in Nurnberg so depremierend waren. Fur mich waren alle andere schöne Orten in Bayern ein trost fur mich

    Und ich konnte nie nachvollziehen (und kann es heute noch nicht), dass so viele Nürnberger, die ich traf, das Nürnberg der Gegenwart so schön fanden und finden.

    Manchmal heisst es: OK, ein wenig provinziell aber doch angenehm, eine der schönsten Grosstädte Deutschlands. Was durch den Krieg verloren ging, scheint der grossen Mehrheit der Nürnberger gar nicht bewusst. Und das finde ich schon traurig.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Und ich konnte nie nachvollziehen (und kann es heute noch nicht), dass so viele Nürnberger, die ich traf, das Nürnberg der Gegenwart so schön fanden und finden.

    Manchmal heisst es: OK, ein wenig provinziell aber doch angenehm, eine der schönsten Grosstädte Deutschlands. Was durch den Krieg verloren ging, scheint der grossen Mehrheit der Nürnberger gar nicht bewusst. Und das finde ich schon traurig.

    Ich denke, beides ist richtig: Es ging unendlich viel verloren, dennoch ist Nürnberg heute eine der schönsten / am wenigsten brutalen bundesdeutschen Großstädte (größer als 300. - 400.000 Einwohner). Das alte Lied und Leid ...

  • Es gibt in Nürnberg besonders viele der "Wirtschaftswunderromantiker", für sie ist Nürnberg und sein oft als vorbildhaft geltender Wiederaufbau der Altstadt eben ein gebautes Wirtschaftswunder. Und so ist auch die Aufstockung des ESW-Wohnhauses am Hans-Sachs-Platz zu verstehen. Es steht wie die gesamte Altstadt unter Ensembleschutz. Deshalb war die Vorgabe des Denkmalschutzes eben jene, dass die Aufstockung am Ende quasi nicht sichtbar sein darf, und Fassade wie Dachlandschaft den Charakter der Wiederaufbauzeit haben müssen. An eine Rekonstruktion von etwas aus der Vorkriegszeit wurde keine einzige Sekunde gedacht.

    Wenn man sich mit "Wirtschaftswunderromantikern" unterhält bekommt man auch stark den Eindruck, dass die vom Alten Nürnberg auch wenig gehalten haben. Es sei bereits vor der Zerstörung marode (wie man hier zu fast allem sagt, was man loswerden möchte) gewesen, kleinteilig, dunkel, unhygienisch usw. Nur noch eine romantische Kulisse, bei der niemand hinter die Mauern und Türen hätte gucken wollen. Erst der Wiederaufbau der Wirtschaftswunderzeit hat allen fließendes Wasser, Tageslicht und Luft gebracht.

    Das war jetzt etwas überspitzt, aber ich, der ich in Nürnberg nicht aufgewachsen bin und auch mit dem Begriff des Wirtschaftswunders emotional nicht viel anfangen kann - für mich ist das eher ein mit viel Geld bezahltes Erziehungsprogramm der westlichen Wertegemeinschaft gewesen - sehe das wiederaufgebaute Nürnberg auch eher kritisch. Ein paar mehr Rekonstruktionen auch zu Lasten einiger Nachkriegsbauten würden dem Altstadtgefühl stark weiterhelfen.

    Am Hans-Sachs-Platz gibt es aber auch eine ganz andere Bausünde die weg gehört, und das ist nicht das ESW-Wohnhaus.

  • Andererseits kommt mir die Nürnberger Altstadt auf alten Bildern eher ärmlich vor, vor allem in Bezug auf die Fassaden, mit Ausnahme der bekannten Bauten. Insofern ist es doch glücklich, dass nicht Bamberg zerstört wurde, da die Gebäude hier wesentlich aufwändiger wirken.

    Das kommt nicht von ungefaehr. Die Stadt hat schon im Mittelalter das aufwaendige Gestalten von Privathaeusern untersagt.

    Es gab Faelle, wo Eigentuemer von 500 Jahren schon Strafe zahlen oder die Pracht zurueckbauen mussten. Die Handwerker wurden ebenfalls bestraft. So soll es um das verhindern von Neid gegangen sein.

  • Also ich finde die Fassaden der Nürnberger Bürgerhäuser des Mittelalters und der Renaissance nicht unaufwändig und schon gar nicht ärmlich. Ist halt keine Stadt katholischen Barocks wie Bamberg.

  • Ich denke, beides ist richtig: Es ging unendlich viel verloren, dennoch ist Nürnberg heute eine der schönsten / am wenigsten brutalen bundesdeutschen Großstädte (größer als 300. - 400.000 Einwohner). Das alte Lied und Leid ...

    Freilich hätte der Nürnberger Wiederaufbau viel besser sein können. Aber, verglichen mit anderen Großstädten die ähnlich schlimm zerstört waren (d.h. mindestens 85%) schneidet Nürnberg nicht so schlecht ab. Die bedeutenden mittelalterlichen Kirchen, mit ihren unvergleichbaren Kunstschätzen, sind musterhaft wiederaufgebaut worden, wie auch die ganze Stadtmauer und Burganlage. Vor allem finde ich die Dachlandschaft der nordwestlichen Altstadt, wie vor dem Krieg, unvergleichlich schön.

    In Nürnberg gab es kein so grosses unzerstörtes Viertel wie etwa die südliche Altstadt von Mainz, die drei erhaltenen Viertel in Ulm, oder die Zentren von Aachen und Koblenz, Es gibt immerhin noch viele große und bedeutende Häuser und Ensembles zu entdecken.

    Sehr zu empfehlen, wie alle seine Bücher, ist Nürnberg Die Historische Altstadt, von Pablo de la Riestra! Trotz allem Lob für das erhaltene Erbe, bespricht er auch etliche Bausünden darin.

    Wenn die Pellerhaus Fassade jetzt doch wiederaufgebaut werden würde, wäre auch damit der Aegidienplatz wiedergewonnen. Das Toplerhaus würde das Burgviertel sehr bereichern. Also gibt es noch einiges zu tun...

  • (...)

    Am Hans-Sachs-Platz gibt es aber auch eine ganz andere Bausünde die weg gehört, und das ist nicht das ESW-Wohnhaus.

    Hm, welches Haus könnte das wohl sein? Die die Südseite flankierende, in der Außenform rekonstruierte Heilig-Geist-Kirche? Die passt auf jeden Fall nicht sehr gut in die Fünfzigerjahre-Altstadt, das stimmt...:rolleyes:

    Ansonsten steht ja an der Westseite das Bankgebäude von Kappler und Schlegtental, mithin der "würdige Schlussstein für den Wiederaufbau im Herzen der Altstadt" und die "erstklassige Visitenkarte für Nürnberg". Steht sicher auch unter Denkmalschutz, oder? So ein bezaubernder, prunkvoller Bau, der sich so harmonisch in die Altstadt einfügt und doch die so geliebten Kontraste setzt. rant:)

    https://www.nordbayern.de/region/nuernbe…-bild-1.7083187

    Einmal editiert, zuletzt von Rothenstein (31. August 2020 um 21:37) aus folgendem Grund: Himmelsrichtung editiert: Das Bankgebäude steht an der Westseite des Hans-Sachs-Platzes, nicht an seiner Ostseite

  • Die bedeutenden mittelalterlichen Kirchen, mit ihren unvergleichbaren Kunstschätzen, sind musterhaft wiederaufgebaut worden, wie auch die ganze Stadtmauer und Burganlage. Vor allem finde ich die Dachlandschaft der nordwestlichen Altstadt, wie vor dem Krieg, unvergleichlich schön.

    Ich habe mich damit noch nicht im einzelnen beschäftigt, aber zumindest die Katharinenkirche wurde nicht wieder aufgebaut. Sie steht heute noch als Ruine in einem Areal, das wie eine städtebauliche Brache wirkt. Das ist aber wohl so gewollt; Nürnberg soll eben Brüche haben, zum Gedenken mahnen, und seine Bewohner mit Kontrasten, Ruinen und Wüsteneien strafen.

    Es stimmt, dass man Nürnberg so fotografieren kann, dass die Dachlandschaft sehr beeindruckend wirkt. Man muss sich aber schon bemühen, den richtigen Winkel zu finden, um Bausünden auszublenden. Und von den Straßen aus gesehen, wird schnell klar, dass viele Gebäude, die noch ein halbwegs ansehnliches Dach haben, unansehnliche, disproportionierte, banale, spießige Fassaden verfügen, die so überhaupt kein Altstadtgefühl entstehen lassen.

  • Es gibt in Nürnberg besonders viele der "Wirtschaftswunderromantiker", für sie ist Nürnberg und sein oft als vorbildhaft geltender Wiederaufbau der Altstadt eben ein gebautes Wirtschaftswunder. Und so ist auch die Aufstockung des ESW-Wohnhauses am Hans-Sachs-Platz zu verstehen. Es steht wie die gesamte Altstadt unter Ensembleschutz. Deshalb war die Vorgabe des Denkmalschutzes eben jene, dass die Aufstockung am Ende quasi nicht sichtbar sein darf, und Fassade wie Dachlandschaft den Charakter der Wiederaufbauzeit haben müssen. An eine Rekonstruktion von etwas aus der Vorkriegszeit wurde keine einzige Sekunde gedacht.

    Danke, sehr informativ. Das unterstützt immer mehr meinen Eindruck, dass es nicht so sehr am Können, sondern am Wollen liegt. Ich weiß jetzt aber nicht, ob ich das positiv werten soll, denn möglicherweise ist es noch schwieriger, Beton und Spinnereien im Hirn als in unseren Altstädten zu bekämpfen.

  • Ich denke, beides ist richtig: Es ging unendlich viel verloren, dennoch ist Nürnberg heute eine der schönsten / am wenigsten brutalen bundesdeutschen Großstädte (größer als 300. - 400.000 Einwohner). Das alte Lied und Leid ...

    Sehe ich nicht so. Habe mehrere Jahre in Nürnberg gewohnt und finde, dass München um ein Vielfaches schöner ist und weit mehr (historische) Sehenswürdigkeiten zu bieten hat.

    In dubio pro reko

  • @ Bostonian, ich stimme dir vollkommen zu.

    @ nothor, der Hans-Sachs-Platz ist freilich belangloser Wiederaufbaustil. Hast du ernsthaft geglaubt, es wird hier einfach mal aus Freude an der Ästhetik ein Vorkriegsgebäude vom Eigentümer rekonstruiert?

    @ Königsbau, kannst du ja so sehen. Genauso verstehe ich, wenn jemand statt München Leipzig oder Dresden (in seiner Struktur das genaue Gegenteil von N) nennt. Ich bleibe bei meiner Aussage: "Eine der schönsten / am wenigsten brutalen" bundesdeutschen Großstädte.

    Das Thema wurde hier schon hundert Mal in den letzten Jahren durchgekaut. Ich glaube, ein entscheidender Faktor ist die Wahrnehmung. Zum Vergleich: Frankfurt am Main (es könnten auch andere historisch einst mal bedeutende Städte hier genannt werden) soll vor dem Krieg die Stadt in D mit den meisten Fachwerkhäusern gewesen sein. In Nürnberg erkennt man anhand der Stadtmauer das Gebiet der (ehemaligen) Altstadt. Hinzu kommt in diesem Areal ein überwiegend kleinteiliger, meist schlichter Aufbau, der einen erahnen lässt, wie es hier mal früher gewesen und wie es durch entsprechende Verbesserungen wieder sein könnte. Vielleicht kommt daher bei manch einem die Enttäuschung, da noch ein Fühlen der ehemaligen Größe möglich ist.

    In Frankfurt hingegen sind große Teile der ehemaligen Altstadt überhaupt nicht mehr als solche zu erahnen oder zu fühlen. Um es mal medizinisch-brutal auszudrücken: Vielleicht schmerzt der Phantomschmerz einer Teil-Amputation mehr als der Tod vor 75 Jahren. Dennoch ist der erstere Zustand wohl zu bevorzugen.

  • Man könnte sogar soweit gehen und konstatieren, dass das Vorkriegs-Nürnberg in all seiner handwerklichen Einfachheit seine passende Fortsetzung nach dem Wiederaufbau gefunden hat.

    Wie ich letztens in Frankfurt a/M war und dort vom Hauptbahnhof eine etwas wirre strecke Richtung Römer zu Fuß zurücklegte haben mich tatsächlich am meisten die Geschäftshäuser der Wiederaufbauzeit nach dem 2. WK überrascht. Sie haben nahezu alle durchweg ansehnliche Kunst am bau vorzuweisen. Sachen, die in Nürnberg viel bescheidener ausgefallen sind oder mittlerweile aufgrund von Sanierungen ganz verschwunden sind. Selbst Frankfurt a/M ist was die Qualität des Wiederaufbaus anbelangt Nürnberg überlegen. Zumindest in den Details, an den Gebäuden. getzt weiß ich nicht welchen Stellenwert die Architektur dieser Zeit in Frankfurt hat, wahrscheinlich einen Höheren als die Architektur der 1970'er bis 1990'er, soweit es keine Wolkenkratzer sind.

    So wie es vor dem Krieg überall prächtigere Häuser gab als in Nürnberg ist es auch im Wiederaufbau passiert. Nürnberg lebt also von seinem Gesamtbild, und das ist leider nicht mehr stimmig. Erstens, weil es nach dem Krieg zu wenige Rekonstruktionen gab, aus denen der Fußgänger ein Erlebnis ziehen könnte, aber auch zweitens, weil man die Architektur der Wiederaufbaujahre nicht konsequent durchgezogen hat und ihre Leitlinien ab den 1970'ern aufgab. Gut zu sehen am Hans-Sachs-Platz mit dem Bankgebäude, das übrigens an der westlichen Platzkante liegt. Ein Kasten in Blech verkleidet, ohne Dach und einen ganzen Häuserblock einnehmend.... So kann das natürlich nicht funktionieren. Anstatt das als Fehler zu erkennen wurde das mit dem Bau der Uni im Nordosten der Altstadt, der Scharrer-Schule im Norden und der Stadtbibliothek im Osten der Altstadt fortgesetzt. Folglich verliert die Altstadt immer mehr an Identität. Ich würde mich schon freuen wenn man diese Objekte beseitigen würde.

  • Das kommt nicht von ungefaehr. Die Stadt hat schon im Mittelalter das aufwaendige Gestalten von Privathaeusern untersagt.

    Es gab Faelle, wo Eigentuemer von 500 Jahren schon Strafe zahlen oder die Pracht zurueckbauen mussten. Die Handwerker wurden ebenfalls bestraft. So soll es um das verhindern von Neid gegangen sein.

    Nürnberg war die Stadt der Innenhöfe! Da Prachtentfaltung nach außen, wie Bohnenstange richtig schreibt, verboten war, entfalteten die es sich leisten konnten die Pracht in den wundervollen Innenhöfen. Sie sind nach meinem Empfinden der größte Verlust. Die Welt der Innenhöfe muss einmalig schön gewesen sein. Der schönste für mich war Radbrunnengasse 8

    Da die Außenfassaden aber keineswegs ärmlich oder billig waren - Schmuck durch Erker und Chörlein war erlaubt und dazu die wirkungsvollen Speicherdächer mit ihren vielen Gauben die Fassaden abrundeten, entstand dieses kostbare Straßenbild, das an Harmonie von kaum einer weiteren Stadt in Deutschland erreicht wurde. Heute nur noch in der Weißgerbergasse und in einigen Resten nachvollziehbar. Pellerhaus und Toplerhaus wären unglaubliche Abrundungen.

    Dennoch hat der schlichte Wiederaufbau im Zusammenklang mit den kostbaren wiederaufgebauten oder rekonstruierten Wunderbauten für mich einen großen Reiz,

    Und die Kirchen sind jedesmal ein Erlebnis.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin