Im übrigen will ich gar nicht verhehlen, dass mein Urteil auch emotional geprägt ist. Es ist einfach furchtbar bitter, wenn man weiß, wie Nürnberg früher ausgesehen haben muss, wenn also gewisse Erwartungen trotz aller Zerstörungen vorhanden sind, und man dann damit in die real existierende Stadt kommt. Deswegen polarisiert Nürnberg hinsichtlich seines Wiederaufbaues und seines heutigen Stadtbildes wie wohl wenige andere Städte.
Von Duisburg, Essen und Dortmund erwartet man nichts anderes. Leider kann sich Nürnberg, und im übrigen auch Köln, heute eher mit diesen dreien messen als mit, sagen wir: Lyon oder Bologna, oder den meisten anderen europäischen Städten von historischer Bedeutung. Die wenigen, beziehungslos herumstehenden Kirchen und sonstige historische Restbestände wirken entwürdigt und deplaziert in einem Meer von Belanglosigkeiten, Geschmacklosigkeiten und Hässlichkeiten.
Und trotzdem ist man es in Nürnberg, wie auch in Köln, zufrieden. Man meint, noch einmal davongekommen zu sein, und entwickelt deswegen auch keinerlei Ehrgeiz, das eigene Stadtbild zu verbessern. Dabei muss doch jedem, der das jeweilige Stadtbild in seiner Entwicklung kennt, einleuchten, dass Nürnberg wie auch Köln ein hässliches Entlein ist, das man nicht ernsthaft in eine klassische Tour europäischer Städte von Rang und Namen aufnehmen würde.