• Ich möchte Dexters Ausführungen noch mit ein paar einfachen Wahrheiten ergänzen:

    - Immer der Reihe nach, Schritt für Schritt,
    - Alles zu seiner Zeit,
    - nichts überstürzen.

    Nürnberg ist keineswegs tot, der Traditionalismus in Nürnberg ist sehr aktiv und seine Kräfte wirken stetig, wie der stete Tropfen. Ich bin mir sicher, dass wir auch in Nürnberg nicht nur zweckmäßige Neubauten erleben werden, aber eben alles zu seiner Zeit. Es geht nicht alles auf einmal von heute auf morgen. Als Leser der Lokalnachrichten bin ich immer wieder überrascht, welches Problemkind nun schon wieder diskutiert wird. Letztes Jahr war es noch das Maximum am Kornmarkt, was abgerissen werden sollte, was nun gehalten werden kann - aber wie lange noch? Den Citypoint erwischt es nun definitiv, und irgendwann kommen auch die beiden Kaufhäuser Karstadt und Kaufhof an die Reihe. Oder die Dresdner Bank? Vielleicht auch das Parkhaus Adlerstraße oder der Müller an der Lorenzkirche? So kommt eine nach der anderen Großstruktur in der Altstadt irgendwann dran. Und dann kann man über Dinge sprechen, die auch in Frankfurt oder Dresden passieren, und so lange gibts andere Projekte, die sich lohnen und viel Kraft und Geld kosten. Aber alles auf einmal, jetzt und sofort rekonstruieren, ich weiß zwar nicht was da früher gestanden hat aber das muss da wieder hin, das ist wenig erfolgversprechend.

    @ Riegel: Soweit ich mich erinnere war dieser Plan ein Vorschlag der Altstadtfreunde, auch um Klarheit zu schaffen. Der wurde aber seitens der Stadt abgelehnt, zumindest ist das mein Eindruck. Man darf auch nicht vergessen, die Altstadt ist ein lebendiger Stadtteil mit ungefähr 12.000 Einwohnern oder so. Die Altstadtfreunde sind ein sehr spezifischer Verein, der sich dem Altstadtbild verschrieben hat, aber die Altstadtbewohner formulieren ihre Wünsche ja eher über den Bürgerverein Altstadt, und die haben durchaus ganz andere Forderungen an die Stadtverwaltung und Politik. Da gehts um Kitas und Schulen, Spielplätze, Bäume, Müll, Verkehrssicherheit, Nahversorgung, Belastung durch Events, Parkplätze und andere ganz profane Interessen. Ich glaube das ist durchaus auch herausfordernd für die Verantwortlichen, hier zu moderieren und einen Interessenausgleich zu schaffen. Wir - ich wohne nicht in der Altstadt - sehen sie wohl doch eher durch die Touristenbrille und ich bin auch deswegen eher zurückhaltend mit Abrissforderungen.

  • @ Niederländer,

    deine Idee, eine Totalreko des Egidienplatzes zu fordern (mit dem Pellerhaus als Initialzündung) halte ich für großartig. Wie man den alten Fotos entnehmen kann, war der Egidienplatz ein sehr stimmungsvoller Stadtraum, mit vielen Häusern, auch kleineren, echt für Nürnberg typischen Häusern mit Chörlein, den Dachgauben etc. Die Gebäude stammten zwar aus verschiedenen Epochen, ergaben jedoch ein wundervolles Ganzes, mit dem Pellerhaus als herausragendem Juwel. Ein solcher Platz in einer Stadt ist letztlich für die Bürger wie ein großes, öffentlich für Jedermann zugängliches, prächtiges Zimmer. Die 4 Seiten des Platzes sind die quasi die Wände dieses Stadtraumes, im Falle einer Komplettrekonstruktion allerdings ohne die sterile und teils auch ärmliche 50 er Jahre Bebauung. Die Straßen, die üblicherweise an den Platzecken einmünden stellen gleichsam die Türen zu diesem interessanten Stadtraum mit seiner eigenen Atmospäre dar.

    Auf jeden Fall wäre dieser rekonstruierte Egidienplatz ein wirklich einzigartiger öffentlicher Stadtraum, den es nur so auf dieser Welt nur ein einziges Mal gäbe und zwar in Nürnberg. Die Bürger könnten sich damit viel stärker identifizieren, dieser Platz könnte eine Art von Heimatgefühl vermitteln, als mit dem gegenwärtigen allerwelts Platz, der kaum Aufenthaltsqualität besitzt. Im Sommerhalbjahr wären auf dem rekonstruierten Egidienplatz überdies Veranstaltungen und Feste möglich, so dass der Platz auch mit Leben gefüllt würde. Ich bin davon überzeugt, die allermeisten Nürnberger würden diesen rekonstruierten Egidienplatz als ein Stück des alten Nürnberg ins Herz schließen. Der an allen vier Seiten rekonstruierte Platz könnte ein erlebbares, echtes Nürnberger Altstadtgefühl erzeugen. Ein solch total rekonstruierter Egidienplatz wäre, nebenbei bemerkt, bestimmt ein Magnet für Touristen, es würde in allen Kunst- und Reiseführern als "Highlight" mit mehreren Sternchen versehen, darauf hingwiesen. Das wiederum bedeutete für Nürnberg auch ein mehr an Touristen und einen wirtschaftlich nicht zu unterschätzenden finanziellen Vorteil. Ein komplett rekonstruierter Egidienplatz mit dem Juwel des Pellerhauses würde der Stadt Nürnberg zur Ehre gereichen.

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (8. August 2018 um 18:19)

  • Nun, aktuell scheint der Egidienplatz vor allen Dingen eine Verkehrstraße mit vielen Parkplätzen zu sein, dazu werden die Häuser von recht großen Bäumen verdeckt:

    https://www.google.de/maps/@49.45642…!7i13312!8i6656

    Unten stehen dann noch Müllcontainer... Und als Fußgängerzone mit etwaigen Straßencafes ist der Platz vermutlich deswegen nicht so geeignet, weil er ziemlich steil wirkt.
    Die Rekonstruktion des Pellerhauses würde schon extrem viel hermachen, weil es am Kopfende des Platzes auf dem Hügel thront und auch von der unten vorbeiführenden Straße gut gesehen werden kann.
    Beim Rest des Platzes kommt dann in meinen Augen leider ein weiteres Problem von Rekonstruktionen zutage: Die heutige Nutzung und Stadtgestaltung (damit meine ich vor allen Dingen die Bäume) würde die Rekonstruierten Häuser nicht so recht in Szene setzen.

    Ich will damit nicht sagen, dass Rekonstruktionen auf dem Egidienplatz keinen Sinn machen, aber als zentraler Ausgangspunkt mit Strahlkraft für Rekonstruktionen in Nürnberg scheint der Platz eher weniger geeignet zu sein.

    Einmal editiert, zuletzt von Centralbahnhof (8. August 2018 um 20:27)

  • Ja, die Gestaltung des Platzes bleibt sehr unter ihren Möglichkeiten. Und auch ich hoffe auf die Reko der Pellhausfassade.

    Für Stadtbildreperatur im großen Stil sähe ich in Summe aber auch eher nicht den Egidieplatz. Ich würde mich auf die starken Stellen der Sebalder Altstadt konzentrieren. Und das geht los:

    am Weinmarkt (hier würde man mit einem guten Ersatz des Berufsgenossenschaftsbaus unglaublich viel erreichen, der einzige Bau der wirklich richtig stört) und führt sich dann fort über Sebalder Platz (gern eine Reko an der Stelle des heutigen goldenen Posthorns, bitte die alte alten Kapelle nicht wieder aufbauen) setzt sich fort am Albrecht-Dürer-Platz (hier bitte v.a. die Ostseite und ein paar Fassadenverbesserungen auf der Westseite). Dazu dann noch einige Optimierung in den Krämersgassen und vor allem eine angemessene Entwicklung ggf. auch mit ein Paar Fassadenrekos des Areals am heutigen Versorgungswerk in der oberen Schmidgasse.

    Naja, man kann ja mal träumen. Der Rest an diesen Platz- und Straßenzügen ist für mich Kosmetik an Oberflächen...

    Abgesehen davon bitte Reko der Ostzeile am Obstmarkt, der Westzeile des Hauptmarkt und eine maßstabsgerechte Neuentwicklung Commerzbankareals.

    d.

  • Also, die Moritzkapelle mit dem Bratwurstglöcklein sollte eine realistische Rekonstruktionsidee sein. Die Fläche ist frei. Es bräuchte eine zündende Nutzungsidee als Anfang.
    Ähnllich sieht es beim Ludwigstorzwinger aus. Dass die Nationalsozialisten dort mal (nie realisierte) Umbaupläne hatten, tut nichts zur Sache. Das Gebäude ist von 1898, kein NS-Bau. Und es passt hervorragend an diese Stelle, finde ich.

  • Als "staatlich geprüfter und anerkannter Historismushasser" (der ich nicht bin) gebe ich zu, dass der Ludwigstorzwinger wirklich zauberhaft aussieht und eine Bereicherung wäre...

  • Nein, dieses Fürther Tor (nicht Ludwigstor!) bitte nicht wiederaufbauen. Das Gebäude war einfach nur pittoresk, mehr aber nicht. Stadtbefestigungstechnisch wäre dieses Gebäude bis ins Spätmittelalter ein völliger Unsinn gewesen, auch das Fachwerk war völlig atypisch für Nürnberg.

    Ich empfinde auch diesen Tunnel darunter, der ja heute noch besteht, als schrecklich für Fussgänger und einen Unort. Lieber diesen Tunnel auch noch entfernen und einen anständigen Stadteinlass, wie an allen andern Eingängen, schaffen.

    Im Fachwerkstrang hatte ich bereits über dieses Gebäude geschrieben:
    Fachwerkbauten in Nürnberg (mit Abbildung des heutigen Zustandes; und hier eine Abbildung der Stadtinnenseite)

    4 Mal editiert, zuletzt von Riegel (30. August 2018 um 13:09)

  • Das sehe ich nicht so.

    Das Bauwerk ist ja auch aus den Historismus, nicht dem Spätmittelalter. Insofern spielten wehrtechnische Gründe keine Rolle mehr. Ein offener Stadteinlass (nach Entfernung des heutigen Tunnels) wäre ja auch im Mittelalter wehrtechnisch nicht korrekt gewesen.

    Und der Durchgang in dieser Tunnelform ist mal etwas anderes. Nicht alle Stadteingänge müssen gleich sein. Dass er für Fußgänger ein Unort ist, kann natürlich sein. In Offenbach zum Beispiel gibt es zahlreiche solcher Durchgänge unter dem Bahndamm. (Hier ein durch Graffiti leider eher verunziertes Beispiel). Darüber, dass so etwas zum Unort wird, entscheidet letztlich die Stadt. Das hat etwas mit Pflege und Gestaltung zu tun. Gut beleuchtet und gesäubert habe ich derlei Tunnel nie als problematisch empfunden. Zumal das Nürnberger Beispiel ja nicht sehr lang ist.

    Bezüglich der Atypik des Fachwerks. Das ist ein Punkt, bei dem Du Dich weit besser auskennst als ich. Für mich ist das fränkisches Fachwerk, wie ich es als Nicht-Experte auch bei andern Gebäuden in Nürnberg zu erkennen meine. Dieses Sechseck-Muster der Balken finde ich dort jedenfalls in der symetrischen wie asymetrischen Variante. Aber, wie gesagt, da bist Du weit versierter. Für mich macht das Fachwerk dieses Gebäudes nur einen kleinen Anteil am Gesamten aus, und ich empfinde es nicht als unpassend.

    Das Gebäude passt für mich somit weit besser zu Nürnberg als sämtliche derzeitgen Neubauvorhaben im dortigen Mauerring. Diese sind ja noch weit atypischer für das alte Nürnberg.

    Dennoch brauchen wir uns nicht zu streiten. Die Rekonstruktion dieses Gebäudes kommt in absehbarer Zeit ohnehin nicht. So wenig wie die Moritzkapelle, das Toplerhaus und vermutlich auch das Pellerhaus. Dafür sind die Widerstände in Nürnberg noch viel zu stark. Alles nur Traum, Phantasie. Da wird sich nichts tun. Falls doch, bin ich natürlich gerne angenehm überrascht.

  • Zitat von Br.de

    Nürnberg
    Martha-Kirche nach Wiederaufbau eröffnet

    2014 ist die evangelische St. Maria-Kirche in der Nürnberger Innenstadt abgebrannt. Nun wird sie nach viereinhalb Jahren Arbeit und zwölf Millionen Euro Sanierungskosten neu eröffnet.

    https://www.br.de/mediathek/vide…a70500018d2a3d5

    Ich muss sagen, das Ergebnis gefällt besser als erwartet, allerdings hätte man wenigstens Bänke statt Stühle und einen Steinboden statt diesem Terrazzo nehmen können und Altar und Ambo sind - wie fast immer bei heutigen Neuanschaffungen - aus dem Gruselkabinett zeitgenössischen Künstlertums. Insgesamt doch etwas zu „zeitgeistig“ und ich bin mir nicht sicher, ob man das in 10 Jahren nicht alles schon wieder etwas abgeschmackt finden wird.

  • Mir gefällt das neue, äußerst nüchterne und sehr helle Raumbild überhaupt nicht. Die dunkleren Holzdecken wirkten auf mich viel stimmungsvoller; außerdem vermisse ich das schöne Tonnengewölbe im Mittelschiff. Die jetzige "Schuhkarton-Lösung" überzeugt mich überhaupt nicht. Von der Bestuhlung möchte ich gar nicht reden. Die Kirche wirkt nun fast wie ein kompletter Neubau. Wurden die Pfeiler etwa komplett erneuert?

  • Und hier gibt es sogar Bilder vom Entwurf der neuen Orgel!!!

    https://www.stmartha.de/Neue_Orgel_fue…3-0-281-81.html

    Aus meiner Sicht ein eher enttäuschender Neubau. Keine klare Werkgliederung, sonder nur ein hoher Kasten mit langen "Röhren" in der Front...

    Auch im Orgelbau möchte man versuchen, "modern" zu sein. Leider gelingt es nicht immer, wie beispielsweise auch in Kassel, St. Martin.

    https://www.musik-martinskirche.de/Orgel/Das-Instrument

  • Wenn ich mir die Bilder vor und nach dem Brand der Martha- Kirche anschaue, fehlt mir ein wenig die Farbkombination. Der Innenraum wirkt schlicht und die Bestuhlung gefällt mir gut. Die alte Einrichtung mit Holzbänken und Holzdecke wirkt auf mich erdrückend. Ein Bonbon war allerdings die alte Kanzel, die ist ja nicht mehr erhalten geblieben.