*) Nürnberg versucht verbissen nicht provinziell zu sein, aber indem es versucht nicht provinziell zu sein, sondern ganz hoch modern (langweilig), ist es erst recht provinziell.
Da trifft du den Nagel auf den Kopf. Die großen und architektonisch schönen Städte in Europa sind nicht deswegen so spannend und beliebt, weil sie immer das modernste und neueste bauen, sondern weil sie ein Händchen für die Weiterentwicklung ihres charakteristischen Stadtbildes haben. In Nürnberg ist das dank des Sandstein-Motivs sogar recht einfach umzusetzen, wird aber doch zu oft zugunsten einfachen Putzes verworfen, der nun nichts typisch Nürnbergisches hat, auch wenn das immer behauptet wird. Putzfassaden gibts überall! Und wenn es doch modern sein muss, dann geht nichts unter einem internationalen Architektenwettbewerb mit den namhaftesten Büros.
Trotzdem, die Forderung, Pläne für die Schublade zu machen geht mir irgendwie nicht in den kopf. Wozu soll das gut sein, ich kann es max. nachvollziehen für eine Brache. Davon gibt es nicht mehr viele in Nürnberg, aber selbst dann muss davor dort m.E. auch etwas besonderes gestanden haben. Hier fällt mir nur das Peststadel neben dem Pellerhaus ein, das immerhin so bedeutungsvoll war dass heute eine große Erinnerungstafel darauf hinweist. An sonsten besteht die Altstadt aus überwiegend wirtschaftlich gut funktionierenden Gebäuden, wer soll dessen Eigentümern wie eine Rekonstruktion verklickern? Das ist doch der Unterschied zu dresden, dessen Altstadt ja weg war und die Grundstücke unbebaut. Und wohl auch nicht seit generationen in privater Hand!
Der Unterschied zu Frankfurt liegt m.E. in der dort brutal überformten Innenstadt mit ihren Hochhäusern und die Reduzierung der historischen Altstadt auf den Römerberg. Da hatte und hat Nürnberg einfach unendlich viel mehr. Wenn man noch berücksichtigt, dass Hochhäuser von weitem beeindruckend sind, aber für Fußgänger durchaus problematische Stadtstrukturen darstellen, wird einem auch klar welches Stück Stadt Teilen der 730.000 Einwohner gefehlt haben muss. Als passende Projektionsfläche kam das abartige technische Rathaus gerade recht, der Rest ist jüngste Geschichte. Aber unterhalte dich mal mit Nürnbergern, und frage sie mal ob sie ihre Altstadt zurück haben wollen, oder mehr Fachwerk, mehr mittelalterliche Straßen. Das gibt es hier alles noch, nicht unendlich viel, aber genug dass du dort immer eine Freie Wohnung oder ein freies Hotelzimmer findest und ein ganz lauschiges, wunderbares Stück altes Nürnberg leben kannst, auch wenn es im Vergleich zu früher traurig klein ist. Jemand, der eine Totalreko der Altstadt fordert wird schlicht nicht ernst genommen.