• Schon wieder schlechte Nachrichten aus Nürnberg: Bei der "Red Bull District Ride" (eine als Sportevent getarnte Werbeveranstaltung eines Brauseherstellers) auf dem Hauptmarkt kam es zu Schäden am Gitter des Schönen Brunnens, da rücksichtslose Zuschauer die empfindliche Stahlkonstruktion als Klettergerüst benutzten. Der Brunnen war erst kürzlich für 1 Million Euro saniert worden. Die Stadt prüft, ob Red Bull für die Schäden haftbar gemacht werden kann.

    http://www.nordbayern.de/region/nuernbe…unnen-1.6632557

  • Naja, solange die Stadt den Brunnen deshalb nicht als "marode" bezeichnet, und seine neuerliche Renovierung nicht "wirtschaftlich nicht darstellbar" ist, wobei der Brunnen auch nur eine Kopie des Originals von soundso ist, also solange die Schäden repariert werden ist das ok. Brunnendemolierungen in Nürnberg scheinen aber häufiger vorzukommen, hier erst im Juli:

    http://www.nordbayern.de/region/nuernbe…8?searched=true

  • Der Wiederaufbau an sich ist löblich, aber für mich eine Selbstverständlichkeit. Was mir an dem Video gefällt: Nürnberg ist eine Stadt mit 500.000 Einwohnern. Und beim Richtfest singen Besucher und Anwohner und es klopfen Handwerksburschen. Irgendwie heimelig, und das in einer deutschen Innenstadt im Jahre 2017 a.D...

  • Allgemein zum Thema fuer die Interessierten, die Schadenskarte von Nuernberg, die die Schaeden bis etwa Mitte Februar 1945 kartiert (in Rot Schwer- und Totalschaeden, d. h. die vom Grossangriff am 02.01.1945; in blau leichtere und mittlere Schaeden; heller gehalten sind aeltere Schaeden, dunkler die neueren).

    stadtbild-deutschland.org/foru…ry/index.php?image/20019/

    „Groß ist die Erinnerung, die Orten innewohnt“ - Cicero

  • Kamen dann noch Zerstörungen? Ehrlich gesagt sieht diese Karte nicht so schlimm aus, nämlich was den westlichen Sebaldter und auch nordwestlichen Lorenzer Bereich betrifft. Ein flächenmäßige Wiederherstellung eines wichtigen Viertels der Altstadtfläche wäre laut dieser Karte (nicht nach mir vorliegenen Luftbildern) ohne weiters möglich gewesen. Und wo wären wir da heute, mit einem Viertel von Alt-Nürnberg...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • So hätte Nürnbergs Altstadt auch wiederaufgebaut werden können... (zum 4. Bild hinunterscrollen)
    http://oroksegfigyelo.blog.hu/2014/01/08/az_…ilaghaboru_utan

    Das 3. Bild im zitierten Link zeigt einen vom 19.12.1945 datierten Schadensplan, leider mit schwacher Auflösung. Denselben Plan findet man ein bisschen höher aufgelöst (PDF) im folgenden Link, wo man sieht, dass die verbliebenen Bereiche im Westen tatsächlich weiter dezimiert wurden:
    http://www.stadtatlas-muenchen.de/stadtatlas-nue…n-altstadt.html

  • Auch nach dem schweren Angriff am 02.01.1945 gab es noch weitere Angriffe auf die Stadt. Wie Götzenhainer schon schrieb, gab es am 20.02. und am 21.02. nochmals zwei schwere Luftangriffe, die dann auch das Burgviertel schwer beschädigten.

    Anbei noch zwei Youtube-Videos, die ich ungeprüft als authentisch bewerten würde. ;) Sie zeigen einen Überflug über die zerstörte Altstadt sowie Farbaufnahmen aus dieser nach der Befreiung.

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    Trotz all der Zerstörung muss ich immer wieder feststellen, dass noch erstaunlich viel Bausubstanz vorhanden war. Klar, oftmals handelte es sich nur um Außenmauern, die dazu häufig auch noch schwer ausgeglüht waren, was bei Sandstein, dem Hauptbaumaterial, ja leider zu Instabilität und Porosität führt. Trotzdem wäre so unendlich viel mehr zu retten gewesen, und sei es nur was Spolien angeht.
    Andererseits muss man bedenken, dass die Hälfte der Stadt komplett zerstört war, also kein Wohnraum vorhanden war. Natürlich musste man dort Kunstverständnis, Geschichte und die Rettung wertvollen Baumaterials hintanastellen. Aber alleine die Tatsache, dass von 400 überlebenden Fachwerkbauten noch einmal 170 sinnlos abgerissen wurden, lässt mich immer wieder verzweifeln. Genannt sei hier beispielhaft die radikale Beräumung der Grasersgasse, die noch nahezu vollständig erhalten war. Ich darf gar nicht dran denken.... Oder der nicht erfolgte Wiederaufbau von Zeughaus und Kornmarkt...

  • Ich empfehle hierzu insbesondere die "Nürnberger Altstadtberichte" der Altstadtfreunde, die für kleines Geld antiquarisch zu beziehen sind. Es gibt sehr ausführliche Artikel dazu was wann zerstört wurde, bzw. was nach dem Krieg noch abgebrochen wurde.

  • Ich hab ein Buch "Nürnberg damals und heute", von einem Ami-Armeephotographen mit heutigen Gegenüberstellungen aus heutiger Perspektive. Im Vorwort schreibt der OB, dass die Stadt ihre "Prüfung" wunderbar bestanden habe. Na ja, was einem BRD-Apparatschik halt so einfällt. Das wirklich Erschreckende ist aber, dass die Ansichten von 1945 zumeist schöner als die heutigen sind. Dh es ist abgesehen von den Wahrzeichen so gut wie nichts repariert worden. Bestehendes Gemäuer (zugegeben, es war zumeist nicht mehr viel, aber immerhin war die Stadt noch als "gotsich"erkennbar) wurde abgerissen. Die heutige Stadt hat mit der vorigen nur noch die Landmarken gemein.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
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    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Und um zu Nürnberg zurückzukommen. Es ist eine Katastrophe, was durch den Zweiten Weltkrieg alles an Bausubstanz verloren gegangen ist, gerade der nordöstliche Teil der Altstadt sowie die Kaiserburg wurde ja komplett vernichtet. Leider aber hat man nach dem Krieg ziemlich brutal gerade im Nordosten, der Sebalder Altstadt wiederaufgebaut und noch vor Kurzem hat man üble Bebauung hinter dem Rathenauplatz die Straßen Schickenhof zb in diesem Block hat man Flachdachhäuser errichtet und das noch innerhalb der mittelalterlichen Altstadt :--) .
    Man hat nach dem Krieg einiges an erhaltener Bausubstanz weggeworfen, und dennoch ist der Wiederaufbau eines der “traditionelleren“ in Deutschland (man vergleiche dem mit Pforzheim oder Karlsruhe...).
    Ein paar Gassen südlich von der Kaiserburg sind mir aber nach meinen Streetview-Besuch sehr positiv aufgefallen. Zb die Albrecht Dürer Straße und Umgebung. Hier hat man in die Neubauten Spolien von älteren Häusern eingebaut oder nachgebaut? wie die vielen Erker! Wenn die ganze Altstadt so wiederaufgebaut wäre, würde Nürnberg heute ein noch besseres Erscheinungsbild aufweisen!

  • Ich habe ja selbst im Heilige Geist Spital gewohnt -direkt im Sebaldter Altstadt und da war es schon duster. Die Probleme sind ja zwei - erst lebt die Stadt nicht hauptsachlich von Tourismus (wie zum beispiel Rothenburg oder Koblenz) und zweitens fehlt die Bewusstsein uber der Altstadt und die eigentliche Qualitat der Wiederaufbau.

    Ich habe wenig Leuten gefunden dass der Wiederaufbau wirklich schlecht fand. Die Frage ist: wo liegt die Messlatte? Was fur Bedeutung hat or hattest Nurnburg fur Deutschland? Wenn mann der Wiederaufbau anschaut - nicht allzugrosse Rolle. Die Burg, die Kirchen, die Stadtmauer und ein paar Fackwerkhauser gibt es verstreut aber die Gesamtkunstwerk fehlt komplett - ich glaube fast dass alte Nurnberg hat im grosse Bevolkering wenig halt weil anders kann ich nicht erklaren warum die Wiederaufbau so spar war.

    So ein grossartige Stadt verdient doch ein andere Vergleich als Pforzheim oder Karlsruhe - Nurnberg war doch in eine andere Liga. Jetzt spielt es in eine Liga mit oder sogar unter Koblenz.

    Koblenz
    https://www.kubische-panoramen.de/index.php?id_id=16329&p=i

    Nurnberg
    https://www.kubische-panoramen.de/index.php?id_id=377&p=i

    Da hat man in Lubeck, Erfurt oder Regensburg mehr zu suchen...

    Einmal editiert, zuletzt von johan v2 (8. November 2017 um 00:51)

  • Hansi, du sprichst mir aus der Seele!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich bin von Nürnberg immer her- und hingerissen. Auf der einen Seite ist es gelungen die grobe Kubatur der Altstadthäuser wiederherzustellen. Das ist bei einer 90-prozentige Zerstörung schon beachtlich! Aber leider reicht es nicht, um eine Altstadt-mässige Atmosphäre zu erzeugen. Das gelingt in kleinen Bereichen, aber nur dort wo genug Altbauten überlebt haben. Z.B. Füll und Weinmarkt.

    Fairerweise muss man auch sagen, dass es fast unmöglich ist, eine Altstadt solcher Grösse in gelungener Weise zu rekonstruieren. Z.B. ist Danzig verglichen mit Lübeck und Lüneburg nur eine traurige Potemkin-Fassade. Mir gefällt Münster eigentlich besser, weil dort die Kleinteiligkeit erhalten wurde und die Fassaden z.T. historisierend gebaut wurden. In Nürnberg könnte man mit Sandsteinfassaden (vielleicht als Kombination mit Aussendämmung?) und Sprossenfenster sehr, sehr viel erreichen, was in Köln und Hannover nicht der Fall wäre. Deshalb ist die heutige Situation auch so ärgerlich. Hätte man Nürnberg nach 1945 völlig modern wiederaufgebaut, könnte man die Stadt einfach liegen lassen. Aber jetzt ist noch so viel Potenzial vorhanden, dass es mir nicht gelingt die Stadt zu ignorieren.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Aber jetzt ist noch so viel Potenzial vorhanden, dass es mir nicht gelingt die Stadt zu ignorieren.

    Nein, Nürnberg kann man überhaupt nicht ignorieren. Es war eine der absolut wichtigsten Zentren deutscher Kultur im Mittelalter und früher Neuzeit. Die beiden Hauptkirchen sind übervoll mit Kunstwerken allerersten Ranges (Stoss, Kraft, Vischer, Dürer...) Ausserhalb von Italien gibt's wohl fast nichts vergleichbares. Dazu kommen: die erhaltene Stadtmauer, grossartige Burg mit historischen Innenräumen, schöne landschaftliche Lage mit Blick auf Burg und Fluss, das Germanische Nationalmuseum im alten Kloster, und, vor allem in der westlichen Altstadt, eine gut wiederhergestellte Dachlandschaft. Mit seinen Meistersingern setzte Wagner ein einmaliges Denkmal.

    Gerade deswegen sind Projekte wie das Pellerhaus so wichtig! Auch die kleinen Verbesserungen wie Sprossenfenster und Erker sind sehr wünschenswert und relativ leicht zu machen.

  • Ja, Däne, danke, genauso sehe ich es auch.
    die Ignorierung Nürnbergs erscheint mir als letztlich einzig tauglicher Weg.
    Es stimmt, dass der Zerstörungsgrad enorm war. Aber dennoch hätte es gelingen müssen, "Nürnberg" auf einem wenigstens relativ kleinen, aber kompakten Fleck wieder erstehen zu lassen, vorzugsweise um St. Sebald. Hier wären nicht so viele Rekonstruktionen vonnöten gewesen. sebalder Platz, Füll, Dürer Platz, Weinmarkt mit Weißgerber Straße, Dürer Straße,beim Tiergärtnertor - das hätte machbar sein müssen, ein paar Rekos, ein paar historisierende Sandsteinfassaden und das etliche Erhaltene, das hätte schon etwas abgegeben.
    Nein, so wie es uns sich heute darbietet, hätte es nicht kommen müssen.
    Aber manchmal sage ich mir: das Bamberger Stadtbild ist bedeutender als das Altnürnberger. Seien wir froh, dass wir das haben!
    Dies musste keineswegs sein.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    Einmal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (8. November 2017 um 15:43)