Die Kritik mag auch daher rühren, dass die Rekonstruktionsbemühungen der Nachkriegszeit einige wesentliche Architekturikonen links liegen ließen. Toplerhaus, Pellerhaus etc. fehlen halt heute immernoch. Gerade beim Pellerhaus, das ja im Nachkriegsbau weiterlebt, bleibt dieser Schmerz und diese Sehnucht erhalten, und wird vor Ort augenscheinlich. Und jeder wird durch diesen eigentlich unnötigen Kontrast aus brutaler 50'er-Jahre Überformung und erhaltenen Resten des Originals dazu gezwungen sich zu entscheiden. Und da kann der Wiederaufbau halt oft nicht punkten. Ich glaube das wird oft auf jedes klitzekleine Wohnhaus in der Altstadt projiziert, oft ohne zu wissen, was dort vorher eigentlich genau war.
Kurz: Die Reko des Pellerhauses würde den Wiederaufbau der Altstadt als Ganzes deutlich nach vorne bringen und wesentlich befriedigender machen.
Wie gesagt, ich verstehe die Kritik, ich habe mir viele Galerien hier angeschaut, ich habe die Sebalder Steppe gesehen und erkenne den Mangel an einem einzigen halbwegs geschlossenen Ensemble. Trotzdem wundert mich diese Schärfe, diese Absolutheit im Urteil, auch hier weiter oben wieder "mit Abstand am schlechtesten wiederaufgebaut", "verloren", usw usf.... wirklich zahlreiche absolut vernichtende Urteile, die selbst, wenn man sie cum grano salis als Äußerung der Enttäuschung wertet, irgendwie zumindest in dieser Dichte und scheinbaren Einigkeit übers Ziel hinausgeschossen wirken.
Von mir wird man in den Strängen zu Bremen auch mal die eine oder emotionale Übertreibung finden, wenn ich mich wieder ärgere, was Krieg und v.a. der Wiederaufbau noch alles zerstört haben, das ist klar. Ich möchte auch Bremens kunsthistorischen Wert gar nicht mit dem Nürnbergs gleichsetzen, weiß sehr wohl, dass dort im Prinzip eine Art Florenz untergegangen ist und in Bremen nur ein bescheideneres Lübeck. Trotzdem wundert mich diese Schärfe in den Urteilen, schon fast seit ich hier mitlese scheint hier ein Konsens zu herrschen, dass Nürnberg das Schlimmste ist, was Deutschland zu bieten hat und überhaupt alles kaputt, am besten gleich abreißen.
Und das kontrastiert eben dann doch mit der Realität ganz gewaltig, zumindest für den interessierten Laien, der sich an einem schönen Tag ein wenig ohne Plan hat treiben lassen in der Altstadt.