Wir werden zwar wirklich etwas off-topic, aber ich möchte einige Dinge hinzufügen:
Das Heilige Römische Reich hatte meiner Ansicht nach eine Doppelrolle: Es war durchaus auf der einen Seite ein supranationales Gebilde, welches über seinen regionalen Bezug hinaus die "Ordnung der Welt" repräsentierte (sein Kaisertum wurde auch als universales Kaisertum verstanden), zugleich aber wuchs es, wie Philon richtig darstellt, in die Rolle eines Reiches der Deutschen hinein, nachdem zahlreiche nichtdeutsche Reichsteile weggefallen waren. Gegen Ende wird ja nicht nur von einem "Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation" gesprochen, sondern wirklich vom "Deutschen Reich" (Goethe verwendet diesen Ausdruck in Dichtung und Wahrheit; der Kaiser in Wien verwendet ihn selbst, als er das Reich 1806 für aufgelöst erklärt). Um die komplexen Verhältnisse des Reiches zu beschreiben, benutzte der dänische Historiker Ludvig Holberg 1745 die Formulierung: "Deutschland wird auf deutsch regiert."
Letzlich aber halte ich das Gebilde "Heiliges Römisches Reich" gar nicht für wesentlich, wenn es darum geht, die Existenz einer deutschen Identität vor 1871 nachzuweisen. Für Italien beispielsweise fehlte ein solcher Dachverband völlig, und dennoch gab es vor der Entstehung des italienischen Nationalstaates ganz eindeutig eine italienische Identität.