Berlin-Mitte - Tiergartenviertel - Diplomatenviertel

  • das würde er aus der Portokasse bezahlen können !

    Vielleicht als Altersruhesitz und dann wäre das schönste Jugendstilgebäude von Berlin wieder entstanden, aber solche Leute sitzen auf ihrem ? Geld !

  • Einige Bilder des Inneren sowie Bilder des von den Nazis ebenfalls später zum Abriss vorgesehenen dann aber bereits im Krieg beschädigten Palais Thiele-Winkler.
    Die Sandsteinfriese des Palais Thiele-Winkler wurden abgebaut und lagerten bis in die 70er Jahre in den Katakomben das Nationaldenkmals am Kreuzberg. Ob sie heute noch dort existieren, ist mir nicht bekannt aber sicher eine Anfrage beim Berliner Senat wert. Ein Wiederaufbau - evtl. transloziert - wäre daher durchaus möglich, Investoren wären sicherlich zu finden.

    Das Innere war ja eine Wucht. Das übertrifft ja sogar das Schloßhotel im Grunewald, was ja auch früher nur eine Villa war.

    Ein unglaublicher Verlust. Die Treppe, die kunstvollen Räume. Wenn sie schwarz/weiß schon so wirken, wie sahen sie erst in Farbe aus? Unfassbar schön gestaltete Räume! Das muss langfristig rekonstruiert werden. Vielleicht auch über einen Förderverein wie beim Schloß?

    Ein Förderverein, der das Ziel hat, die bedeutendsten und schönsten verlorenen Bauwerke zu rekonstruieren.

  • In Berlin wurden unzählige wundervolle Bauwerke wie dieses beseitigt. Dafür hat man jetzt sowas wie den "Kotti" oder den Mehringplatz. Die Stadt hat sich selbst entstellt. Um das alte, prachtvolle Berlin kann man nur trauern, oder man ist mit dem zufrieden was noch existiert und wendet sich auch anderen schönen Orten zu. Träumereien, in denen alles mögliche wiederaufgebaut wird, gebe ich mich nicht mehr hin. Für das Stadtschloss als großes Ausnahmebeispiel muss man, gerade in einer Stadt die sich mit der eigenen Vergangenheit schwer tut, schon unglaublich dankbar sein.

    In dubio pro reko

  • Ich empfinde diese Villa nur noch als dekadent, aussen wie innen völlig überladen. Aussen wenigstens noch harmonisch, aber im Innern völlig geschmacklos. Eleganz sucht man vergeblich. Aber der Bauherr entstammte ja nicht einer Adelfamilie, das war doch der reinste Protzer. Ein Wirtesohn ohne Geschmack.

    Man schaue sich nur mal das Bild mit der Treppenhaushalle an. Würde sich da jemand von Euch wohl fühlen an diesem Tisch, der da in der Mitte steht? Und man stelle sich mal allen Schnick-Schnack weg - räumlich-architektonisch völlig belanglos.

  • Ich habe noch fast vermutet, dass irgend jemand einen solchen Kommentar posten wird, nur weil man jetzt mal eine Villa nicht so gut findet. Aber wenn dich das wirklich so interessiert, kann ich ja auch was Off-topices schreiben.

    Meine ersten 30 Lebensjahre verbrachte ich in einer Dreifamilien-Jugendstilvilla von 1908. Einer der beiden Architekten war Schüler bei Peter Behrens. Es ist ein feiner Jugendstil, der auf vielen geometrischen Mustern basiert (wurde ich wohl deshalb als Architekt berufen, weil mich diese Formen schon als Kind faszinierten?). Das Haus steht am Rosenberg in St. Gallen, einem Hügelzug von 2 km Länge mit ursprünglich an die 200 Historismus- und Jugendstilvillen aus der Zeit von 1880 - 1914, von denen immer noch 150 existieren. Während dieser Zeit war St. Gallen die wichtigste Exportstadt der Schweiz (Stickerei-Industrie), deshalb dieser Reichtum in einer für deutsche Verhältnisse eher kleinen Stadt. Die Villa steht in einem Grundstück von 3'800 m2, das erst 1989 mit zwei weiteren Häusern bebaut wurde. Die Wohnung hatte sieben Zimmer auf 300 m2 Wohnfläche. Ebenso gross waren der Keller und das Mansardgeschoss mit Gastzimmern und Mansarden. Es gab sogar ein 25 m2 grosses Eck(!)zimmer extra nur für die Winterfenster. Darüber folgte noch ein Estrichgeschoss von 230 m2. Keller, Mansard- und Estrichgeschoss teilten sich diese drei Wohnungen. Wir konnten also so richtig verschwenderisch wohnen! Ich bin übrigens in der vierten Generation in diesem Villenviertel.

    https://www.google.ch/maps/dir///@47…m/data=!3m1!1e3

    Und ab diesem Ausschnitt in 3D immer leicht nach oben rechts zwei Kilometer fliegen.

    Im Buch "Avantgarde und Sonnenschein - Wohnbauten in St. Gallen 1895 - 1915" (mit Leseprobe!) findest du zwei Aussenansichten dieses Hauses und drei Ansichten unserer Wohnung, sogar unsere Aussicht über die Stadt bis auf den Säntis (Alpen) ist dort festgehalten! Wir wohnten demnach also sehr fotogen. :smile::smile: 1982 meinte ein neureicher Emporkömmling von einem Zimmermann, dieses Haus kaufen zu müssen und nach seinem schlechten Geschmäckle umbauen zu müssen, bis hin zu einem Lift für drei Etagen und rosaroter Tapete im Treppenhaus.

    Später wohnte ich zwölf Jahre in der Altstadt in einem Fachwerkhaus von 1464 , das ich selber restauriert habe. Im Buch "Denkmalpflege und Archäologie im Kanton St. Gallen 1986 - 1996" sind diesem Umbau gleich zwei Seiten gewidmet.

    Noch später dann in einem Haus von 1508 mit insgesamt sieben Bauetappen. Es ist eines der meistfotografierten Häuser in der Altstadt:

    17.10.2011_10675

    (fünf Touristen mit vier Fotoapparaten)

    Nun bist Du über meinen Hintergrund und Wohnsituation informiert. Ich denke, dass ich trotz allem auf dem Boden geblieben bin.


    Nebenbei: Weshalb schriebst Du deinen Einzeiler nicht unter deinem Erstaccount "Exilwiener", sondern unter deinem Zweitaccount "Gardone"? :wink:

  • Ich empfinde diese Villa nur noch als dekadent, aussen wie innen völlig überladen.

    Das mag ja sein, aber wäre es nicht schön wenn es heutzutage noch ein paar solcher dekadenten und überladenen Bauwerke gäbe? Statt langweiligen und eintönigen Rasterfassaden überall?

    In dubio pro reko

  • Man schaue sich nur mal das Bild mit der Treppenhaushalle an. Würde sich da jemand von Euch wohl fühlen an diesem Tisch, der da in der Mitte steht? Und man stelle sich mal allen Schnick-Schnack weg .

    Ich!

    und zwar sofort. Ich würde sogar die Möbel und Leuchter übernehmen. Ich würde mich genau in dieser Wohnung sauwohl fühlen.

    wenn der ganze Schnickschnack weg und die Deckenhöhe halbiert wäre hätte man eine moderne Wohnung. Das ist es ja, was die schöne Architektur ausmacht. Als früher ein Haus im Rohbau fertig war kam die kreative architektonische Gestaltung der Fassade und des Inneren an die Reihe. Heute entfällt dieser letzte und aufwändigste Schritt (Reduktion), der aus einem rohbauartigen glatten Kasten ein kunstvolles Bauwerk macht.

  • Ich empfinde diese Villa nur noch als dekadent, aussen wie innen völlig überladen. Aussen wenigstens noch harmonisch, aber im Innern völlig geschmacklos. Eleganz sucht man vergeblich. Aber der Bauherr entstammte ja nicht einer Adelfamilie, das war doch der reinste Protzer. Ein Wirtesohn ohne Geschmack.

    Man schaue sich nur mal das Bild mit der Treppenhaushalle an. Würde sich da jemand von Euch wohl fühlen an diesem Tisch, der da in der Mitte steht? Und man stelle sich mal allen Schnick-Schnack weg - räumlich-architektonisch völlig belanglos.

    Genau wegen dieser wertenden Einstellung, wohnen vermögende Menschen in D meist in relativ "einfachen" Verhältnissen. Im Süden, dann die Yacht und das Häuschen im zweistelligen Millionenbereich.

    Würde es hierzulande mehr "Protzer" geben würde, würde es auch noch Handwerker geben und nicht nur Monteure.

    Im übrigen freue ich mich, dass du in einer so schönen Umgebung leben durftest bzw. darfst.

    BTW, ich würde sofort einziehen.

  • aber wäre es nicht schön wenn es heutzutage noch ein paar solcher dekadenten und überladenen Bauwerke gäbe?

    Das auf jeden Fall! Und solche Bauwerke haben auch ihre Anziehungskraft auf die Menschen, wie man das bei den Schlössern König Ludwigs II. sieht, der ja auch diesen Hang zur Dekadenz zeigte.

    Blicken wir nochmals auf die Treppenhaushalle zurück:

    Wenn man sich allen Zierrat wegdenkt, bleibt eine äusserst plumpe Treppenanlage mit zwei Läufen zurück. Sie kleben unmotiviert an den Wänden und sind viel zu lang. Macht das mal bei der Gigantentreppe des Berliner Stadtschlosses: auch im Rohbau muss dieses doch schon beeindruckend gewesen sein! Dasselbe auch bei der Würzburger Residenz. Einem Kenner von Architektur würde es auch niemals einfallen, unter eine Treppe ein "gemütliches Cheminée" anzulegen. Mit "Kenner von Architektur" meine ich nicht nur die Architekten selber, sondern auch die Mitglieder der Königshäuser. Dieses Wissen fehlte dem Herrn Staudt offensichtlich. Woher sollte er es auch erworben haben? Herr Staudt hatte niemals die Position eines Monarchen oder sonst eines Adligen.

    Werfen wir einen Blick in den Tanzsaal:

    Einen barocken Innenraum zu beschreiben fiele mir leichter als diesen Saal. Wo beginnt man? Dieses Ding mit den beiden opulenten Säulen - ist es eine Raumtrennung? Ist es ein Portal? Ist es eine Stütze für die Decke? Ist es ein Bühnenrahmen? Der Architrav über den beiden Säulen - was stellt dieser dar? Der umlaufende Wandzone unterhalb der Decke - mit brutal eingesschnittenem Fenster! In wirklich gekonnten Innenräumen wäre ich nicht so ratlos.

    Irgendwie gehört aber diese "Überladenheit" zu Berlin. Diesen Eindruck erhalte ich auch von Strassenansichten des gründerzeitlichen Berlins. Auch die Treppe im Berliner Stadtschloss, auf der man auch mittels Pferden in die oberen Stockwerke reiten konnte. Berlin hatte halt nie die jahrhundertelange Tradition des Städtebaus und Architektur, wie sie Rom und Paris eigen sind.

  • Der lange Treppenanstieg entlang der Wand ist nicht untypisch für die Villenbauweise jener Zeit. Man findet ihn beispielsweise auch bei der als Kulturdenkmal geschätzten Villa Hügel in Essen. (Siehe hier oder hier)

    Den Tisch mit den Stühlen hätte ich vor dem Treppenhaus auch nicht platziert. Aber weiß, ob das nicht auch nur als Blickfang für das Foto dort temporär hingestellt worden ist. Inclusive frischer Blumen.

    Mir gefällt der danach gezeigte Speisesaal mit seinen floral gestalteten Jugendstil-Halbsäulen.

    Und wenn es zu Berlin passt, dann ist doch auch ein gewisser Ortsbezug gegeben. :zwinkern:

    Insofern, warum keine Rekonstruktion? Zumindest äußerlich und im Inneren 2-3 Räume. Es müsste sich nur ein Enthusiast finden, der es finanziert.

  • Heimdall Du wolltest wahrscheinlich ein Bild aus Kaiser Karls Beitrag (jetzige Beitragsnummer 25) zitieren. Das geht nicht, weil die Bilder dort bereits als Zitat eingefügt sind. Du musst das Bild aus dem ursprünglichen Beitrag von Berlinaph (jetzige Beitragsnummer 14) zitieren oder dort den Bildlink herauskopieren, dann geht es. Die Forensoftware lässt es leider nicht zu, dass Bilder in einem Zitat weiter zitiert werden. Von zitierten Bildern lassen sich die Bildlinks nicht herauslesen. (erledigt)

    Bei der Villa Hügel in Essen befinden sich die Treppenläufe aber in einem richtigen Treppenhaus, wo sie räumlich gefasst sind, und nicht wie bei der Villa Staudt einfach entlang den Wänden einer grossen Halle.

    Speisesaal

  • Vielleicht hat Riegel einen richtigen Punkt getroffen. Auf diesen ganzen dekorativen Überschwang musste ja geradezu so etwas wie das Bauhaus folgen. Man kann auch nachvollziehen, dass dies vielen Menschen damals wie eine Art Erlösung vorkam. Heute dagegen, wo die schmucklose, funktionale Architektur dominiert, sehnen wir uns wieder nach Ornament und Details - es muss damit ja nicht wieder übertrieben werden.

    In dubio pro reko

  • @"Riegel"

    Ja, danke. Ich habe bei der Bildverlinkung einen Fehler gemacht. Nun ist es korrigiert.

    @"Königsbau"

    es muss damit ja nicht wieder übertrieben werden

    Davon sind wir aber derzeit noch sehr, sehr weit entfernt. :zwinkern:

    Ich finde, es darf gelegentlich durchaus mal etwas übertrieben werden. Schon deshalb, um den Strichcode-Fassaden und Würfel-Häusern die größtmögliche Verachtung entgegen zu werfen. Also bin ich für die Rekonstruktion der Villa Staudt.

  • Auf diesen ganzen dekorativen Überschwang musste ja geradezu so etwas wie das Bauhaus folgen.

    Ich predigte schon lange, dass sich die Gründerzeit ihr eigenes Grab geschaufelt hat mit diesem überbordenden Schmuck. Wäre das Bauhaus unmittelbar nach dem Biedermeier möglich gewesen? Ich denke kaum.