Werden wir das schöne Bauen noch erleben?

  • Die mit den Häuserblöcken eine lange Sichtachse bilden:

    Mit Spielplätzen für Familien und links eine alte Fabrikhalle als Disco für die Jugend:

    :dichter: Erst gestalten wir unsere Städte, dann gestalten die Städte unsere Gesellschaft :dichter:
    :opa: Aus Plattenbauten ist selten Gutes hervorgegangen :opa:

  • Verkehrsfreie Wege mit Kopfsteinpflastern:

    :dichter: Erst gestalten wir unsere Städte, dann gestalten die Städte unsere Gesellschaft :dichter:
    :opa: Aus Plattenbauten ist selten Gutes hervorgegangen :opa:

  • Ruhige Innenhöfe innerhalb der Wohnblöcke:

    Teils gepflastert, teils mit grünen Flächen:

    Manche sogar mit kleinen Seen und Inseln:

    Manche Innenhöfe enthalten ganz einfach ein Volleyballfeld und eine Bar:

    Es gibt Hünerställe mitten in der Stadt:


    Und Prachtalleen mit künstlichen Gewässern, Cafes und Geschäften in den Erdgeschossen:


    und Fußgängerbrücken:


    Klar, die Häuser sind hässlich wie eh und je, aber die Größenproportionen der Wohnblöcke haben ein angenehmes Maß und obwohl es ein Neubaugebiet in Randlage ist, wurde versucht so etwas wie eine Stadtkernstruktur zu gestalten, mit Geschäften, Wohnungen, Kindergärten, Schulen, einem neu angelegten Marktplatz samt Gemeindezentrum.


    Jetzt stellen wir uns diese Stadtstrukturen einmal mit historistischen Fassaden und Dachlandschaften vor, mit Tiefgaragen, Aufzügen, verkehrsberuhigten Straßen, hohen Stuckdecken im Passivhausstandard, dem Bäcker, dem Cafe, kleinen Boutiquen und der Kneipe um die Ecke, mit luxuriösen Penthousewohnungen in den Obergeschossen und günstigen Sozialwohnungen in den Zwischengeschossen, also mit dem Besten aus der Vergangenheit und der Neuzeit....so stelle ich mir eine gelungene Zukunft vor.
    Eigentlich sind die Voraussetzungen dazu heute ähnlich, wie zur Gründerzeit: Steigende Mietpreise, Wohnungsnot in den Großstädten, Landflucht und Sturm auf die Metropolen, immer mehr junge Leute die wirklich im Stadtkern und nicht in der Peripherie wohnen wollen usw. Ehrlich gesagt habe ich große Hoffnung auf die neue Hipstergeneration, für die eine gewisse Ästhetisierung in allen Lebensbereichen, einschließlich Wohnen und Gestaltung urbaner Räume selbstverständlich geworden ist.

    Und was die heutige Kastenbauweise den Gebäuden der 70er und 90er vorraus haben ist, dass man sie nachträglich noch mit Fassaden verblenden und mit Dächern versehen könnte, sollte sich ihre allgemeine Hässlichkeit in 50 Jahren mal rumgesprochen haben. Denn genauso, wie jeder Gründerzeitbau nach Entstuckung und Abriss der Dachlandschaft ein grauer Kasten ist, kann auch jeder graue Kasten eine Grundlage für einen Gründerzeitbau darstellen, wenn man Fassaden davor- und ein Dach obendraufsetzt. Hauptsache die Proportionen stimmen.

    :dichter: Erst gestalten wir unsere Städte, dann gestalten die Städte unsere Gesellschaft :dichter:
    :opa: Aus Plattenbauten ist selten Gutes hervorgegangen :opa:

  • Na, das Beispiel aus Heidelberg vermag mich nur bedingt zu beruhigen, so ähnlich wird in der Bremer Überseestadt auch gerade gebaut, nur mit mehr Klinker, das immerhin regionaltypisch. Aber schon die oberirdischen Parkgaragen! Solange das neu ist, mag es noch einen gewissen Reiz haben, aber in 10 Jahren, wenn das Weiß auf WDVS schön algig graugrün wird, sieht das schon anders aus.

    Es wird ja immernoch gequadert und die Blockrandbebauung wieder nicht konsequent durchgezogen, sondern ständig sinnlos unterbrochen. Hinzu kommt, dass sich Gründerzeitviertel gerade nicht durch diese Fußwegbeziehungen auszeichnen, ich weiß auch nicht, wem damit gedient sein soll. Fußgängerbereiche wirken schnell "ausgestorben", leer, wenn nicht wirklich die Hölle los ist und werden abends zu Unwohlfühlzonen, jeden Abend in unseren Innenstädten zu beobachten. Auch diese Grünanlagen, ich weiß nicht, wird ja jetzt immer so gemacht, dabei kommen die richtig geilen Gründerzeitquartiere mit überraschend wenig Parks aus, Plätze, ja, (verdammt wichtig, kann keiner mehr richtig) auch ein bisschen Grün an den Straßen und auf den Plätzen, aber keine richtigen Parks (bzw. dann eben große Stadtparks). Diese Grünzüge und Parks (auch Unwohlzonen abends) sind für mich eher das Zeichen der Nachkriegsmoderne, die Sehnsicht nach dem Luftigen, am Ende verwahrlost und von Hunden vollgekackt. Ein Platz hingegen, yeah, das geht, ein Café, ein Ort für den Wochenmarkt, ein Kinderspielplatz.

    Das ist wahrlich kein Plädoyer fürs Auto, aber doch eines für geteilten Verkehrsraum ("shared space") und nicht für Trennung der Verkehrsträger. Denn das, was wir an Gründerzeitquartieren so mögen, ist ja auch das enge, das gemischte, die Stühle auf dem Bürgersteig, die auch manchmal nervenden Autos, die Fahrräder im Weg.

  • Nicht selten habe ich den Eindruck, das Forum ist ganz massiv großstadt-lastig. Man hat bisweilen das Gefühl, es ginge überwiegend um das Neubauen und da hat man mehr oder weniger klare Vorstellungen, wie das geschehen soll. Interessiert das Bewahren der authentischen Altbauten niemanden hier?

    Die Realität ist doch, dass insbesondere auf dem Land noch massenhaft Altgebäude stehen, zu einem großen Teil in vernachlässigtem oder schlechtem Zustand. So ziemlich in jedem Dorf findet man diverse verfallende Häuser, bei denen es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie ganz verschwinden. Unentwegt verschwinden in Kleinstädten und Landgemeinden historische, manchmal auch ortsbildprägenden Gebäude.

    Sollte das Interesse, unser Interesse, denn nicht mehr den authentischen Zeugen der Vergangenheit gehören statt Gebäuden, die es gar nicht gibt und die daher eigentlich auch niemand vermissen kann? In einem Forum, das sich offiziell der Stadtbilderhaltung und dem Denkmalschutz verpflichtet weiß, werden die Massen der Altgebäude, die überall auf dem Land verlottern, geradezu totgeschwiegen. Ist man hier so denaturiert, so vom Leben in der Großstadt geprägt, dass man gar kein Verständnis für authentische Altbauten besitzt?

    Nur ein Beispiel von unzähligen verfallenden Häusern:


    Scheinfeld, Kirchstraße 16, 007 [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], von Tilman2007 (Eigenes Werk), vom Wikimedia Commons
    Scheinfeld, Kirchstraße 16

  • Zeno, wir müssen beides im Auge behalten, denn mancher Ort wird angebaut und vergrößert sich, andere bleiben im Bestand oder schrumpfen sogar. Und wenn neue Stadtteile schlecht angelegt werden mit häßlichen Häusern, sollte man schon auch Argumente dafür haben, wie es besser ginge. Die findet man nur, wenn man sich auch mit Neubau (auch mittelalterlichen Städte wurden mal neu gebaut, und die Gründerzeitviertel) befaßt.
    Bei der Erhaltung von Bestandshäusern kommt es vor allem darauf an, adäquate Nutzer zu finden, die Sinn für ein altes Haus haben (und das nötige Geld, versteht sich). Oft geht es dabei auch um eine Umnutzung, z.B. von früher landwirtschaftlich genutzten Gebäuden zu "städtisch" genutzten.
    Es sind unterschiedliche Fragen, die sich daraus zur Bearbeitung ergeben.

  • Zu den gezeigten Bildern kann ich nur sagen fürchterlich, beliebig, unpersönlich, abweisend. Man weiß nicht, ob man sich in Offenbach, Villingen oder in den Neubaugebieten in der Schweiz befindet...
    Die Architekten "Sebastian Treese Architekten" machen mir noch Hoffnung. Leider ist unter deren Webseite nichts zu finden, aber bei Google Bilder oder Pinterest findet man tolle Beispiele. Ist vielleicht kein sozialer Wohnungsbau, aber schön zu sehen, dass es auch anders geht.

    @Zeno

    Auch ich sehe das ganz genau so. Gerade in der Schweiz sehe ich sehr häufig, wie besonders in den Kantonen wo sich das Geld niederlässt, gnadenlos alles Alte plattgwalzt wird. Zum Beispiel im Kanton Zug oder Schwyz werden alte Bauernhäuser, Bürgerhäuser usw. abgerissen und durch Glas- und Betonwürfel ersetzt die überhaupt nicht in die Landschaft passen. Das Gleiche passiert aber natürlich auch auf dem Land in Deutschland.
    Welchen Aufschrei gäbe es, wenn zum Beispiel die Italiener plötzlich in der Toskana die beliebten Rusticos abreissen und diese durch moderne Architektur ersetzen würden. Ein unendliches Thema. Ich glaube bis auf ein paar Ausnahmen, werde ich das schöne Bauen nicht mehr erleben...

    2 Mal editiert, zuletzt von Aziabel (22. Mai 2017 um 07:15)

  • "Nicht selten habe ich den Eindruck, das Forum ist ganz massiv großstadt-lastig."

    Könnte ja auch sein, dass Zeno sich nur für den ländlichen Raum interessiert und eine Aversion gegen Großstädte hat, dieses Forum aber immernoch STADTbild und nicht DORFbild Deutschland heißt. Was natürlich nicht bedeutet, dass die Entwicklung in der Provinz uns gleichgültig sein sollte.

    In dubio pro reko

  • Ja aber Zeno hat das schon recht im Forum bekommt man meistens Stadt Ansichten zu sehen was ja nicht schlimm ist glaube auch eher das es daran liegt dass, die meisten Forumer in Städten wohnen. Und erst mal die ablichten aber Zeno hat schon recht in den klein Städten verfällt viel was man einfach retten könnte es gibt auch total Ruinen aber das meiste wäre zu retten. Was mir da als extrem bsp. einfällt ist eine schöne Stadt Villa mit Mansarddach 2 Stockwerke plus dach und Sandstein Treppe,leider schon seit langen am verfallen ich werde mal schauen ob ich ein bild schießen kann hab halt leider wenig zeit grade.

  • Ich wollte nicht zum Ausdruck bringen, dass man unseren Dörfern und ländlichen Regionen keine Aufmerksamkeit widmen sollte. Aber wenn man mit der (Groß-)Stadt aus Prinzip nichts anfangen kann, muss man sich eben auf andere Themen verlagern, und man sollte nicht beklagen dass städtische Entwicklung unser Schwerpunkt ist, wie schon aus dem Titel hervorgeht.

    In dubio pro reko

  • Irgendwie werden hier die Begriffe "Stadt" und "Großstadt" hier immer wieder gleichgesetzt. Im übrigen gehöre ich nicht zu den Leuten, die "aus Prinzip" (welches Prinzip?) mit der "(Groß-)Stadt" nichts anfangen können.

  • Kam mir vor kurzem vor die Linse. Ich bin mir nicht sicher, was das werden soll. Für ein Gemeindehaus zu opu­lent, dann vermutlich wohl doch eine Villa.

  • Ich habe diesen Baustil für Villenneubauten häufig in Polen und Tschechien gesehen.
    Kann sein, dass der Bauherr sich dieser Pläne bedient hat. Das Nachbarhaus mit Putzfassade kann überall im südlichen Deutschland stehen.

  • Und was haltet ihr davon? Auf den ersten Blick fand ich es ganz gefällig; so richtig ansprechen tut es mich aber nicht. Interessant wäre, ob regionaltypische Bauweisen aufgegriffen wurden. Ich assoziiere damit aber auch eher Neubauvillen im östlichen Europa in häufig "kruschteliger" Umgebung, nie richtig fertig werdend.

  • Gurnemanz: mir geht es genau gleich wie Dir; einerseits recht gefällig, aber es ist irgendwas nicht recht (für die Gegend; oder sagen wir: für eine deutsche Gegend) passendes dran.
    Das Dach gefällt mir abgesehen von dem asymmetrischen Schlenker, wenn man vom Eingangseck draufguckt, ganz gut; ich denke, es ist der arg hohe Kellersockel mit den unüblichen groben Steinen, der einen etwas befremdet. Die wirken sehr "östlich"; wenn andere nicht gesagt hätten, "Tschechien, Polen", hätte ich auf Slowenien oder Kroatien getippt. Die Rundbogenfenster im Sockel finde ich auch etwas ungelenk, weil die Fenster im Hauptgeschoß eckig sind. Stichbögen wie über der Tür würden sehr viel besser passen.
    Die unfertigen Stellen werten den Gesamteindruck natürlich sehr ab; die 2 Eingänge einerseits mit Schlupftürchen ebenerdig und dann an der Ecke die pompöse unfertige Treppe wirken etwas seltsam; vielleicht legt sich dieser Eindruck, wenn es fertiggestellt ist, wiewohl die Erschließung (durch die Türen) nicht so richtig durchdacht wirkt.
    Ich denke aber schon, daß sich der Eindruck, wenn es fertig ist, noch stärker hin zu "gefällig" verschiebt.
    (Vielleicht ist es ja ein Standardentwurf einer polnischen oder tschechischen Baufirma, wenn derlei dort öfters zu sehen ist - im Grenzgebiet sind ja immer auch welche "von der anderen Zaunseite" tätig.)

    3 Mal editiert, zuletzt von Loggia (5. Juni 2017 um 22:19) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • mit den unüblichen groben Steinen, der einen etwas befremdet

    Das ganze Haus ist irgendwie grobschlächtig. Alles ist irgendwie großformatig. Gut gemeint, aber irgendwie nicht wirklich gut geworden.

  • Also mich persönlich erinnert dieses Haus an ein 50er Jahre EFH in Frankreich. Diese Dachform und das hohe Kellergeschoss erinnern an diese Zeit. In Neubaugebieten auch dort findet man seit 20 Jahren wieder diesen Stil, nur häufig wird seitdem mit Türmchen und Erker übertrieben! Wirklich harmonisch und geschmackvoll geht anders das stimmt...