Zitat[...] Sagen wir es gerade heraus: Die internationale Bedeutungslosigkeit der zeitgenössischen deutschen Architektur hat ursächlich mit diesem Syndrom der Vergangenheitsbewältigung zu tun, das eine intellektuelle Blockade auslöst, sobald es um das Architektonische selbst geht. Ein Reflex, der glaubt, durch das Kumulieren von Randgebieten des Faches (Funktion, Technik, Soziologie, Ökologie, Philosophie usw.) um die Frage der Architektur herumzukommen. Dieser Misere, die inzwischen eine gesamtdeutsche ist, wird man nicht entkommen können durch Gründung von allerlei Initiativen, die dem Ansehen der deutschen Architektur im Ausland auf die Beine helfen sollen. Wer glaubt denn im Ernst, daß es um ihre Akzeptanz und ihr Ansehen besser bestellt sein könnte, wenn man - wie die Protagonisten des High-Tech und des Dekonstrukivismus - um das Architektonische wie um den heißen Brei herumschleicht.
Nun könnte man meinen, das Problem existiere überall in der Welt. Das aber ist eine Täuschung - eine für die deutsche Architektur folgenschwere. Während die Moderne in anderen Ländern eine Episode war, nicht selten eine marginale, im Zuge einer traditionellen Stilentwicklung, beansprucht sie in Deutschland den Status der Architektur schlechthin. Nicht etwa seit den Zeiten des Bauhaus, sondern als Vehikel, die Katastrophe des Dritten Reiches zu überwinden. In Paris, London und New York tritt die Moderne reformatorisch auf und - wenn man so will - diskret. Nur selten schlägt sie über die Stränge wie beim Guggenheim am Central Park. In Deutschland mußte sie sich als einzig legitime Architektur gegenüber der Gigantomanie des Dritten Reiches beweisen, und es fiel dabei gar nicht auf, daß sie sich damit gegen die architektonische Überlieferung, gegen die Architektur und das Architektonische selbst wandte. Nur so ist das Elend der funktionalistischen Architektur zu verstehen und das Debakel des Dekonstruktivismus, von dem wir eine späte Epiphanie am Pariser Platz erleben durften. Mit Architektur hat das alles nichts zu tun, ja noch nicht einmal mit Ökologie, der architektonischen Sekundärtugend, auf deren Hilfe die Vermarktung des expressiven Glasdesigns angewiesen ist. [...]
Zitat[...] Hat man zunächst geglaubt, Ungers' Insistieren auf dem Quadrat hätte pragmatische Gründe, weil ein komplexes formales Repertoire an den Verhältnissen des Baugeschehens zum Scheitern verurteilt sei, so sah man sich bald eines Besseren belehrt.
An die Geometrie band ihn nicht das Unvermögen, das abstrakte Raster der Großform zu vergegenständlichen auf dem Weg zum Detail. Es war die Tatsache, daß ihm kein Argument hinreichend plausibel erschien, die objektiven Gesetze der Geometrie aufs Spiel zu setzen.Öfter, als ihm lieb ist, mag ihn dabei die Ahnung beschlichen haben, das Architektonische könne sich darin wohl doch nicht erschöpfen - vielleicht sogar die Angst, es könnte sich womöglich erst jenseits der Geometrie entfalten. Seine Bauten, die ihm am nächsten sind, seine eigenen Häuser, künden davon. [...]
Bei allen großen Worten: Für mich sind's einfach langweilige Kisten, da helfen die ganze Theorie und Rechtfertigung nichts.