Museumsinsel Berlin - Neues Museum

  • Heute kommt übrigens zwischen 0.15 - 1.00 Uhr auf ZDF ein Beitrag aus der Langzeitdokumentation zur Museumsinsel, es geht um Raub- und Beutekunst!

    Kann aber sicher danach noch in der ZDF-Mediathek angeguckt werden... ich sehe gerade, es befindet sich schon vor der Ausstrahlung in der ZDF-Mediathek!

    Nachtrag: jetzt nach dem Anschauen m. E. ein Top-Beitrag, da er alle Seiten beleuchtet und gerade gegen Ende auch interessante Perspektiven aufzeigt!

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    Viel Lob für Chipperfield
    Tausende Besucher nutzten den Tag der offenen Tür im Neuen Museum [...] 8200 Besucher hatten gestern das Glück, sich beim gestrigen Tag der offenen Tür im Neuen Museum selbst ein Bild vom Sanierungskonzept des britischen Architekten David Chipperfield zu machen. Aus Sicherheitsgründen dürfen sich lediglich 600 Personen gleichzeitig auf der Baustelle aufhalten. [...] Viele Besucher hatten gestern allerdings Schwierigkeiten zu unterscheiden, was bereits fertiggestellt wurde und was erst noch saniert oder ergänzt werden soll. [...] "Die Halle wirkt verstörend", weiß Kühsel, "aber nach dem ersten Schock finden die meisten es doch gut." [...] Peter Böttcher aus Köpenick (70) gehörte gestern zu den ersten Besuchern, die sich im Haus umsehen konnten. "Geschichte ist über die Museumsinsel hinweggegangen und das sollte man auch sehen können", lobt er das Nebeneinander von Alt und Neu. "Ich habe allerdings auch kein Problem mit Beton."

    "Das soll so bleiben? Oh Gott", entfährt es dagegen Jörg Hilpert. Der 44-jährige aus Prenzlauer Berg steht im Modernen Saal, der schon fast komplett restauriert ist. Die alten Marmorsäulen stützen eine mit Betonelementen verkleidete Decke: "Das sieht doch billig und erbärmlich aus", findet er.

    So spannend wie der Blick in das Innere des Gebäudes ist auch der Blick in die Gästebücher, die am Ausgang ausgelegt sind. Das Urteil über das Chipperfieldsche Sanierungskonzept könnte nicht kontroverser ausfallen.

    So kritisiert ein Schreiber die großzügige Verwendung von "Beton, der wie Spanplatte wirkt". Ein empörter Eintrag erinnert daran, dass Chipperfield den Wettbewerb 1994 gewonnen hatte, weil er ursprünglich die Rekonstruktion nach Stülerschem Vorbild vorgesehen hatte: "Chipperfield hat gelogen, er hatte versprochen, das Neue Museum wiederherzustellen". Besonders die Betontreppe in der Eingangshalle ruft scharfen Protest hervor: "Dieses Treppenhaus ist eine Katastrophe!"

    Vorsichtig abwartende Einträge finden sich ebenfalls. "Mal sehen, wie es wird, wenn es fertig ist", haben einige Besucher skeptisch ins Gästebuch geschrieben. Die mit Abstand meisten Urteile im Gästebuch sind allerdings voll des Lobes für die "wunderbaren Kontraste", die Chipperfield geschaffen hat. "Großartig" und "Einfach toll!", solche euphorischen Eintragungen finden sich zuhauf. [...]


    http://www.morgenpost.de/content/2007/0…lin/922928.html


    Quote

    Die Schlossdebatte hat sich in dieser Woche neu entzündet an der Frage der historischen Fassaden. David Chipperfield ist beim Neuen Museum etwas Besonders gelungen: ein Bogenschlag zwischen Alt und Neu, Zerstörung und Wiederaufbau. Keine reine Fassaden- oder Stadtbildreparatur, sondern geschichtsbewusstes Bauen an herausragender Stelle. Ähnliche Sensibilität, ähnlichen Mut wünscht man sich am Schlossplatz. Weil Schloss und Museumsinsel zusammengehören.


    http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Titelseite;art692,2383986

    Wenn du ein Haus baust, denke an die Stadt (Luigi Snozzi)

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    So spannend wie der Blick in das Innere des Gebäudes ist auch der Blick in die Gästebücher, die am Ausgang ausgelegt sind. Das Urteil über das Chipperfieldsche Sanierungskonzept könnte nicht kontroverser ausfallen.

    So kritisiert ein Schreiber die großzügige Verwendung von "Beton, der wie Spanplatte wirkt". Ein empörter Eintrag erinnert daran, dass Chipperfield den Wettbewerb 1994 gewonnen hatte, weil er ursprünglich die Rekonstruktion nach Stülerschem Vorbild vorgesehen hatte: "Chipperfield hat gelogen, er hatte versprochen, das Neue Museum wiederherzustellen". Besonders die Betontreppe in der Eingangshalle ruft scharfen Protest hervor: "Dieses Treppenhaus ist eine Katastrophe!"

    Vorsichtig abwartende Einträge finden sich ebenfalls. "Mal sehen, wie es wird, wenn es fertig ist", haben einige Besucher skeptisch ins Gästebuch geschrieben. Die mit Abstand meisten Urteile im Gästebuch sind allerdings voll des Lobes für die "wunderbaren Kontraste", die Chipperfield geschaffen hat. "Großartig" und "Einfach toll!", solche euphorischen Eintragungen finden sich zuhauf. [...]

    Als das Bodemuseum nach seiner Sanierung wiedereröffnet wurde, habe ich mir auch das Gästebuch angesehen, aber ausschließlich positive Einträge finden können...

  • Ich hatte auch das Vergnügen, am Tag der offenen Tür dieses "Meisterwerk" von Chipperfield bewundern zu dürfen. Leider sieht es noch schlimmer aus als befürchtet. Selbst wenn man eine moderne Lösung für die Restaurierung befürwortet, dann ist die Ausführung von Chipperfield sicherlich die schlechtmöglichste. Alles aus Beton. Sieht aus wie die schlimmste 70er Jahre Platte. Und das für 233 Mio Euro. Und einem Vergleich mit Stüler hält das ganze nicht im entferntesten Stand. Und da es sich bei diesem Bauwerk (mitsamt der antiken Sammlungen) um eines der wichtigsten kulturellen Aushängeschilder Deutschlands handelt, kann man nur sagen: peinlich, peinlich!!

    Falls ich die nächsten Tage mal Zeit finde und es auch technisch hinbekomme werde ich mal Fotos von der Treppe usw. reinstellen...

  • Das Neue Museum ist durch den Innenausbau Chipperfields dauerhaft verunstaltet worden und daran wird sich auch bis zur endgültigen Fertigstellung 2009 nichts mehr dran ändern :!:

    Man sollte jedoch auch etwas Positives daraus ziehen, nämlich die Möglichkeit bei anderen Wiederaufbauprojekten (Stadtschloss etc.) immer wieder mit Vehemenz auf dieses Museum, als ein absolutes Negativbeispiel für einen gelungenen Wiederaufbau, verweisen zu können. Möglicherweise ergibt sich dadurch ein allgemeines Umdenken und eine neue Chance für einen feinfühligeren Innenausbau des Stadtschlosses mit möglichst vielen rekonstruierten Räumen.

    Besonders für das Treppenhaus des Stadtschlosses müssten die Chancen gestiegen sein es originalgetreu zu rekonstruieren.
    Zwei misslungene Treppenhäuser (im Neuen Museum und im Stadtschloss) wird der Senat und der Bund als Geldgeber den Steuerzahlern gegenüber nicht verantworten können.

    Das Neue Museum muss dazu genutzt werden mehr Einfluss bei den Rekonstruktionsdebatten zu gewinnen :!:

  • Über diese Verwendungsmöglichkeit hatte ich auch schon nachgedacht, das Neue Museum eröffnet tatsächlich ganz neue argumentative Horizonte :lachen:

    Aber mal im Ernst, ich finde es auch wirklich dreist, wie hier der Steuerzahler über den Tisch gezogen wird. Vollmundig und begleitet von wirklich gigantischen Erwartungen kommt da vor nunmehr bereits über einer Dekade ein gewisser Herr Chipperfield in der Kapitale angetrabt und verspricht Großes.
    Eine originalgetreue Rekonstruktion, das Neue Museum in alter Pracht. Das "alt" hierbei mit "zerstört, deformiert, und entstellt" gleichzusetzen ist, hätte der gute Mann ja auch mal früher erwähnen können. :?

  • ERSTER!
    Wie versprochen die Fotos...Erst mal nur ei Vorgeschmack.

    Vor weg ein Übersichtsplan...

    Erst mal ein Paar Fotos von draußen...Die Figuren über den Fenster sehen recht neu aus...


    Standen die schon vorher dort? Sind mir nie aufgefallen...

    Eingangsbereich und noch nicht zugängliche Räume...







    So, morgen gehts weiter...

  • Das berühmt berüchtigte Treppenhaus (2) aus beiden Richtungen...



    Details...






    Ich muss sagen, das Material an sich sieht finde ich gar nicht mal so schlecht aus - in einem entsprechenden Umfeld...Aber auch nur aus der Nähe. Von Weitem wirkt das (bei dem Licht jedenfalls) eher wie Spanplatten oder Gipswände...Aber immer noch besser, als dieser graue Beton wie am Paul-Löbe-Haus. Und die Decke (für sich gesehen auch nicht schlecht) passt auch eher in ein jap. Restaurant...

    Griechischer Saal (3) im neu erbauten NW-Flügel. Der Name ist Programm...

    Apollosaal (4, leider wurde etwas gedrängelt, sodass manches etwas unscharf ist)...




    Der Ägyptische Hof (5), der seinen Charakter eindeutig beibehalten konnte :boese: ...




    UG des ÄH

    Der Nordkuppelsaal (6) war mit Gerüsten vollgestellt, sodass man nicht viel sehen konnte.


    Niobidensaal (7), der best erhaltene Raum des ganzen Museums...Hätte man die ganzen Bilder nicht so wiederherstellen können, wie auf dem zweiten Bild? Man sieht doch eindeutig, was alt und was neu ist...






    Bacchussaal (8) mit Ausblick aufs Treppenhaus...Bei diesen nackten Backsteinwänden in Kombination mit diesem Licht fühlt man sich eher, wie im Keller einer mittelalterlichen Festung, als in einem klass. Museum...





    Das war jetzt erst mal die erste Hälfte des 1. OG...Demnächst gehts weiter.

  • Erst mal danke für die Bilder. Insgesamt natürlich erschütternd, was da für 230 mio. gebaut wird. Man hätte doch ein oder zwei Räume so lassen können um die Geschichte deutlich zu machen, aber das ganze Museum, unfassbar. Das Treppenhaus sieht in der Tat wie mit Gipsplatten verkleidet aus, fehlen nur noch die Schrauben. So einen Beton hatten wir übrigens auch mal in meiner Schule glaub ich, ist mittlerweile übrigens abgerissen :augenrollen:

    APH - am Puls der Zeit

  • Das Ganze weckt bei mir irgendwie die Assoziation "Lehrrundgang für Denkmalschützer". Dort können Fachvertreter dann ihre Studenten durchführen und am praktischen Beispiel Unterricht erteilen zu Farbschichten, Mauerwerk, Ruinensicherung usw. So eine Art Handwerkerhof. Das Paradoxon ist allerdings, daß der Bau durch diese halbgaren Maßnahmen viel älter wirkt, als er eigentlich ist. Er sieht ein wenig nach einer halbrekonstruierten Ruine in Pompeji aus, insofern ganz anders als ähnlich alte (oder ältere) Architektur selbst in der näheren Umgebung. Chipperfield und sein denkmalpflegerischer Lehrpfad vermitteln dadurch also eigentlich einen falschen zeitlichen Eindruck - und das kann eigentlich doch gar wirklich nicht im Sinne des Denkmalschutzes sein. Eine ganz eigene Form "historistischer" Ruinenromantik.

    Abgesehen davon beeindruckt der Bau immer noch durch die imposanten Reste an historischer Substanz.

  • @ Heimdall

    da hast du Recht. Das sieht ein bisschen danach aus, als hätte man Tempelanlagen in Ägypten demontiert und hier wieder aufgebaut, ähnlich dem Pergamonaltar. Ob dies im Sinne des Erfinders war ... :augenrollen:

    APH - am Puls der Zeit

  • Da wurde mir die Arbeit des Fotohochladens ja erspart :zwinkern: . Vielen Dank dafür an Benni!

    Bei dem Material für das Treppenhaus soll es sich teilweise um marmorierten Beton handeln und gar nicht mal so billig sein. Nur doof, dass es einfach billig aussieht. Bei der Decke, die Benni angesprochen hat, handelt es sich wohl um Spezialstahlträger, die extrem teuer und eigentlich für das Tragen hoher Lasten vorgesehen sind (diese Funktion ist beim Neuen Museum allerdings überflüssig). Das ganze wurde dann mit Holz verkleidet, um den optischen Eindruck zu verbessern.

    Benni: Ich verstehe nicht ganz, wie du auf die Idee kommst, dass der Ägyptische Hof seinen Charakter beibehalten konnte. Vergleiche doch mal deine Bilder mit dem Bild auf Seite 7 dieses Stranges. Für mich hat sich der Charakter dieses Saales ins Gegenteil verkehrt. Der taugt höchstens für die Darstellung zeitgenössischer Kunst, aber nicht für den vorgesehenen Zweck.

    Schade auch, dass das Museum so viele unverputzte Stellen aufweisen wird. In einem Saal (zur Anschauung) wäre es ok, aber leider muss es überall halbfertig aussehen.

    Ich frage mich nur, warum die Chipperfield-Restauration soviel Geld kostet. Wahrscheinlich bekommt der Herr selbst schon einige Millionen für sein hässliches Werk überwiesen.

  • Einfach nur traurig was hier passiert. Anstatt ein gutes Museum zu schaffen, wird man durch eine Trümmerruine laufen. Na ja, werd ich halt nur das Bodemuseum und die Alte Nationalgalerie besuchen.

  • Vergeßt ihr nicht alle zur Zeit ein wenig, dass die Bilder noch den Rohbauzustand darstellen?!
    Ich glaube nicht, daß z.B. im Niobidensaal, die weißen Flächen so bleiben werden. Ich habe eine Farbstudie geshen, wo die gesamte Wand einen roten Putz erhält, die orginalen Flächen aber, ähnlich wie bei der Decke, zu erkennen sind. Außerdem zeigt ja eines der Bilder mit Farbproben, wie der richtige Farbton gefunden werden soll. Ich find das nicht Ruinenhaft.
    Was mir jedoch schleiherhaft ist, ist der mittig vor der Tür plazierte Pfeiler......
    ansonsten Aviller: ich geh eigendlich wegen der Exponate ins Museum, es wäre schon schade, wenn du bei deinem Museumsbeuch die Hauptstücke der ägyptischen Sammlung wegen deiner Abneigung gegen ein Gebäude verpassen würdest......

  • Prinzipiell finde ich die Idee gar nicht schlecht, ein Museum als künstliche Ruine zu gestalten, es passt ja zu den ausgestellten Objekten. Wenn da nicht viele "aber" wären...

    ...allem voran, wenn die künstliche Ruine ursprünglich zum Konzept gehört hätte, klasse, aber warum bei einem der bedeutendsten Bauten des Klassizismus in Deutschland?
    ...und sagen wir mal okay, künstliche Ruine - warum dann diese unerträglichen modernen Hinzufügungen von der Ästhetik einer U-Bahn-Station der 70er Jahre? Die Treppe war doch nie im Leben zu 100 Prozent zerstört?
    ...wieso muss das über 200 Millionen Euro kosten?
    ...wozu brauchen wir hier einen "Stararchitekten"? Ich sehe nichts, was nicht auch ein "normaler" Architekt zu Stande gebracht hätte?
    ...welches deutsche Selbstbewußtsein bzw. Selbstverständnis vermittelt eine konservierte Ruine des Zweiten Weltkriegs den vielen internationalen Touristen, die das Museum zweifelsfrei besuchen werden? Peinlich.

  • Ich frage mich bei allem, wie wohl die Briten reagieren würden, wenn ein deutscher Architekt ein Londoner Museum,
    das Opfer deutscher Bomben wurde, in dieser Weise aufarbeiten würde.

    Man kann sich vorstellen wie die Beschimpfungen lauten würden. :augenrollen:

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Die Decke des Niobidensaals sieht aus wie verwaschene Tapete aus DDR Produktion. Also ganz ehrlich, dass hätte man nun wirklich originalgetreu wiederherstellen können. Es ist doch alles ein Jammer...

    "... der Mensch mit den modernen Nerven, braucht das Ornament nicht, er verabscheut es." (Adolf Loos, Ornament und Verbrechen)

    Diese Aussage ist ein Verbrechen