Leipzig - Innenstadt

  • Zum Einheitsdenkmal: Grundsätzlich bin ich für ein solches Denkmal. Wenn man bedenkt, wie viele Mahnmale es zur NS-Verfolgung gibt, wie viele DDR-Relikte noch immer in der Landschaft herumstehen, sind einige Denkmale zum Mauerfall und zur Wiedervereinigung überaus berechtigt. Die Stele in Plauen lässt sich zudem mit dem nun gezeigten Entwurf nicht vergleichen. Ich habe sie beim letzten dortigen Aufenthalt als durchaus würde- und geschmackvoll empfunden.
    Der nun vorgestellte Leipziger Entwurf ist aber wirklich kitschig bunt, und womöglich gefällt er den Bürgern deshalb. Was soll er darstellen? Offenbar eine Kerze. Lichterkette? Geburtstagskerze? Und alles steht auf einem Stern. Ist damit ein Sternmarsch gemeint? Und die Pfeifen um die Kerze, sind damit die Blockflöten gemeint? Also, vielleicht würde die Umsetzung sogar real weniger kitschig wirken. Die Konzeption aber gibt Rätsel auf.

  • Ob man je auf die Rückkehr des Jöcherschen Hauses hoffen darf?

    In der Tat wäre die Komplettierung der Nordostecke des Leipziger Markts nach historischem Vorbild eines der vornehmsten Ziele, das die Reko-Bewegung sich für die kommenden jahre setzen sollte. Das hätte eIine Ausstrahlung wie der Wiederaufbau der Römer-Ostzeile oder des jetzt wiederzugewinnenden Altstadt-Fragments in Frankfurt. Eine städtebauliche Neufassung dieser Platzecke ist ja schon deshalb langfristig unumgänglich, weil der Klotz aus DDR-Zeiten die Fluchtlinien ignoriert. Aber wenn schon Neufassung - man kann nur hoffen, dass die steigende Sensibilität in der deutschen Bevölkerung für solche Werte die Wiedergewinnung auch des historischen Fassadenbilds immer nachdrücklicher einfordern wird. Geschlossene Plätze im Zentrum deutscher Großstädte mit überwiegend historischen Platzwänden sind ja so rar geworden, und der äußerst urbanen Leipziger Innenstadt würde eine solche Rekonstruktion geradezu die Krone aufsetzen. Man könnte sagen: das m u s s kommen, damit Deutschland seinen Platz als Kulturnation wieder behaupten kann.

  • Ob man je auf die Rückkehr des Jöcherschen Hauses hoffen darf?

    Ich befürchte nein..

    [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hat ein Luxusproblem, und das ist, dass die Stadt schön ist, immer noch, trotz aller Zerstörung und DDR-Abrisswut. Der Bedarf an Rekos ist nicht da. Während in Dresden das Zentrum praktisch neu entstehen musste, war es in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] eher ein Baulückenproblem, mit dem die Stadt zu kämpfen hatte. Das alte [lexicon='Leipzig'][/lexicon] war unmittelbar nach der Wende noch überall, wenn auch arg vergammelt, zu erleben. Während einen in Dresden angesichts all der Ruinen und Brachen das städtebauliche Grausen packte, mussten in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] größtenteils nur Lücken geschlossen werden. Rekonstruktionen brauchte es da scheinbar nicht um die alte Identität der Stadt wieder erlebbar zu machen. Darüber hinaus ist die Leipziger City größtenteils gründerzeitlich, frühmodern und neusachlich überformt, das war schon vor dem Krieg so. [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wurde wohl nur von Kennern als Barock- und Renaissancestadt wahrgenommen.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Während in Dresden das Zentrum praktisch neu entstehen musste, war es in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] eher ein Baulückenproblem, mit dem die Stadt zu kämpfen hatte.


    Ich finde allerdings, dass die zahlreichen Lücken und vielen kahlen Brandwände, die sich daraus ergeben, immer noch eines der städtebaulich größten Probleme Leipzigs darstellen. Die Stadt wirkt vorallem außerhalb des Zentrums oft zerissen und zerflleddert.
    Trotz gute Bevölkerungsprognosen ist mir aber bewusst, dass eine flächendeckende komplettierung der Blockrandbebauung oder gar Wiederrichtung ganzer Blöcke mit 4-5 Stöckigen Wohnhäusern in Gründerzeitkubatur unrealistisch ist.
    Es müssten Konzepte entwickelt werden, wie Brachen durch Parks oder anderweitige Nutzun attraktiver gemacht werden (was ja schon halbwegs umgesetzt wird) und voralle muss man es schaffen, kahle riesige Brandwände städtebaulich besser einzubinden. Die kann zum Beispiel durch Wandbilder, Scheinfassadenmalerei, Beplanzung der Lücken durch große Bäume, Rankpflanzen etc. geschehen. An besonders exponierten Stellen müsste man über hochwertige Kopfbauten nachdenken, die die Blockreihe sinnvoll abschließen.

    In der Innenstadt selbst sind solche Lücken heute zum Glück sehr selten geworden. Da der Salzgässchenblock allerding die alte Platzkante missachtet
    und den Blick auf die Lücke links des Riquethauses lenkt, nehme ich ihn als besonders störend war, er ist einfach so unglaublich dominant und dies lässt einen Qualitäten die dieser Bau in der Fassade sogar hat, komplett vergessen.
    Er stört einfach den ganzen Marktplatz. Und das ist weniger ein Luxusproblem (natürlich, alles ist relativ) als dass er hier direkt am Herzen der Stadt voll reinhaut, ja du hast Recht, die stadtstruktur ist im großen und ganzen gut erhalten, aber eben an dieser einen empfindlichen Stelle eben absoulut nicht.

  • Gerade im Osten der Stadt gibt es noch viele Brachen, die zwar teilweise in genutzt werden aber Trotzdem zu Lasten eines geschlossenen harmonischen Bildes gehen.

  • Gestern habe ich auf dem leeren Grundstück in der Nikolaistraße neben Steibs Hof Baufahrzeuge und Arbeiter gesehen, weis jemand, was dort eig. geplant bzw. jetzt wohl gebaut wird?
    Ein Bauschild war noch nicht zu sehen. Ich hoffe nur man nimmt Rücksicht auf die fast vollständig erhaltene Nikolaistraße und baut dort etwas vernünftiges hin....

  • Dort ist schon seit einiger Zeit geplant, ein Budgethotel zu errichten. Nun geht es endlich los.

    Hier eine Meldung aus dem Jahr 2013:

    Zitat


    B&B in der Nikolaistraße: Im Oktober soll’s losgehen

    Auch in der Nikolaistraße 34 hatte sich der Baustart für ein B&B-Hotel mit 96 Zimmern zuletzt verzögert. Im Oktober – rund ein dreiviertel Jahr später als geplant – soll es nun soweit sein, erklärte Geschäftsführer Karl-Heinz Krutz vom Projektentwickler IVB Haus- und Grundmanagement mit Sitz in Italien auf Anfrage von LVZ-Online.

    Wegen Planungsproblemen sei das Sieben-Millionen-Euro-Projekt ins Stocken geraten, so Krutz. „Im Laufe dieses Monats werden die Aufträge zur Bauausführung an einen Generalunternehmer erteilt“, sagte der IVB-Chef. Derzeit werde hierzu mit zwei Firmen aus der Region verhandelt. Etwa ein Jahr soll der Bau der Low-Budget-Herberge in der Nikolaistraße 34, wo sich derzeit eine Brachfläche befindet, dauern. „Spätestens Ende 2014 wird das Hotel eröffnen“, hofft Krutz – wenn der Winter dem Bauvorhaben keinen Strich durch die Rechnung macht.


    Quelle: Leipziger Volkszeitung

  • Zwar betrifft es die Ringaußenseite und damit nicht mehr wirklich die Innenstadt, aber nichtsdestotrotz hat mir heute morgen diese Meldung zur Sanierung der ehemaligen Hauptpost am Augustusplatz den Apetit aufs Frühstück verdorben:

    Verweis aufs DAF: http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showthread.php?t=6911&page=9

    Am schlimmsten finde ich das der zwar einfache (aber nichtsdestotrotz schöne) angrenzenden 20er Jahre Baus entgegen früherer Sanierungspläne abgerissen wird! (Steht nicht unter Denkmalschutz)
    Ersetzt werden soll es durch einen 0815 Styroporklassizismusbau
    Damit wird der Johannisplatz-Grimmaische-Steinweg-Augustusplatz ein kleines Stückchen mehr verhunzt, bald ist nichts mehr übrig, was man an dieser so geschundenen Stelle noch verschlimmbessern könnte.

    http://cdn.leipzig.de/typo3temp/pics/28b0133eda.jpg

    Der Bau rechts der Post ist betroffen :crying::kopfwand:

  • Leider ist auch der Sanierung des Postgebäudes der Charme der Nachkriegszeit verloren gegangen. Die goldverzierten Fensterrahmen sind offenbar verschwunden.

  • Die Leipziger hatten damals die Chance, der Bebauung in der Innenstadt eine historische Richtung zu geben, als es um den Wiederaufbau der Paulinerkirche am Augustusplatz ging. Der Rückhalt für den Paulinerverein war trotz des Aufrufs von 27 Nobelpreisträgern in der Bevölkerung zu gering. Jetzt haben die Leipziger eine windschiefe Universität aus Glas, ein Cityhochhaus und jede Menge Nachkriegsschrott. Das Ganze nennt sich dann das Zentrum von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] oder so ähnlich.....(Man könnte auch Alexanderplatz 2.0 dazu sagen, denn die Aufenthaltsqualität ist in etwa die gleiche).

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • Leider ist auch der Sanierung des Postgebäudes der Charme der Nachkriegszeit verloren gegangen. Die goldverzierten Fensterrahmen sind offenbar verschwunden.

    Fand die im ersten Entwurf auch sehr gelungen, aber dem denkmalgeschützten Ist-Zustand kommt die neuere Visualisierung näher.

  • Ich bin jedes Mal aufs neue positiv überrascht, wie Stadtentwicklung in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] funktioniert. Viele westdeutsche Städte hätten was Altbauten (und auch gelungene 50er-Jahre-Bauten) angeht sicher ein ähnliches Potenzial, wie [lexicon='Leipzig'][/lexicon] es hatte, aber auf die Idee, Gebäude in ihren Ursprungszustand zu rekonstruieren und trotzdem erfolgreich modern zu nutzen kommt irgendwie keiner. Man sollte sämtliche Besitzer innerstädtischer Altbauimmobilien aus dem Westen mal nach [lexicon='Leipzig'][/lexicon] auf Bildungstour schicken, vielleicht kommt da ja was heraus.

    Vielen Dank jedenfalls für die Bilder. Das mal eine PKW-Aufzug (wie bei der Dussmann-Passage) das Bild stört kann man in so einem Umfeld durchaus verkraften.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)