• Einerseits zufrieden, dass ein Wagner - Denkmal, wenn auch mehr als verfremdet, nun doch noch an seinem vorgesehenen Platz gelangt, kann ich andererseits diesem jetzigen, verschrumpelten, klobigen, hölzern wirkenden ETWAS, dass nun auf Klingers prächtigem Sockel von klassischer Schönheit platziert werden soll, nichts aber auch gar nichts abgewinnen.
    Dieses Werk ist m. E. völlig misslungen, belanglos, bestenfalls eine Karikatur Richard Wagners.
    Doppelbödig der "Schatten" von Klingers ursprünglichem, noblen Entwurf - dahinter.
    In der Tat : das vorgesehene, heutige "Denkmal" ist mit der unpassenden, modernistischen, farbigen "Ergänzung" nur noch ein S c h a t t e n seiner selbst.
    Solches hat der große Sachse Wagner in seiner Heimat nicht verdient.
    Klinger rotierte im Grabe, könnte er sehen, wie sein genialer Entwurf verhunzt wird.

  • Ich könnte mir vorstellen, dass man mit der nicht-klassischen Ausführung die unumgänglich scheinenden Vorwürfe aus einer gewissen Richtung vermeiden will. Richard Wagner kann ja selber kaum was dafür aber er wird halt oft mit dem 12-jährigen Reich in Verbindung gebracht, und da will man wohl keine heroische Statue von ihm aufstellen, zumal er wahrscheinlich eh nie ein wirklicher Held gewesen ist.

    Architektur ist immer subjektiv, da sie wie jede andere Kunstform vom Auge des Betrachters abhängt.

  • Ein heroisches Denkmal fordert gewiss niemand für einen Komponisten. Aber man sollte auch nicht versuchen, ihn mit einer lächerlichen Darstellung herabzuwürdigen. Im vorliegenden Fall ist das noch im Rahmen, auch wenn die Statue durch die bunte Kolorierung vermutlich wie eine lebensgroße Wagner-Playmobil-Figur aussehen wird. Und warum die Ausführung bei modernen Plastiken immer grob und klobig sein muss, begreife ich sowieso nicht. Ein Paradebeispiel für die Intention, jemanden durch ein ihm gewidmetes Denkmal zu erniedrigen, sehe ich übrigens in dem "Röckener Bacchanal" für Friedrich Nietzsche:
    Nietzsche-Denkmal

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis

  • Nein, natürlich brauchen wir keinen unbedingt vordergründigen, abgegriffenen Heroismus aber Würde für unsere Komponisten, Geistesgrößen etc..
    Diese dümmliche Impertinenz gegenüber Nietzsche in Gestalt einer Denkmalsgruppe ist einfach nur maßlos, disqualifiziert deren Fertiger jedoch selbst !
    Die rechte Figur im Hintergrund erinnert mich an Donald Duck.

  • Ich finde die Idee, den Schatten, den der große Wagner stets zu werfen pflegt, in Kontrast mit dem jungen Mann zu stellen, recht charmant. Dazu trägt natürlich auch die Polychromie der Plastik in idealer Weise bei. Recht hübsch!
    Letztlich kann man sich uneingeschränkt darüber freuen, dass der sogenannte Klinger-Würfel restauriert wurde und nun sogar seiner eigentlichen Bestimmung übergeben wird.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Das Denkmal finde ich in seiner Intention ebenfalls recht gut. Man könnte es auch so deuten, dass Wagner später als erfolgreicher Komponist ja meist nicht mehr allzu viel auf seine Heimatstadt gab. Also seine Jugend in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] seinem großen Schaffen gegenübergestellt wird.

  • Ludwig II. hatte früher als der Sachsenkönig erkannt, welch genialen Musiker/Komponisten etc. er sich mit Wagner nach Bayern geholt hatte.
    Nicht zu vergessen : hier in sächsischen Landen wurde Wagner steckbrieflich gesucht.
    Warum wohl sollte er eine besonders innige Beziehung ausgerechnet zu seiner Heimatstadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon] entwickeln ?
    Dazu gab es kaum Anlass !

    Und das ursprüngliche Denkmal für [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hatte, wie wir wissen, einer der bedeutendsten Vertreter des Symbolismus ( Klinger ) konzipiert.
    Es war von großer Gestik durchaus monumental aufgefasst und überzeugend ohne heroischen Firlefanz entwickelt.
    Die jetzt präsentierte neue Fassung negiert des n a m h a f t e n Künstlers Intentionen vollständig., wirkt jämmerlich.

    Was um alles in der Welt gefällt an diesem mutierten, kleingeistig aufgefassten Gartenzwerg, der Bedeutung und Würde Wagners schwer beschädigt ?
    Hübsch, Charmant, Gut ? Das ist für Richard Wagner entschieden zu klein gedacht.

    Ich darf hier nochmals betonen, der nationalen und internationalen Bedeutung Wagners kann und wird diese neue, kindische Randfigur auf dem historischen Sockel nicht gerecht werden.

    Dazu kann selbstverständlich Jede und Jeder eine andere, gegensätzliche Auffassung haben.

    Weiter ist denkbar, dass dem Ganzen schon bald unterlegt wird, dass ihm "ein sinnfälliger Gehalt innewohnen müsste, ganz aus dem Geiste Klingers schöpferisch weiter entwickelt".
    Dergleichen könnte ich mir gleichwohl als billige Begründung vorstellen.

    Ich halte von solchen misslungenen "Neuinterpretationen" überhaupt nichts. Verballhornung bleibt Verballhornung !

    Es wäre ernsthaft zu überlegen, ob es künftig überhaupt gestattet werden darf, Torsi bedeutender Künstler auf diese unerhörte Weise zu verderben.
    Wieso genießen sie keine Rechte, keinen Urheberschutz ? Vielleicht, weil sie sie keine "Widerspruch" ( mehr ) einlegen können ?
    Wann ist das Verfallsdatum unfertiger Denkmale abgelaufen ?

  • Der Schatten scheint mir als perfide Anspielung auf Wagners Verhältnis zu Liszt zu sein, in dessen Schatten er ja in jungen Jahren tatsächlich stand, und unter dessen Freundschaft er bis in seine letzten Venezianischen Tage litt. Tatsächlich erinnern Mönchskutte und Frisur an den Freund, Wohltäter, Schwiegervater, Konkurrenten und zuletzt klavierspielenden Quälgeist.
    So gesehen ist es die schlimmste, zu Lebzeiten von ihm als allerkränkendst empfundene Herabwürdigung, die man ihm antun hätte können.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Eigentlich ist es besser, wenn im heutigen Deutschland überhaupt keine Denkmäler entstehen, denn es kommt eh nur Mist heraus. Dass es woanders besser und würdevoller abgehen kann, auch im Umgang mit deutscher Thematik, zeigt dieses Beispiel:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Mar…the-Denkmal.JPG

    ob dieses Denkmal nun auf Liszt abzielt, oder nicht: die herabwürdigende Intention ist unverkennbar, die gibt es mE nichts zu relativeren. Ein lächerliches kleines Manderl (Wagner war von auffallend kleiner Statur), das irgendwelcher großen, vorzugsweise dunklen Wirkungen auf die Geschichte hervorgebracht hat.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Nun ja, die Sitzende Goethe-Plastik mag ja noch angehen aber dieser Sockel: grausig! Allein diese Old-English-Fraktur! Goethe war Klassiker!

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Der Sockel stammt allerdings aus deutscher Zeit.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Selbst wenn die Fraktur gegen eine klassizistische Antiqua getauscht würde, könnte dies den unpassenden Sockel nicht verbessern.
    Gibt es Fotos von dem früheren Goethe - Denkmal ?

  • Es gibt aber auch in Deutschland noch Bildhauer, die ihre Kunst beherrschen und die Möglichkeit bekommen, dies in der Öffentlichkeit zu zeigen. Für recht gelungen halte ich z.B. das Hermann-Hesse-Denkmal in Calw. Oder das Denkmal für Willy Millowitsch in Köln: Millowitsch-Denkmal
    Ebenfalls gut, abgesehen vom "Sockel", finde ich das 2010 eingeweihte Standbild für Caspar David Friedrich in dessen Heimatstadt Greifswald.

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis

  • Das Greifswalder Denkmal ( CDF ) halte ich ebenfalls für sehr gut gelungen, dito Hesse. Beim Millowitsch - Denkmal scheinen mir die anatom.
    "Verkürzungen" etwas ungewöhnlich.

    Denkmale werden in deutschen Landen in größerem Ausmaße errichtet, als es vielleicht den Anschein hat.
    Diese u. weitere Schmuckplastiken wirken sich mehr oder weniger prägend auf ihre Umgebung aus, erfahren Zustimmung oder werden abgelehnt.

    Seit geraumer Zeit haben wir in Dresden ein Putjatin - Denkmal, dass ich pers. sehr schätze.

    Es gilt besonders in dieser Stadt dass Interesse der Bürgerschaft zu wecken, während des Krieges verloren gegangene, plastische Werke der Bildhauerkunst wieder zu gewinnen.
    Ein langer und mühseliger Weg, der in mehreren Fällen jedoch von guten Erfolgen gekrönt war.

  • Ich möchte doch mal auf ein Gebäude hinweisen, welches gerade in der direkten Innenstadt in der Grimmaischen Straße gebaut wird. Abgerissen wurde dafür ein DDR-Plattenbau.

    http://img403.imageshack.us/img403/1940/76160371.jpg

    Bekommen hat man dafür

    http://s7.directupload.net/images/140322/rj3v7dxa.jpg

    Es lässt einen immer wieder verwundert zurück. Dieser Bau könnte auch aus den 70-ern stammen. In 30 Jahren ist er wohl wieder weg.

    APH - am Puls der Zeit

  • Ich bin eh nicht selten etwas verwundert, dass [lexicon='Leipzig'][/lexicon] immer als das glänzende Vorbild in Sachen moderner Architektur dargestellt wird. Dabei gibt es speziell in der Altstadt nicht wenige Beispiele, die immerhin das Gegenteil suggerieren könnten.
    Neben dem Hotel in der "Grimmaischen", wäre jenes der gleichen Kette am Nikolaikirchhof, der Bau der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (ebenfalls Grimmaische Straße), der Kaufhof, die Hotelneubauten in der Ritterstraße/Brühl, die Höfe am Brühl usw. zu nennen.
    Dem stehen natürlich auch viele gelungene Neubauten gegenüber. Der Karstadt, das P&C-Kaufhaus, der Petersbogen, Mäcklers Marktgalerie sowie sicherlich zukünftig die Hainspitze wären hier zu nennen.
    So komme ich zu der Überzeugung, dass [lexicon='Leipzig'][/lexicon] nicht nur von seinem reichen architektonischen Erbe, sondern auch einer städtebaulichen Kontinuität zehrt, wie sie in deutschen Großstädten leider selten ist. In diesem Rahmen jedoch spielt sich das normale Baugeschehen unserer Zeit mit all seinen Katastrophen und kleinen Lichtblicken ab. [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hat halt Glück gehabt.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe