• noch ein kleiner beitrag aus der broschüre des halleschen innenstadt-vereins zum thema abrisskultur (nicht nur in weißenfels)



  • Gibt es denn im Westen überhaupt genügend bewusstsein dass so was in Weissenfels passieren kann? Ich meine: gäbe es da nicht eine Menge handwerklich begabte und interessierte Westdeutsche Rentner mit viel geld und Zeit die sich anstatt in ihren Schrebergärten aus zu toben, sich nicht lieber um solche gebäude kümmern? So relativ unweit kann man sich umsonst die schönste gebäude aussuchen, einen verein gründen und kulturell und gesellschaftlich tätig sein. Ich komme selbst aus Holland, wenn es da noch eine Provinz gäbe mit solch herrlichen architektur in solch einer zustand, bin ich mir sicher dass es da massenweise Leute gäbe die da alles kaufen und restaurieren möchten, zum Zweithaus, anlageobjekt etc. Ich denke sogar darüber nach, eine webseite zu bauen mit Beispiele, und mal gucken ob es da keine interessierte Holländer gibt die so was "adoptieren wollen"

  • Ich habe nicht das Gefühl, dass der älteren Generation der doch relativ "reichen" Wessis bekannt ist, was da im Osten noch immer untergeht. Die haben in der Mehrzahl schlicht kein Interessante daran und verpulvern das Geld anderswo und -wie. Die Jungen können einfach nicht wirklich helfen, da es keine Jobs gibt (wie angesprochen) und die wenigsten sich mehr als eine Mietwohnung leisten können (- wenn auch Eigentum auf längere Sicht sicher nicht wirklich teurer ist als mieten, so muss man doch Geld vorschießen und ist an einen Ort gebunden... da erzähle ich ja nichts neues, ihr wisst das ja alles aus eigener Erfahrung, denke ich...)

    Ich habe ja die Bilder in erster Linie hier eingestellt, um mal zu zeigen, was da los ist. Den Leuten vor Ort in Sachsen-Anhalt/Sachsen/Thüringen... wird der Verfall der Städte bekannt sein, im Westen weiss man aber fast nichts davon (die Medien bringen es einfach nur sehr verzerrt rüber).

  • gut, man sollte die "einheimischen" aber auch nicht von jeder schuld freisprechen - das desinteresse verteilt sich gleichgewichtig unter den deutschen. es sind leider nur allzu oft die zugereisten oder (wie in meinem fall) die abgereisten, die sich für diese städte beigeistern können.

    aber jeder mit einer romantischen ader sollte sich mal eine rad- oder fußwanderung entlang der saale gönnen - das ist die m.e. meist verkannteste kulturlandschaft im ganzen lande - und das sag ich nicht nur, weil ich dort herkomme.

  • Zitat von "stinoknot"

    Gibt es denn im Westen überhaupt genügend bewusstsein dass so was in Weissenfels passieren kann? Ich meine: gäbe es da nicht eine Menge handwerklich begabte und interessierte Westdeutsche Rentner mit viel geld und Zeit die sich anstatt in ihren Schrebergärten aus zu toben, sich nicht lieber um solche gebäude kümmern?

    So viele westdeutsche Rentner gibt es gar nicht wie man bräuchte um diese Probleme zu lösen. Man muß sich mal vorstellen das nicht wenige ostdeutsche Kleinstädte heute schon weniger Einwohner haben als ca. 1890. Theoretisch sind die Gründerzeitviertel schon unnötig.
    Bis zum Jahr 2050 wird übrigens mit einem nochmaligen Bevölkerungsückgang in Ostdeutschland um 30% gerechnet. Da Metropolregionen wie Dresden stabil bleiben ist der Rückgang in Orten wie Weißenfels umso größer.

    Und warum sich in Orten wie Weißenfels nix tut? Nun, es sind perspektivlose Regionen, gefangen in einem Netz aus Abwanderung, Rückbau, Hartz, Vergreißung, Unterversorgung und Armut. Diesen Regionen fehlt sämtliches Gestaltungspotential. In ihrer Zukunft wächst nichts, in ihrer Zukunft wird geschrumpft, gestorben, abgewickelt. Die große Politik interessiert sich für ein paar Leuchttürme weit weg aber nicht für die Provinz, und auf lokaler Ebene kann man diesen Trend nicht ändern. Man hat keine Gestaltungsmacht und keine Perspektive.

  • und dabei liegt weißenfels nur 15 autominuten von der "boomtown" [lexicon='leipzig'][/lexicon] entfernt

    gegen "bild" helfen nur antidepressiva - verspricht diekmanns apotheker :lachen:

  • Nur, selbst wenn Schrumpfung in dieser Region angesagt ist, warum belässt man es nicht einfach bei einer Notsicherung der leerstehenden Bausubstanz, statt nun "aufgelockerte" Schiffscontainer in die Stadt zu stellen? Was verspricht man sich von Stadtsanierung mit der Abrissbirne?

    Würde man die Häuser wenigstens vor dem gänzlichen Verfall ein wenig schützen und ansonsten belassen, könnte man zumindest kommenden Generation noch die Möglichkeit zugestehen, bestimmte Gebäude zu sanieren, die statt dessen nun einfach dem Erdboden gleich gemacht werden.

  • Zitat

    Die Stadtoberen setzen eher auf Abriss als auf Erhalt historischer Bausubstanzen. Ein klotziges Altenheim und Einfamilienhäuser entstehen zur Zeit. Die Weißenfelser Wohnungsbaugesellschaft plädiert entschieden dafür, kaputte Häuser rund um das Neubauprojekt niederzulegen, weil man ja den neuen Mietern den trostlosen Anblick nicht zumuten könne.

    Der Oberbürgermeister setzt darauf, dass die Neubauten einen viel hochwertigeren Ersatz für die Altbauten bietet. [...]Mit 60 Euro pro Quadratmeter wird die Vernichtung von Barockhäusern gefördert, nachdem zuvor Millionen für die Sicherung der Bauten verteilt worden sind.

    Das kann doch einfach nicht wahr sein!

  • Hallo.

    So sieht es in Weißenfels aus. Die Häuser in der Klosterstraße/Marienstraße (Novalisquartier) sind vernichtet. Im Oktober folgte dann der Abriß des Brückeneckes am Friedrichsplatz an der großen Brücke.

    Es ist erschreckend. Und es ist kein Ende in sicht. Weiter Infos bekommt man auf der Seite vom:
    http://www.aktionsbuendnis-altstadt-weissenfels.de

    Hier die Bilder:

    Klosterstraße






    Vor der Kirche sieht man das Viereck, was irgendwie an die alten DDR-Neubaugebiete erinnert. Dafür mußten die Häuser weichen

    Marienstraße



    Das neue Viereck steht etwa 5 meter vor dem "alten Häusern" oder wo sie mal standen.

    Brückeneck



  • Willkommen im Forum, weissenfelser!

    Die Bilder sind schrecklich. Sollen da jetzt echt Garagen mit farbig lackierten Schiffscontainern dazwischen zur "Auflockerung" gebaut werden? Kann man aktuelle Pläne für die Neubebauung bereits einsehen?


    Zitat

    Und es ist kein Ende in sicht.

    Stehen schon wieder neue Häuser auf dem Abrissplan? Wird von der Politik der Plattenbausanierung weiterhin nicht abgerückt?

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Andernorts wäre man froh, noch ein wenig Altstadt zu haben... Da fällt mir nur ein Wort ein: barbarisch.

  • Obwohl die Bilder oben wirklich schlimm sind, gibt es auch einige Lichtblicke. So wurden in den letzten Jahren am Markt wichtige Häuser gerettet. Auch das Fürstenhaus wurde restauriert. Die geplanten Neubauten in der Marienstrasse finde ich auch ganz ok:


    Quelle: http://www.marienstrasse-wbg.de

    Ausserdem soll es ein Investor geben, der Neubauten in der Klosterstrasse errichten möchte. Also doch keine Container? Vielleicht kann jemand dazu was näheres sagen?

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Däne

    letztens konnte man lesen, das Häuser in der Klosterstraße geplant sind. Aber es müßte Leute geben, die Interesse haben dort hinzuziehen. Man kann auch irgendwie selbst mit entscheiden wie sie aussehen sollen. (hoffe das ich das noch richtig in Erinnerung habe)
    Hier wurde vernichtet statt zu erhalten. Und es ging auch nicht darum das altes und zerfallenes verschwindet. Und man neues hinbaut.

    Günter Grass schrieb an das Aktionsbuendnis diesen Brief:

    (Quelle: http://www.aktionsbuendnis-altstadt-weissenfels.de)


    Die Häuser am Markt, die du ansprichst:
    Da steht ein Haus, was bis auf die Vorderseite vernichtet wurde. dahinter/daran baut man irgendwelche Zweckbauten.
    siehe auch den Bericht vom ZDF: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/6/0,1872,5563334,00.html

    Daneben eine große Lücke, und dann kommen die 3 Häuser aus der Herzogzeit, die saniert wurden. Die mußten gemacht werden, das hat jeder einsehen müßen.

    Und in der Marienstraße nicht diesen Klotz vergessen, der dann noch daneben steht. Mal sehen wie die Häuser dann fertig aussehen.

    Laut des Werbeschildes sieht man wer das finanziert:
    Rotes Kreuz Weißenfels
    Land Sachsen Anhalt
    Stadt Weißenfels
    Mittel der ARD - Fernsehlotterie


    Zitat

    Wer rettet die Städte eigentlich vor Ihren Bürger(meister)n?


    Ende April sind bei uns Bürgermeisterwahlen. http://www.bfw-direkt.de Man kann nur hoffen.

  • Das ist ja alles völlig unglaublich.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Das mit der Marienstrasse ist wirklich unglaublich. Eine Haeuserreihe aus dem Mittelalter bis zum Barock, die man andernorts gerne aus dem Nichts rekonstruiert haette (Dresden, Demmin) war hier in der Originalsubstanz erhalten und wurde eingeebnet. Es ist wie ein Kriegsverbrechen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Wo ist der bundesweite Aufschrei der Architekten angesichts solcher Tatsachen, kein BDA vor Ort, keine Hochschulprofessoren, die sich überregional für Weißenfels einsetzen, keine Architekturzeitschriften, die
    sich nach der Thematik schlagen...doch wenn es um die Verhinderung von Rekonstruktionen geht, dann ist diese - mit Verlaub - heuchlerische Gesellschaft schnell zur Stelle. :boese:

  • Dass es auch anders geht, kann man z.Bsp. in Pirna beobachten.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!