• Anlässlich der 800 Jahr Feier der Stadt Dresden läuft derzeit im Dresdner Hygienemuseum eine Ausstellung namens „Mythos Dresden“. Ich hatte selbst noch nicht die Gelegenheit, diese Ausstellung zu besichtigen, möchte aber wissen, was für Euch der Mythos Dresden ist.

    Warum interessieren sich viele Nicht-Dresdner so intensiv für diese Stadt? Warum kennt ihr Straßen, Plätze und Gebäude dieser Stadt, die es seit 60 Jahren nicht mehr gibt? Wieso haben viele Löfflers „Das Alte Dresden“ im Bücherregal stehen, haben von ihrer Heimatstadt aber etwas Äquivalentes nicht? Ist es die schwere Zerstörung der einst so schönen Stadt und der verfehlte Wiederaufbau? Ist es die Begeisterung für den Wiederaufbau der Frauenkirche samt Neumarkt als ein für Deutschland einzigartiges Rekonstruktionsprojekt? Oder die Hoffnung, dass der Funke auch auf andere Städte überspringt (s. Frankfurt/M), um einen Teil der eigenen Kultur zu bewahren?

    Was fasziniert euch an Dresden? Altstadtsilhouette und Elbtal? Der harte Kontrast zwischen wunderschönen noch vorhandenen Altbauvierteln und sich daran anschließenden Plattenbaugebieten (Striesen vs. Johannstadt)? Die lebendige Neustadt als die eigentlich verbliebene „Altstadt“? Die Kunststadt Dresden mit ihren zahlreichen Museen?

    Es heißt, die Dresdner lieben ihre Stadt über alles und auch Weggezogene bleiben mit ihrem Herzen in Dresden und verfolgen argwöhnisch die städtische Entwicklung. Wie werden Neu-Dresdner damit angesteckt, wie empfinden sie den Kult der Dresdner um ihre Stadt?

  • Schöner Thread!

    Zitat

    Was fasziniert euch an Dresden?

    Vor allem der Bezug zu Gesamtdeutschland.

    Dresden ist die einzige Großstadt in Deutschland, die sich meines Erachtens mit anderen europäischen Metropolen messen kann bzw. diese tlw. sogar übertrifft.
    Dresden ist (momentan noch) die einzige Großstadt in Deutschland, in der einstige Pracht wieder hergestellt wird.
    Dresden ist die einzige Großstadt in Deutschland mit einer solch gewaltigen "Touristenatmosphäre".
    Dresden ist die einzige Großstadt in Deutschland, die eine solch große Anzahl an prachtvollen, detailverliebten und fröhliche Bauten besitzt.
    Dresden ist die einzige Großstadt in Deutschland mit so vielen wunderschönen Stadtvierteln, mit so vielen Villen in exponierten Lagen.

    Dresden ist alleine durch seinen kleinen Altstadtkern kaum noch zu übertreffen - jetzt nehme man die ganzen anderen aufgezählten Punkte dazu,
    schon erkennt man den Mythos Dresden.

    Stellt man sich das Ganze jetzt noch vor dem zweiten Weltkrieg vor, geht es einem kaum in den Kopf, was das einmal für eine Stadt gewesen ist.

    Deutschland punktet mit Dresden!
    Seit der Wende hat endlich auch mein Heimatland eine großartige Stadt.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Mich reizt vor allem die Einbettung in die Landschaft, eben das Tal.

    Das Spitzhaus in Radebeul, von da hat man so einen schönen Blick, oder von Rundteil an der B170, dem Luisenhof oder Fichteturm, wobei das Spitzhaus (Restaurant in Radebeul) mein Favourit ist. Ich denke, die Villenviertel sind das was Dresden ausmacht und die Innenstadt ist dann zwangsläufig auch ansehnlich geworden, aber begründet durch die landschaftliche Einbettung.

    Was mir manchmal fehlt, ist ein wirklich metropolenhafter Charakter, das liegt natürlich sehr an der zerstörten Innenstadt.

    Die Innenstadt allein finde ich zwar schön, aber insbesondere im europäischen Maßstab hat sie natürlich keinerlei Alleinstellung. Da gibt es schon noch andere Metropolen, auch in Deutschland, wo mehr das Leben brummt.

  • Die Lage im Elbtal, das irgendwie südländische Ambiente (das ja [lexicon='Leipzig'][/lexicon] völlig fehlt), die schönen Einzelbauten, die sich auf großartige Weise zu einem faszinierenden Ganzen zusammenfüg(t)en.

    Außerdem hat Dresden irgendwie eine ganz besondere Atmosphäre, die man schon in Vororten spürt und die nicht viele Städte in Deutschland haben - vielleicht noch München, Hamburg und Berlin...

    Mit den Kontrasten oder der Kriegs-/Nachkriegs-Stadtgeschichte hat das Interesse nichts zu tun, mir wäre es wesentlich lieber, das Vorkriegsdresden gäbe es unverändert heute noch - auf "spannende Kontraste" zwischen Platte und Barock kann ich gern verzichten.

  • Zitat

    Da gibt es schon noch andere Metropolen, auch in Deutschland, wo mehr das Leben brummt.

    Steffen:

    Nenne mir eine 500000-Einwohner-Stadt in Deutschland, in der Du dermaßen viele Reisegruppen, Stadtrundfahrtbusse und Touristenmassen im Zentrum siehst.
    Stuttgart vielleicht, Hannover? Selbst in Nürnberg verläuft sich das alles mehr, wohl auch deswegen, weil die Stadt in erster Linie dem Bürger gehört.
    In Dresden ist das anders - die Prager Straße, die Altmarktgalerie - das ist die bürgerliche Stadt, vergleichbar mit der Zeil in Frankfurt.
    Aber das historische Zentrum gehört der Welt, und das finde ich in andere Städten Deutschlands so nicht...

    @silesianospostato

    Freut mich, dass Du das südländische Flair erwähnst, gerade im Vergleich zu [lexicon='Leipzig'][/lexicon].
    Alleine deswegen käme [lexicon='Leipzig'][/lexicon] für mich als Wohnstandort nie in Frage, es wirkt viel kühler, viel deutscher.
    Dagegen ist Dresden wie eine Oase, ein kleines Paradies, wenn man durch Radebeul kurvt, fühlt man sich einfach warm und geborgen.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Interessante Frage!
    Ich war noch nie in Dresden und doch interessiere ich mich mehr für sie, als für alle anderen Städte Deutschlands...

    Ich glaube es liegt an der Hoffnung Dresden könne wieder zu dem werden, was es einmal war: Eine der schönsten Städte der Welt!
    Hier in Deutschland fehlt einfach ein "Rom", ein "Paris" oder ein "Prag". Nur Dresden könnte diese Rolle in der Zukunft einnehmen und darauf hoffe ich! Ich hoffe Dresden wird wieder zu dem was es einmal war.
    In spätestens 20/30 Jahren will ich (vielleicht ja zum ersten mal) durch Dresden wandeln, zusammen mit tausenden von Touristen aus der ganzen Welt, und sagen:
    "Ja, Dresden ist wieder aufgeblüht!"

    Verdammt, bei Dresden werde ich irgendwie immer sentimental! :peinlich:

  • Das obere Elbtal ist ja eine kleine warme Klimainsel relativ weit im Norden, beginnt kurz vor Meissen und reicht dann weiter bis hinter Pirna.

    Seltsamerweise ändert sich die gesamte Atmosphäre dann kurz hinter Meissen elbabwärts wieder relativ schnell - die Weinberge hören auf, die Landschaft wird eben, und auch Riesa hat nicht mehr das besondere Flair wie eben Meissen oder Dresden.

    Daß in Dresden teilweise kaum etwas los ist, kann ich aber nach einem einwöchigen Aufenthalt schon bestätigen und hat einfach damit zu tun, daß der Nachkriegsaufbau in der Innenstadt (bestehend aus grüner Wiese und Wohnblocks) eben verhindert, daß sich lebendiges Leben auf der Straße entwickelt. Das verlagert sich dann eben in die Neustadt oder die intakten Vororte (ich war überrascht, was für tolle Ecken es in mir völlig unbekannten Vororten wie Trachau oder Trachenberge gibt, hat mich teilweise stark an München erinnert), nur in der eigentlichen "Altstadt" rund um die Prager Straße oder die Annenkirche ist halt kaum etwas los.

  • Zitat

    Seltsamerweise ändert sich die gesamte Atmosphäre dann kurz hinter Meissen elbabwärts wieder relativ schnell - die Weinberge hören auf, die Landschaft wird eben, und auch Riesa hat nicht mehr das besondere Flair wie eben Meissen oder Dresden.

    Korrekt! Auch der Baustil ändert sich abrupt. Außerhalb des Elbtals findet man praktisch keine italienisch anmutenden Villen mehr.

    Zitat

    nur in der eigentlichen "Altstadt" rund um die Prager Straße oder die Annenkirche ist halt kaum etwas los.

    Dafür zwischen Zwinger und Kurländer Palais umso mehr!
    Und: Schon Mal am Samstag in der Altmarktgalerie gewesen?
    Da kann man kaum einen Fuß vor den anderen setzen und alle Zufahrtswege ersticken im Verkehrskollaps.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Mich fasziniert an Dresden die Aufbruchstimmung die dort momentan herrscht, der Wiederaufbau der Frauenkirche und des Neumarkts ganz besonders. Und dass die Dresdener ihr altes Dresden wiederhaben wollen.

    ... wäre die Frauenkirche nicht wiederaufgebaut worden, Dresden wäre in meinen Augen eine Stadt von vielen... aber jetzt blüht die Stadt - und das ist wunderbar!

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "Treverer"

    Interessante Frage!
    Ich war noch nie in Dresden und doch interessiere ich mich mehr für sie, als für alle anderen Städte Deutschlands...

    Das finde ich gerade so faszinierend. Menschen, die die Stadt nicht kennen, nehmen an der Diskussion um ihre Entwicklung teil. Allein der Name "Dresden" strahlt wohl schon eine Magie aus. Ist der Ruf der Stadt eigentlich besser als die Realität? Jedes Kind weiß um die starken Zerstörungen, aber doch glaube ich, viele erwarten eine geschlossene historische Altstadt. Ist man dann als "Erst-Besucher" enttäuscht oder wiegen die einzigartigen Solitäre Zwinger, Hofkirche, Frauenkirche etc. alles wieder auf?

    So sehr ich mich über die gravierenden Fehlentscheidungen des Wiederaufbaus (und der Zerstörung erhaltenswerter Ruinen) der letzten 60 Jahre ärgere, laufe ich aber von der Königstraße über die Hauptstraße und die Augustusbrücke zum Theaterplatz, so ist dies alles vergessen und auch ich bekomme noch eine Gänsehaut beim Anblick der Gebäude (besonders nachts).


    Da ihr gerade [lexicon='Leipzig'][/lexicon] erwähnt: diese Stadt hat das was Dresden fehlt und umgekehrt. In [lexicon='Leipzig'][/lexicon] findet man eine relativ geschlosse historische Innenstadt vor, aber das Einzigartige wie eine Frauenkirche oder ein Grünes Gewölbe fehlt dort leider (oder zum Glück für Dresden :zwinkern: ). Könnte man Dresden und [lexicon='Leipzig'][/lexicon] mischen, so hätten wir die schönste Stadt Deutschlands...

  • Für mich hat mein persönlicher "Mythos Dresden" sehr stark mit meiner Kindheit zu tun.
    Als ich klein war, bin ich sehr oft pro Jahr bei meinen Großeltern in Cotta gewesen. Später habe ich alles bewusster wahrgenommen:

    In erster Linie reizte mich an Dresden, dass es den Geist einer Großstadt athmete, der mir im kleinen Weimar etwas fehlte. Die Gebäude waren größer, es gab eine Straßenbahn, einen Zoo, eine Pioniereisenbahn und ein Kaufhaus mit Rolltreppe! Allein wenn ich das Geräusch der alten Tatrabahn höre, verbinde ich damt dieses wohlige Kindheitsgefühl, aus einer Zeit, wo die Welt sich noch etwas langsamer drehte und alle im selben Boot saßen.

    Zu dieser Grundstimmung kam, dass mir mit 12 Jahren einige alte Ansichten in die Hände fielen. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: diese Stadt muss ja einst so schön, wie seine Vororte gewesen sein! Das war der Punkt, wo ich zum Dresden-Junkie geworden bin. Mein Ziel war es seit dem jede Ecke zu erkundschaften und mit alten Ansichten zu vergleichen. Natürlich bringt das verlorene zu suchen mehr Geheimnisvolles und mehr Reiz mit sich, als wenn die Stadt intakt gewesen wäre (was aber immer mein größter Traum war). Ich fuhr damals bestimmt 5 - 6 mal zu meiner Omi, manchmal nur ein Wochenende nur um neue Sachen zu entdecken und wie weit die Baugeschehen gediehen waren (ich habe den Wiederaufbau des Schlosses von Anfang bewusst mitverfolgt) ´s gab ja kein Internet, wie heutzutage.
    Nach einiger Zeit hat sich das mit meiner Dresdenverliebtheit in meiner Verwandschaft rumgesprochen und ich habe wurde beschenkt mit Büchern, Bildbänden, später Videos. Ich konnte nicht genug haben.
    Es ging sogar soweit, dass ich nur noch mit einem alten Stadtplan durch die Stadt gelaufen bin und die alten Straßennahmen besser als die zu DDR-Zeiten gebräuchlichen kannte.

    Daran hat sich eigentlich heute nicht viel geändert. Sicher ich bin mehr in der Welt rumgekommen (habe richtig schöne intakte Großstädte gesehen) dafür komme ich zeitlich weniger in die Dresdner Ecke aber die Möglichkeiten des Informationsflusses haben sich ja durch das Internet sehr verbessert.

    Zusammengefasst: Es wäre enttäuschend, wenn man von einem Besuch mit einem Bummel über dir Brühlsche Terasse mit den wenig erhaltenen Resten des Alten Dresdens auf den Mythos Dresden schließt.
    Um diesen zu erschließen muss man auf jeden Fall die Museen, Theater, Vorstädte mitsamt den alten Villen, Schlösser rund um Dresden, Landschaft insbesondere des Elbhanges, Neustädter Nachtleben, Elbfahrt mit altem Raddampfer, Großer Garten mit Parkeisenbahn... erlebt und auch einmal alte Stadtansichten gesehen haben.

    Und was die Stadt auch so einzigartig macht, sind die Dresdner an sich, mit dem niedlichen Dialektsingsang (tausendmal besser als Leipzscher Sächs´sch oder gar Arzgebargsch!) die sich so mit Ihrer Stadt identifizieren. In welcher Stadt hat man das schon, wo bei jedem kleinen Pups Zehntausende hinrammeln. :zwinkern:


    PS.: Zu den Touristen kann ich als ehem. Weimarer nur folgendes sagen: Natürlich ist es gut wenn sich viele für die Schönheit der eigenen Stadt interessieren und zudem noch ein bisschen Geld dalassen, aber meine Meinung ist, dass eine Stadt in erster Linie den Einwohnern selbst gehört. Also das Motto, der Neumarkt wird zum Wohle der Touristen gebaut, finde ich etwas daneben.

  • Mir hat schon als Kind eine Bekannte von der Schönheit und Zerstörung der Stadt erzählt. Von daher wusste ich schon immer, dass die Stadt was besonderes haben musste. Daher entschieden ich und ein Freund von mir bei unserer ersten Sachsen Reise im August 2003 auch, auf jeden Fall Dresden zu besuchen. Ich wusste kaum was von der Stadt.

    Als wir dann - wir hatten vorher das schöne Weimar besichtigt - durch die Innenstadt fuhren, mit häßlichen Überführungen und Plattenbauten, fragten wir uns desillusioniert, wo die Altstadt ist. Wir kamen am verfallenen Erlweinspeicher vorbei - ein schlimmer Anblick - und parkten irgendwo hinter der Semperoper. Dann der Theaterplatz, großartig. Die Semperoper, der Zwinger, das Nymphenbad. Das war eine unglaubliche Eleganz, wie wir sie nirgends in Weimar sahen. Weimar hat wunderschöne Häuser, aber wunderschöne Häuser haben noch viele deutsche Altstädte. Weimar ist fast zu klassisch, zu streng. In welcher Stadt findet man aber die schönste Oper im deutschen Sprachraum, die schönste protestantische Kirche Europas, den Gipfel des Barock in Europa (Zwinger nach Weiland)?

    Es ist echt wahr: Ausgerechnet in dieser zerschundenen, gebrochenen, vergewaltigten Stadt stehen die elegantesten Bauten und schönsten Kunstwerke, die man in der Mitte Europas finden kann.
    Im Zwinger ging zu allem Überfluss mein Fotoapparat kaputt, ich suchte einen Fotoladen - und fand ihn irgendwo in der Altstadtgalerie. Was für grausame Kontraste. Ich fragte mich immer wieder, wer die Stadt mehr versaut hat, die Engländer oder die kommunistischen Plattenbauer. Dann beschlich mich ein seltsames Gefühl, als ich den Turm der Kathedrale bewunderte. Was war das für ein eigenartiger Bau, dessen obere Stockwerke auf Säulen standen? Ich habe seitdem nach weiteren durchbrochenen Kirchtürmen gesucht, aber etwas so graziöses ist mir seitdem nicht mehr untergekommen.

    Dann der Neumarkt: Wir waren enttäuscht, dass es die erhoffte Altstadt nicht gab! Und auch mein Freund meinte enttäuscht: "Du wirst in Dresden nie wieder ein altes Haus sehen"! Diese destruktive Haltung enttäuschte mich total. Vor kurzem konnte ich ihm endlich mitteilen: "Du hast dich geirrt"! Ich bin mit Leib und Seele Bayer. München ist größer als Dresden und hat mehr historische Bausubstanz. Aber München hat kein einziges Bauwerk, das sich mit Zwinger, Semperoper doder Frauenkirche an Eleganz messen kann (übrigens auch nicht Hamburg oder Berlin). Das Grüne Gewölbe übertrifft die Münchner Schatzkammer weit an Pracht. Der Große Garten ist einfach schöner als der Englische Garten in München und vor allem: München ist platt, die Isar schlängelt sich eher lieblos durch die Stadt. Wieviel anders ist da Dresden mit der Elbe und seinen Weinbergen.

    Nach dem Urlaub habe ich dann 2 Bücher über die Zerstörung Dresdens verschlungen und mir Fritz Löfflers Buch gekauft. Spätestens jetzt wurde mir endgültig klar, wie schön das alte Dresden war und was die Dresdner alles für ihre Stadt trotz Krieg und Diktatur erreicht haben. Ich entdeckte immer mehr schöne Ecken, die mir bei meinem Besuch völlig entgangen sind. Ich bin überzeugt, dass es sich lohnt, für den Wiederaufbau der Altstadt zu kämpfen. Sie ist das einzige, was Dresden noch wirklich fehlt. Es muß ja keine übermäßig große Altstadt werden, aber diesen einmalig eleganten Bauwerken muß man einen würdigen Rahmen geben. Und seit ich meinem Kollegen die Bilder von der Rekonstruktion des Neumarkts gezeigt habe, will auch er, der sich viel stärker als ich von den schlimmen Seiten der Stadt abschrecken ließ, wieder nach Dresden...

  • Zitat von "Kindvon2dresdnern"

    aber meine Meinung ist, dass eine Stadt in erster Linie den Einwohnern selbst gehört. Also das Motto, der Neumarkt wird zum Wohle der Touristen gebaut, finde ich etwas daneben.

    Weiß jetzt nicht genau, ob das jetzt auf mein Posting bezogen war, möchte aber klarstellen, dass ich das ganz genau so sehe!
    Natürlich gehört der Neumarkt wie die gesamte Stadt vor allem Mal den Einwohnern -
    nur liebe ich Plätze, auf denen es sich eben auch Touristenmassen gemütlich machen - wie der große Platz in Siena.
    Das wirkt weltstädtisch und bringt Urlaubslaune (-->Brühlsche Terasse) in den deutschen Alltag. (-->Altmarktgalerie).
    Und natürlich spricht es für die Stadt!

    Zitat von "Kindvon2dresdnern"


    Und was die Stadt auch so einzigartig macht, sind die Dresdner an sich, mit dem niedlichen Dialektsingsang (tausendmal besser als Leipzscher Sächs´sch oder gar Arzgebargsch!) die sich so mit Ihrer Stadt identifizieren.:zwinkern:

    Schön, dass Du den Dialekt erwähnst!
    Dresdner Sächsisch hört sich in meinen Ohren auch weitaus angenehmer an als dieses Maschendrahtzaun-Klischee-Sächsisch!
    Ist im Grunde eine ganz eigene Mundart mit empirischen Ausdrücken. (Nu?) :zwinkern:

    Außerdem sind viele Dresdner wirklich liebenswert herzlich und unglaublich offen!

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat von "Harmonica"


    Warum interessieren sich viele Nicht-Dresdner so intensiv für diese Stadt? Warum kennt ihr Straßen, Plätze und Gebäude dieser Stadt, die es seit 60 Jahren nicht mehr gibt?

    Ist es die Begeisterung für den Wiederaufbau der Frauenkirche samt Neumarkt als ein für Deutschland einzigartiges Rekonstruktionsprojekt?

    Was fasziniert euch an Dresden?

    Schönes Thema.

    Also, ich als alter Wessi (geboren in Berlin, aufgewachsen in Frankfurt) wußte lange Zeit über Dresden nicht viel ("wurde im Krieg zerstört, war wohl mal ganz schön, es gibt dort einen Zwinger oder so, was auch immer das ist..."). Nach der Wiedervereinigung habe ich von der Frauenkirche gehört und zunehmend mehr über DD (In Zeitungen und Zeitschriften gelesen, dann 1995 die Chance genutzt, einen Studienkollegen, der zwei Semester in DD verbrachte zu besuchen und mir bei der Gelegenheit mal die Stadt anzusehen. Bewaffnet mit Reiseführern bin ich hingefahren, hab erstmal geschockt beim Verlassen des Hauptbahnhofs auf die Prager geschaut ("Bitte, wat is dat???? Bin ich aus Versehen bis Kaliningrad gefahren...? :schockiert: ), naja, und dann Frauenkirche, Hofkirche, Zwinger, Schloß - und ich war "infiziert". 8)

    Seitdem habe ich alles mögliche, was über DD geschrieben wird, aufgesogen. Und je mehr ich nachgelesen habe, wie es in DD früher ausgesehen hat und wieviel nach 1945 zerstört wurde, umso mehr habe ich mir gewünscht, daß so viel wie möglich wieder aufgebaut wird. Irgendwann bin ich dann zufällig auf die GHND-Seite gestoßen, und seitdem verfolge ich alles ganz genau. Als ich 2001 das zweite Mal dort war, merkte ich ein plötzliches Kribbeln und eine Art emotionale Erregung, als ich von der Autobahn aus plötzlich die ersten Türme (wahrscheinlich Hausmannsturm und Rathausturm) auftauchen sah. Ich bin wohl eine Art "Gefühlsdresdner".

    Aber damit ist die Frage noch nicht beantwortet. Was fasziniert einen an Dresden? Vielleicht die Tatsache, daß von dieser einst so prachtvollen Stadt nur noch recht wenig, aber doch die berühmtesten Bauwerke erhalten ist und man sich anhand der erhaltenen Bauwerke ständig vorstellt, wie das komplette Elbflorenz mal ausgesehen hat. Dafür steht gerade noch genug. Hätten Ulbricht & Co etwas gründlicher "gearbeitet" und die Ruinen FK, Hofkirche, Schloß, Oper und Zwinger verschwinden lassen, gäbe es zwar insgesamt auch noch einiges zu sehen in DD, aber die große Anziehungskraft wäre wohl dahin. Da es aber diese Pracht-Insel noch/wieder gibt hat man ständig das Gefühl, daß der Rest auch noch auf "Auferstehung" wartet. Und zumindest partiell geschieht das ja auch...

    Zitat von "Treverer"

    Hier in Deutschland fehlt einfach ein "Rom", ein "Paris" oder ein "Prag". Nur Dresden könnte diese Rolle in der Zukunft einnehmen und darauf hoffe ich!

    Gehört zwar nicht ganz hierher, aber: Eine Art "deutsches Paris" hätte auch Berlin werden können - wenn man nach der Wende ausschließlich Patzschke und seelenverwandte Architekten mit Neubauten beauftragt, das Schloß rekonstruiert und die Fischerinsel von den Hochhäusern befreit und neumarktartig bebaut hätte. Doch es kam ja etwas anders...

  • Das Thema gefällt mir auch.

    Geboren bin ich in Göttingen, aber aufgewachsen in Freiburg im Breisgau (hallo, youngwoerth!). Als es darum ging, einen Studienplatz zu suchen, standen Freiburg, Heidelberg, München und Dresden zur Debatte. Es sollte München werden, aber aufgrund meiner, ähem, mittelmäßigen Noten wurde es dann irgendwie Dresden, obwohl ich die Stadt noch nie zuvor besucht hatte. Riskant, nicht wahr?

    So fuhr ich Ende August 2003 das erste Mal in die Stadt, um eine Wohnung zu suchen; mit einer immensen Erwartungshaltung, da es in meiner Verwandtschaft viele Dresden-Freunde gibt, die immer vom sogenannten "Elb-Florenz" schwärmten. Als ich aus dem verlassenen Hauptbahnhof schritt, stand ich vor der riesigen Brachlandschaft am Wiener Platz -- und war schockiert! Noch schlimmer war, dass ich in der "City-Herberge" am Pirnaischen Platz gebucht hatte, einem Plattenhotel in der miesesten Ecke der Innenstadt.

    Mit sehr viel Glück fand ich noch am selben Tag eine tolle Wohnung in einem frisch sanierten Gründerzeitbau in Dresden-Plauen, einem der schönsten Stadtteile, wie ich finde. Den Tag nutzte ich noch, um die Frauenkirche zu besuchen. Auch das stellte sich als Griff ins Klo raus, denn vom Neumarkt gab es ja noch nichts, nur das Hilton und den heute nicht mehr existierenden Polizei-Plattenanbau. So fuhr ich schlecht gelaunt nach Hause und hielt die Entscheidung, nach Dresden zu ziehen, für falsch.

    Geändert hat sich das erst 2004, als ich nach und nach realisiert habe, dass sich hier jede Menge tut -- auch in meiner unmittelbaren Nachbarschaft wurden Gebäude und Straßen saniert. Das richtige Dresden-Fieber begann aber erst, als ich auf die Seite der GHND stieß, und natürlich auf dieses Forum. Ab sofort glaubte ich, dass noch nicht alles verloren sei.

    Mittlerweile empfinde ich Dresden als die tollste Großstadt Deutschlands. Es ist noch viel zu tun, aber alleine die riesigen Villengebiete in der einzigartigen Flusslandschaft werten vieles auf. Erhalte ich Besuch, schleife ich ihn zielgenau durch den Zwinger über den Theaterplatz und den Neumarkt, bevor es über die Augustusbrücke in die Königsstraße geht. Auch das Blaue Wunder und die dortige schöne Gegend kennt mittlerweile jeder meiner Besucher.

    Trotz der vielen Zerstörungen und des völlig missratenen Teilwiederaufbaus nach dem Krieg hat sich Dresden also seinen Mythos erhalten. Sofern der Neumarkt gelingt, um den Postplatz herum anständig gebaut wird und irgendwann vielleicht auch die Johannstadt und der Neustädter Markt in Angriff genommen werden, wird Dresden bestimmt eine der schönsten Städte Europas.

    --
    Aenos

  • Zitat von "Kindvon2dresdnern"


    PS.: Zu den Touristen kann ich als ehem. Weimarer nur folgendes sagen: Natürlich ist es gut wenn sich viele für die Schönheit der eigenen Stadt interessieren und zudem noch ein bisschen Geld dalassen, aber meine Meinung ist, dass eine Stadt in erster Linie den Einwohnern selbst gehört. Also das Motto, der Neumarkt wird zum Wohle der Touristen gebaut, finde ich etwas daneben.


    Ist aber so, (und muß wohl auch so sein)
    daß sich bestimmte Bereiche mit ihren Edelboutiquen und messingfarbenen Kanzleischildern zu Schickimickivierteln entwickeln, in denen man als alter Dresdner empfindet, als wäre man irgendwo zu Besuch und könne sich in einer der glitzernden Bankfilialen sein Begrüßungsgeld abholen.

  • Zitat von "Harmonica"


    Da ihr gerade [lexicon='Leipzig'][/lexicon] erwähnt: diese Stadt hat das was Dresden fehlt und umgekehrt.

    Das hast du aber schön gesagt, Harmonica, und bringst es mit einem Satz auf den Punkt. Die beiden Städte, obwohl sächsische Schwestern von ähnlicher Größe, haben sich in den letzten Jahrhunderten zu unterschiedlich entwickelt, als das man sie miteinander vergleichen könnte. Aber genau das macht doch den Reiz beider Städte aus, finde ich. Man sollte in Zukunft viel mehr die Unterschiede, gerade auch in touristischer Hinsicht, lobpreisen. Hier das vornehme und herzliche königlich-sächsische Dresden, dort das zuweilen etwas hektische (durch die vielen Baustellen), ansonsten aber sehr gemütliche [lexicon='Leipzig'][/lexicon] mit seinem Bürgerstolz, der kompakten Innenstadt, den Gründerzeitgürteln oder den ausgedehnten Park- und Waldlandschaften.

    Und was die angeblich unwirtliche Umgebung angeht, auch das ist [lexicon='Leipzig'][/lexicon].

    Was mich an DD fasziniert:
    - die Silhouette der Altstadt (von der A4 aus kommend, kribbelt's einen bei diesem herrlichen Anblick)
    - die vielen Museen und Kunstschätze der Stadt
    - DD-Neustadt (wegen der Kneipen :zwinkern: )
    - die Villenvororte
    - die reizvolle Umgebung

    Was mir nach wie vor nicht behagt: das Zentrum mit seinen vielen Plattenbauten und u.a. auch daraus resultierend, die städtebaulichen Fehlplanungen der letzten 60 Jahre, insbesondere auch der letzten 15 Jahre.

  • Zitat von "Miwori"


    Ist aber so, (und muß wohl auch so sein)
    daß sich bestimmte Bereiche mit ihren Edelboutiquen und messingfarbenen Kanzleischildern zu Schickimickivierteln entwickeln, in denen man als alter Dresdner empfindet, als wäre man irgendwo zu Besuch und könne sich in einer der glitzernden Bankfilialen sein Begrüßungsgeld abholen.

    Du hast schon recht, ist vielleicht auch viel Wunschdenken meinerseits dabei. Ich stelle mir halt eine Mitte vor, die selbstverständlich ist, wo man z.B. einkaufen geht wie auf der Prager Str.
    Aber so wie es aussieht, wird man vor lauter Touristenmassen keinen Sitzplatz in einem Straßencafe ergattern kann. (Aber viel Spaß hätte man eh nicht, da der Blick zur Frauenkirche durch Touristenschlangen verdeckt wird und man für den Kaffeepreis anderswo ein Mittagsmenü bekommt.)

    Auf der anderen Seite weiß ich natürlich, dass der Tourismus ein nicht unerheblicher Wirtschaftsfaktor ist, und selbst der starke August - um auf das Hauptthema "Mythos" zu kommen- hat sein Dresden so prunkvoll erbaut, damit er vor der übrigen Welt glänzen konnte, weniger um den Bürgern etwas gutes zu tun.


    Noch ein kleiner Nachtrag:
    Dixieland-Festival 2006 - Menschenmassen auf der Brühlschen - Bild von Stefan Lohmann aus Dresden - Fotografie (5680777) | fotocommunity

    mir vergehts bei so einem Gewühle!

  • Mir gefällt das gerade gut, wenn viele Leute in der Stadt sind. Wer Ruhe haben will, muß nur wenige Minuten mit der Bahn aus dem Zentrum raus fahren.

    offtopic: Links im Bild steht wieder eine einzelne Person, die das ganze Bild zunichte macht, eine Frau mit weißen Socken in Sandalen und solchen Unterschenkel betonenden blauen Jeans als wäre sie ein junges Mädchen, das Bein zeigen will. Ich verstehe einfach nicht, wie man so rumlaufen kann. Selbst ein umgebundener Sack wäre viel besser anzuschauen und würde sich harmonisch in´s Bild einfügen. Hunderte, wenn nicht Tausende, bilden ein normales Gewühle und eine dampft rücksischtslos das Bild platt. :)

  • Zitat von "Steffen Kaufmann"


    offtopic: Links im Bild steht wieder eine einzelne Person, die das ganze Bild zunichte macht, eine Frau mit weißen Socken in Sandalen und solchen Unterschenkel betonenden blauen Jeans als wäre sie ein junges Mädchen, das Bein zeigen will. Ich verstehe einfach nicht, wie man so rumlaufen kann. Selbst ein umgebundener Sack wäre viel besser anzuschauen und würde sich harmonisch in´s Bild einfügen. Hunderte, wenn nicht Tausende, bilden ein normales Gewühle und eine dampft rücksischtslos das Bild platt. :)


    Eine Kleidersatzung für Neumarkt, Theaterplatz und Brühlsche Terrasse!
    :zwinkern:

    Darf die Oma in der Wilsdruffer Straße Nord noch im Dederonkittel auf ihren Balkon treten oder ist das für die Gäste des Steigenberger Hotel de Saxe und die Besucher der Frauenkirchenkuppel, die ja für den Ausblick immerhin 8 € bezahlt haben, eine Zumutung?