Detmold (Galerie)

  • Nach dem Rundgang durch Lemgo und durch Bielefeld kommt nun die nächste ostwestfälische Stadt dran. Obwohl Detmold heute 70.000 Einwohner hat, ist die Altstadt winzig. Ein Viertel davon wird vom Schloss und dem Schlosspark eingenommen, der im Sommer zur größten öffentlichen Liegewiese der Stadt mutiert. Außerhalb der Altstadt gibt es große gründerzeitliche Villenviertel und historistische Mietshausbauten, die fast großstädtisch wirken. Bei meinem Rundgang habe ich mich aber fast ausschließlich auf die Altsadt konzentriert, die trotz ihrer geringen Größe erstaunlich viel zu bieten hat.

    Das klassizistische Rathaus wurde 1829 gebaut. Offenbar hielt man den Vorgängerbau im Stil der Weserrenaissance nicht würdig für eine Residenzstadt (Lippe war damals Fürstentum). Wie dem auch sei, dieses Rathaus ist jedenfalls ziemlich beeindruckend und beherrscht den (recht kleinen) Marktplatz:

    Fast schon dörflich mutet dagegen die Stadtpfarrkirche direkt daneben an. Sie stammt meines Wissens trotz ihrer spätgotischen Formen erst aus dem frühen 16. Jahrhundert:

    Dieses Haus versteckt sich hinter dem klotzigen Sparkassenneubau. Dabei hat es gar keinen Grund dazu, sich zu verstecken:

    Die Lange Straße ist die Hauptgeschäftsstraße und greift über den historischen Stadtkern hinaus in die Stadterweiterung des späten 19./frühen 20. Jh. über. Ähnlich wie in Lemgo sollte man bei fast allen Gebäuden die Erdgeschosse lieber nicht anschauen - obwohl es auch bei den Schaufenstereinbauten Qualitätsunterschiede gibt:



    Bei dem Haus fragt man sich, ob da überhaupt noch was historisch ist:


    Ob unter diesem "Überraschungsei" noch ein Schatz steckt?

    Der Detmolder Hof an der Kreuzung Lange Straße / Krumme Straße. Einer von zwei erhaltenen Steinbauten aus dem 16. Jahrhundert (zumindest steckt der da irgendwo noch drin):


    Der zweite Renaissance-Steinbau steht fast gegenüber:





    Ein ansehnlicher historistischer Bau lenkt den Blick auf sich, ohne aber das Sparkassen-Monstrum nebenan völlig verdrängen zu können:

    Historismus mit Lokalkolorit (Fächerrosetten):

    Die Detmolder Stadtmauer ist trotz relativ vieler Straßendurchbrüche noch erstaunlich intakt. Zwar stehen keine Türme und Tore mehr, aber ich schätze, etwa die Hälfte der Mauer ist noch vorhanden, oftmals von Fachwerkhäusern als Rückwand genutzt:



    Dieses haus sieht aus, als hätte es sich verlaufen:

    Das Sterbehaus des Dichters Dietrich Grabbe. Ob das Haus durch seine Fachwerkfreilegung auch gestorben ist, ist sicher diskussionswürdig :) :

    Nun kommen Bilder aus der Bruchstraße dran. Bei diesem malerisch gelegenen Haus am Schlossgraben kann man dank des leerstehenden Ladens das völlig ausgeräumte Erdgeschoss bewundern:

    Das Grabbe-Geburtshaus war früher mal Gefängnis (als die Stadt noch keine 70.000 Einwohner hatte, versteht sich). Jedenfalls eine interessante Stilmischung, die sich irgendwie nirgends so recht einordnen lässt.

    Nun kommen wir zur schönsten Straße der Altstadt, der Krummen Straße. Momentan dank Totalbaustelle verkehrsberuhigte Zone, da Kanalisation und im Anschluss daran der Straßenbelag erneuert werden. Erstaunlich viele Häuser stammen noch aus dem 16./17. Jahrhundert, und was sie nicht an Größe haben, scheinen sie durch ihren Reichtum an Schnitzereien wettmachen zu wollen:











    Auch dieses Haus war mal mit Fächerrosetten verziert, wie man an den Resten auf den Ständern erkennen kann. Muss einen imposanten Eindruck gemacht haben:



    Bei diesem Haus gegenüber vom Detmolder Hof scheint jemand sehr kreativ gewesen zu sein:






    Die Adolfstraße ist eine der Mauerstraßen. Die Tagelöhnerhäuser sitzen alle auf der Stadtmauer. Leider ist die Hälfte von ihnen nicht mehr echt, sondern wurde in den 1960ern abgerissen und "rekonstruiert":



    Ein Haus am Wall:

    Zum Abschluss noch ein Blick aufs Schloss, das Wahrzeichen der Stadt (nach dem Hermannsdenkmal, versteht sich):

  • Na viel ist ja vom herrlichen Schloss mit Park nicht zu sehen :zwinkern:

    Nein im Ernst, danke für die Mühe die Bilder einzustellen. Schade dass das Wetter nicht so mitgespielt hatte. Ich war die letzten Jahre beruflich viel in OWL unterwegs und finde Detmold als eine wunderschöne Stadt, die auch noch durch die Musikhochschule "lebendig" ist.
    Herford muss ja vor der "Stadtumgestaltung" mindestens genauso schön wie Detmold gewesen sein. Detmold hatte damals nur nicht so viel Geld, und so halten sich die Sünden im Rahmen.

  • Ich glaube, da hatten sich die Bürger auch mit Händen und Füßen gegen gewehrt. War wohl eines der wenigen Male, wo eine Bürgerinitiative auch Erfolg zeigte.

    Vom Schloss hatte ich ursprünglich noch ein zweites Bild gemacht, aber das habe ich wohl wieder gelöscht, weil ich den Platz auf der Kamera-Speicherkarte für die Häuser, die nicht in jedem Touristenführer drinstehen, brauchte :)

  • das mit der Speicherkarte kenne ich, bis es mir gereicht hat und dann bin ich zu Saturn gelaufen und hab mir ne GB geholt. Hat sich gelohnt und mittlerweile sind sie auch billig geworden...

  • Zitat

    Ein ansehnlicher historistischer Bau lenkt den Blick auf sich, ohne aber das Sparkassen-Monstrum nebenan völlig verdrängen zu können:

    Wobei ich allerdings vermuten würde, dass so mancher Heimatschützer vor 100 Jahren sicherlich ebensowenig von dem historistischen Gebäude begeistert gewesen sein wird wie wir heute von dem modernen Sparkassengebäude.
    Man vergleiche das historistische Gebäude nur einmal mit dem Fachwerkhaus gleich daneben: Irgendwie ist der damalige "Neubau" einfach zu groß und zu unmaßstäblich geraten.
    Auch damals wurden eben schon mal Fehler gemacht...

    Zitat

    Ob unter diesem "Überraschungsei" noch ein Schatz steckt?

    Wäre ein Kandidat für eine Fachwerkfreilegung... :daumenobengruen:
    Aber die Ladengeschosse bei den Fachwerkhäusern sind wirklich nur noch zum Gruseln - leider hat man sich an deren Anblick in den meisten Altstädten schon gewöhnt. :kopfschuetteln:

  • Detmold hatte damals nur nicht so viel Geld, und so halten sich die Sünden im Rahmen.

    Zitat

    Nun ja, mir reicht s bei weitem.
    Ich würde D. als völlig verschandelte Stadt ohne verbliebenen Reiz bezeichnen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zum Glück, lieber "ursus carpaticus", würdest Du es nur tun, wenn Du nicht im letzten Moment vermutlich doch gewisse Reize dieses Städtchens erkannt hättest. :zwinkern: Nein, natürlich gibt es auch hier Bausünden. Aber diese Stadt hat eine Unmenge an schönen Fachwerkhäusern und durchaus romantischen Straßenzügen zu bieten, inclusive Residenzschloß und Stadtmauer. Von einer "völlig verschandelten Stadt ohne verbliebenen Reiz" zu sprechen, wäre völlig übertrieben und einseitig.

  • Da wäre ich als Jugendlicher zwangsweise fast mal hingezogen. Habe mich aber mit Händen und Füßen gewehrt, um mein geliebtes Ettlingen nicht verlassen zu müssen. Detmold wirkte auf mich trotz der Fülle an interessanten Bauten immer etwas verstaubt und das Flair wollte mich nicht so recht inspirieren. Wer es nicht kennt, könnte dennoch (positiv) überrascht sein. Das benachbarte Lemgo und selbst das bausündengespickte, aber gepflegte, Bad Salzuflen fand ich angenehmer. Gehört halt alles zu NRW und dieses Land ist nun nicht gerade für die Liebe zum Stadtbild bekannt. Ich spürte selbst im vergleichsweise humanen Ostwestfalen immer wieder den Hang zur Tristesse. So war ich denn letztlich froh (natürlich auch aus anderen Gründen), mein Abitur in einer beinahe schon überpflegten badischen Kleinstadt bewältigen zu können (mit Ach und Krach).

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat

    Ich spürte selbst im vergleichsweise humanen Ostwestfalen immer wieder den Hang zur Tristesse.


    Das geht mir ganz genauso und insofern kann ich auch ursus hier verstehen. Ich bin in letzter Zeit beruflich bedingt viel in Ost-Westfalen und habe das genutzt, um mir (bislang) Lemgo, Minden, Detmold, Herford und Soest anzuschauen. Weiteres steht auf der Tagesordnung.
    Obwohl ich nun konzedieren muss, daß diese Städte alle - mit Ausnahme Herford - tolle Bausubstanz aus dem späten Mittelalter und der Renaissance aufweisen, obwohl sie enorm qualitätvolle Einzelbauten (Weserrenaissance; geschnitztes Fachwerk wie man es im Süden kaum findet; Romanische Dome etc.) aufweisen. werde ich einfach nicht warm damit.
    Irgendwie liegt da über allem ein unglaublicher ennui, eine alles andere als noble, sondern vielmehr primitive und belanglose Tristesse, die mir auch aus diesen Bildern entgegenschlägt. Ich weiß einfach nicht, woran es liegt, daß diese Anmutung - für deren Verbalisierung ich sicher Prügel beziehen werde, die aber nun einmal einfach bei mir da ist - sich bei mir einstellt. Vermutlich ist es eine Mischung aus dauerverregnetem Wetter, einer ständig zu spürenden Ambitionslosigkeit und Behäbigkeit jener Städte und ihrer bei aller Qualität der Einzelbauten fehlenden Urbanität.
    Selbst in der für deutsche Verhältnisse riesigen Altstadt von Soest, die von allen noch einer Stadt am ähnlichsten kommt, habe ich mich eher gefühlt wie in einem großen strukturlosen Dorf als wie in einer Stadt. Nichts bildet wirklich Straßenräume, Platzräume, genuin Städtisches.
    Was mir einfach fehlt, sind die engen Gassen, das topographische Auf und Ab der südlicheren Städte, das Jähe, Gotisch-Strebende. Stattdessen ist alles behäbig, breit und bieder hingelagert (man sieht aus jeder Fassade förmlich den selbstzufriedenen, vielleicht auch etwas selbstgefälligen rundlichen westfälischen Bauern heraus, der es mit dem Einstieg in den Salzhandel zu ein bißchen kaufmännischem Wohlstand gebracht und sich nun ein Stadthaus leistet). Das mag vielen gefallen, für mich als Süddeutschen ist es nix.

  • Was mich so stört, ist etwas, das ich als omnipräsente Lieblosigkeit bezeichnen würde.
    Es sind schöne Häuser, keine Frage, aber an beinahe jeder Stelle vermeint man zu sehen, dass das Erbe eigentlich nur als unnütze Last, als den Anforderungen unseres herrlichen modernen Alltages nicht entsprechendes Wirtschaftshemmnis empfunden wird. Man erhält es halt irgendwie, weil es der Denkmalschutz und am Rande auch die Tourismuswirtschaft so erfordern, verhilft aber an allen Ecken und Enden der 'Moderne', also in erster Linie dem Kommerz, zum Durchbruch, so als wolle man selbstbewusst zeigen, dass hier tatdellose homines americani wohnen.
    Die von philon so empfundene primitive und belanglose Tristesse könnte man ev. auch auf diese Art erklären.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Hauptproblem sind wie so oft die durch Modernisierung verschandelten Erdgeschosszonen vieler Häuser. Die Stadt macht aber einen recht kompakt erhaltenen Eindruck - hoffnungslos verloren ist da gar nichts. Die Fehlgriffe der Vergangenheit können, sofern gewollt, bei der nächsten Sanierung wieder rückgängig gemacht werden. Als nächstes erzwingen wir per Satzung noch Sprossenfenster in der gesamten Altstadt, erlauben nur noch Autos von Anwohnern und einigen Diensten den Zugang zur Altstadt, verlegen einen traditionellen Straßenbelag und stellen ein paar Blumen und Bäume auf. Bei strahlendem Sonnenschein schicken wir dann Karasek auf Fototour und Detmold würde einen ganz anderen Eindruck auf uns machen.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Generell hat es Georg-Friedrich meiner Meinung nach am sachlichsten auf den Punkt gebracht. In gewisser Weise verstehe ich die anderen eher subjektiven Meinungen aber auch ganz gut.

    Im Gegensatz zu Süddeutschland und auch Teilen des Ostens ist "das Bild der Stadt" in Ostwestfalen eigentlich nie Thema der Auseinandersetzung gewesen. Man sprach immer nur davon, einzelne besonders wichtige Gebäude, auch Wohnhäuser, wohl auch mal kurze Straßenabschnitte zu erhalten.
    Die einzelnen Gebäude sind oft relativ gut saniert worden (Maxileen wird freilich bei jedem Haus Markel finden) - bei Fachwerk ist das immer schwieriger als bei Steinbauten, weil diese wenig dauerhafte und massive Substanz haben, aber in Westfalen/Lippe ja immerhin durchgängig aus Eichenholz bestehen. Bei dieser Fixierung auf die Einzelbauten ist das Bild der Stadt vernachlässigt worden. Je mehr man mal irgendwo anders gelebt hat, fällt einem auf, dass die Häuser und Städte zeigen, dass die Leute dort alles "Einzeltypen" sind - die neigen nicht nur Gemeinschaft.
    Bei den Sanierung sind freilich immer wieder die Fenster ein Thema - man kann dort die ganze Palette an oft missglückten Nachbildungen von historischen Fenstern studieren, meist aus den 80er Jahren. Mit einer flächendeckenden Nachsanierung ist allerdings nicht zu rechnen, weil die (fast immer sehr alten) Eigentümer dies Problem nicht sehen.

    Vor kurzem war ich seit langem mal wieder in Detmold - und ich muss sagen, dass sich die Stadt ganz gut entwickelt hat - Maxileen hat glaube ich bewusst auch die wenigen hässlichen unsanierten Gebäude mit fotografiert. Zumindest ist in den letzten Jahren im niedrigem Niveau viel saniert worden (oft nur Fassadenanstriche) und es gibt so gut wie keinen Leerstand - hier in der Galerie wirkt es irgendwie etwas anders.

    Im Gegensatz dazu ist in vielen Lippischen Kleinstädten der Umgebung, deren Bausubstanz der von Detmold kaum nachsteht, absolute Krise angesagt. An den Fachwerkhäusern wurde seit ca. 1990 so gut wie gar nichts mehr saniert oder neu gestrichen, z.B. in der Altstadt von Horn steht von mir gefühlt die Hälfte der gut erhaltenen und denkmalgeschützten Fachwerkgebäude leer. Da sind auch welche mit geschnitzten Giebeln aus dem 17.Jahrhundert bei. Die Immobilienpreise sind im Keller, man hat das Gefühl, dass die alte Farbe die Gebäude noch 20 Jahre zusammen halten wird, und dann ganze Stadtquartiere aus der bis jetzt lückenlosen Stadt abgerissen werden müssen, weil keiner mehr dort wohnen will und die Gebäude einfach einstürzen werden. Dazu kommt, dass man das Gefühl hat, die Deutschen ziehen sich aus diesen engen und historischen Kernen immer mehr zurück und überlassen diese den anderen - vielleicht habe ich aber auch zu sehr auf die Spielhöllen und Döner-Läden geachtet. Jedenfalls war ich froh, als ich nach der Foto-Tour und trotz einiger schöner Fotos von geschnitzten Renaissance-Fachwerk-Fassaden wieder ins Auto steigen konnte.

  • Zitat von "Leipziger"

    Im Gegensatz zu Süddeutschland und auch Teilen des Ostens ist "das Bild der Stadt" in Ostwestfalen eigentlich nie Thema der Auseinandersetzung gewesen. Man sprach immer nur davon, einzelne besonders wichtige Gebäude, auch Wohnhäuser, wohl auch mal kurze Straßenabschnitte zu erhalten.

    Gerade für Detmold und Lemgo gilt das aber nicht. Beide Städte haben schon in den Siebzigern Sanierungskonzepte erarbeitet, die auf erhaltene Erneuerung und eine Reparatur des Stadtbilds hingearbeitet haben. Leider gab es in beiden Städten auch Rückschläge (allen voran die üblichen Verdächtigen Sparkasse und Karstadt), aber im Vergleich zu dem Stadtbild bis Anfang der 1970er gab es enorme Fortschritte. Ebenso im benachbarten Blomberg.

    Zitat von "Leipziger"

    Im Gegensatz dazu ist in vielen Lippischen Kleinstädten der Umgebung, deren Bausubstanz der von Detmold kaum nachsteht, absolute Krise angesagt. An den Fachwerkhäusern wurde seit ca. 1990 so gut wie gar nichts mehr saniert oder neu gestrichen, z.B. in der Altstadt von Horn steht von mir gefühlt die Hälfte der gut erhaltenen und denkmalgeschützten Fachwerkgebäude leer. Da sind auch welche mit geschnitzten Giebeln aus dem 17.Jahrhundert bei.

    Ja, Horn ist da leider ein trauriges Beispiel. Die Stadt hat allerdings auch das Problem, dass sie zusammen mit Bad Meinberg nur 18.000 Einwohner hat und ziemlich in der Pampa liegt. Dank guter Bahnanbindung nach Paderborn fließt wohl ein nicht geringer Teil der Kaufkraft auch dorthin, sodass die Geschäfte vor Ort ziemliche Umsatzeinbußen hinnehmen müssen.

    Zitat von "Leipziger"

    Die Immobilienpreise sind im Keller, man hat das Gefühl, dass die alte Farbe die Gebäude noch 20 Jahre zusammen halten wird, und dann ganze Stadtquartiere aus der bis jetzt lückenlosen Stadt abgerissen werden müssen, weil keiner mehr dort wohnen will und die Gebäude einfach einstürzen werden.

    Lückenlos ist Horn leider ganz und gar nicht mehr. Gerade in den Nebenstraßen wurden in den letzten Jahrzehnten haufenweise alte Fachwerkhäuser abgerissen und durch oft eher unpassende Neubauten ersetzt, sodass von einem geschlossenen Stadtbild nur noch begrenzt die Rede sein kann.

    Detmold wirkt da deutlich lebendiger, obwohl auch von hier wohl viel Kaufkraft nach Bielefeld und Paderborn abfließt, die als Großstädte eben beide viel mehr Einkaufsmöglichkeiten bieten. Dafür ist jedoch ein Großteil der Paderborner Altstadt einfach nur potthässlich. Und selbst in Höxter gibt es deutlich mehr Bausünden (ich sag nur Marktplatz) als in den Altstädten von Lemgo, Detmold und Salzuflen.

    Ich denke, gerade die lippischen Städte haben deutlich schönere Stadtbilder zu bieten als die übrigen Städte in Ostwestfalen und dem angrenzenden Niedersachsen, zumal es auf sehr kleinem Raum insgesamt acht historische Stadtkerne (Lemgo, Detmold, Salzuflen, Blomberg, Schwalenberg, Horn, Lügde, Barntrup) sowie zwei "Minderstädte" (Alverdissen, Bösingfeld - wobei man letzteres getrost vergessen kann) gibt. Für Westfalen ist Lippe meiner Meinung nach ein wirklicher Lichtblick - und auch im angrenzenden Niedersachsen gibt es seit der Zerstörung von Hildesheim und Braunschweig keine Vergleichsbeispiele mehr (von Rinteln, Hameln und Stadthagen vielleicht mal abgesehen).

  • Vielen Dank für die Rückmeldung.
    Thema "Bild der Stadt": Ich kenne ja die Literatur aus den 70ern+80ern zum Thema ganz gut und habe den Eindruck, dass es immer nur um Einzelbauten ging. Mal richtig tolle Gebäude, mal auch welche an der Stadtmauer. Vergessen hat man aber das Graubrot dazwischen - irgendwelche Steinhäuser der Zeit um 1870, Gebäude die schon um 1920/30 erheblich verändert waren. Die fielen einfach durch das Raster durch, obwohl die Gebäude selbst fast immer völlig überformt erhalten bleiben.
    Ohne weiter abzudriften: Mit "lückenlos erhalten" bezogen auf Horn meine ich, dass zwar durchaus Einzelgebäude verschwunden sind, manchmal auch 5 nebeneinander, aber niemals z.B. ein ganzes Viertel der Altstadt komplett geräumt wurde, wie man es aus den ostdeutschen Städten kennt. Insofern ist noch heute eine umfängliche Stadtreparatur sehr gut möglich.
    Ich muss jedenfalls sagen, dass ich entsetzt war, als wir durch die Straßen von Horn liefen und überall die bröckende Farbe und leere Häuser sahen, die Fenster notdürftig mit irgendwelchen alten Gardinen von innen "verschönert". Daneben irgendwelche nicht gerade "neu" wirkenden Zettel mit Telefonnummern der Vermieter, Grundrisse von grauenhaft aufgeteilten Wohnungen......
    Ich sollte mal eine Galerie zur Altstadt Horn machen...

  • Na ja, ich habe sowieso Bilder gemacht in einige Städte. Ich kann sie genauso gut hier mal hochladen. ;)

    Hier einige von Detmold:


    Gebäuden am Bahnhof und so weiter Richtung Altstadt.


  • Detmold als lippische Residenzstadt

    Entwicklung zur frühneuzeitlichen Residenz


    Detmold ist eine mittelalterliche Gründung. Die Stadt ist um die Mitte des 13. Jahrhunderts durch Bernhard III. zu Lippe angelegt worden. Eine Burg ist wahrscheinlich zur gleichen Zeit errichtet worden. Obwohl mit Stadtrecht ausgestattet, hatte der Ort im Mittelalter nur bescheidene regionale Bedeutung.


    Das änderte sich erst mit dem Aufstieg Detmolds zur Residenz im 16. Jahrhundert, in dessen Kontext die Burg zu einer repräsentativen Renaissanceanlage ausgebaut wurde. Unter Simon V. wurde die Stadt ständiger Herrschaftssitz. Meist finden sich die herrschaftlichen Residenzbauten außerhalb bzw. am Rand der Siedlungsbereiche. Nicht so in Detmold: Das Schlossareal ist unmittelbar in der Altstadt angesiedelt und nimmt rund ein Viertel deren Fläche ein.


    Stadt der Kultur, Bildung und Verwaltung


    Der Schlossbezirk ist der dominante Komplex im historischen Baugefüge Detmolds. Die lippischen Grafen – ab 1789 Fürsten – bauten ihn im Laufe der Jahrhunderte aus. Rund um den Schlossvorplatz entstanden Remise, Marstall und Verwaltungsgebäude. Im 18. Jahrhundert durchbrach die Bebauung den engen mittelalterlichen Mauerring. Unter Graf Friedrich Adolph wurde jenseits des Hornschen Tores die Neustadt angelegt. Ihr beherrschendes Element ist der Friedrichstaler Kanal, der beidseitig von Alleen und villenartigen Wohnbauten gesäumt wird. Weiterhin entstanden Regierungs-, Justiz- und Verwaltungsbauten und am Marktplatz ein neues Rathaus.


    Auch Kultur- und Bildungseinrichtungen wie das Theater gehörten nun zum Bauprogramm rund um den Fürstenhof. Detmold entwickelte sich zu einer vornehmen Adresse für Kunst, Kultur und das Beamtentum. Prägend für die Stadtentwicklung war vor allem Fürstin Pauline, Gattin von Fürst Leopold I., die bis heute in der Stadt verehrt wird. Sie zeichnete sich nicht nur durch ihr soziales Engagement aus, sondern auch durch ihr Durchsetzungsvermögen in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft.


    Und hier geht es zum ausführlichen Stadtrundgang.


    Galerie

    Frontansicht des Residenzschlosses

    Hofansicht des Residenzschlosses

    Marktplatz mit Rathaus

    Theater

    Das Neue Palais am Friedrichstaler Kanal - heute Musikhochschule

    Bürgerhaus Lange Str. 14

    Bürgerhaus Lange Str. 36

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Als stolzer Niederösterreicher freu ich mich über diese schönen, frischen Bilder ganz besonders.

    Leider steht auf dem Marktplatz auch ein solcher Schrott umadum:

    Büro- und Geschäftshaus Marktplatz 2 Detmold - Architektur-Bildarchiv

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.