Wohl kaum einer würde als Tourist nach Bielefeld fahren, da die Stadt wohl den Ruf hat, eine der hässlichsten deutschen Großstädte zu sein. Wenn man die Augen aufhält, kann man aber doch noch das eine oder andere historische Gebäude dort finden. Sogar zwei Fachwerkhäuser haben den Zweiten Weltkrieg überstanden.
Das neue Rathaus wurde um 1900 in pompösen Neurenaissanceformen erbaut und trotz Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg erhalten. Rechts daneben steht das neubarocke Theater, was leider gerade renoviert wurde und verhangen war, als ich die Stadt besucht habe:
Das alte Rathaus am Markt war ein klassizistischer Bau, der das spätgotische Rathaus um 1830 ersetzte. Leider wurde es im Krieg zerstört. Der Neubau aus den 1950ern erinnert mit der Freitreppe, seinen Proportionen und dem Walmdach an den Altbau:
Haus am Markt mit einem Renaissancegiebel von 1593, der jahrzehntelang eingelagert war (das Haus war ausgebrannt und hätte wiederhergestellt werden können, wurde aber wie die meisten zerstörten Bauten abgerissen - nur der Giebel wurde gesichert):
"Crüwell"-Haus am Markt, das einzige erhaltene gotische Gebäude der Stadt. Es war im Krieg ausgebrannt, wurde aber glücklicherweise wieder aufgebaut - was mit mindestens einem Dutzend ebenfalls ausgebrannter Steinbauten (Vor allem in der Breiten Straße) leider nicht geschah. Offenbar wurde der Giebel erst kürzlich saniert, wie man an den "Flicken" erkennt:
Dem Haus Obernstraße 36 wurde 1975 der Giebel des 1606 entstandenen und ebenfalls ausgebrannten Hauses Obernstraße 9 aufgesetzt. Vor dem Krieg waren derartige Giebelhäuser typisch für Bielefeld:
Der "Meinders Hof", Obernstraße 40, besitzt ein barockes Portal von 1669, im Inneren befinden sich Reste von Stuckdecken und ein Kamin von 1670:
Das älteste bekannte Haus der Stadt stammt im Kern von 1485, wurde aber mehrfach verändert. Im 19. Jahrhundert war hier eine Bäckerei, in welcher der Apotheker Dr. August Oetker seine Backexperimente durchführte:
Der Grest'sche Hof am vierspurig ausgebauten Wallring besteht im Kern noch aus dem 16. Jahrhundert, allerdings mit starken historistischen Überformungen:
Ein wenig Klassizismus am Wall (ich frage mich nur, was dieser Vogelkäfig im Vordergrund soll):
Der Waldhof wurde im Krieg stark zerstört und vereinfacht wiederaufgebaut, doch die Hofmauer mit der spitzbogigen (gotischen?) Einfahrt steht noch:
Im unzerstörten Teil der Altstadt zeigen sich noch einige schlichte, aber dennoch schöne Häuser:
Der Wörmannshof am Klosterplatz stammt von 1640, also aus der Spätphase der Renaissance. Wie man auf dem zweiten Bild sieht, fehlt dem Gebäude aber eine Hälfte:
Die einzige noch erhaltene Mauerstraße der Altstadt, gut erkennbar am geschwungenen Verlauf. Von der Stadtmauer selber konnte ich aber keine Reste mehr entdecken. Dafür diesen interessanten Bogen, der die Straße überspannt (keine Ahnung, was es mit dem auf sich hat):
Die Nikolaikirche, Pfarrkirche der Altstadt, wurde bis auf den Turm im Krieg zerstört - und dieser hat heute einen "modernen" Betonaufsatz.
Abermals pompöse Neorenaissance, diesmal an der Kreuzstraße:
Der Spiegelshof in der Kreuzstraße (heute vierspurig plus zwei Straßenbahnschienen) wurde 1540 erbaut und besitzt Welsche Giebel (heute Naturkundemuseum):
Direkt daneben befindet sich die zweitürmige Marienkirche, die den Krieg glücklicherweise relativ unbeschadet überstanden hat (die Dächer brannten ab, die Gewölbe hielten jedoch):
Und dann haben wir noch das Wahrzeichen der Stadt, die Sparrenburg (eigentlich Burg Sparrenberg), die hoch oben über der Stadt auf den Höhen des Teutoburger Waldes thront (oder zumindest da, wo mal Wald war, denn die Stadt zieht sich über die Hügelkette hinweg). Die Burg ist mit Ausnahme der Bastionen ein Kunstprodukt der Burgernromantik aus dem 19. Jahrhundert. Vor allem der markante Bergfried besteht nur noch im unteren Bereich aus historischem Mauerwerk. Die malerischen Ruinen, die auf dem Burghügel herumstehen stammen von den Resten der historistischen Palas-Bauten, die im Krieg zerstört wurden:
Nachdem ich all dies gesehen hatte, war ich doch positiv überrascht von Bielefeld. So hässlich wie ihr Ruf ist diese Stadt gar nicht. Natürlich habe ich jetzt nur die schönsten Ecken der Innenstadt herausgesucht (und das waren jetzt auch schon fast alle schönen Ecken im Zentrum), aber rundherum gibt es noch einige schöne gründerzeitliche Villenviertel, die ich mir aus Zeitmangel nicht mehr angeschaut habe. Zum Abschluss des Rundgangs noch ein paar Fotos, die ich oben auf dem Bergfried gemacht habe und die zeigen, dass Bielefeld im Großen und Ganzen vielleicht doch nicht so schön ist wie die Bilder jetzt vorgetäuscht haben. Besonders die unmaßstäblichen Hochhausbauten stören das Gesamtbild:
Bei Interesse kann ich übrigens auch noch Fotoserien von den lippischen Städten Detmold, Bad Salzuflen, Blomberg, Barntrup und Horn zeigen (besonders die beiden ersteren haben viele schöne Fachwerkhäuser aus der Weserrenaissance).