• Dass die moderne Architektur etwas Geschmackvolles zustande bringt ist heutzutage ja recht selten. Gestern wurde der überarbeitete Entwurf für das geplante Museum des 20. Jahrhunderts am Kulturforum vorgestellt, nun ist meines Erachtens nach ein überaus gelungenes Gebäude zu erwarten. Die Scheunenoptik wurde deutlich reduziert, die Fassade ist ringsum harmonischer, die Eingangsbereiche sind einladender und repräsentativer und der Bezug zur Umgebung (v.a. Matthäus-Kirche) ist jetzt auch stimmiger. Baubeginn: Voraussichtlich Ende 2019.

    Siehe:
    >> Bilder SPK
    >> Bericht RBB
    >> Tagesspiegel

  • Ja, in der Tat, jetzt kann es gefallen, wenngleich der graue Würfel unter dem Giebel mir dennoch ein Rätsel bleibt. Irgendein komisches Ding braucht die "Moderne" halt doch. Oder ist es das künstliche Muttermal im Gesicht der Schönen und wir verstehen es nicht!?

  • Dieser Würfel (Wand) ist vermutlich dazu da, Plakate aufzuhängen, um auf Ausstellungen aufmerksam zu machen oder aber auch nur, um draufzuschreiben, um was für ein Gebäude es sich hier handelt :/

  • Ich denke, man muss einfach sehen, wo das Ganze steht. Und da hat man aus einer völlig verkorksten Platzsituation zumindest etwas herausgeholt. Ich mache mir auch ab und zu Gedanken zu bestimmten städtebaulichen Problemen, aber ich habe echt Respekt vor den Architektenteams, die sich an diese Aufgabe ran gewagt haben.

    Denn es gibt kaum ein Areal, was schwieriger zu beplanen ist als das Kulturforum. Man hat eben diese Solitäre aus Philharmonie, Gemäldegalerie und Nationalgalerie, die alle für sich genommen ihre Qualitäten haben, aber völlig falsch im Stadtraum stehen, was aber auch mit der ehemaligen Grenzsituation zu tun hat.

    Nach der Maueröffnung und der Bebauung des Potsdamer Platzes ergibt das gesamte Areal so keinen Sinn mehr, so dass man nun vor der Aufgabe steht, wie man drei Solitäre durch einen vierten miteinander verbindet. Ich hätte hier etwas ganz Radikales versucht und mich für eine sehr expressive Lösung entschieden, ich glaube, dass ein Gehry hier sehr gut hätte aussehen können, weil er eine skulpturale Kraft hat, die meiner Meinung nach dem Areal gut getan hätte.

    Aber man hat sich leider für Understatement entscheiden, auch um den anderen Bauten und hier besonders dem Scharoun-Bau und der Nationalgalerie Luft zum atmen zu geben. Ich kann die Intention nachvollzeihen und vor diesem Hintergrund hat man ein ordentliches Ergebnis erreicht. Ob das allerdings letztlich das bestmögliche Ergebnis ist, wage ich zu bezweifeln.

    Man hat aber immerhin einen "Stararchitekten", auch wenn ich den Begriff nicht mag, aber allein der Name hat mittlerweile so viel Zugkraft, dass man dafür vermutlich mit den Millionen nicht geizen wird. Es wird hier eben auch viel auf eine wertige Bsauausführung ankommen. Das wird trotz der etwas zurückhaltenden Erscheinung richtig ins Geld gehen. Denn solche Stararchitekten lassen sich bei solchen Prestigebauten nicht gerne die Butter vom Brot nehmen. Daher weiß man schon genau, warum man erst mal keine Zahlen veröffentlicht. Es wird sich am Ende wohl in Bereichen des Humboldtforums bewegen.

    Es darf dann jeder ja für sich entscheiden, wo das Geld besser investiert war :P

    APH - am Puls der Zeit

  • Auch wenn meine Begeisterung über das neue Gebäude übertrieben sein mag, aber es ist wirklich nicht schlecht für heutige Verhältnisse. Keine Rasterfassaden und Schießscharten, keine "Brüche" und Experimente. Stattdessen geschlämmte Backsteine und harmonische Proportionen, was will man mehr? Hinzu kommt dass sich die katastrophale Platz- und Aufenthaltssituation des Kulturforums endlich grundlegend ändern und verbessern wird (vgl. aktuelles Google-Panorama versus Zukunft). Von daher ... :daumenoben:

    Hinweisen möchte noch auf einen interessanten Beitrag im Radio (DLF). Der Architekt Jaques Herzog kommt darin auch zu Wort und bemerkt, dass die Moderne gescheitert sei und dass man ein Gebäude in "absoluter Abstraktion" wie Mies' Neue Nationalgalerie heute nicht mehr so bauen würde und wolle.
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    Einmal editiert, zuletzt von Maecenas (10. Oktober 2018 um 17:11)

  • Hinweisen möchte noch auf einen interessanten Beitrag im Radio (DLF). Der Architekt Jaques Herzog kommt darin auch zu Wort und bemerkt, dass die Moderne gescheitert sei und dass man ein Gebäude in "absoluter Abstraktion" wie Mies' Neue Nationalgalerie heute nicht mehr so bauen würde und wolle.

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    Danke für den Fund!
    Na nuu, hört, hört und was is nuu mit den Modernistenarchitekten nach dem Scheitern (Herr Herzog ist nicht er einzige der Stararchitekten, der das in längst überfälliger Selbsteinsicht von sich gibt, ... wahrscheinlich sieht er sich nicht als Modernist, bzw. scheint es gerade en vogue zu sein, die Moderne grundsätzlich infrage zu stellen))... ???

    Nun blickt man in einen gähnenden, tiefschwarzen Abgrund, ohne Halt und Orientierung, dem man ausgeliefert ist. Sprachlos und geschockt. So ist es nun, da man sich von allen Wurzeln und allem Erreichten einer jahrtausendelangen Entwicklung radikal abgeschnitten hatte. Jetzt ist das Jammern groß und die Unbeholfenheit aus der Moderne rauszukommen allenthalben zu beobachten. Klassische Bauformen zu adaptieren geht für viele nicht. Das wäre Selbstverrat und letztlich der endgültige Todesstoß.
    Die Moderne steckt also in einer tiefen Krise, nein sie ist TOT!!! Gut so, und die Selbsteinsicht unserer Stararchitekten noch besser! Den Phönix aus der Asche werden andere zähmen und auf ihm sich aus den Trümmern der Moderne erheben.

  • ...Nun blickt man in einen gähnenden, tiefschwarzen Abgrund, ohne Halt und Orientierung, dem man ausgeliefert ist. Sprachlos und geschockt...
    ...Den Phönix aus der Asche werden andere zähmen und auf ihm sich aus den Trümmern der Moderne erheben.


    Donnerwetter! Das hat schon was poetisches.

  • Beim ersten Blick dachte ich, die blaue Fläche solle ein Gewässer werden.

    Die kaputte Rasenfläche im Vordergrund ist offenbar nicht Teil des Neugestaltungsplans.

    Vom Matthäikirchturm gibt es übrigens auch eine schöne Perspektive vom Landwehrkanal aus.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Die langen Bauzeiten sind schon krass. Aber geht es anderswo in Deutschland von Hamburg bis Stuttgart wirklich so viel schneller? Wahrscheinlich müsste auch das Baurecht mal grundlegend reformiert und entschlackt werden.

  • Der Spatenstich für das Museum der Moderne ist ja vor kurzem erfolgt, mich erinnert der Siegerentwurf wie ein großer Supermarkt oder eine neuzeitliche Markthalle. Aber Berlin hat es nicht besser verdient. :aufdenkopf::kopfwand:

    Quelle: zdf.de

  • Der Bau ist peinlich für Berlin und für Deutschland, das sich so gern seiner Baukunst rühmt. Man denkt in der Tat an einen Supermarkt, ein Autohaus oder eine Lagerhalle, nur nicht an große Architektur.

    In dubio pro reko

  • Die Familie Albrecht freut sich schon auf die Nachnutzung als Aldi-Hauptstadtdiskonter in 25 Jahren!

    Solche Entwürfe überzeugen dafür jedenfalls alle, damit keiner der heutigen "Baukünstler" auch nur annähernd sich mit dem Universalgenie Schinkel bei der Rekonstruktion seiner Bauakademie messen lassen wird müssen.

    Ich bin unbedingt dafür, dass die Bauakademie auch inhaltlich wieder als Bauakademie zurückkehren muss, damit sich die heutigen Architekturamateure aus den deutschen Graduierungsfabriken dort wieder zu echten Meistern a la Schinkel fortbilden lassen dürfen. Am Besten in Kombination mit einer Kunstgewerbebakademie, damit sie neben Stahl, Glas und Beton auch andere, zB altbewehrte sowie ökologisch natürliche Materialien und deren Kunstfertigkeit der Bearbeitung einmal schnuppern können! :D

    3 Mal editiert, zuletzt von Exilwiener (3. Januar 2020 um 00:07)

  • Es sieht wirklich aus, als wollte man einfach mal ausprobieren, wie eine Aldi-Filiale mit einem Bau-Budget von 100 Mio. Euro aussieht. Wenn man noch freundlich ist, sieht das Ding noch aus wie ein mittelmäßiges Einkaufszenter. :wink:

  • Och...da gibt es doch viel Schlimmeres, z.B. die "Neue Nationalgalerie" nebenan.
    Das Aldimuseum wird wenigstens auch mit Backsteinen gebaut und wird auch kein Kasten mit Schießschartenfenstern..so gesehen doch ein echter Fortschritt.