Dresden, Neumarkt - Quartier III

  • Ich kann mich den skeptischen Stimmen nur anschließen. Dietze wird doch vor allem wieder billig bauen bei maximaler Flächenausnutzung, d.h. Betonfertigteile, Flachdächer etc. An einige Fassaden werden wieder Barockfassaden angepappt, mehr oder weniger vorbildgetreu; alles wie bei Quartier IV schon gehabt. Die Füllbauten werden offenbar genauso schlecht wie die meisten dieser Gattung bisher, unpassende Materialwahl, modernistische Sperenzchen wie bunte Fensterscheiben usw. sind zu erwarten. Dazu noch ein gläserner Hofeingang. Da passt nach meiner Meinung nichts so richtig zusammen. Wichtiger als auf möglichst viele "Rekos" zu drängen wäre m.E., ein einheitliches harmonisches Erscheinungsbild anzustreben, zumal die meisten "Rekos" diese Bezeichnung nicht verdienen. Deshalb lieber weniger davon. Die Spiegelung der Eckfassade stört das ursprünglich dort vorhandene kleinteilige Erscheinungsbild und führt dazu, dass eine Gesamtwirkung des Platzes entsteht, die es nie gegeben hat. Alle guten Argumente für echte Rekonstruktionen, die Rückgewinnung geschichtlicher Tiefe, historischer Raumwirkung, traditioneller Baukunst etc. wird ad absurdum geführt. Gerade diese Argumente beruhen auf Fakten, gegenüber subjektiven Empfindungen wie dem Gefühl der "Schönheit". Was schön ist und was nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Und somit leistet Quartier III dem Entzug der Argumentationsbasis der GHND und aller Befürworter eines historischen Erscheinungsbildes Vorschub. Es entsteht eine beliebige Fassadenmischung für alle Geschmäcker, austauschbar, ohne tieferen Bezug. Heute Barock oder Glas, morgen vielleicht Dekonstruktivismus, übermorgen irgendwas anderes... Fassaden als belanglose Insignien der modernen Wegwerfgesellschaft. Genau das und nichts anderes verkörpert Quartier III in einer mustergültigen Weise.

  • Zitat von "singa"

    Wichtiger als auf möglichst viele "Rekos" zu drängen wäre m.E., ein einheitliches harmonisches Erscheinungsbild anzustreben

    Da widersprichst Du ein wenig Deinen Argumenten bezüglich geschichtlicher Tiefe - und genau so sehe ich das eigentlich.
    Eine harmonische Ensemblewirkung zu erreichen finde ich als Ziel bedeutend wichtiger als die Rekonstruktion eines
    auf Grund seiner Historie für perfekt erklärten Zustandes.
    Und ich denke, Harmonie bzw. Ensemblewirkung ist nicht unbedingt subjektiv -
    man muß sich nur auf die grundsätzliche Richtung einigen. (Und die dürfte beim Neumarkt klar sein.)
    Hat man diese neue Zielsetzung, und war der ursprüngliche Zustand harmonisch - ist der Weg frei für Rekonstruktionen.
    War er unharmonisch, darf man es gerne besser machen (siehe Postgebäude/Hotel de Saxe),
    von mir aus auch gerne ein völlig neues Gebäude entwerfen (so, wie man es früher eben auch gemacht hat -
    da hat kein Schwein nach geschichtlicher Glaubwürdigkeit gefragt!), dass die Ensemblewirkung stützt oder sogar verbessert.

    Q3 erfüllt allerdings keine dieser Ansprüche!

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat

    Ganz genau meine Meinung... wobei ich nicht weiß ob ich nen Glaskasten wirklich schlimmer finden würde... der würde nämlich sicherlich nach 10-20 Jahren durch die historische Fassade des Hotel Fürst Bismarck ersetzt werden... zumindest wenn der Rest des Neumarkts relativ historisch hochgezogen wird. Die verdoppelte Fassade wird vermutlich immer so bleiben, bis niemand mehr weiß, dass es ursprünglich mal anders aussah.

    Ja und? Ich verstehe nicht, warum du die verdoppelte Hälfte nicht einfach als traditionellen Neubau begreifen kannst. Das ist doch mal ein Füllbau, der was hermacht. Dass dir stattdessen sogar eine Glaskiste lieber wäre, ist mir unbegreiflich.
    Auch wenn das bloße Spekulation ist: Wäre die Fassade vor 100 Jahren verdoppelt worden, wärst du dann für die Reko?

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Vielleicht ist die Verdopplung nicht ganz ideal.
    Aber man muß bedenken, dass solche Vorgehensweisen fast schon geschichtliche Tradition haben.

    Beispiele:
    Das Altstädter Rathaus entstand, indem man vor 3 Bürgerhäuser eine Barockfassade baute.
    Das Hotel Stadt Berlin hatte früher 3 Achsen weniger. Als dann das 3achsige Nachbargebäude zum Weigelschen Haus abgerissen wurde, verbreiterte man das Hotel einfach um diese Achsen, obwohl dabei die Symmetrie verloren ging. Jetzt ist der unsymmetrische Zustand rekonstruiert und keiner jammert!
    Das Hotel de Saxe entstand durch Zusammenlegen dreier Bürgerhäuser vor einer Fassade, es ist noch weit größer als Neumarkt 4.

    Neumarkt 4 ist jetzt sehr symmetrisch. 4 Achsen auf jeder Seite. So ein schöner Bau darf doch ruhig etwas größer sein.

  • Und noch was: Die Disney Argumente werden wir so oder so nicht los.
    Das ist einfach eine massenhaft gebrauchte Keule um echte Argumente zu zerschlagen.
    Pöppelmann hat damals Pillnitz und das japanische Palais mit geschweiften chinesischen Dächern aus einer völlig fremden Kultur gebaut. Ist das Disney?

  • Genau das meine ich - früher war so was Alltag.
    Heute darf man nicht mehr, weil man einem geschichtlichen Anspruch gerecht werden will.
    Das hindert natürlich dann auch daran, eventuell sogar bessere Lösungen als die einstigen zu finden.
    Das Maß der Dinge ist das Vergangene - auf diese Weise werden wir aber auch nie über diesen Horizont hinauskommen.
    Es wird mitnichten einen schöneren Neumarkt als früher geben.
    (während er früher am laufenden Band verschönert wurde)
    Sicher ein Verdienst unserer Architektenschaft, die Schlechtes schafft - sie gehört in Architektenhaft!

    Wobei ich die Fassadendoppelung in diesem Fall nicht befürworte: Es tut mir leid um die Kleinteiligkeit.
    Auf der Schauseite des Neumarktes war dies einer der wenigen kleinteiligen Bereiche.
    An dieser Stelle hätte eine Rekonstruktion bzw. historisch anmutende Neuschaffung meines Erachtens Sinn gemacht.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
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  • Zitat von "jojojetz"

    Und noch was: Die Disney Argumente werden wir so oder so nicht los.
    Das ist einfach eine massenhaft gebrauchte Keule um echte Argumente zu zerschlagen.
    Pöppelmann hat damals Pillnitz und das japanische Palais mit geschweiften chinesischen Dächern aus einer völlig fremden Kultur gebaut. Ist das Disney?

    Das Disney-Argument ist keine Keule, sondern Ausdruck von fehlendem Differenzierungsvermögen. Wenn mir jemand damit kommt, kann ich sachlich darlegen, dass der Neumarkt kein Freizeitpark werden soll und keine Mickey Mouse hier rumlaufen wird.

  • Genau, du versuchst es zu widerlegen, was schwierig ist, weil nicht klar ist, was mit Disney gemeint ist, und 5 Minuten später kommt der gleiche wieder, und qualifiziert das ganze erneut pauschal als Disney ab, dann kannst du wieder von vorne abfangen, und das ganze ad infinitum... doch, doch, ist schon eine Keule.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Keule hin oder her, ein wirkliches Argument ist es jedenfalls nicht. Ich reagiere zunehmend allergisch dagegen, weil es so äffisch nachgeplappert wird. Würd mal gern wissen, wer damit angefangen hat.

  • Ich habe die Diskussion hier wegen meines Urlaubs nur überflogen, wundere mich aber über die Skepsis und das Unbehagen einiger. Als ich heute auf der GHND Seite gesehen habe, dass mit AdF 19 nun eine weitere Reko (bzw. historische Fassade) kommt, war ich begeistert. Bei der Bürgerversammlung im Mai war davon keine Rede. Dietze hat sich also bei diesem Gebäude weit in unsere Richtung gelehnt, obwohl er damals deutlich davon sprach, wie stark der Gegenwind bei historischen Fassaden wäre (sowohl in Politik als auch in der Bevölkerung herrscht nicht die Meinung, dass ein komplett historischer Neumarkt wieder entstehen solle, Stichwort "Freilichtmuseum"). Der überarbeitete Entwurf Landhausstraße 6 ist eine Wohltat im Vergleich zu Böttcher und stellt das dar, was man als nicht-historisierenden Füllbau erwarten durfte. Mit den Köckeritzbauten wurde die Messlatte sicherlich höher gelegt, dennoch finde ich Neumarkt 6 weder störend oder hässlich, sondern durchaus gelungen.

    Insgesamt haben wir es hier mit einem sehr heterogenen Quartier zu tun, aber wenn wir uns vors Auge halten, dass lediglich 3 Leitbauten laut Satzung gebaut werden sollten und wir letztlich 5 + die gespiegelte Fassade (die sicherlich diskussionswürdig ist) erhalten, so kann man unterm Strich doch erfreut sein. Außerdem zeugt der Wörner&Partner-Entwurf von einer hohen Qualität und erweist sich als ein würdiges modernes Gebäude. Der Glaseingang und die beiden das Quartier abgrenzenden Gebäude sind ärgerlich (es war hier aber schon bekannt, dass es keine Änderungen geben wird), aber leider ein Zugeständinis an die Modernistenfraktion (wie Dietze seinerzeit sagte "Die würden mich sonst auslachen!").

    Meine größte Sorge allerdings bleibt die Bauausführung und die Dachgestaltung. In den Querschnitten zu AdF 22 (Wörner) deutet sich schon ein Flachdach an. VVK und Prisco haben gezeigt, dass es trotz gewisser Bauvorschriften möglich sein kann, in Ziegelbauweise zu bauen. Wie Dietze aber davon sprach, dass im die Zinsbelastungen und Raten für das Quartier im Nacken sitzen, so kann ich mir nur vorstellen, dass hier ein weiteres Quartier in Plattenbauweise entsteht.

  • Einzelne Gebäude mögen qualtiativ hochwertig und für sich gelungen sein - die Ensemblewirkung
    (und das ist das eigentlich Wichtige bei einem das Platzbild so stark beeinflussenden Quartier) ist aber eindeutig mangelhaft.

    Es gibt/gab doch für diese zentrale Ecke sicher noch etliche andere Interessenten/Investoren.
    Warum macht sich dann gerade Herr Dietze mit seinen notorischen Geldnöten schon wieder an ein so mächtiges Quartier?
    Eigentlich mal wieder unsinnig, dass er den Zuschlag erhalten hat, nachdem bereits bei seinem ersten Quartier nicht
    alles reibungslos gelaufen ist und die bekannten Sparmaßnahmen nun doch ganz schön stören.
    Aber konnte ich schon Mal eine Entscheidung dieser Stadt nachvollziehen?

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Wahrscheinlich hat er die Grundstücke zu einem unschlagbar günstigen Preis bekommen. Die gehörten eigentlich der MÜBAU, diese ist aber Pleite gegangen und die Baywobau hat das Areal aus deren Konkursmasse übernommen.

  • Herr Binning,

    Finde die Visualisierungs technik zwar gut aber die Entwurfe ungepasst zur wertvoller Dresdner Neumarkt. Frau Böttcher hat, meiner Meinung nach, wenig Gefühl gezeigt was in die Mitte Dresden erforderlich ist.

    Dort sollen Reko's, Leitbauten oder wenigstens an die (Dresdner) Tradition angepastte Bauten entstehen und keine "Experimentier-bauten".
    Dafür ist vielleicht Berlin geeignet oder interessiert, weil richtig historisch Bauen da kaum gestattet wird (alles muss dort bestimmt "modernes" sein). Sogar Patschke & Partners dürfen dort nicht bauen was sie gerne wollen: neue traditionelle Architektur.

    Die Neumarkt wird millionen von Menschen anziehen und die kommen dort um ein einmaliges wiedererbautes Ensemble zu geniessen einmalig in ganz Deutschland. Dazu gehört keine avantgardistische oder dilletantische Architectur.

    Das schönste neu erbaute Gebäude am Neumarkt ist unbezweifelt die Frauenkirche. Das ist aber eine Reko. Eine der ganz wenige!!! Wenn überhaupt noch ein schöne Reko (im Still der Skizzen von Andreas Hummel) gebaut wird, kommt diese wahrscheinlich sofort am 2. Stelle.

    Bin fest überzeugt das Reko's durchaus die schönste Losungen sind. Alles andere ist zwar "interessant" aber immer eine zweitrangige Lösung.

    Warum dann doch immer diese "billige" Versuchen des Ensemble zu entkraften?

  • Das war zu erwarten. Solang sich die Flachdächer aber auf die modernen Füllbauten beschränken, fände ich das noch ok.
    Erfreulicherweise wurden diverse Details an den historischen Bauten verändert: einfache Verdachungen an Fassade 2, Portal an Fassade 3, mehr Schmuck an Fassade 11, leider zu große Gauben an Fassade 9. An den zweifelhaftesten Bauten hat sich nix getan: Fassade 1,4 und 12.

  • ich denke, dass trotz der positiven art, wie der bauherr
    vorbildlich auf die wünsche der bevölkerung teiweise einge-
    gangen ist, hier ein sehr durchwachsenes ergebnis herauskommen
    wird.
    die flachdächer von oben sind zum einen äußerst unglücklich,
    weil man sieht, dass es auch anders geht.
    die fassaden 1; 5 (aufgrund ihrer breite und dominanz für eine
    modernistische lösung bedenklich. hier wäre eine traditionellere
    ausgestaltung besonders wichtig gewesen, wenn man sieht und
    bedenkt, was prisco gerade in nachbarschaft zur frauenkirche
    angerichtet hat); 12 und die fassadenverdoppelung mit einem stil,
    der ohnehin nicht den stellenwert am neumarkt hatte, den man
    ihm dadurch einräumt.
    den passageneingang könnte ich mir vorstellen, sofern er nach
    hinten abgesetzt wäre und auch nur dann, wenn die besagten
    punkte behoben wären!

    fassade 5 macht mir am meisten sorgen ob ihrer prägnanz
    in nachbarschaft zur frauenkirche...diese wird sicher noch zum
    auffälligsten problem!

    warum steht in den planunterlagen unter fassade 5 und 10 noch "Gutachterverfahren"?
    ändert sich hier noch etwas? bei fassade 5
    würde ich es mir wünschen. könnte man sich auf eine verbesserung
    im traditionellen sinne einigen, würde der straßenzug über die ecke
    hinweg, abgesehen vom passageneingang, weitgehend harmonisiert,
    mit 2 negativen fassaden an den jeweiligen enden, versteht sich...

    doch es wird sich wohl nicht mehr viel ändern... :augenrollen:

  • Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wie man sich über Kleinigkeiten, wie eine verdoppelte (aber schöne) Fassade aufregen kann, wenn später alles sowiso von einem modernen Klotz auf dem Gewandhausareal zunichte gemacht wird.
    Da kommt mir eh alles andere so sinnlos vor... :weinen:

  • Zitat von "Treverer"

    Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wie man sich über Kleinigkeiten, wie eine verdoppelte (aber schöne) Fassade aufregen kann, wenn später alles sowiso von einem modernen Klotz auf dem Gewandhausareal zunichte gemacht wird.
    Da kommt mir eh alles andere so sinnlos vor... :weinen:

    statt einer fassdenverdoppelung wünsche ich mir natürlich
    keine modernistischen kompromissen...so war es nicht gemeint!
    aber im sinne der kleingliedrigkeit wäre eine modifizierte traditionelle
    fassade an dieser stelle wünschenswert und günstiger.
    natürlich ist mir eine 'schöne' fassade an dieser stelle allemal lieber.
    das versteht sich von selbst, aber es sind sicher auch noch weitere punkte
    zu berücksichtigen, um zu eienm ordentlichen ergebnis zu kommen.

    ist es denn so sicher, dass dieser klotz (gewandhaus) kommt?