Na dann können wir uns ja freuen, wenn bald jeder Brutalismusklotz unter Denkmalschutz steht, weil in naher Zukunft sich die "Geschmäcker" in diese Richtung wandeln, entspricht ja dann den "Kriterien" des "Städtebaus" und der "Baugeschichte" der Stadt der zweiten Hälfte des 20 Jh. und deren hervorragende Bauleistungen, die man ja unbedingt erhalten muss, koste es was es wolle Unsere Enkel können sich garantiert nicht mehr daran sattsehen und so wird dann jeder Bau vor Baujahr 2000 automatisch unter Denkmalschutz gestellt, um diese einzigartige Atmosphäre zu konservieren...
Es wird zweifellos nicht "jeder Klotz" unter Schutz gestellt. Auch einen Automatismus für Gebäude vor einem bestimmten Baujahr wird es aller Voraussicht nach nicht geben, weil das der Idee des Denkmalschutzes konträr entgegensteht. Es geht ja immer um Einzelfälle, auch wenn sich mitunter Massen von Einzelfällen finden (ja, das ist paradox). Leipzig hat m.W. 14.000 Baudenkmale, darunter auch architektonische Massenware aus dem späten 19. Jh., die sicherlich auch nicht in jedem Fall eine herausragende architektonische Leistung ist. Diese Architektur prägt aber die Stadt ganz wesentlich. Wenn die Denkmalpflege einen wissenschaftlichen Anspruch hat, muss sie Bauten jeder Epoche unvoreingenommen betrachten und ihren Wert beurteilen können. Dass die Ergebnisse nicht immer allgemein nachvollziehbar sind, weil sie z.B. nicht auf den unbestimmten und daher unwissenschaftlichen Schönheitsbegriff abstellen können, läßt sich kaum vermeiden.
Ein anderer Aspekt ist der "Erhalt um jeden Preis". Mal ganz davon abgesehen, dass es den Erhalt um jeden Preis im Denkmalschutz eben nicht gibt (Unwirtschaftlichkeitsklauseln in jedem Gesetz), stellt sich die Frage in einem anderen Kontext viel drängender. Wie sinnvoll ist es, mit hohem Aufwand errichtete Gebäude, die technisch gesehen 100 oder 200 Jahre halten können, nach 30-50 Jahren wieder abzureißen, weil sie veraltet, unmodern oder häßlich sind? Diese Wegwerfmentalität belastet die Umwelt ganz erheblich und ist meines Erachtens nicht mehr zeitgemäß.