Wer fühlt sich denn berufen, die Kriterien für denkmalpflegerisches Handeln festzulegen? Auf welcher Grundlage?
Wonach soll entschieden werden, was denkmalwürdig ist? Baujahr? Ist alles nach ´45 unwichtig? Warum dann 1945? Oder darfs auch 1950 sein? 1960? 1970? Wann fängt Geschichte an?
Oder ist der Maßstab dann doch ästhetisch zu wählen? Nur was "schön" ist, darf Denkmal sein? Wer legt dann fest, was "schön" ist?
Oder fallen bestimmte Gebäudetypen raus? Wohnungsbau? Bürobauten? Industrieanlagen? Oder Materialien - Ziegelbau darf, Beton nicht?
Berufen sollten sich die Denkmalbehörden fühlen. Das ist die genuine Aufgabe des Denkmalschutzes Kriterien zu erstellen, oder nicht? Man braucht sich nicht pathetisch zu fragen wann Geschichte angeht, es geht auch pragmatischer:
Als Stichjahr kann man 1945 nehmen. Warum '45? Krieg zu Ende, Stunde Null, großflächige Neubebauungen (also eine riesige [lexicon='Zäsur'][/lexicon] im Städtebau).
QuoteWo ich mir allerdings sehr schwer tue ist die Akzeptanz von maßstabssprengenden Großbauten wie die Dortmunder WestLB von Harald Deilmann, die ebenfalls unter Denkmalschutz steht. Die Architektur ist in ihrer Art und Weise schon stark herausstechend und aus meiner Sicht auch denkmalwürdig. Allerdings zementiert sie die in diesem Gebiet fehlende Altstadtstruktur, das Viertel wurde aufgrund des höhen Zerstörungsgrades damals völlig neu zugeschnitten. Außerdem wirkt das Gebäude eher von oben als aus der Fußgängerperspektive, so dass man mit einem Modell im Maßstab 1:25 (o.ä.) im Dortmunder Stadtmuseum vielleicht auch Vorlieb nehmen könnte.
Damit hätten wir doch schon ein Kriterium für Gebäude nach 1945:
- Maßstäblichkeit: Wie passt das Gebäude zur tradierten Architekturstruktur der (Alt-)stadt?
ein weiteres wäre z.B.
- handwerkliche/bauliche Qualität: Bei älteren Gebäuden ist das ja durchaus auch ein Kriterium, bei nach '45 anscheinend nicht mehr (ansonsten kann ich mir nicht erklären warum man z.B. die strukturell und baulich dermaßen mangelhaften Gebäude der Uni in Regensburg unter Schutz stellen hat können.*)
Alles Punkte die sich wissenschaftlich untermauern und begründen ließen. Aber ich fürchte die 60er/70er sind der neue Fetisch der (höheren) Denkmalbranche.
*off topic: da hatten Behörden und Architekten übrigens kein Problem mit "angepasstem" Bauen: der Betonbunker des Vielberth Gebäude von 2009 schließt nahtlos an die menschenfeindliche Umgebung des Rest des Campus an (Noch schlimmer: das ein paar Meter weiter stehende und erst vor einem Jahr eröffnete "Studierendenhaus" der OTH.