Dresden - die Johannstadt

  • Hatten wir schon den Link zur tollen Seite des "Johannstadtarchivs"?

    http://www.johannstadtarchiv.de/

    Hier kann man sich u.a. einen Überblick über wichtige Straßen und Plätze im Quartier verschaffen.

    http://www.johannstadtarchiv.de/?/99-0-Strassen.htm

    Dieser Tage war ich bei schlechtem Wetter mal wieder im Stadtteil unterwegs und war vom Zauber der erhaltenen Bereiche wiederholt recht angetan. Besonders die um den Feldherrenplatz/Thomas-Müntzer-Platz überkommene Bebauung aus der Zeit um den Ersten Weltkrieg, deren fast schon archaischer Stil eine gewisse spröde Noblesse versprüht, hat mich einmal mehr in ihren Bann gezogen.
    Daneben bewegt sich aber auch einiges im Stadtteil. So werden mittlerweile die letzten unsanierten Wohnhäuser instand gesetzt. Außerdem finden an der Alfred-Schrapel- sowie der Arnold-/Pfotenhauerstraße Neubauvorhaben statt, die zu einer weiteren Schließung des Blockrandes beitragen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Mittelfristig sollte unbedingt eine Reko Jägerkaserne angegangen werden. Dieses absolut prägende Objekt am Sachsenplatz und an der Elbe muss einfach wieder kommen. Da drin kann man sonstwas unterbringen, ein Archiv, ein Amt, eine Schule, eine Aussenstelle der Uni oder ein Forschungstrakt für irgendwas geisteswissenschaftliches oder künstlerisches. Auf jeden Fall deutlich besser als die Riesenkommikästen.

  • Dieser Tage wird der verwahrloste Plattenbau an der Gerokstraße 5-11 abgebrochen und damit eine weitere Chance zur Heilung des Stadtbildes eröffnet.

    http://www.dnn-online.de/dresden/web/re…issen-152454838

    Leider zeigt der verantwortlich zeichnende Investor aktuell auf der anderen Seite des Häuserblockes, dass man eine solche Chance nicht zwangsläufig nutzen muss. So bleibt der von Meyer-Bassin entworfene Neubau weit hinter denen der 90'er Jahre zurück.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Heute möchte ich ein weiteres Bauprojekt der uns schon aus der Münchner Straße bekannten EcoConsort AG vorstellen. Es umfasst den Bau von zwei Häusern mit 83 Ein- bis Dreiraumwohnungen sowie zwei Gewerbeeinheiten. Die Fertigstellung ist für die Mitte des Jahres 2014 geplant und das Investitionsvolumen beträgt 8,5 Millionen Euro.


    Während das Haus Pfotenhauerstraße 35-37 schon im Rohbau steht, wurden beim zweiten Bauabschnitt (39-41) erst die Tiefbauarbeiten vollzogen. Blick entlang der Pfotenhauerstraße gen Westen.


    Das Gebäude soll höchsten ökologischen Ansprüchen genügen. Deshalb wurde u.a. bewusst auf eine Außendämmung verzichtet und der Rohbau stattdessen aus massivem Ziegelmauerwerk errichtet. Vorbildlich!


    Weniger vorbildlich nimmt sich leider die Architektur aus. Der Fassadenriss wirkt leider recht ungegliedert.

    Hier gibt es einen Link mit weiteren Informationen zum Bauprojekt:

    http://www.ecoconsort.de/files/Report_02_2013-07.pdf

    Bilder sind von mir.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Bauprojekte in der nördlichen Johannstadt sind trotz Elblage und relativer Nähe zur Innenstadt leider noch lange keine Selbstläufer. So haben die Arbeiten für das Wohnbauvorhaben Alfred-Schrapel-Straße 6-8, dessen Vermarktung bereits im Sommer 2011 begann, erst vor wenigen Wochen eingesetzt.


    Blick in die gekrümmte Alfred-Schrapel-Straße gen Süden.


    Blick in die Baugrube des zukünftigen Wohngebäudes, das den Straßenzug endlich auch an seiner Ostseite fassen wird.


    Bisher wurden ausschließlich die Fundamente für den ersten Bauabschnitt (Afred-Schrapel-Straße 6) gelegt.

    Bilder sind von mir.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe


  • Weniger vorbildlich nimmt sich leider die Architektur aus. Der Fassadenriss wirkt leider recht ungegliedert.

    Stimmt. Sieht aus wie eine Platte.

    Was ist eigentlich so in Dresden los? Wollen die `nen Preis für die unterirdischste Bauästhetik Deutschlands erhalten?

  • Auch die vor etwa drei Jahren begonnene Sanierung der von 1936 bis 1939 errichteten Wohnanlage am Käthe-Kollwitz-Ufer, schleppt sich bereits über mehrere Jahre dahin. Nun ist allerdings langsam ein Abschluss der Bauarbeiten zu erahnen.


    An der Ecke zur Blumenstraße sind bereits die Gerüste gefallen.


    Der erste Sanierungsabschnitt (Hausnummern 38-42) wurde im Jahre 2011 beendet.


    Hier sehen wir exemplarisch den Eingang mit der Nummer 38.

    Für weitere Informationen gibt es hier einen ausführlichen Prospekt:

    http://www.terrassenufer-dresden.de/backstage/dgg-…er_Teil_BA2.pdf

    Bilder sind von mir.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Der östliche Abschnitt des Johannstädter Käthe-Kollwitz-Ufers besitzt eine vollkommen geschlossene Bebauung und bildet damit eine harte Stadt-Kante zum Landschaftsraum der Elbe.


    Die Bebauung östlich des Thomas-Müntzer-Platzes wurde zwischen 1925 und 1939 errichtet und zeigt teils sanfte Anklänge an den Expressionismus.

    Der ab 1904 angelegte Thomas-Müntzer-Platz bildet im Verlauf der Uferstraße eine wichtige [lexicon='Zäsur'][/lexicon] und sollte mit seinen eindrucksvollen Abmessungen als Brückenkopf für eine weitere Elbquerung dienen. Die weitgehend erhaltene Bebauung erfolgte zwischen 1912 und 1928. Zusammen mit der sehr schönen Grüngestaltung, ergibt sich so ein beeindruckendes Platzbild.


    Die Bebauung bildet einen weiten Segmentbogen und besteht aus vier Gebäudeblöcken.


    Der Baublock mit den Nummern 1-2 weist eine interessante Staffelung auf.


    Die hier zu sehende Baugruppe mit den Nummern 3-5, wurde zusammen mit dem Haus Nummer 2 und dem Block 6-8 zwischen 1912 und 1916 errichtet.


    Die eine vorhandene Kriegslücke zur Arnoldstraße (Nr. 6) wurde um 1960 mit einem moderaten Neubau gefüllt.


    Der Block mit den Nummern 9-10 entstand zwischen 1915 und 1928, wobei der Mitteltrakt (Nr. 10) bereits während des 1. Weltkrieges fertiggestellt wurde.

    Bilder sind von mir.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Heimdall, jepp, danke, den Eindruck bekommst du nicht nur als "Auswärtschor"...auch ich bekomme diesen Eindruck...Schon oft habe ich es geschrieben, Dresden möge mal einen Blick auf Berlin oder [lexicon='Leipzig'][/lexicon] werfen, was dort mittlerweile auch gebaut wird. Mal sehen, wie ewig es noch dauert, bis sich das Niveau der hiesigen Neubauten und der Stadträume mal aus dem Keller der Ästhetik herausbewegt.

    Beim Neubau in der Pfotenhauer Str. 35/37, warum schließt der Neubau nicht bündig mit dem Altbau ab, warum ist die Ecke wieder unbetont, warum wieder kein vernünftiges Dach?????

    ...Und warum hat man bei der (ansonsten löblichen) Sanierung am Käthe-Kollwitz-Ufer dieses Mausgrau (jaja, ich weiß..soll bestimmt sandfarben sein) als Fassadenfarbe genommen, statt dem schönen Gelbton, der noch im Präsentationvideo zu sehen ist.

    Danke dennoch für die Bilder Bilderbuch.

    Dass die Johannstadt noch kein Selbstläufer ist, könnte an der Perforation ( ähnlich der Friedrichstadt) liegen und der unseligen Plattenbauidylle, die sie durchzieht und überzieht wie giftiger Mehltau.

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Beim Neubau in der Pfotenhauer Str. 35/37, warum schließt der Neubau nicht bündig mit dem Altbau ab, [...]?

    Das habe ich mich zu Beginn auch gefragt und bin aus diesem Grund ganz nah an die Kante herangetreten. Zu meiner Verblüffung stellte sich heraus, dass es sich um eine optische Täuschung handelte, die aus der recht starken Brandwand des Altbaues in der Arnolstraße resultiert. Also alles bündig!

    ...Und warum hat man bei der (ansonsten löblichen) Sanierung am Käthe-Kollwitz-Ufer dieses Mausgrau (jaja, ich weiß..soll bestimmt sandfarben sein) als Fassadenfarabe genommen, statt dem schönen Gelbton, der noch im Präsentationvideo zu sehen ist.

    Meiner Ansicht nach entspricht dieser Farbton dem der Entstehungszeit. Wir haben die Fassade unseres Gartenhauses (Baujahr 1941) fast identisch abgetönt. Sieht zusammen mit weißen Fenstern und grünen Fensterläden wirklich fantastisch aus!

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Danke für die Schilderungen, 'bilderbuch'.
    Schließe mich meinen Vorschreibern an - der ökologisch so vorbildliche Neubau Pfotenhauerstraße ist eine ästhetische Katastrophe und sieht für mich nicht einmal zwingend nach einem Wohngebäude aus. Apropos: Wie kommt so ein merkwürdiger Straßenname? Haben die dort einst Schweine, Katzen, Hunde verarbeitet oder war dort gar eine Lehrerwohnsiedlung? :zwinkern:

    Bedauerlich, dass die kriegsschädenersetzende Bebauung am Thomas-Müntzer-Platz (der ja wohl der einzige halbwegs zusammenhängend erhaltene Bereich zwischen Pirnaischem Platz und Universitätsklinikum ist?) nicht in einheitlichen Formen durchgeführt worden ist. Das betrifft die gezeigte Ecke an der Arnoldstraße als auch die westlich anschließende Neubebauung am Kollwitzufer; beides halte ich für nicht gelungen.
    Der Thomas-Müntzer-Platz (früher Feldherrenplatz) in einer Luftaufnahme aus dem Jahr 1932:

    Bildquelle: Deutsche Fotothek, Urheber: Walter Hahn

    Das Bild zeigt, dass man bereits ursprünglich (warum auch immer) auf dem am östlichen Ende des Halbkreises gelegenen Bauabschnitt auf die Zwerchgiebel verzichtet hat.

    Weitere Quellen für aktuelle und historische Informationen und Hintergründe aus der Johannstadt finden sich hier:
    Dresdner Stadtteile - Johannstadt
    Johannstadtarchiv

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • @ DarkVision

    Was soll man zu einem derartigen Geschmacksurteil sagen? Die Bebauung des Müntzer-Platzes wirst du demnach wohl auch als zu trist ansehen.

    @ Palantir

    Wilhelm Pfotenhauer war der erste Oberbürgermeister Dresdens. Als er 1877 starb, sollen dem Kondukt über 40.000 Menschen gefolgt sein. 1878 wurde die damals neu angelegte Straße nach ihm benannt.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Entschuldige bitte, aber dürfte ich fragen, wie du zu dieser nicht zutreffenden Annahme kommst? So sind die (älteren) Fassaden am Thomas-Müntzer-Platz wohl um einiges detaillreicher und zudem durch den Naturstein, nämlich unserem allseits beliebten und geschätzten Sandstein, nicht mit den relativ einfachen jüngeren Putzfassaden am Käthe-Kollwitz-Ufer zu vergleichen.

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  • Beitrag geteilt und die anschließende Diskussion aus der "Bausituation" in diesen Strang verschoben. bilderbuch

    Den am Strassburger Platz geplanten Neubau eines zehngeschossigen Wohnhochhauses lehne ich komplett ab. Neu gebaut, sollten derartige Gebäude in Dresden nicht mehr werden. Es würde zwar nicht groß auffallen, weil dort einiges in dieser Höhe herum steht. Hier zeigt sich für mich aber wieder einmal, dass die Stadt absolut keinen Plan verfolgt, wie die Johannstadt weiter entwickelt werden soll: in Anlehnung an die historistische Karreebebauung oder als konsequentes Weiterführen der Punkt- und Zeilen- Bebauung aus den 70er Jahren.

  • erbse
    Aber natürlich kann und muss man darüber sprechen, wie in der Johannstadt gebaut werden soll! Wenn am Ende der Überlegungen dann die Entscheidung fällt, dass dieser Stadtteil mit Blockrandquartieren bebaut werden soll, dann wäre mir das sehr recht. Soweit ich das sehe, gibt es aber momentan hierzu keinen Plan seitens der Entscheidungsträger bei Stadt und Wohnungsgenossenschaften.
    Allerdings ist zu beachten, dass große Teile der Johannstadt mit Punkthochhäusern und hohen Plattenbauzeilen bebaut ist. Dort kann ich mir nicht vorstellen, einfach so Blockrandbebauung dazwischen zu setzen. Ganz anders aber sieht es in den Bereichen mit erhaltenem Altbaubestand z.B. entlang der Gerokstraße, um die Pfotenhauerstraße und am Fetscherplatz aus. Meiner Meinung nach sollten diese Quartiere abgerundet und vervollständigt - gerne auch erweitert und miteinander zusammengeführt werden. In den rein von Bebauung der 70er Jahre geprägten Gebieten muss man meines Erachtens aber anders vorgehen.

  • Wie soll man denn deiner Meinung nach in den Plattenbaugebieten vorgehen? Noch mehr Plattenbauten bauen? Das verbessert nichts.

    Das ist strukturkonservatives Denken. Genau in den aufgelockerten Gebieten wäre es vordringlichste Aufgabe, wieder ein urbaneres Umfeld zu schaffen, um die Lebensqualität zu erhöhen. Dann kann man die Platten entweder als temporäres Hindernis betrachten oder sie integrieren. Mit noch mehr aufgelockerter Bauweise manifestiert man das Problem jedoch nur für alle Zeiten und verschärft die "Ghettoisierung". Gerade dort müssen Blockrandquartiere, muss echte Stadt entstehen. Das gilt für das gesamte Zentrum und die Subzentren, wie etwa auch die Innere Neustadt.

  • Ich muss vorab sagen, dass ich die konkrete gegenwärtige Lage in der Johannstadt nicht ausreichend kenne, um mich fachkundig an dieser Diskussion beteiligen zu können. Und oft bin ich ja nicht ganz "Arweds" Meinung, z.B. hinsichtlich der von mir begrüßten Rekonstruktion des Kaiserpalastes. In diesem Punkt kann ich aber seine Argumentation gut nachvollziehen. Verdichtung macht primär dort Sinn, wo eine vorhandene Struktur, aufgegriffen, komplettiert werden kann. Natürlich kann man auch in Zeilenbauarealen nachträglich Blockränder schaffen, aber man sollte genau prüfen, wo dies notwendig und sinnvoll ist. Das bedeutet aber auch die Frage, welche Gebäude man abreißen will und an welchen man festhält. Es ist ja nicht so, dass diese aufgelockerten Zeilenbauviertel grundsätzlich eine schlechte Lebensqualität hervorrufen. Als Kinder haben wir es genossen, in dem Grün zwischen solchen Vierteln herumzustreunern und zu spielen. Die aufgelockerte Bebauung ist natürlich vorstädtisch, fast anti-urban, aber sie kann auch mit Luft, Licht, Grün und ruhigen Wohnverhältnissen punkten. Deswegen sind viele Bewohner nicht nur unzufrieden damit. Somit, da bin ich bei "Arwed", ist genaue Einzelfallprüfung vonnöten.