Berlin - Wiederaufbau der Bauakademie

  • Ich will die Position von @Snork hier ausdrücklich unterstützen.

    Es gibt keinen Grund, den Schinkelplatz umzubenennen. Der Name ist historisch, die Platzgestaltung wurde rekonstruiert, Schinkels Denkmal steht auf dem Platz. Ich gehe weiterhin davon aus, dass die Bauakademie äußerlich rekonstruiert wird, denn alle bisherigen Maßnahmen laufen auf dieses Ziel zu. Die Bauakademie bietet den idealen Hintergrund für das Schinkeldenkmal. Rund um den Schinkelplatz wurde der historische Stadtgrundriss wiederhergestellt. Das zur Verfügung stehende Baugrundstück entspricht dem Grundriss der Bauakademie. Die Neubauten am Schinkelplatz beziehen sich in ihrer Größe auf die Bauakademie. Ihre helle Farbigkeit setzt darauf, dass die ziegelrote Bauakademie einen Kontrast bildet. Der Moneo-Bau neben der Friedrichswerderschen Kirche bietet bereits eine rötliche Farbgebung, entfaltet seine Wirksamkeit aber zum Werderschen Markt, nicht zum Schinkelplatz. Die Neubauten am Schinkelplatz sind bereits als moderne Antworten auf Schinkel zu lesen. Sie zeigen eine klassische Formensprache in moderner Weiterentwicklung. Da nun all dies festgelegt ist und der Neubau nur die Kubatur der Bauakademie haben kann, hat ein Architekt hier kaum Spielraum, andere Fassaden zu schaffen als Schinkel. Zumal durch das Fassadengerüst und die Probeecke das Bild der Bauakademie seit Jahren wieder in der Stadt präsent ist. Ich denke, dass es bei dem Wettbewerb vor allem um das Gebäudeinnere und die technischen Details geht. Auch eine bauliche Rekonstruktion braucht einen Architekten und ein Nutzungskonzept. Da die angedachte Nutzung auch in Richtung Bauakademie geht, ist ein Rückgriff auf Schinkels Architektur die ideale Lösung. Denn Schinkel ist aus Sicht des heutigen Architekturdiskurses so etwas wie der Vater der Moderne und neutral.

  • Wenn es schlussendlich tatsächlich nur um das Gebäudeinnere gehen wird, nehme ich natürlich meine Ausführungen zurück. Ein modernes Nutzungskonzept ist selbstverständlich unausweichlich. Skepsis scheint mir dennoch angebracht zu sein angesichts der derzeitigen Diskussionen.

  • Ich würde mich sehr freuen, wenn der Bau wieder original kommt. Hier waren mal Fotos vom Treppenhaus, das sah auch sehr toll aus. Die Räume selber können ja modern werden. Obwohl manchmal schon eine einfache Hohlkehle und eine hohe Fussleiste das ganze klassischer wirken lassen können.

  • Konsequenterweise sollte aber auch die Tragstruktur rekonstruiert werden, denn diese war ja gerade im Zusammenspiel mit den Fassaden die revolutionäre Neuerung im Bauwesen. Die Tragstruktur bestand nur aus einem Raster, innerhalb welchem die Raumaufteilung frei gewählt werden konnte. Genau wie heute noch im Büro- und Gewerbebau!

    Für die heutigen Architekten sollte gerade die ursprüngliche und rekonstruierte Bauakademie eine Ikone der modernen Architektur sein, denn gerade sie ebnete ja den Weg zum heute so hochgelobten Rasterbau mit vorgehängten Fassaden. Auch wenn die Fassade der Bauakademie nicht wörtlich vorgehängt war, könnte (konnte) sie jederzeit komplett ausgetauscht werden, ohne die Tragstruktur anzutasten.

    Das Wesen der Bauakademie war doch gerade das Zusammenspiel von Fassade und Tragstruktur, beides in Rasterform. Und genau deshalb sollte die Bauakademie ganzheitlich rekonstruiert werden! Nicht nur dem Stadtbild zuliebe, sondern auch den modernen Architekten. :D

  • @Naumburg

    Hier ist noch Mal das geniale Treppenhaus, für alle die es noch nicht gesehen haben.


    1947 der Zustand nach dem Krieg


    einige Reliefs an der Fassade


    die linke Eingangstür zur Bauakademie wurde nach dem Abriss der Bauakademie in die Schinkelklause in der Oberwallstraße als Eingangstür verwendet


    Eingangstür zur Schinkelklause


    2 Kandelaberfüße die an der Bauakademie standen

  • Konsequenterweise sollte aber auch die Tragstruktur rekonstruiert werden, denn diese war ja gerade im Zusammenspiel mit den Fassaden die revolutionäre Neuerung im Bauwesen. Die Tragstruktur bestand nur aus einem Raster, innerhalb welchem die Raumaufteilung frei gewählt werden konnte. Genau wie heute noch im Büro- und Gewerbebau!

    Genau. Weil im Hinblick auf das Gebäude der Bauakademie der Plan das Bedeutende ist und nicht (wie etwas bei anderen Bauwerken) die Substanz des Gebäudes, ist die Rekonstruktion hier angezeigt.

  • Darf man eigentlich die Meinung vertreten, dass die Architektur der Bauakademie kein ästhetisches Meisterwerk ist? Mir persönlich fallen hunderte Bauwerke in Berlin ein, die bei mir mehr Begeisterung auslösen. Die Bauakademie mag wegweisend gewesen sein, aber für sich betrachtet finde ich das Gebäude nicht besonders beeindruckend, ich fühle mich eher an eine Lagerhalle erinnert (die allerdings aus der Nähe reizvolle Details offenbart). Natürlich befürworte ich trotzdem eine originalgetreue Rekonstruktion.

    In dubio pro reko

    Einmal editiert, zuletzt von reklov2708 (19. November 2019 um 16:54)

  • Die Gebäudeform ist halt eine Kiste, wie die meisten Neubauten von heute. Aber die wunderschönen Fassaden machen die Rekonstruktion so wünschenswert. Eigentlich ist für alle etwas dabei. Die rückwärtsgewandten Architekturfreunde bekommen eine historische Fassade, und die Modernisten kriegen ihre geliebte Kiste.

    • auch Chipperfield hat sich für den Wiederaufbau beworben, möge dieser Kelch an uns allen vorüber gehen. Das wäre das schlimmste was passieren würde dann gibt es einen Betonwürfel wie beim neuen Museum.

    Neues Museum in Beton :gehtsnoch:

  • Schinkel schaffte es, einen reinen Zweckbau so zu gestalten, dass er ein Gesamtkunstwerk wurde. Der Bau ist eine historische Schnittstelle, deswegen ist er für viele unterschiedliche Menschen interessant.

    Die Bauhäusler sehen den funktionellen Aspekt und die Reduktion auf Wesentliches und Beginn moderner Architektur. Die Traditionalisten ihr Ideal eines Industriebaus. Gerade die strengen Formen, die ‚Kiste‘, machen für mich den Reiz aus.

    In meinen Augen ist es das Dessauer Bauhaus des 19. Jahrhunderts und die damalige Blaupause für Bahnhöfe, Industriewerke und Lagerhallen. Wenn man es aufbaut, baut man nicht nur ein schönes Gebäude auf, sondern den Prototyp industriellen Bauens seiner Zeit.

    Nur deswegen springen viele moderne Architekten über ihren Schatten und wagen es nicht, ihren üblichen Sermon von „Kitsch!“ loszulassen: sie wissen, dass es hier um mehr geht, als nur ein einzelnes Gebäude. Es geht um die Architekturgeschichte an sich.

  • Richtig, East. Du hast gut zusammengefasst wofür die Bauakademie steht und was sie bedeutend macht. Das wollte ich mit meiner Kritik, die mehr auf meiner persönlichen ästhetischen Wahrnehmung beruht, auch nicht in Frage stellen (auch wenn mich die selektive Wahrnehmung des Baus von mancher Seite als Schlüsselwerk moderner Architektur etwas stört, da sie dem Anspruch Schinkels nicht gerecht wird). Wie gesagt, das Gebäude verdient es unbedingt, originalgetreu wiederaufgebaut zu werden.

    In dubio pro reko

    2 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (19. November 2019 um 16:50)

  • Ich gebe dir recht: wenn man den Bau nur als für sich stehendes Werk betrachtet, sticht er ästhetisch nicht unbedingt hervor. Die Geschichte macht aber den Unterschied. Es ist wie bei Gegenständen: es gibt viele schönere modernere Uhren, als eine Stowa- aber sie haben nicht ihre Geschichte. Bei mir spielt das -abseits ästhetischer Kategorien- eine große Rolle bei der Beurteilung. Das ist auch bei der DDR-Architektur so: abgesehen davon, dass sie hässlich ist, missfällt mir auch ihre Geschichte. Ich finde keine Anknüpfungspunkte. Beim Mussolini-Viertel wäre mein Urteil vielleicht auch ein anderes, wenn es in der eher ruhigen Nachkriegszeit entstanden wäre. Wäre das Berliner Schloss kein Hohenzollernschloss, sondern ein schwedisches, wäre der Glanz wesentlich geringer. Sogar NS-Architektur hat ein gewisses Etwas, weil man sich vieles mitdenkt, was bei einem ahistorischen oder beliebigen Gebäude zwangsläufig fehlt, sei es Schauer oder Faszination- was nicht zwingend von der handwerklichen Qualität abhängig ist. Ich denke, dass es hier vielen so geht und man die Geschichtlichkeit als ‚Qualitätsfaktor‘ nicht unterschätzen sollte.

  • Das Gebäude ist wahrscheinlich der Grund, warum Schinkel generell auch unter Modernisten oder den Feuilletonisten relativ angesagt ist. Im Taschen Verlag erschien mal eine Reihe zu Architekten. Er war zu dem Zeitpunkt der einzige "historische" unter ausschließlich modernen (und es war eine ganze Reihe von Bänden, bestimmt so 20 Stück), der in dieser Reihe behandelt wurde. Er wird ja immer wieder als so eine Art Urvater moderner Architektur präsentiert und die Bauakademie wird als das Schlüsselgebäude dafür gesehen. Bei seinen anderen Werken müssen sich die Schreiber dann freilich immer recht winden, um das in Einklang mit einer "modernistischen Traditionslinie " zu bringen. Mir ist dieses interessante Paradoxon auch schon öfter aufgefallen.

  • Darf man eigentlich die Meinung vertreten, dass die Architektur der Bauakademie kein ästhetisches Meisterwerk ist?

    Es ist nun mal ein Zweckbau seiner Zeit gewesen - so unverputzte Klinkergebäude aus der Zeit, erinnern mich auch mehr so an alte Fabriken. Nur setzt man Vergleiche zur heutigen Schuhschachtelbauweise, ist die Bauakademie ein bauwerkliches Kunstwerk, welches wohl heute niemand mehr imstande ist, so etwas zu schaffen.

  • Trotz berechtigten Misstrauens gegen die Zunft der Gegenwartsarchitekten und die Ideologen in der Berliner Senatsbauverwaltung (die "Machthaber") können wir meines Erachtens recht zuversichtlich sein, dass die Schinkelsche Bauakademie originalgetreu wiederaufgebaut wird. Der wichtigste Pflock, der hierfür schon vor Jahren eingeschlagen wurde war die Rekonstruktion der Nordost-Ecke der Bauakademie. Es ist schlichtweg unvorstellbar diese wieder abzureißen oder um eine "zeitgenössische" Fassade (möglichst wie üblich mit Rastern oder Schießscharten) zu beiden Seiten zu ergänzen. Der Weg zu Schinkel scheint mir also durchaus vorgezeichnet zu sein. :anbeten:

  • Naja, ich traue den Berlinern da nicht so ganz - die Gefahr daß "innovative Vorstellungen" umgesetzt werden ist da noch nicht vom Tisch.

  • ... die Rekonstruktion der Nordost-Ecke der Bauakademie. Es ist schlichtweg unvorstellbar diese wieder abzureißen oder um eine "zeitgenössische" Fassade (möglichst wie üblich mit Rastern oder Schießscharten) zu beiden Seiten zu ergänzen. (...)

    Zwar hoffe ich, daß Du Recht hast. Aber möglich ist es schon. Diese Ecke könnte als "Schinkel-Erinnerungsecke" in einen Neubau mit einbezogen werden. Halte ich gar nicht für so unrealistisch.

  • Bei einem Neubau, der wie auch immer gestaltet werden wird, muss die Ecke ohnehin weichen, wie hier schon mal ausgeführt wurde, denn er steht ja auf keinem Kellerfundament sondern auf einer Betonplatte, die beim Aushub der Baustelle wohl kaum so bestehen könnte.