• Sehr interessant auch, dass in zwei verschiedenen Wohnungen die Staubsauger genau den gleichen Platz haben und beide nicht runtergefallen sind ;)

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Im Hamburger Stadtteil Altona entsteht rund um die Kirche St. Trinitatis ein neues Quartier. Mit Ausnahme der Sanierung der Kirche für mich ein Reinfall.


    Zitat

    Rund um die Hauptkirche St. Trinitatis sollen dafür unter anderem öffentlich geförderte Wohnungen, eine Kindertagesstätte, ein Café sowie ein neues Gemeindehaus inklusive Pastorat, kirchlich genutzte Büros und eine Pilgerstätte entstehen. „Wir planen hier einen qualitätsvollen Umgang mit Gründächern im Kontext mit hochwertiger Architektur und Denkmalschutz“, so von Berg.

    Finanzbehörde bewilligt 2,7 Millionen Euro für Sanierung der St. Trinitatis Kirche

    Trinitatis Quartier


    Sankt Trinitatis

    Wahrerwattwurm, CC BY-SA 3.0 <http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/>, via Wikimedia Commons

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Ja, irgendwelche schmucklos-groben Pultdach-Klötze wild über das Areal gewürfelt. Aber was will man von der Kirche als Bauherren heute noch erwarten?

  • OMG.

    Rund um die Trinitatis-Kirche wäre eine Stadtbildreparatur dringendst von Nöten. So, wir hier vorgestellt, wird der desolate Zustand leider nur verfestigt und die Wiederherstellung eines urbanen Raumes unmöglich gemacht.

  • SPIEGEL-Artikel von 1955 über Ernst May beim Antritt als Stadtplaner für sein Neu-Altona. Zitat: "... Von den 3600 Alt-Wohnungen dagegen, die den Bombenkrieg überstanden haben, riß May in seiner Skizze 2600 kühlen Herzens ab, weil sie nicht nur die Gesamtplanung stören, sondern nach seiner Ansicht auch keineswegs mehr menschenwürdig sind." https://www.spiegel.de/politik/der-pl…9?context=issue

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  • SPIEGEL-Artikel von 1955 über Ernst May beim Antritt als Stadtplaner für sein Neu-Altona. Zitat: "... Von den 3600 Alt-Wohnungen dagegen, die den Bombenkrieg überstanden haben, riß May in seiner Skizze 2600 kühlen Herzens ab, weil sie nicht nur die Gesamtplanung stören, sondern nach seiner Ansicht auch keineswegs mehr menschenwürdig sind." https://www.spiegel.de/politik/der-pl…9?context=issue

    Das ist schon ein bemerkenswerter Spiegel-Artikel über Ernst May. Der Mann muss Unmengen an Geld verdient haben. Ob er dann auch in eines seiner von ihm konzipierten Wohnungen gelebt hat?

    Ich vermute, es ging ihm eher wie seinem Kollegen, Oberbaudirektor Werner Hebebrand:

    "Hebebrand fährt auf dem Weg von seinem Haus in Blankenese zu seinem Büro in der Baubehörde an der Stadthausbrücke"........

    Hebebrand wohnte also im Villenvorort Blankenese in einem eigenen Haus (interessant wäre es, den Baustil in Erfahrung zu bringen) und nicht in einer dieser "ach so großartigen" modernen Trabantenstädte, die Hebebrand und May propagierten.

    In Bremen hatte es Ernst May dann einfacher, dort konnte er auf der grünen Wiese das seinerzeit größte Wohnungsbauprojekt Europas, die Neue Vahr, verwirklichen. Auch dafür wurde er fürstlich belohnt. Aber vermutlich ging es ihm gar nicht darum, sondern er war ein reiner Idealist, der lediglich seine Vorstellungen von Wohnungsbau und Stadtplanung verwirklichen wollte.

  • Das ist schon ein bemerkenswerter Spiegel-Artikel über Ernst May. Der Mann muss Unmengen an Geld verdient haben. Ob er dann auch in eines seiner von ihm konzipierten Wohnungen gelebt hat?

    Ich vermute, es ging ihm eher wie seinem Kollegen, Oberbaudirektor Werner Hebebrand:

    "Hebebrand fährt auf dem Weg von seinem Haus in Blankenese zu seinem Büro in der Baubehörde an der Stadthausbrücke"........

    Hebebrand wohnte also im Villenvorort Blankenese in einem eigenen Haus (interessant wäre es, den Baustil in Erfahrung zu bringen) und nicht in einer dieser "ach so großartigen" modernen Trabantenstädte, die Hebebrand und May propagierten.

    In Bremen hatte es Ernst May dann einfacher, dort konnte er auf der grünen Wiese das seinerzeit größte Wohnungsbauprojekt Europas, die Neue Vahr, verwirklichen. Auch dafür wurde er fürstlich belohnt. Aber vermutlich ging es ihm gar nicht darum, sondern er war ein reiner Idealist, der lediglich seine Vorstellungen von Wohnungsbau und Stadtplanung verwirklichen wollte.

    Ja, so war es auch im Neuen Frankfurt. Abseits der Trabantenstadt wurde die Siedlung Höhenblick errichtet. Attraktiv gelegen ging der Blick über das Niddatal bis zu den Taunushöhen. Die gehoben ausgestatteten Häuser mit Wohnungsgrößen bis 125 qm waren von Anfang an dem bürgerlichen Mittelstand und einer intellektuellen Elite vorbehalten. Hier wohnte dann auch Ernst May. https://ernst-may-gesellschaft.de/wohnsiedlungen…oehenblick.html

    ...

  • Ich habe mal eine Frage, eingefleischte Altonaer wissen da bestimmt besser bescheid als ich. Im Bremen-Strang beschrieb ich die Herkunft des Straßennamens Altonaer Straße im Ortsteil Utbremen/Überseestadt. Der Text lautete folgendermaßen:

    "Die St. Pauli Straße hat mit Hamburg ebenso wenig zu tun wie die Altonaer Straße im Waller Ortsteil Utbremen. Letztere wurde im 19. Jahrhundert gegründet und bezog sich auf die Großstadt Altona, die westlich von Hamburg lag, aber nicht zu Hamburg gehörte. Altona wurde erst durch die von den Nazis betriebene Gemeindereform, das Groß-Hamburg-Gesetz von 1937, ab 1938 zu einem Stadtteil Hamburgs. Die Bewohner Altonas erfuhren ihre neue Stadtzugehörigkeit sozusagen über Nacht erst aus der Presse und dem Radio. Vorher war die 231 000 Einwohner zählende Stadt die größte Stadt Schleswig-Holsteins. Mich hat immer gewundert, dass die Altonaer nach dem Krieg nicht wieder auf ihre Selbständigkeit bestanden haben, schließlich waren sie mit der Eingemeindung doch irgendwie auch Naziopfer. Aber vielleicht sollte ich das noch mal im Hamburg Strang thematisieren".

    Was ich hiermit nun tue. Die Fragestellung bezieht sich also auf den fettgedruckten Teil im Text. Warum also hat die Altonaer Bevölkerung nach lediglich 7 Jahren 1945 nicht wieder auf ihre Selbständigkeit gepocht. Es ist doch besser, eine eigenständiges Gemeinwesen zu sein statt ein Teil Hamburgs, oder? Aber vielleicht gab es auch Bedingungen, die mir völlig unbekannt sind.

  • In unserer Gegend gab es auch Eingemeindungen während der NS-Zeit, die nicht rückgängig gemacht wurden. Womöglich haben die Gemeinden gedacht, dass es auch Vorteile für sie bringt, Teil einer größeren Stadt mit größerem Finanzvolumen zu sein.

  • Ich bin im Hamburger Westen aufgewachsen. Auch wenn meine Etern beide Zugezogene sind, habe ich in meiner Kindheit und Jugend natürlich noch viele ältere "gebürtige Altonaer" kennengelernt. Mein Eindruck ist, dass die Zugehörigkeit zu Hamburg als völlige Selbstverständlichkeit wahrgenommen wurde. Es scheint so zu sein, dass das Groß-Hamburg Gesetz von 1937 aus einer empfundenen Zugehörigkeit eine tatsächliche machte.

    Wenn überhaupt irgendwo einmal so etwas wie ein Bedauern über die heutige staatliche Zugehörigkeit aufblitzte, dann in Zusammenhang mit der Eingliederung nach Preußen im Jahr 1864 (- vorher war Altona über 200 Jahre lang dänisch). In der Aula meiner damaligen Schule finden sich bis auf den heutigen Tag Reminiszenzen an das dänische Königshaus, und auch im heutigen Straßenbild ist hier und da der Dannebrog präsent.

    Daneben gibt es auch noch literarische Indizien, die das Zugehörigkeitsgefühl der Altonaer zu Hamburg belegen. Als Beispiel sei der (sehr lesenswerte!) Jugendroman "Jan Himp und kleine Brise" aus den 1920ern Jahren erwähnt, in dem sich Bootsjunge Jan und die Reederstochter Kyri nahekommen. Jan wohnt in der Altonaer Fischer- und Lotsensiedlung Övelgönne am unteren Ende der Treppe Himmelsleiter, Kyri an der Elbchausse an deren oberen Ende. In dem Roman klingt immer wieder durch, dass sich der Vater von Kyri als Hamburger Reeder sieht, ebenso wie alle anderen Figuren als hamburgische Charaktäre in Erscheinung treten. Altona findet kaum eine Erwähnung - was zählt es die lokale Övelgönner Identität und die übergeordnete Hamburger - die offenbar elbabwärts bis Blankenese reichte, in Analogie zur späteren Eingliederung.

  • Eingemeindungen sind eben typisch für Deutschland und werden daher meist nicht groß in Frage gestellt, z. B. gab es ja schon zu Weimarer Zeiten das Groß-Berlin-Gesetz, wodurch die Einwohnerzahl verdoppelt wurde.

    In anderen Ländern wie z. B. Portugal wird hingegen sehr zurückhaltend eingemeindet, da kann dann in Porto oder Lissabon plötzlich und nahtlos eine andere Stadt beginnen, das Gegenbeispiel ist Québec mit den Amalgamations, vor 20 Jahren gab es da eine gigantische Eingemeindungswelle.

    Easy does it.

  • buarque : Speziell auf Altona und Hamburg bezogen, ist die Bevölkerung keinesfalls indifferent.

    Würde man beispielsweise versuchen, Hamburg einem Nordstaat einzugemeinden (solche Diskussionen gab es schon), gäbe es hier einen Volksaufstand. Und ausgerechnet die konservative Hamburger CDU scheiterte einst kläglich an dem Versuch, den kleinen Hamburger Stadtteil Finkenwerder aus dem Bezirk Hamburg-Mitte herauszulösen und nach Hamburg-Harburg einzugemeinden: Man hatte die 700 jährige Zugehörigkeit der Finkenwerder zu Hamburg übersehen, es gab eine Volksabstimmung mit einem 98%-Ergebnis für den Verbleib.

    Ich glaube, die Eingemeindung von Altona nach Hamburg wurde akzeptiert und auch nach dem 2. Weltkrieg beibehalten, weil sie zum einen dem ohnehin empfundenen Zugehörigkeitsgefühl der Altonaer zu Hamburg entsprach. Zum anderen endete damit ja nicht die Existenz Altonas. Hamburg war/ist eben ein Land, ein eigenständiges Subjekt des Völkerrechts. Altona konnte als Bezirk in Hamburg fortbestehen, es wurde nicht aufgelöst, und hatte und hat weiterhin weitreichende Möglichkeiten zur Selbstverwaltung.