• Zitat von "Oliver"

    ...Was am Portal noch rekonstruiert werden müsste, kann ich auf dem Bild nicht erkennen. Wie schauts eigentlichen innen aus ? Diese Pracht scheint wohl verschwunden zu sein, was ? (siehe unten) Gibts Rekopläne ? ...

    Das (neo-?) romanische Eingangportal war nach dem Krieg wohl nicht mehr vorhanden. Ob es wiederhergestellt wird weiß ich nicht. Vermutlich nicht, weil in Würzburg ja im Wesentlichen nur freigelegt und nicht rekonstruiert wird.

    Von der ehem. Barockpracht ist im Innern nicht viel geblieben. Nur in den Querschiffen und bedingt im Chor ist die barocke Stuckdekoration erhalten bzw. wiederhergestellt. Die barocken Altäre (außer der Querschiffe) sind ebenso verloren wie das Chorgestühl und die Sitzbänke.

    Das Langhaus wurde nicht in barocker Form sondern in einer re-romanisierten Form mit Flachdecke wiedererrichtet:

    In der folgenden Seite ist das Langhaus im 2. Bild der Bildershow etwas zu erkennen:

    http://www.dom-wuerzburg.de/rundgang/theologie.htm

    Die Orgel als Rückwand des Langhauses siehst du hier:

    http://www.dom-wuerzburg.de/kunst/orgeln.htm

    (Schaut euch mal diese wie eine Holzkiste aussehende Orgelempore an, sieht in Wirklichkeit noch grauenhafter aus)

    Interessant ist, das der Verzicht auf eine Wiederherstellung des barocken Vorkriegszustandes erheblich umstritten und nur aus einer damals weit verbreiteten Anti-Barockstimmung heraus erfolgt war. Nur nach erheblichem Widerstand der Bevölkerung ist zumindest der Stuck im Chor uns Querhaus erhalten bzw. wiederhergestellt worden. Wie ich gelesen habe hat die Kirche sogar freiwillig auf eine vom bayerischen Staat angebotene Rekonstruktion des Stucks im Langhaus verzichtet!!!!

    Von Bestrebungen diese Neo-Nachkriegsromanik wieder durch die barocke Dekoration zu ersetzen weiß ich nichts und glaube auch nicht daran.

  • Ach ja, um auch mal was positives zu berichten: der 1987/88 von Hubert Elsässer neugestaltete Chorbereich ist meines Erachtens nach ein überaus gelungenes Beispiel für erkennbar moderne Kunst, die sich trotzdem harmonisch in die barocke Dekoration des Chors einfügt:

    Klickt in der Zeitleiste auf "1987":
    http://www.dom-wuerzburg.de/geschichte/zeitleiste.htm

    oder seht das 4. und 5. Bild der Diaschow unter:
    http://www.dom-wuerzburg.de/rundgang/theologie.htm

  • Man kann den Dom wie vor 1945 noch wiederherstellen, wenn man Spende dafür sammelt. Es kann dadurch Turmlaterne wieder auf dem Turmhelme draufsetzen.

    Der Westfassade schaut immer noch nicht wie vor 1945 aus, weil die geschlossene Bogenfriese oberhalb den Uhr fehlt. Ebenso romanische Eingangsportal.

    Es kann sein, daß irgendwann das Mittelteil wieder stuckiert wird.

    Neue Altar im Chor kann mit historischen Altar (vor 1945) kombiniert werden.

  • Ja bin sehr dafür das die Laternen wieder oben am Turmspitze gesetzt werden.
    Frage: Würzburg wurde vor 1945 häufig Fotografiert und immer hiess es dass ein "Magisches Licht" über der Stadt erstrahlte.
    Weiss jemand was damit gemeint wurde????

  • Da ich vor kurzem in Würzburg und auch im Dom war bin ich umso erschrockener, von den Zerstörungen zu lesen. Abgesehen von der furchtbaren Baumarkt-Flachdecke im Langhaus hatte ich die Rekonstruktion eigentlich für ganz gelungen gehalten, aber wenn man die Vorkriegsbilder sieht, kann man ja wirklich wieder mal nur heulen. 20 Altäre und sogar Riemenschneider-Figuren (warum waren wenigstens letztere bloß nicht ausgelagert?!), ein geradezu unbeschreiblicher Verlust. :weinen:

    Auch sehr schade, dass die Stuck-Reko im Langhaus nicht durchgezogen wurde, am wirklich gelungenen Chor mit dem durchaus akzeptablen modernen Altar kann man noch erahnen, wie schön das Gebäude einmal war. Aber wie immer, was nicht ist, kann ja noch werden.

  • Was soll man dazu sagen? statt eine Annaeherung an den Ursprungszustand zu versuchen, den ganzen modernistischen Müll auf eine Halde zu karren oder in einem Museum fuer den missglückten "Aufbruch" nach dem zweiten Vatikanum (in die Abteilung fuer die "Angewandte Verunstaltung der Gotteshäuser"), hat man das im wahrsten Sinne des Wortes grauenhafte Werk aus der Zeit nach dem zweiten Vatikanum nur noch mehr zementiert und fortgesetzt. Und statt des Allerheiligsten thront der Bischof ganz vorne. :augenrollen:

    Zitat

    Hell und freundlich heißt der Dom die Besucher willkommen.


    ja, Grau ist halt unter den Modernisten das neue Gold.
    Chance (wieder einmal) verpasst. Setzen. 6.

  • Dies ist eine Antwort auf diesen Beitrag von Oktavian, der hierhin wohl besser passt.

    ... Eine quantité indispensable ist m. E. aber die Aufgabe des albernen "romanischen" Dom-Nachkriegslanghauses und die Reko des herrlichen frühbarocken Stucks von Pietro Magno dort (kennt das hier eigentlich jemand??).

    Notabene: die Stukkaturen sind noch zur Hälfte da, wurden nämlich erst nach dem Krieg von den ruinösen LH-Wänden abgeschlagen und liegen noch als Originalsubstanz (!) bis heute unter dem Domdach. M. E. eine Kulturschande ohnegleichen - hier müsste dringend etwas getan werden. Wer gründet eine Bürgerinitiative??

    Oh, interessant. Ich wußte zwar, dass der Stuck zu großen Teilen den Krieg überstanden und erst Ende der 50er Jahre zur Errichtung eines neuen pseudo-romanischen Langhauses abgeschlagen wurde, aber dass er sogar zu großen Teil bis heute original erhalten ist, war mir unbekannt. Ärgerlich, dass dies nicht bei der letzten umfassenden Restaurierung, die erst im letzten Jahr beendet wurde, zum Anlass für eine Wiederherstellung des kunsthistorisch bedeutenden barocken Langhauses genutzt wurde.

    Hier ein Bild des barocken Langhauses:

    ...hier dessen Zustand nach dem Krieg, zu beachten ist, dass das nördliche Langhaus erst 1946 eingestürzt war, wobei es mit geeigneteren Sicherungsmaßnahmen wohl vorm Einsturz hätte bewahrt werden können ...

    ... hier das Langhaus im Zustand von 1956 ...

    ...man sieht die noch erhaltenen Stukkaturen von Süd- und Westwand (Stuckteile der hier bereits wiedererrichteten Nordwand waren wohl schon gesichert worden) ...

    Obwohl das Bayerische Landesdenkmalamt wegen des kunsthistorischen Werts und relativ guten Erhaltungszustands des Stucks das Langhaus auf eigene Kosten im vorherigen barocken Zustand rekonstruieren wollte, wurde dieser Wunsch von den lokalen Verantwortlichen in Würzburg abgelehnt und dieses eher an eine Lagerhalle erinnernde pseudo-romanische Langhaus, Disneyland pur ( ;) ) 1963 errichtet, welches bei der letzten Restaurierung konserviert wurde:


    Urheber: Zairon
    Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported

    Zur Ergänzung hier zwei zeitgenössische Artikel des SPIEGEL und der ZEIT von 1957, die den damals heftigen Streit über die Wiedererrichtung des Langhauses in barocker oder neo-romanischer Form erläutern. Interessant finde ich insbesondere auch, dass neben dem Wunsch nach „zeitgemäßen“ Lösungen von den Kritikern des barocken Langhauses angeführt wurde, dass eine Rekonstruktion des barocken Langhauses alleine aus liturgischen Gründen unmöglich sei. Ohne Experte für Liturgie zu sein, scheint mir dies doch sehr fraglich, da damals bekanntlich auch in zahlreichen erhaltenen Barockkirchen eine zeitgemäße Liturgie realisiert werden konnte, oder?

    Weiterhin habe ich noch diese frei zugängliche Dissertation der Uni Würzburg von 2012 gefunden, die sich ganz ausführlich mit dem Wiederaufbau des Doms beschäftigt.

    Schließlich noch dieser Linkdes Würzburger Arbeitskreises Denkmalschutz, in dem der umstrittene Wiederaufbau des Langhauses des Doms ebenfalls thematisiert und zudem weitere Vergleichsbilder zum Wiederaufbau Würzburgs zu sehen sind.

    4 Mal editiert, zuletzt von -Frank- (5. Januar 2014 um 00:42)

  • Danke Frank, für diesen fast schockierenden Beitrag. Ich war ja bitter enttäuscht, als ich beim Betreten des Domes dieses nüchterne Langhaus sah. Ich dachte, es wäre im Krieg fast komplett zerstört worden und dann aus Kostengründen in so schlichten Formen aufgebaut worden. Dabei hatte man - und das überraschte mich am Meisten - das alles ja schon so schön rekonstruiert. Jammerschade! Das schmucklose Langhaus und der so prächtige Chor passen gar nicht zusammen. Pseudoromanik und Barock schlagen sich einfach ;)
    Die neue Einrichtung - um auch auf diese zu sprechen zu kommen - finde ich aber größtenteils ganz gut gelungen. Auch wenn er den alten nicht ersetzen kann, der neue Hochaltar ist recht schön. Und die schönen Bronzetüren - traumhaft!

  • Den Einsturz zu verhindern wäre wohl sehr schwierig gewesen, die vermutlich noch romanischen und wie in dieser Zeit üblich sehr massiven Gewölbekappen (vgl. Mainzer Dom) haben ja wohl alle gehalten (vgl. hier), aber waren wohl durch das Abbrennen des Dachwerks darauf durchgeglüht. Man hätte 1945/46 unter diesen ein Lehrgerüst hochziehen müssen, aber selbst wenn man die Statiker gehabt hätte, die den Einsturz hätten voraussehen können, hätte das eine ungeheure Menge an Bauholz benötigt, die in den extrem hartem Winter 1945/46 aufzutreiben wohl kaum zu vermitteln gewesen wäre.

  • Den Einsturz zu verhindern wäre wohl sehr schwierig gewesen, ... Man hätte 1945/46 unter diesen ein Lehrgerüst hochziehen müssen, aber selbst wenn man die Statiker gehabt hätte, die den Einsturz hätten voraussehen können, hätte das eine ungeheure Menge an Bauholz benötigt, die in den extrem hartem Winter 1945/46 aufzutreiben wohl kaum zu vermitteln gewesen wäre.

    Damit hast du wohl recht. Im Kapitel 3.3 der von mir verlinkten Dissertation wird die Geschichte des Einsturzes ausführlich erläutert. Danach war in der Tat ein Mangel an Fachleuten und Baumaterial für den Einsturz mitverantwortlich, spätere Gutachten hatten aber durchaus auch auf vermeidbare Fehler der ersten Sicherungs- und Wiederaufbaumaßnahmen hingewiesen und es gab auch Vorwürfe, dass der Einsturz billigend in Kauf genommen wurde, um die eh nicht mehr gewünschte Barockhülle loszuwerden.

    Die neue Einrichtung - um auch auf diese zu sprechen zu kommen - finde ich aber größtenteils ganz gut gelungen. Auch wenn er den alten nicht ersetzen kann, der neue Hochaltar ist recht schön. Und die schönen Bronzetüren - traumhaft!

    Ja, sehe ich ebenso. Die Neugestaltung des Hochchors 1988 ist wirklich eine ausnahmsweise mal gelungene Umgestaltung, die eindeutig "modern" erscheint, aber sich trotzdem gut einfügt und die den Verlust des ehemaligen für die Barockzeit stilbildenden Hochaltars etwas verschmerzen läßt.

    Hier ein Bild dieser heutigen Gestalt der Apsis:


    Würzburg von cpoetter auf Flickr

    In der oben verlinkten Dissertation sind übrigens auf den Seiten 349-351 Photos des Vorkriegszustandes und zwei Photos der äußerst schlichten Gestaltung des Chorbereichs in den 1960er und 1970er Jahren zu sehen. Im Vergleich dazu ist die heutige Gestalt von 1988 ein klarer Fortschritt.

  • Die Rekonstruktion der barocken Ausstattung des Langhauses des Doms wäre sehr wichtig, um auch diese Stadt der leeren Kirchen wieder kunsthistorisches Gewicht zu verleihen. Heute gibt es der Residenz gegenüber in Würzburg nichts, was qualitativ auf eine ähnliche Stufe steht. Zumindest die bedeutendsten Kirchen Dom, Marienkapelle und Stift Haug sollten langfristig auch innen rekonstruiert werden, so aufwendig dies auch ist.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • mE eine Verschlechterung. Die "alte" pseudoromanische Wuchtigkeit gefiel mir besser. So ist's wieder einmal weder Fisch noch Fleisch. Oder positiv formuliert: Abgespeckter Eklektizismus
    Wenn schon, dann so:
    https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%BCrz…rg_Dom_1904.jpg

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Und mir hat auch die Form der Nachkriegszeit besser gefallen. Vielleicht auch, weil er mehr festungsartig gewirkt hat. Nie werde ich mich an die neue Ansicht gewöhnen können.

  • Was ist eigentlich aus dem Portal geworden? Was soll die heutige Pseudorenaissance?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Also mir gefällt die jetzige Fassade , die Annäherung an den Vorkriegszustand, auch besser. Nur die Farbgebung will mir nicht so recht zusagen. Das erscheint mir irgendwie zu hell. Der leicht schmuddelige Dom hat, rein farblich, stimmiger und weniger leuchtend gewirkt. Ich möchte nur hoffen, daß diese Zipfelmützen-Hauben in Zukunft ebenfalls an die Vorkriegssituation angepasst werden.

  • Bei der Rekonstruktion der Ausstattung des Doms könnte man beim Kruzifix des Tilman Riemenschneiders anfangen, das früher in der Kreuzung vor dem Chor hing. Wenn es denn ausreichend dokumentiert ist. Bei der Fassade scheint mir der Portal am wichtigsten, die heutigen Turmabschlüsse stören nicht wirklich. Sie sind nicht ''modern'' wie bei der Martinskirche in Kassel o.ä.

    VBI DOLOR IBI VIGILES