Saarbrücken - Abriss der alten Bergwerksdirektion

  • Zitat von "Booni"

    Ich versteh nicht, was das jetzt mit dem Thema zu tun hat.

    Tutto semplice, caro amico:

    Ich wollte nur mein Bedauern zum Ausdruck bringen, daß für jeden Grashüpfer ein Erdbeben durchs Land geht, während unsere Bausubstanz kaum jemanden interessiert.

  • Zitat

    Vergleicht mal ein Schulbuch aus den sechziger Jahren mit den albernen Büchern von heute; damals enthielten sie noch sehr viele heimat- und regionalkundliche Bezüge, das fehlt heute völlig.

    Dieser Trend hat übrigens auch die Institution "Heimatmuseum" erreicht, welche heute vermehrt in "Regionalmuseum" umbenannt wird.
    Heimatkunde im klassischen Sinn gilt schon seit den 1970er Jahren als antiquiert und wurde daher konsequent aus dem Schulunterricht verbannt bzw. ins Abseits gedrängt.
    Hintergrund ist natürlich, dass es in unserer "modernen" mobilen Gesellschaft mit veränderten Erwerbsbiographien als altmodisch gilt, sich mit einer "Heimat" zu identifizieren. Zumal der Begriff "Heimat" ja auch noch mit "reaktionären" oder "faschistischen" Weltbildern verbunden wird.
    Da heute kaum noch jemand sein ganzes Leben an einem Ort bzw. sogar im gleichen Haus, eben in einer "Heimat", verbringen kann bzw. verbringen will, wird das "echte", eher bäuerlich-kleinstädtisch geprägte, "Heimatbewusstsein" wohl in absehbarer Zeit aussterben - trotz der in den letzten Jahrzehnten immer wieder mal auftretenden und entsprechend vermarkteten Heimat- und Nostalgiewellen. Es sei denn, man konstruiert sich eine "Heimat" künstlich, etwa nach dem Motto "Heimat ist immer dort, wo ich gerade wohne", wie es "moderne" Menschen gern heute zu tun pflegen.

  • Zitat von "Carsten"

    Dieser Trend hat übrigens auch die Institution "Heimatmuseum" erreicht, welche heute vermehrt in "Regionalmuseum" umbenannt wird.
    Heimatkunde im klassischen Sinn gilt schon seit den 1970er Jahren als antiquiert und wurde daher konsequent aus dem Schulunterricht verbannt bzw. ins Abseits gedrängt.
    Hintergrund ist natürlich, dass es in unserer "modernen" mobilen Gesellschaft mit veränderten Erwerbsbiographien als altmodisch gilt, sich mit einer "Heimat" zu identifizieren. Zumal der Begriff "Heimat" ja auch noch mit "reaktionären" oder "faschistischen" Weltbildern verbunden wird.
    Da heute kaum noch jemand sein ganzes Leben an einem Ort bzw. sogar im gleichen Haus, eben in einer "Heimat", verbringen kann bzw. verbringen will, wird das "echte", eher bäuerlich-kleinstädtisch geprägte, "Heimatbewusstsein" wohl in absehbarer Zeit aussterben - trotz der in den letzten Jahrzehnten immer wieder mal auftretenden und entsprechend vermarkteten Heimat- und Nostalgiewellen. Es sei denn, man konstruiert sich eine "Heimat" künstlich, etwa nach dem Motto "Heimat ist immer dort, wo ich gerade wohne", wie es "moderne" Menschen gern heute zu tun pflegen.

    Das paßt zu den Sprüchen der modernen Welthopper " Deutschland kann ich mir noch anschauen, wenn ich alt bin". Habe ich nie verstanden, was die Damen und Herren Globetrottel uns damit sagen wollten.
    Wenn ich meine Heimat nicht kenne, kann ich auch nichts in der Ferne in Bezug setzen.
    Ich lese gerade Goethes' "Italienische Reise"; im Grunde hat man von einer Fernreise erst etwas, wenn man Herz und Geist so angefüllt hat, wie der Herr aus Weimar; ich bin erst wenige Seiten im Buche fortgeschritten, weil ich jeden Satz auf der Zunge zergehen lasse. Auf jeder Station seiner Reise vermag Goethe eine geologische Einschätzung seiner Umgebung zu geben, das Wetter vor Ort, das Gemüse, das Gebirge, aes regt ihn an und er vermag es alles gegenseitig in Beziehung zu setzen.
    Und der Mann ist sich darüber im klaren, daß er alles, was er sieht und sehen wird, in seinem Herzen mit Heim nehmen wird, damit es ihm und allen Menschen fürderhin von Nutzen sein wird.

    Dieser moderne Mensch, von dem Du sprichst, ist ein heimatloser Nomade, weder hat er eine geographisch lokalisierbare Heimat, noch ist er in sich selbst daheim. Wenn mir die Anleihe gestattet ist, er wird vom "Winde verweht" sein.

  • Er kann auch die Fremde nicht wirklich schätzen, weil er überhaupt nicht weiß, wie er was bewerten soll. Für ihn ist das meiste Folklore; gut genug für ein schnelles "Inhalieren der Atmosphäre", jedoch nicht des Geistes. Dazu fehlt Zeit und Wissen.

    Nein, die werden gedünstet

  • Ich möchte euch alle aufrufen und bitten euren Unmut über den geplanten Umbau der Bergwerksdirektion ( falls vorhanden ) unserem diesbezüglich zuständigen Bearbeiter beim Denkmalschutz auf sachliche Art und Weise mitzuteilen.
    http://www.stadtverband-saarbruecken.de/verwaltung/die…uid=4&topmenu=2

    Ich selber habe es schon getan. Ist zwar nur ein tropfen auf den heissen Stein aber meiner Meinung besser als gar nichts.
    Ich hoffe auf eure Unterstützung und danke euch schonmal im vorraus.

  • Heute mal Bilder vom Inneren der Bergwerksdirektion. Gestern war letzter Einlass für die Öffentlichkeit vor den Abrissarbeiten.
    Wie bereits erwähnt, wird das Gebäude komplett Entkernt d.h. alles was Ihr auf den Bilder sehen werdet wird komplett verloren gehen.
    Die Bergwerksdirektion hatte den Krieg, wie durch ein Wunder, fast unbeschadet überstanden. Sie entging daraufhin in den 70 ern nur knapp einem Abriss und wurde darauf hin unter " Denkmalschutz" gestellt.
    Leider hat sie Äusserlich bereits Ihre natürliche Sandsteinfärbung , welche sich in einem gelblichen Mauerton mit rötlichen Verzierungselementen zeigte, bereits durch einen lapidar wirkenden gelb-ockernen Anstrich verloren. Nichts desto trotz ist sie noch immer ein beeindruckendes Bauwerk. Nun aber zum Inneren. Wie schon erwähnt ist das Innere fast vollständig im Originalzustand von 1876 erhalten geblieben. Zwar wurde die Farbgebung auch hier durch ein unpassendes und viel zu helles Weiss übertüncht jedoch sind Grundriss, Verziehrungen sowie die Fussböden weitgehend noch original erhalten.
    Nun aber die Bilder











  • Danke für die Bilder. Wann beginnt denn der Abriß?

    Es ist doch echt traurig, wie wertlos unser Denkmalschutz doch geworden ist. Das Gebäude scheint in einem absoluten Top-Zustand zu sein, die Innenausstattung ist besser erhalten als in vmtl 60-70% der anderen Gebäude dieses Alters... und das reißt man ab??

    Wann kommt endlich die Wende, wo Kultur, Geschichte und Schönheit vor Konsum, Glas und Beton kommen??


    Noch 'n Link: http://www.saarlandbilder.de/orte/saarbruecken/bergamt.htm\r
    http://www.saarlandbilder.de/orte/saarb ... ergamt.htm

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Was für ein Frevel, das Gebäudeinnere scheint tatsächlich in bestem Zustand zu sein.

    Deinem Link zu Folge gibt es immerhin Widerstand. Gibt es berechtigte Hoffnung, dass diese falsche Entscheidung noch revidiert kann? Wie groß ist denn die Gruppe, die sich für einen vollständigen Erhalt stark macht?

  • Die Entkernung ist wirklich nicht nachvollziehbar.
    Da würde ich mir gerne vorhe einige Sächelchen ausbauen - aber die werden vermutlich vorher ausgeschlachtet und verkauft...

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Relativ erfreuliche Neuigkeiten (neu zumindest hier in diesem Faden) aus der heutigen FAZ:

    Über die künftige Nutzung als Einkaufszentrum wird noch immer gestritten, aber die Landesdenkmalbehörde hat immerhin erreicht, daß eine komplette Entkernung vom Tisch ist.

    Demnach soll nunmehr die Innenausstattung des Mitteltrakts unangetastet bleiben, einschließlich Treppenhaus mit freihängender Gußeisentreppe, kunstvollen Mosaikböden und dem Festsaal im zweiten Obergeschoß.

    Das ist doch schon mal was. :)

    Etagendecken der Seitenflügel sollen fallen, diese sind jedoch keine Originalbausubstanz, sondern ohnehin erst später eingefügt worden.

  • Klasse, wenn die "Entkernung" nun doch nicht stattfindet! Ein Lob an die dortige Denkmalbehörde! Man sollte die Schlaftabletten der Stuttgarter Denkmalbehörde zu einer "Lehrveranstaltung" dorthin schicken - die hätten sowas nämlich niemals geschafft!

    Der Tiefpunkt der Baukultur wurde in den 60er und 70er Jahren des 20sten Jahrhunderts erreicht...

  • Zitat von "memet"

    Man sollte die Schlaftabletten der Stuttgarter Denkmalbehörde zu einer "Lehrveranstaltung" dorthin schicken - die hätten sowas nämlich niemals geschafft!

    Da fallen mir noch diverse Kollegen ein, die sich daran ein Beispiel nehmen könnten: Frankfurt, [lexicon='Leipzig'][/lexicon]..... :augenrollen:

  • Zitat von "Jürgen"

    ... weil sie nicht mehr wissen, wie es mal aussah! Das muss unser Ansatzpunkt sein: Aufklärung über verlorene Stadtbilder


    Ich erinnere mal an meine Idee, Schilder aufzustellen mit Vorkriegsbildern. So ähnlich wie diese Teile an Baustellen. Vielleicht ginge sowas, hier gibt es "Geschichtswerkstätten" an die ich mich wohl mal wenden sollte.

    Eure Heimatkundewehmut kann ich aber mal wieder nicht nachvollziehen. Es gibt heute einfach zu viel wichtigeres zu lernen, als daß das Nachbardorf Hinterobertupfingen 1630 noch eine zweite Kirchengemeinde hatte. Ich bin absolut dafür, das im Netz zu sammeln und bereitzustellen, das reicht dann aber auch. In die faschistische Ecke würde ich das natürlich nicht stellen, wohl aber in die muffig-kleinbürgerliche.

  • Habe gerade einen interessanten Bericht bei ttt gesehen: http://daserste.ndr.de/titelthesentemperamente/archiv/2006/t_cid-3413936_.html\r
    daserste.ndr.de/titelthesentempe ... 3936_.html

    Es ging um die Machenschaften von ECE, auch Saarbrücken wurde erwähnt.

    Das in dem Bericht angesprochene Buch: Angriff auf die City

    Zitat

    Dessen die Stadt zerstörerische Kraft ist nicht minder gewaltig als die zuvor zu beklagende Dezentralisierung der Stadt.
    Was derzeit in vielen bundesdeutschen Städten zu beobachten ist, stimmt nicht gerade hoffnungsfroh. So werden in manchen Städten bedenkenlos historische Stadtgrundrisse zerstört, Baudenkmale beiseite geräumt und die Verödung traditioneller Einkaufszonen in Kauf genommen, um neuen Einkaufszentren Platz zu machen.

    http://www.neuer-weg.com/sachbuchaktuell/neu.htm\r
    http://www.neuer-weg.com/sachbuchaktuell/neu.htm

    Scheint ein hoch brisantes Buch mit vielen Hintergrundinformationen zu sein!

    Aus der Presseerklärung des Verlages:

    Zitat

    Der Hamburger Einkaufscenterentwickler ECE GmbH & Co KG wollte am 7. November 2006 mit Hilfe eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Auslieferung dieses Buches eine solche öffentliche Diskussion verhindern. Hierfür erschienen am 17. November fast in Mannschaftsstärke Anwälte und Vertreter von ECE vor dem Hamburger Landgericht, denen gegenüber eine Anwältin den Droste Verlag vertrat. Das Hamburger Landgericht lehnte den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verbreitung des Buches im Wesentlichen ab. Es konnte der Argumentation der ECE, dass der Droste Verlag mit der Publikation gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen habe, nicht folgen. Ebenso lehnte das Gericht in 80 % aller Fälle das von ECE beantragte Verbot einzelner Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen in dem Buch ab. Nur im Bereich einzelner, für den Gesamtinhalt des Buches unbedeutender Zahlen und Fakten waren Änderungen notwendig.

    http://www.drosteverlag.de/drosteshow.php?id=23\r
    http://www.drosteverlag.de/drosteshow.php?id=23