• Hört, hört! (vor allem ihr Statdplaner und Architekten!):

    Zitat von SZ

    "...doch bevor er seine Frau zum ersten Mal mit an die Neiße nahm, prophezeite er ihr: „Wenn Du diese Stadt siehst, wirst Du nicht mehr nach Hause fahren wollen.“ Er sollte recht behalten. „Mein Herz schlägt für die Gründerzeit“, sagt Margit Schäfer. In Heilbronn gebe es nicht viel alte Bausubstanz. Das meiste ist dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen, stattdessen wurde die Stadt im Stil der 1950er Jahre wieder aufgebaut. In Görlitz hingegen ist fast alles erhalten, kaum ein Neubau stört das Bild: „Da war ich total überwältigt.“


    Genauso ging es mir auch! (Leider) musste ich, ob diverser anderer Verpflichtungen wieder weg, aber zumidnest schaue ich einmal im Jahr in Görlitz vorbei udn wer weiß, auch ich werde einmal 50 ;)

    Ansonsten zeigt das Modell Görlitz eigentlich allen Stadtplanern vor, wie man Städte zu bauen hätte! Wenn es nach mir ginge, dann würde ich als erster sofort die 4 Hektar um den Dresdner Neumarkt rückbauen und nach Plänen der vorherigen Bebauung wiederbebauen (Läden im EG, Büros im 1. OG und Wohnungen ab dem 2. OG). Der Neumarkt kann nur der Anfang von etwas viel größerem sein.

    Ich würde gerne wissen, wie das Treppenhaus der Jakobstrasse 36 nun aussieht? Wenn zufällig einer der GRer dort vorbeikäme, wäre ich sehr dankbar!

    Danke für diesen schönen Artikel! GR ist nicht nur die schönste Stadt D, sie wird ob der graniosen Sanierungen, die noch weiter voranschreiten von Jahr zu Jahr schöner als Görlitz ;-).

  • Es hat mich weiß Gott neugierig gemacht, die Nummer 36 der Jakobstr. aufzusuchen. Von Außen sehr imposante GZ-Fassade, die bis auf das Erdgeschoss fertig ist. Die Tür war auf, also hinein, denn ich sah keine Klingel. Imposantes Treppenhaus - Fehlanzeige. Die Treppe war wohl ein Aufgang, mehr würde ich das nicht nennen. Offensichtlich soll es im oberen Bereich noch die typische malerische Gestaltung von Treppenhäusern in Görlitz "ansatzweise" geben. Ich kann also beruhigen und werde auch kein Foto einstellen, da es nicht Wert, es hier zu veröffentlichen. Der Bau machte auf mich eher den Eindruck, das dauert noch lange. Vielleicht macht der Eigentümer ja alles selbst.

  • Nachdem die Nachfrage nach Bildern vorhanden ist, steuer ich noch ein paar Bilder von erfolgten Sanierungen aus den Jahren 2008/2009 bei. Es sind bei weitem nicht alle erfolgten Sanierungen dabei, aber ich denke es freut euch trotzdem :biggrin:
    ....
    Bautzener Straße 22 wird zusammen mit Nachbarhaus dem Eckgebäude Landeskronstraße 1 durch den gleichen Investor saniert:

    Landeskronstraße 1: hier wird lt. Bauplan der Turm auf dem Erker rekonstruiert J



    So, das Zwiebeltürmchen ist jetzt auch drauf. Bericht SZ 12.12.2016:

    Der Autodrehkran war an der Landeskronstraße nicht zu übersehen. Das Areal weiträumig abgesperrt, hievte der Kran einen aus zwei Teilen bestehenden Turm auf den Erker des viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses. Genau an der Stelle, wo die Landeskronstraße in die Bautzener Straße übergeht. Mitarbeiter des Zittauer Dachdeckerbetriebes Axel Lehnert montierten die Konstruktion und setzten dem denkmalgeschützten Gründerzeithaus die Krone auf.

    Das Gebäude an der Ecke Bautzener Straße wurde vor drei Jahren saniert. Nur der Zwiebelturm fehlte, um die einstige Pracht wiederherzustellen. Die beiden Teile des Turms wurden mit einem Schwerlasttransport von Zittau nach Görlitz transportiert. Die gesamte Turmkonstruktion ist 10,90 Meter hoch, der Durchmesser des Unterturms beträgt 3,30 Meter. „Die Laterne mit Zwiebel stand auf dem Tieflader, den dicken Unterturm haben wir liegend transportieren lassen“, erzählt Axel Lehnert nicht ohne Stolz, denn so einen speziellen Auftrag bekommt sein Handwerksbetrieb nicht alle Tage.

    Der Zwiebelturm existierte nur noch auf historischen Bauskizzen und alten Fotos, die dem 52-jährigen Dachdeckermeister als Vorlage für die Entwurfsplanung dienten. Erst nach mehreren Rücksprachen mit dem Denkmalschutz und dem Statiker und einigen Änderungen kam Anfang November die Freigabe, erzählt der Zittauer. Bis auf kleine Abweichungen entspreche der Nachbau dem Original. Die Stadt Görlitz unterstützte die Rekonstruktion mit Fördermitteln aus dem Denkmalschutz.

    Wochenlang standen die Laterne und der dicke Unterturm auf dem Zittauer Firmengelände. Zimmermannsmeister Daniel Schier, der bei Lehnert arbeitet, fertigte die aufwendige Holzkonstruktion. „Er hat den Löwenanteil der Arbeit geleistet“, so Lehnert anerkennend. Die Bleche an den Gauben stellte die Klempnerei Braun aus Lückendorf her. Die zwiebelförmige Kuppel bekam eine Zinkpfalzdeckung. Auch die Kugel der Turmspitze ist aus Zink, der Unterturm wurde verschiefert.

    Die Wetterfahne an der verzierten Spitze trägt die Initialen des Bauherrn aus dem nordrhein-westfälischen Hennef und besteht aus Edelstahl. Bis Weihnachten will Lehnert die Baustelle in Görlitz zu Ende bringen. Ab Anfang Januar sind die zehn Mitarbeiter und der Azubi des Handwerksbetriebes wieder auf verschiedenen Baustellen in Zittau und Berlin tätig. Ein Zwiebelturm ist nicht dabei, so Lehnert.

    Über den freuen sich dafür umso mehr die Mitarbeiter der Görlitzer Firma Immobilien und Haustechnik GmbH. Sie haben in dem Haus mit Zwiebelturm ihren Sitz und konnten die spannende Montage live miterleben. „Es hat mehrere Stunden gedauert“, so Mitarbeiterin Katrin Heidrich. Ihr gefällt der neue Turm – der rein zur Zierde ist – ausgesprochen gut. „Und er ist sehr weit sichtbar, ich hätte nicht erwartet, wie weit.“ Er ist ein neuer Blickfang in der Gründerzeitstadt.

    Görlitz Landeskronstraße 1 (12.12.2016)

    Görlitz Landeskronstraße 1 (12.12.2016)

    Görlitz Landeskronstraße 1 (12.12.2016)

    mankmill

    Einmal editiert, zuletzt von mankmill (12. Dezember 2016 um 17:10) aus folgendem Grund: Neu formatiert.

  • Uff, da war ich erst vor kurzem, als ich zu Besuch bei einem Cousin war. Da ist mir auch erst aufgefallen, dass die Stadtbibliothek einen gewöhnungsbedürftigen Anbau bekommen hat. Aber schön dass das Türmchen wieder da ist, selbst in Görlitz wird das nicht immer gemacht.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

    Einmal editiert, zuletzt von Fusajiro (12. Dezember 2016 um 17:15)

  • Der Anbau ist zwar nicht schlecht, harmonisiert,meiner Meinung nach, jedoch überhaupt nicht bzw. nur sehr minimal mit der Stadtbibliothek. Und da liegt das Problem.
    Wäre dieser Anbau ein eigenständiges Gebäude, siehe die Sache schon anders aus ...

  • Wer es übrigens noch nicht weiß: Wie jedes Jahr gibt es in der Stadt den Schlesischen Christkindelmarkt. Über diesen hat jetzt sogar der rbb berichtet und eine Empfehlung ausgesprochen. Besonders der Herr ab 1:54 spricht doch sehr in unserem Sinne. :)

    Weihnachtsmarkt in Görlitz

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Nun muss ich auch meinen Senf dazugeben:

    Der "Herr ab 1:54" ist der Schauspieler und Sänger Giso Weißbach, den sicher noch einige Foristen aus DDR-Zeiten kennen werden. Da war ich ja doch leicht verblüfft.

    Zum anderen (obwohl es nichts mit dem Thema des Forums zu tun hat): Auch ich kann einen Besuch des Marktes nur empfehlen. Ich bin fast jedes Jahr dort (dieses Jahr leider nicht ;) ).

  • Wie es scheint, ist in Görlitz die Sanierung des Hauses Sohrstraße 7 annähernd fertig, eine Wohnung wird angeboten: https://www.immowelt.de/expose/2D7RY48

    Die Fassade wirkt mustergültig restauriert, Ende 2009 lautete die Beschreibung bei den Sächsischen Grundstücksauktionen noch (in Auszügen): „OH, tlw. defekt bzw. zerstört. WC außerhalb der WE. Keine Bäder. Alte Holzfenster, tlw. defekt bzw. zerstört. Hofseitig schadhafte Putzfassade. Undichtes Dach hofseitig,
    Deckendurchbruch vorhanden. Im OG Schädlingsbefall, Schimmelbildung. Müllablagerungen vorhanden. Insg. allumfassend sanierungs-/ und modernisierungsbedürftig.“

    Herzliche Grüße

    Bilder von mir finden sich auch bei Wikimedia.

  • WC außerhalb der WE. Keine Bäder.

    Oh, wie kommt mir das bekannt vor. Das war ja in vielen Wohnungen Standard. Ich kenne das noch von der Konsulstraße, von der Jacobstraße, vom Otto-Buchwitz-Platz, von der Jahnstraße. Ein Glück, dass es öffentliche Wannen- und Brause-Bäder gab.

    Und heute gehört z.T. der Aufzug zum Standard.

    Und heute braucht scheinbar keiner mehr das Freisebad...? ;)

  • Ja, die Zeiten haben sich geändert. Einen Aufzug brauche ich jetzt nicht unbedingt. Aber über Wasserklosett und Bad direkt im Wohnraum mag ich mich dann noch so gar nicht beschweren. Auch ist es schön, keine Holzstücke oder Kohlen mehr durchs Haus tragen und Feuer machen zu müssen – eine Öl/Gas-Zentralheizung hat schon ihre Vorteile. Eigentlich wäre früher der Aufzug wegen der Kohlen nötiger gewesen als heute...

    Herzliche Grüße

    Bilder von mir finden sich auch bei Wikimedia.

  • Zum Klosett auf der halben Treppe außerhalb der Wohnung: Der Grund hierfür war, dass es das Klo mit "dem Knie", in dem das Wasser steht, welches den bestialischen, gottserbärmlichen Geruch von unten (damals aus der Grube bzw. Latrine) abhält, noch nicht gab. Erst durch die "Erfindung" des Knies des Klosetts, das stets mit Wasser gefüllt ist, was die üblen Gerüche abhält, war es überhaupt erst möglich, das Klo, oder wie es damals (und noch in meiner Kindheit hieß) den Abtritt oder den Abort innerhalb der Wohnung zu haben. Vor dieser Zeit, waren die Leute froh, dass das Klo in einem kleinen Raum auf dem Treppenabsatz war, um die Wohnung geruchsfrei zu haben. Dies war übrigens schon ein Fortschritt gegenüber der Zeit, in der das Klo "über den Hof" war, man denke nur an nachts oder an kalte Winter mit Minusgraden. Da musste man dann noch "raus", was noch sehr verschärft war. Damals war der Gestank noch das geringere Übel. In mittelalterlichen Städten gab es den sog. ´"Winkel". Das war eine Fläche zwischen 2 Häusern, die von der Straße, oder der Gasse durch ein Türchen aus erreichbar war. In der Regel hatte nur das eine oder das andere Haus, das Recht, den Winkel zu nutzen. Am Ende des Winkels befand sich der Donnerbalken. Man kann sich ausmalen, was für eine Quelle von Streitereien daraus erwuchs. In Bischofsheim a. d. Tauber z. B. gingen diese Streitigkeiten zwischen 2 Nachbarn, einem Weißgerber und einem Rotgerber endlos lange hin und her. Jedenfalls behauptete der eine, die Fäkalien des anderen liefen bei ihm in den Keller und stänken zum Himmel. Es gibt auch einen Bericht von 1568, wo einer sich beschert, dass ein Nachbar des Kirchhofs auf dem Donnerbalken, während der Beerdigung direkt sicht- und "schmeckbar" genau extra zum Zeitpunkt der Beerdigung "geschissen habe".

    4 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (12. Februar 2017 um 12:35)

  • Einen Aufzug brauche ich jetzt nicht unbedingt. (...) Eigentlich wäre früher der Aufzug wegen der Kohlen nötiger gewesen als heute...

    Du übersiehst die Alterung der Gesellschaft. Mancher Rentner käme mit seinem Rollator und den Tageseinkäufen nicht mehr in den 3. Stock. In einem solchen Fall sind Häuser mit Aufzügen recht gefragt.

  • Aus dem Strang "Avatare - was ist da zusehen?":

    Fusajiro: bin erstaunt über die weißen Türme von Görlitz. Derart "Gotisches" kenne ich bisher nur in steingrau/ziegelrot (wenn Turmhelm). Wie kömmts, daß die so weiß sind?

    Das kommt daher, dass die Sanierung der Westfassade der Peterskirche (St.Peter und Paul) erst 1998-2005 statt fand. Die Türme müssten aber 2001 schon fertig gewesen sein (so ganz genau weiß ich das nicht mehr, war da erst 6/7 Jahre alt, aber an die eingerüsteten Türme kann ich mich noch erinnern). Dabei bekamen die Türme einen (neuen) Anstrich verpasst (nach 110 Jahren kann man das ja mal machen). Die Farbe ist übrigens nicht weiß, sondern eher ein heller Ockerton, im Licht erscheint es aber wie Weiß. :D

    So sah sie davor aus: Link (Der Nikolaiturm hat da schon seine neue Kupfereindeckung der Haube)

    Stellvertretende Antwort: Das sind, wenn ich mich recht entsinne, neugotische Türme aus Kunststein.

    Die Frage wurde da aber jetzt nicht wirklich beantwortet, aber an sich ist das fast richtig. Die Türme bzw Turmhelme (Die Türme sind nicht freistehend, sondern auf das Kirchenschiff aufgesetzt) wurden 1891 fertiggestellt und sind damit neogotisch, die Steine sind aus Beton (Stampfbeton-Werkstein). Wurde hier bestimmt schon verlinkt, aber so sah es vor dem Turmumbau aus.


    Ich kann es immer nur wiederholen, aber meiner Meinung nach ist die Peterskirche ein architektonisches Meisterwerk: spätgotisches fünfschiffiges Kirchenschiff und Krypta, romanische Westfassade mit Portal und Turmaufsätzen, barocke Innengestaltung, neogotische Turmhelme und die Sonnenorgel und alles im perfekten Zusammenspiel. :love:

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Ein in Görlitz wohnhafter polnischer Arzt saniert in der Konsulstraße drei verfallene Villen. Bei Nr. 17 handelt es sich um eine ursprünglich 1862 errichtete Villa, welche 2009 komplett ausbrannte. Nr. 18 ist die sog. Röhr-Villa (1903 erbaut), welche zusammen mit dem älteren Hinterhaus saniert wird.

    Zitat

    „Leider ist in allen drei Häusern nicht viel Historisches erhalten“, sagt er. Allerdings habe ein Hobby-Fotograf in der Zeit vor dem Brand Fotos gemacht, die noch viele alte Details zeigen. Buczko will alles eins zu eins nachbauen, was auf den Fotos erkennbar ist, die Eingangstüren mit Bleiglas, die Doppelflügeltüren zwischen den Zimmern, die Bögen. Und: Nicht nur die Röhr-Villa soll sehr hochwertig werden, sondern alle drei Gebäude. In der Brandvilla plant er fünf Mietwohnungen, die bis Ende des Jahres fertig sein sollen.

    Buczkos Görlitzer Bauleiter Holger Kliemt hat sich ein bisschen mit der Historie befasst. „Die Brandruine stammt von 1862, sie ist vermutlich das älteste der drei Gebäude“, sagt er. 1871 erhielt sie nachträglich eine neue Fassade, 1895 wurde sie aufgestockt und mit einem Türmchen gekrönt. „Das ist beim Brand verloren gegangen, kommt aber jetzt wieder drauf“, sagt er.


    Arzt rettet verfallene Villen

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Görlitz / Landskronstraße 1

    So sah es mal früher aus.

    LG mankmill

  • Neben den vielen positiven Beispielen der Stadtreparatur, muss man sich natürlich auch mal mit dem beschäftigen, was noch alles so zu tun bleibt. Ich habe mal nur eine Straße beispielhaft herausgegriffen: Die Konsulstraße / Ecke Emmerichstraße. (Details bei Bing).

    Konsulstraße 29, Blickrichtung Bahnhofstraße. Links ist ein Eckhaus besonders augenfällig. Seit Jahren nicht mehr bewohnt.

    Konsulstraße 29. So siehts aktuell aus. Dem Betrachter fällt spontan "abreißen" ein.

    Konsulstraße 42, Gegenrichtung. Hier wurde neulich der TV-Film "Wolfsland" gedreht. Es sieht nicht ganz so schlimm aus wie das Gegenüber. Auch das andere Haus (Konsulstraße 43, an der Kreuzung) wartet noch...

    Konsulstraße 41 und 42. Kontraste.

    Konsulstraße 43.

    Handy-Fotos: Autor, 10.03.2017