• In Aachen ist man nicht so liebevoll mit den Kaiserzeithäusern umgegangen! Sogar in den 60ern wurde dort noch ein wunderschönes Jugendstilkaufhaus von Tietz (später Kaufhof) am Marktplatz abgerissen und durch einen häßlichen und belanglosen Neubau ersetzt..


    Das irrsinnige, dem diesbezüglich kranken Zeitgeist geschuldete Handeln von damals lässt sich hier betrachten:
    Aachener Stadtgeschichte - Kaufhaus Tietz am Marktplatz

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Der Siegerentwurf für einen der hässlichsten Bereiche Aachens steht fest. Anstelle des bisherigen Parkhauses Büchel soll nun der Entwurf des Architekturbüros Chapman Taylor aus Düsseldorf ab 2018 realisiert werden. Hätte man sich an den beiden einzigen Altbauten in diesem Meer der Hässlichkeit orientiert, wäre daraus ein richtig idyllisches Altstadtquartier geworden. :daumenunten:

    Zitat

    Das Altstadtquartier soll nach Abriss des Parkhaus Büchel und der anschließenden städtebaulichen Neugestaltung zu einem vollwertigen Teil der Aachener Innenstadt avancieren. Ziel des Städtebauwettbewerbs war die Entwicklung eines ca. 3 ha großen Gebiets. Neben dem Parkhaus soll auch das Rotlichtmilieu aus der in Sichtweite des Doms gelegenen Bebauung weichen. Das Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs wird im nächsten Schritt zu einem Masterplan und anschließend zur Bebauungsplanung weiter entwickelt.

    Bisher:

    http://www.aachener-nachrichten.de/polopoly_fs/1.…r_540/image.jpg

    Bald:

    http://www.chapmantaylor.com/en/projects/de…ier-buechel/en/


    http://www.immobilien-zeitung.de/1000029205/aac…r-buechel-steht

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Banale Architektur, mit den derzeit modischen, chaotischen Fensterformaten und provinzmodernistischem Ausdruck. An sowas sieht man sich ganz schnell satt und danach hat es nur die Perspektive einer weiteren Bausünde. Deutschland wird es nie lernen wie man Städte heilt. Man setzt weiterhin auf die falschen Pferde.

    In dubio pro reko

    Einmal editiert, zuletzt von reklov2708 (4. Dezember 2015 um 18:44)

  • Ich sehe es auch wie Königsbau. Grundsätzlich ist zwar die Rückkehr zur Kleinteiligkeit zu begrüßen, das war's dann aber auch. Schrägdächer und Klinkerfassade machen noch keine gute Architektur, da wäre wesentlich mehr drin gewesen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Also da eíne Verbesserung herbeizuführen, war keine Kunst, und ebenso wenig ist es eine Kunst, diesen banalen Entwurf zu überbieten. Das neue Stadtbild wird ausschließlich von den beiden Altbauten leben, die nunmehr besser zur Geltung kommen. Damit ist alles Positive gesagt. Einige Rekos wären zur Bereicherung und Auflockerung der Struktur unbedingt vonnöten gewesen. Das da wird nie ein "vollwertiges Altstadtquatier", das ist nur blödes Gewäsch.

    Zitat

    Deutschland wird es nie lernen wie man Städte heilt. Man setzt weiterhin auf die falschen Pferde.

    Sieht leider ganz so aus.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Es mag keine Kunst gewesen sein, aber eine Verbesserung gegenüber dem Ursprungszustand ist es dennoch allemal. Zudem immerhin Klinkerfassaden und Satteldächer. Da muss man jetzt, bei aller Kritik, auch nicht zu streng sein.

  • Doch, genau das sollten wir hier bei Stadtbild Deutschland, streng sein gegenüber solchen Beispielen. Denn ansonsten wird es nie über dieses primitive Niveau mit Verfallsdatum hinausgehen was in unseren Innenstädten gebaut wird.

    In dubio pro reko

  • Es mag keine Kunst gewesen sein, aber eine Verbesserung gegenüber dem Ursprungszustand ist es dennoch allemal. Zudem immerhin Klinkerfassaden und Satteldächer. Da muss man jetzt, bei aller Kritik, auch nicht zu streng sein.

    Klar, es gibt viel Schlimmeres. Aber Gebäude wie hier gezeigt könnten auch auf dem platten Land rings um die Kreisparkasse und den Lidl entstehen.

    Das gezeigte hat mit urbaner Baukultur für mich nicht viel zu tun. Der Fehler fängt schon damit an, dass das Areal in Gänze einem einzigen Investor überlassen wird, statt kleinteilig und unter strengen gestalterischen Vorgaben.

  • Also ich bin mit der Planung eigentlich ganz zufrieden, besonders wenn man sich diesen neu entstehenden Stadtgrundriss anguckt: http://www.chapmantaylor.com/images/uploads…altungsplan.jpg

    Bei dem Wettbewerb ging es, wenn ich das richtig verstanden habe, um den Städtebau, dass heißt im Grunde die Schaffung eines Stadtgrundrisses und einer Funktionsverteilung. Eine weitere Aufgabe von Städtebauern ist das Vorschlagen von Materialien, Dachformen und Stockwerkshöhen. Die Architektur die wir hier in den Renderings sehen wird höchst wahrscheinlich nur ein Platzhalter sein, der zeigen soll, wie das ganze mal aussehen könnte. Ohne schöne Bildchen kann die Öffentlichkeit, bzw. eine Jury heutzutage ja leider nicht mehr überzeugt werden (kenne ich aus eigener Erfahrung).

  • „Das Beste kommt zuerst“.
    Wenn ich ausschließlich das Teilnehmerfeld des Wettbewerbs zum Maßstab nehme,
    trifft das sicherlich zu und aus dieser Sicht ist auch die Prämierung des Chapman-Taylor-Entwurfs mit dem 1. Preis
    folgerichtig. Ein 3-stündiger Rundgang durch die Wettbewerbsausstellung verursachte bei mir allerdings heftige Bauchschmerzen, Übelkeit und tiefe Depressionen. Denn was das übrige Teilnehmerfeld als „angemessene Lösung“ für dieses sensible innerstädtische Quartier präsentierte, ist nicht das Papier wert auf das es geplottet wurde. Überraschend
    ist das allerdings nicht, sieht die Teilnehmerliste doch ausschließlich Planungsbüros vor, die einer abstrakt-modernen Architekturauffassung verpflichtet sind. Auch der Blick auf das Preisgericht spricht Bände. Hatte doch der Vorsitzende des Preisgerichts, Herr Prof. Carl Fingerhuth, auch schon den Preisgerichtsvorsitz beim umstrittenen und später durch Bürgerentscheid gestoppten „Bauhaus Europa“ inne.

    Aber zurück zum gekürten CT-Entwurf:

    Ich finde den städtebaulichen Ansatz (und um den geht’s ja in einem städtebaulichen Ideenwettbewerb) durchaus überzeugend.
    Vor allem die angedachten Wegeverbindungen zum Bädersteig, zur Nikolauskirche/Großkölnstraße, südlich zum Bü-chel/Damengraben und die parallel zur Antoniusstraße verlaufende neu Ost-West-Achse mit möglichem Durchstoß zur Körbergasse haben großes Potenzial und zeigen ungeachtet der Eigentumverhältnisse zukünftige Entwicklungsmöglich-keiten auf wie das Quartier mit der Innenstadt zu verzahnen ist und der Kleinteiligkeit der Altstadt Rechnung trägt.
    Auch die First und Traufhöhen der Gebäude ordnen sich der Altstadtstruktur weitgehend unter.

    Kleinteiligkeit ist dann auch das Stichwort für meine Kritik an der Ausformung des großen Baublocks im Anschluss an die beiden Baudenkmäler am Büchel. Hier wird die notwendige Kleinmaßstäblichkeit unnötigerweise zugunsten einer großflächigen Einzelhandelsnutzung geopfert. Der Versuch, durch Unterbrechung der Blockrandbebauung trotzdem eine gewisse Kleinteiligkeit zu erreichen, scheitert m.E. kläglich. Gleiches gilt für den Anschluss an die Denkmäler am Büchel.

    Über die gestalterische Qualität der Architektursprache kann ich nichts sagen, weil es sie schlichtweg nicht gibt!
    Fensterformate, Fassadengliederung in Sockel- und Obergeschosse, Wechsel zwischen trauf- und giebelständiger
    Bebauung, Ornamentik; eben alles das, was traditionell-moderne Architektur leisten kann kommt leider nicht vor!

    Das Büchel-Quartier wird m. E. nur dann zu einer Bereicherung der Aachener Innenstadt werden, wenn es gelingt die
    städtebaulichen Lösungsansätze des CT-Entwurfes mit traditionell-moderner Architektursprache, basierend auf der keinteiligen, altstädtischen Parzellenstruktur umzusetzen.

    Dazu gehört allerdings die Bereitschaft der drei Aachener Investoren, die Eigentümer der Grundstücke sind.
    Die Stadt Aachen hat es in den letzten 50 Jahren leider versäumt durch Grundstückssicherung in diesem Innenstadtquartier
    unweit unseres Weltkulturerbes, frühzeitig die Weichen für eine eigene Städtebaupolitik zu stellen. Der Städtebauwettbewerb war für sie die letzte Möglichkeit der Einflussnahme.

    Bei einem Blick auf unsere Innenstadt soll jeder selbst entscheiden, ob man diesen Umstand bedauern muss oder eher als glückliche Fügung bezeichnen sollte.

    Eins ist jedenfalls klar:

    In Aachen bedarf es einer großen Initiative unseres Vereins, wenn wir im Sinne eines traditionell-modernen
    Stadtbilds Einfluss nehmen wollen.

    Zitat

    "Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine." J. W. v. Goethe

  • Ich würde mich der Kritik meines Vorredners zwar anschließen, allerdings muss ich sagen, dass man sich bei Betrachtung der Anderen wirklich durchweg furchtbaren Entwürfe noch für den besten entschieden hat

    Die anderen Entwürfe findet ihr hier:

    https://www.competitionline.com/de/ergebnisse/198309


    Vielleicht könnte sich in Aachen ein eigener Stadtbild-Ableger gründen? - Oder man versucht zusammen mit Bonn an die Kölnergruppe anzudocken ? als "Stadtbild Rheinland" sozusagen :smile:

  • Der Siegerentwurf ist aber auch nur ein bißchen traditionell gewollt, aber nicht gekonnt. In der ehemaligen Altstadt von Kiel wäre er eine kleine Verbesserung, nicht aber in Städten wie Aachen oder Münster (Stubengasse!)

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Guten Abend an alle "Aachen Interessierten",

    ich nehme die Beiträge gerne zum Anlaß, eine "Stadtbild-Deutschland-Ortsgruppe Aachen" zu bilden um unseren gemeinsamen Anliegen etwas mehr gehör zu verschaffen bzw.
    vor Ort eine Stimme zu geben. Ich denke, ein Blick auf die in jüngster Zeit in Aachen entstandenen innerstädtischen Neubauten genügt, um zu erkennen, daß hier im engsten
    Umfeld dringender Handlungsbedarf besteht. Mein Vorschlag: Wer interresse hat, kann sich unter meiner E-Mail Adresse "schoebben.architekt@online.de" gerne mit mir in Verbindung setzen. Gemeinsam läßt sich hier sicher einiges in Bewegung setzen.

    Freue mich auf positive Resonanz

    Zitat

    "Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine." J. W. v. Goethe

  • Das stand heute in meiner Tageszeitung.

    Ob das Gebäude wirklich so gut im Kontext der Stadt steht, wage ich zu bezweifeln.

    Quelle: Die Glocke Tageszeitung Ausgabe vom 26.02.2016

  • Zu dem Bauprojekt in der Aachener Altstadt gibt es "Neuigkeiten", die nun auch schon wieder über einen Monat alt sind. Der Entwurf des Architekturbüros Chapman Taylor, wurde mittlerweile schon wieder überarbeitet.

    Der Entwurf, mit dem der Wettbewerb gewonnen wurde: https://www.competitionline.com/upload/images/…a9ce367f4_1.jpg

    Und hier die überarbeitete Version (leider sehr klein): http://www.aachener-zeitung.de/polopoly_fs/1.…r_540/image.jpg

    Auf der Seite von Chapman Taylor findet man noch immer die alte Planung

    Allerdings weiß ich nicht, wie ich folgende Erklärung in einem Artikel der Aachener Zeitung verstehen soll.

    (...) Über die kritischen Punkte wird im weiteren Verlauf noch zu diskutieren sein. Eingearbeitet in den Beschluss wurden – insbesondere auf Betreiben der Grünen – einige Aufträge an die Verwaltung. Wichtig ist dabei zum Beispiel, was die Experten und Professoren Carl Fingerhuth und Christa Reicher zu der Überarbeitung sagen. Ein Gespräch mit ihnen soll Mitte September stattfinden. Die Projektentwickler Norbert Hermanns und Gerd Sauren sollen dann Architektenwettbewerbe für die Hochbauten initiieren. (...)


    huh:) Wieso denn noch ein Architektenwettbewerb? Ich dachte Chapman Taylor hätten einen solchen bereits gewonnen. Oder war der nur für das städtebauliche Konzept? Erwarten uns am Ende etwa doch platte Fassaden mit Glubschaugen/Strichfenstern und Flachdächern? :schockiert:

  • Das Konzept hat mit der Überarbeitung deutlich gewonnen. So passt es in die historische Altstadt. Das nach dem städtebaulichen Konzept auch ein Fassadenwettbewerb stattfindet, wundert mich nicht. Gibt es in Aachen so etwas wie Altstadtfreunde etc., die sich dort in die Kommission einbringen könnten? Nachdem Potsdam, Dresden und Frankfurt zeigen, wie man Altstädte gestaltet, könnte das ja mal so langsam Schule machen ;)

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Auch mal eine gute Nachricht:
    Dieser Abrißkandidat in Aachen wurde fast in letzter Sekunde vor dem Abriß gerettet. Jetzt soll der historische Klosterkomplex in ein Neubaugebiet, bestehend aus monotonen Klötzchen und Riegeln (was auch sonst?) integriert werden.
    Obwohl der Klosterkomplex sicher alles andere als schön ist, wird er doch in dem Neubaugebiet das schönste Gebäude sein.