Frankfurt a. M. - das Bahnhofsviertel

  • Erfreulicherweise sind die Dächer häufiger im Originalzustand, je näher man der Innenstadt kommt. Aber besonders rund um den Hauptbahnhof findet man eigentlich nur Gründerzeitler mit hässlichen Flachdächern und unpassenden Aufstockungen....mit einer Ausnahme:


    Es handelt sich hierbei um das Hotel, welches auf dem Luftbild unten rechts grün hervorschaut.

    Ein besonderes Kleinod gründerzeitlicher Dachgestaltung findet man direkt an der Kaiserstraße, Ecke Moselstraße (auf dem Luftbild am linken Rand gerade noch zu erkennen). Das Erdgeschoss sollte man aber besser ignorieren.... :boese:

    Was sagt sie uns für Unsinn vor?
    Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.
    Mich dünkt, ich hör’ ein ganzes Chor
    Von hundert tausend Narren sprechen.
    Goethe, Faust I

  • Stehen denn bei den Bauten zum Platz demnächst Sanierungen an, wobei man hoffen könnte, dass die Dächer wiederhergestellt werden?

    APH - am Puls der Zeit

  • Der Frankfurter Bahnhofsplatz braucht dringend etwas mehr Pepp. Er könnte richtig stilvoll aussehen, würde man die bestehenden Bauten sanieren und ihnen die prächtigen Dachhelme wieder aufsetzen.
    Prunkvollere Laternen und hier und da etwas schmucke Stadtmöblierung sowie mehr Grün würde auch schon eine Menge helfen.

    Die Rekonstruktion des Schumanntheaters wäre natürlich die absolute Krönung :froehlich:
    Aprospos - ich weiß nicht, ob die hier schon gezeigt wurden, aber nachfolgend noch ein paar historische Ansichten vom 1905 erbauten Schumanntheater am Bahnhofsplatz:


    Quelle: http://www.altfrankfurt.com">http://www.altfrankfurt.com

    Frontansicht (vermutlich um 1920)

    Seitenansicht des Albert-Schumann-Theater

    Vom Bahnhofsplatz, Blick in Richtung Kaiserstraße

    Und jetzt kommts:
    Farbfoto vom Schumanntheater, vor den Bombardements im 2. Weltkrieg entstanden

    Der Bau, der rechts an das ehemalige Theater anschließt (in der Taunusstraße stehend), existiert noch immer - allerdings bei einer 'Modernisierung' anno 1988 extrem verhunzt (siehe Foto).
    Dieser Bau soll demnächst zum 4-Sterne-Plus-Hotel "Crown Plaza" umgebaut werden - eine Rekonstruktion der wohl noch vorhandenen Fassade von 1926 ist dabei anscheinend nicht vorgesehen - wobei das sicher kein wahnwitziger Aufwand wäre. Hier mal ein Rendering von Köhler Architekten. Ich sehe darin wirklich keine Aufwertung, wobei sie hier leicht möglich wäre. :(

    Zurück zum Schumanntheater - eine weitere historische Aufnahme, vom Bahnhofsplatz (Urheberrecht abgelaufen)

    Den Bombenhagel hat es einigermaßen überstanden, wenn auch der Saal-Rundbau ziemlich mitgenommen wurde.
    Hier ein Luftbild:
    Luftaufnahme Schumanntheater nach dem Krieg

    Und, man glaubt es kaum, so sah der Bau noch im Jahre 1950 aus. Zu dieser Zeit wurde das Gebäude als Restaurant und Club (Crossroads PX sowie Schumann Club) vom
    US-Militär genutzt - bis zum Jahre 1958.
    2 Jahre darauf wurde es dann abgeräumt (Fassade und Restaurantkopf waren nach den Bombardierungen noch völlig intakt).
    Auch der Nebenbau rechts war noch wesentlich ansehnlicher:


    Quelle: Charles Thompson (wohl US-Soldat)

    Den Fehler am angrenzenden Bau in der Taunusstraße kann man sicher leicht wieder rückgängig machen -
    und der belanglose Klotz, der heute das Schumanntheater ersetzt, hat auch seine besten Tage gesehen (sofern er jemals gute hatte)...

    Anlass für ein Fünkchen Hoffnung am Bahnhofsplatz? :zwinkern:

  • Danke für die schönen Bilder, erbsenzaehler! Es ist mir unerklärlich, wie man so ein Gebäude abreißen konnte. Und noch unerklärlicher ist mir, dass einige Leute daraus nichts gelern haben: Der Umbau von Köhler Architekten ist keines Kommentars wert.

    Es wäre immerhin ein erster und zudem relativ preiswerter Schritt, den Bahnhosvorplatz wieder zu begrünen. Zurzeit ist das ja eine der hässlichsten Ecken Frankfurts (zudem mit dem schlimmsten Verkehr und den aggressivsten Verkehrsteilnehmern - und das will in Frankfurt schon was heißen!).

  • Ich habe mal tief in meiner privaten Postkartensammlung gekramt, und kann noch dieses Bild ergänzen, leider nicht ganz so qualitativ wie das erste:


    (Klicken zum Vergrößern)

  • Zitat von "Philipp Groß"


    Ein besonderes Kleinod gründerzeitlicher Dachgestaltung findet man direkt an der Kaiserstraße, Ecke Moselstraße (auf dem Luftbild am linken Rand gerade noch zu erkennen). Das Erdgeschoss sollte man aber besser ignorieren.... :boese:

    Auf Deinem Bild sieht das Erdgeschoß aber weniger peinlich aus als auf diesem hier (ca. 2 1/2 Jahre alt):

    Ist der Puff ausgezogen? Das wäre ja erfreulich...

  • Wem gehören denn die Bauten, wo diese tollen Ecktürme fehlen, vielleicht kann mal da mal nachhören, was die von einer Dachsanierung in Zukunft halten.

    APH - am Puls der Zeit

  • Schloßgespenst:

    Es sieht ganz danach aus. Die Stadt Frankfurt will die Rotlichtbetriebe ja sowieso von der Kaiserstraße weg haben... Von mir aus auch gerne aus dem ganzen Bahnhofsviertel.

    Was sagt sie uns für Unsinn vor?
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  • @Erbsenzähler: Danke für Deine Mühe für diese hervorragende Übersicht zum Thema Schumanntheater. Es ist immer noch unglaublich dass in den sechziger Jahren die vorhandene Substanz Schumanntheaters (wie übrigens auch die des Schauspielhauses) abgebrochen wurde.

    Die damals Verantwortlichen haben den kommenden Generationen damit einen Bärendienst erwiesen. Dieser unglaubliche Frevel ist nicht mehr gut zu machen und nicht zu rechtfertigen. Ein skandalöser Vorgang in der unrühmlichen Frankfurter Stadtplanungsgeschichte sondergleichen.

    ...

  • Zitat von "Wissen.de"

    Wem gehören denn die Bauten, wo diese tollen Ecktürme fehlen, vielleicht kann mal da mal nachhören, was die von einer Dachsanierung in Zukunft halten.

    Das ist eine richtig gute Idee. Ich hatte auch schon darüber nachgedacht. Dann richten wir noch ein kleines Spendenkonto ein... :gg:

  • Ergänzend eine Luftaufnahme von ca. 1960; das Flugzeug befindet sich just über dem Gleisfeld des Bahnhofs, die Blickrichtung ist gegen Osten in die Kaiserstrasse (das Schuhmanntheater wäre anschliessend links). Man erkennt an den Dächern besonders gut, welches unzerstörte Bauten sind, und welches mit Notdächern reparierte Altbauten oder gar Neubauten sind. Es ist ein Glücksfall, dass gerade die beiden Eckbauten am Eingang zur Kaiserstrasse überhaupt noch erhalten sind, wenn auch nicht mehr in der ursprünglichen Form. Das rechte Eckgebäude sieht man hier noch ohne die heutige Aufstockung, aber ebenfalls mit einem Notdach versehen.


    Aufnahme und Verlag Aero-Lux, Frankfurt a. M.

  • Interessantes Bild - danke, Riegel!

    Man sieht hier ganz gut, daß der Kriegszerstörungsgrad im Bahnhofsviertel geradezu lächerlich gering war im Vergleich zur Altstadt. Das eigentliche Problem waren hier, genau wie im Westend nicht die Bomben, sondern die Spekulanten. :? Gottlob ist Vierteln wie Nordend und Sachsenhausen das eine wie das andere weitgehend erspart geblieben.

  • Zitat von "erbsenzaehler"

    Mein Gott, auf diesem Farbbild sieht man ja endlich mal richtig, wie schön das Schumann-Theater wirklich war! Und wie hell die Fassade war, fast weiß! Ich bin baff - ich kannte bislang nur Schwarz-Weiß-Aufnahmen und Zeichnungen, aber das... :schockiert:

    Mit dem Betrachten dieses Bildes bin ich soeben ein ernsthafter Befürworter einer Rekonstruktion geworden. Nicht, daß ich das für wahrscheinlich halte. Aber etwas weniger utopisch, als der hier im Forum öfters geäußerte Wunsch nach einer Reko des Dresdner Kaiserpalasts dürfte das schon sein. Und außerdem: Wer hätte denn vor fünf Jahren auch nur ansatzweise an einen Wiederaufbau des Palais Thurn und Taxis geglaubt? Und wer vor 20 Jahren an eine Reko der Stadtbibliotek?

    Wie schon gesagt, es ist ein belangloses Bürohaus, das im Weg steht, und das würde garantiert niemand vermissen, mit Sicherheit kein "überragendes Beispiel der Wiederaufbau-Moderne" und so weiter; kein Denkmalschützer würde sich dafür hergeben. Das ist schon mal ein Vorteil. Der zweite: Die Straßenführung ist noch dieselbe wie früher, einem neuen Schumann-Theater stünden keine verkehrstechnischen, logistischen Pläne im Weg.

  • Dazu kommt, dass man die Fassade durchaus einem anderen Gebäude als einem Theater vorblenden könnte, Stichwort Nutzung. Muss man sich zwar wieder den Disneyland-Vorwurf anhören, aber ist sehr investorenfreundlich. Ich persönlich hätte z. B. kein Problem mit einem Einkaufszentrum dahinter. ;)

  • Auf dem Foto irritiert mich allerdings, dass der Eingangsbereich durch diese merkwürdige weiße Fläche verunstaltet wird, die nach dem Krieg wieder verschwunden war. Ebenso schade ist es um den Schriftzug, der bei der Montage der Leuchtschrift wohl abgeschlagen wurde...

    Sollte es zu einer Rekonstruktion kommen, müsste man lediglich das im Innenhof befindliche Parkhaus beseitigen und/oder durch eine Tiefgarage ersetzen, dann wäre die gesamte Parzelle wieder frei. Zur Nutzung wäre wohl auch ein klassisches Varieté heute wieder konkurrenzfähig, zumal der Standort am Hauptbahnhof an Prestige und Auffälligkeit kaum zu überbieten wäre. Das alte Schumanntheater war nicht umsonst eines der berühmtesten Häuser Europas - hätte man nach dem Krieg die Mittel aufgebracht den Bühnenraum wiederherzustellen, vielleicht wäre es das heute noch...

    Was mich interessieren würde wären Fotos des Inneren - leider habe ich bis heute noch keins davon zu Gesicht bekommen, hat vielleicht jemand eine Quelle?

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  • Bilder des Inneren gibt's in Wolfgang Klötzers "Zu Gast im alten Frankfurt", das ohnehin jeder Frankfurter-Interessierte im Regal stehen haben sollte. ;)

  • Zitat von "RMA"

    Bilder des Inneren gibt's in Wolfgang Klötzers "Zu Gast im alten Frankfurt", das ohnehin jeder Frankfurter-Interessierte im Regal stehen haben sollte. ;)

    Danke für den Tipp, ich wollte mir das Buch sowieso bei Gelegenheit mal beschaffen....Nun hab ich nen Grund mehr :gg:

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    Goethe, Faust I

  • Mir ist aufgefallen, daß im Bahnhofsvierte relativ viele Häuser renoviert oder saniert werden. Ich habe auch den Eindruck, daß die Mieter- bzw. Geschäftsstruktur besser wird. Ist das ein Erfolg des städtischen Förderprogrammes?

  • Interessant ist auch, dass das Gebäude links neben dem Schumann-Theater (vom Bahnhofsvorplatz aus gesehen), das Carlton-Hotel, erst in den 70ern für einen Neubau abgerissen wurde. Bis dahin prägte die prachtvolle Gründerzeitfassade noch den Bahnhofsvorplatz

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)