Stuttgarter Bausituationen

  • Der heutige Zustand passt richtig nach einer japanischen Kleinstadt. Wenn man bei einer Rekonstruktion des Rathauses gleich die Turmstrasse mit naehme!

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat

    Ich finde Stuttgart auch gruselig, ich fühle mich in der zubetonierten Innenstadt fast schon körperlich unwohl. Doch auch Vororte wie Zuffenhausen sind überraschend häßlich und in schlechtem Bauzustand.

    Stuttgart ist schon ein spezieller Fall. Zum einen sind hier Rekonstruktionen nahezu ausgeschlossen (das mit dem Dach auf dem Gründerzeitler ist ein absoluter Glücksfall). Im Gegenteil: Immer wieder werden Vorkriegsbauten abgerissen, ohne dass das besonderes Aufsehen erregen würde. Andererseits ist es überhaupt keine Frage, dass sich das Bild der Innenstadt in den letzten Jahren Schritt für Schritt eindeutig zum Besseren gewandelt hat. So mag man zu der Glasschachtel namens "Kunstgalerie" am Schlossplatz stehen wie man will - das Ding ist an der Stelle ganz klar eine Bereicherung und um Längen besser als die Betonwüste, die da vorher war ... Ähnliches gilt für die Königsbaupassagen und den Abriss des alten Kronprinzbaus (ein hässliches Betonteil, das mitten auf einer alten Straßenflucht lag ...). Auch die Überdeckelung der Stadtautobahn, die die "Kulturmeile" durchschneidet ist zwar nicht 100 Prozent das gelbe vom Ei, aber sicherlich eine sinnvolle Reparatur ... Wiederum andererseits ist es ewig schade: Es gibt sicher wenig Städte, in denen man mit so wenig Rekonstruktionen so viel erreichen könnte ... Schließlich steht auch noch vieles (großes Gründerzeitviertel im Westen, Teile der südlichen Altstadt ... ). Aber ich wohn hier seit 10 Jahren. Noch kein einziges Mal wurde auch nur eine einzige Rekonstruktion im Zentrum öffentlich diskutiert (außer eine Brunnenfigur in der Markthalle ... )
    Insofern würde ich mal sagen: Gruselig ist es hier nicht, aber (auf gut schwäbisch): Es isch an verdammter Graus!!

  • tja, der suedwesten ist eben besonders streng.
    calvinistische traditionen, in der angrenzenden schweiz ist es genauso schlimm. lauter neuentstehende weissenhof 2008 corbusiers auf almweiden und an den seeufern.
    schrecklich.
    diese unsensiblen germanischen betonköpfe, politisch korrekt am verblöden, würde ich das mal resumieren... :augenrollen:

    wobei, der ganze deutsche westen ist ja nicht gross anders, totaler kulturverlust.

  • Zitat von "Nibelgauer"


    Stuttgart ist schon ein spezieller Fall. Zum einen sind hier Rekonstruktionen nahezu ausgeschlossen (das mit dem Dach auf dem Gründerzeitler ist ein absoluter Glücksfall). Im Gegenteil: Immer wieder werden Vorkriegsbauten abgerissen, ohne dass das besonderes Aufsehen erregen würde. Andererseits ist es überhaupt keine Frage, dass sich das Bild der Innenstadt in den letzten Jahren Schritt für Schritt eindeutig zum Besseren gewandelt hat. So mag man zu der Glasschachtel namens "Kunstgalerie" am Schlossplatz stehen wie man will - das Ding ist an der Stelle ganz klar eine Bereicherung und um Längen besser als die Betonwüste, die da vorher war ... Ähnliches gilt für die Königsbaupassagen und den Abriss des alten Kronprinzbaus (ein hässliches Betonteil, das mitten auf einer alten Straßenflucht lag ...). Auch die Überdeckelung der Stadtautobahn, die die "Kulturmeile" durchschneidet ist zwar nicht 100 Prozent das gelbe vom Ei, aber sicherlich eine sinnvolle Reparatur ... !!

    Der Aussage, dass sich Stuttgarts Innenstadt zum Besseren wandelt, kann man leider nur mit vielen, vielen Wenns und Abers zustimmen.
    Die Königsbaupassage finde ich absolut mißlungen. Dass dieses an einen Flugzeughangar erinnerde Glasdach den ganzen Königsbau überragt, ist ein Unding. Und über den Glaskubus Kunstmuseum kann man wirklich streiten (hier wurde der Teufel(=Sichtbeton) mit dem Beelzebub (=Glas) ausgetrieben). Nicht ganz ohne Schadenfreude nehme ich zur Kenntnis, dass dieses Monstrum eine Dauerbaustelle ist, da permanent durch Vandalismus verursachte Glasschäden zu beheben sind.

    Daer einzig wirklich eingermaßen erfreuliche Neubau ist der Komplex in der Kronprinzstraße. Retroinspiriert, großstädtisch und elegant. Für Stuttgarter Verhältnisse sehr gelungen. http://www.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/14994…im-umbruch.html

  • :) ...deshalb ist es ja soooo wichtig, dass die Rekonstruktionen in Dresden und Frankfurt erfolgreich verlaufen und diese "Baurichtung" einen allgemein anerkannten Platz in den Köpfen der Menschen findet. Dieser Trend wird auch irgendwann mal hier im Süden ankommen, doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Wenn ich mir überlege, dass solche "Platzhirsche" wie der Breuninger seit Jahren den Marktplatz verschandeln und nun mit dem "Da Vinci-Projekt" auch noch den schönen Karlsplatz verunstalten wollen. Leider gilt Stuttgart zudem als "Architektenhochburg", wo diese unkreativen Betonköpfe nur darauf warten, eine neue "Weißenhofsiedlung" auf die Beine stellen zu dürfen - und es gibt zudem einen Bürgermeister, der bautechnisch auf dem Stand von 1960 stehen geblieben ist... :gg:

    Der Tiefpunkt der Baukultur wurde in den 60er und 70er Jahren des 20sten Jahrhunderts erreicht...

  • Die Königsbaupassage finde ich schon eine deutliche Aufwertung, verglichen mit dem vergammelten Sammelsurium an obskuren Nachkriegsbauten an dieser Stelle. Der neue Kronprinzbau... na ja, ich habe den Bau sporadisch mitverfolgt, halt die üblichen Betonteile, denen dann eine recht billig wirkende und etwas grobschlächtige Fassade vorgehängt wird. Sicher eine Verbesserung im Vergleich zu zuvor, aber auch nichts besonderes.

    Meines Erachtens unterscheidet sich Stuttgart von Duisburg in erster Linie durch die Weinberge und den Schloßplatz. Der Rest ist nicht so prickelnd.

  • Zitat von "silesianospostato"


    Meines Erachtens unterscheidet sich Stuttgart von Duisburg in erster Linie durch die Weinberge und den Schloßplatz. Der Rest ist nicht so prickelnd.

    Nun gut, das kommt auf die Sichtweise an. Ich weiß nicht, wie das Umfeld von Duisburg ist, aber in dieser Beziehung hat Stuttgart schon was zu bieten. So hässlich ich auch die Innenstadt finde (da sich hier die ganzen Nachkriegs-Architekten ausgetobt haben) so toll finde ich das Umfeld wie Bad Cannstatt, Esslingen, Waiblingen und Ludwigsburg. Und wenn man Bad Cannstatt als die eigentliche Altstadt und den Rest von Stuttgart als "Neubaugegend" betrachtet, ist es schon mal ein kleiner Trost... :augenrollen:

    Der Tiefpunkt der Baukultur wurde in den 60er und 70er Jahren des 20sten Jahrhunderts erreicht...

  • Esslingen finde ich auch super, schon allein, weil ich dort wohne :P

    Bad Cannstatt - na ja, die Fußgängerzone ist auf 400 Metern ganz nett, die angrenzenden Straßen bestehen dann schon aus teilweise recht unattraktiven Neubauten. Ab dem Wilhelmsplatz hat dann wieder der Abrißbagger zugeschlagen...

    Ludwigsburg finde ich abgesehen vom Schloß auch nicht besonders, unter einer Barockstadt würde ich etwas anderes verstehen als die kleinen schmucklosen Häuschen, die irgendwie an Erlangen erinnern.

    Was mich immer am meisten verblüfft, ist die Häßlichkeit der Stuttgarter Vororte - während Dresden da glänzt, bieten Zuffenhausen, Botnang und Co. immer nur leicht angegammelte 60er Jahre Gebäude in Verbindung mit den unvermeidlichen Wohnblocks, ohne die hier offensichtlich nicht mal das kleinste Dorf auskommt.

    Da ist Esslingen echt ein Lichtblick.

  • Stuttgarter Zeitung:Breuninger und Land Hand in Hand
    Neue Ministerien für tausend Mitarbeiter sowie Hotel und Geschäfte

    "...Im Technikausschuss des Gemeinderats wurden am Dienstag kritische Stimmen gegen beide Projekte des Landes laut. Sprecher von SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern erklärten unter anderem, die Baumasse an der Willy-Brandt-Straße sei zu hoch und dem extrem belasteten Stadtklima unweit des Neckartors nicht förderlich. Skepsis herrschte auch gegenüber der Absicht des Landes, in den Ministeriumsbauten am Karlsplatz rund tausend Mitarbeiter unterzubringen. Gerade in diesem Quartier der Innenstadt müsse auf die benachbarten Gebäude Rücksicht genommen werden, insbesondere auf die Markthalle und das Alte Schloss. Außerdem müsse eine angemessene Lösung für das "Hotel Silber" gefunden werden, das ehemalige Gestapogefängnis, in welchem Nazigegner gefangen gehalten, gefoltert und ermordet wurden. FDP-Stadtrat Matthias Werwigk vertrat die Ansicht, alle neuen Ministerien sollten auf dem Gelände von Stuttgart 21 konzentriert werden..."

    Luftbild des Bestandes mit Umrandung des Da-Vinci-Vorhabens

    Luftbild der zukünftigen Bebauung; das eheml. Hotel Silber würde dem Vorhaben demnach zum Opfer fallen


    Stuttgarter Nachrichten:Land und Breuninger bei Da-Vinci-Projekt einig
    Eckpunkte für Neubauprojekt am Rande des Karlsplatzes geklärt - Stadt befürchtet zu große Baumasse

    „…Das konservative Lager brach eine Lanze für das ehemalige Hotel Silber. Es passe zum Alten Waisenhaus und sei eines der wenigen prägenden historischen Gebäude, die Stuttgart geblieben seien, sagte Roland Schmid (CDU). Sorg hatte zuvor erklärt, der Entwurf für so ein neues Viertel "macht nur Sinn, wenn das Hotel Silber weg ist". Er beteuerte aber, man wolle angemessen an die Geschichte dieses Hauses erinnern. In der Nazizeit folterte die Gestapo dort ihre Opfer. Nach Auffassung von Städtebaubürgermeister Hahn muss das Schicksal dieses Gebäudes wie die Frage der möglichen Baumasse im Rahmen des beabsichtigten Architektenwettbewerbs geklärt werden. Bereits jetzt ist klar, dass die Stadt eine Überbauung der Karlsstraße nicht akzeptieren will…“

  • Man stellt sich das mal vor: Da maßt sich ein Kaufhaus an, den zentralen Punkt einer Stadt maßgeblich zu "gestalten" und alle machen mit, inkl. dem "Abnickverein" Dekmalschutz.Man schaue sich auch mal den Stuttgarter Marktplatz an, den Breuninger schon dermaßen mit seinem Betonklotz verschandelt. Hier wäre doch die Möglichkeit gegeben, etwas wie das Da Vinci Projekt hochzuziehen. Aber nein, da wird eines der letzten Vorkriegsbauten geopfert, um den Größenwahn eines Bürgermeisters und eines Kaufhauses zu befriedigen...Alles schon mal dagewesen unter Klett...scheint in Stuttgart Tradition zu sein.

    Der Tiefpunkt der Baukultur wurde in den 60er und 70er Jahren des 20sten Jahrhunderts erreicht...

  • Das heutige Hotel Silber mag als Mahnmal für den Gestapo-Terror erhaltenswert sein, hat aber mit dem eigentlichen Vorkriegsgebäude doch optisch überhaupt nichts mehr zu tun. Das sieht aus wie ein beliebiger 50er Jahre Bau und ist meines Erachtens in der jetzigen Form nicht erhaltenswert.

  • Und was hat man mit dem Gebaeude des Liegenschaftsamtes vor? Es gehoert eigentlich optisch noch zum Schillerplatz, und stoert dort mit seiner modernen Fassade ein wenig. Vor dem Krieg stand dort ein rekonstruierenswuerdiges Gebaeude. Aber auch eine klassische Fassade wuerde dem heutigen Gebaeude und der Ecke schon gut tun.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Ich finde aber, das Haus sieht deutlich besser aus als ein beliebiger 50-er Jahre Bau:

    http://foto.stuttgarter-zeitung.de/download.php?file=25730.jpg

    Außerdem: Fassaden kann man rekonstruieren (wenn man denn will).
    Was hingegen einmal weg ist, bleibt (in den allermeisten Fällen) weg.

    Das Hotel Silber ist das einzige Gebäude der Vorkriegszeit in diesem Areal, und gibt die Maßstäblichkeit vor. Stuttgart kann es sich einfach nicht leisten, auch noch die letzten Reste der noch vorhandenen historischen Bausubstanz zu beseitigen. Daher muss das Gebäude unbedingt erhalten bleiben. Saniert oder gar teilrekonstruiert wäre es ein Schmuckstück an diesem Ort, auch als Bestandteil des neuen Quartiers.

    In dubio pro reko

  • Vor dem Umbau:
    http://www.gablenberger-klaus.de/wp-content/upl…-Stuttgart1.jpg

    Während dessen:
    http://www.gablenberger-klaus.de/wp-content/upl…-Stuttgart2.jpg

    Nach erfolgtem Umbau:

    Quelle: eigene

    Anmerkung: Die nachteilige Wirkung fehlender Fensterversprossung wird an diesem Gebäude aus meiner Sicht besonders deutlich. :daumenunten:

    Jeder, der sich die Fähigkeit erhält Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.
    http://www.archicultura.ch

    Einmal editiert, zuletzt von zeitlos (5. September 2012 um 06:43)

  • Das alte Gebäude der Oberpostdirektion wurde durch den Umbau in seinen Proportionen leider sehr stark verändert. Dazu tragen nicht nur die modernen Fenster erheblich bei, sondern auch die Aufstockung und der wenig gelungene Anbau. Das Gebäude ist meines Erachtens nun völlig verdorben...


    http://img112.imageshack.us/img112/1466/vi…2ansichtpr3.jpg

    http://img10.imageshack.us/img10/4094/rot005.jpg

    Durchfahrt vorher:

    http://i728.photobucket.com/albums/ww283/W…an/St016-10.jpg

    Nachher:

    http://www.abload.de/img/dsc01066cb8t.jpg

    Von der alten Substanz ist nicht mehr viel übrig.

    Der Bau früher:

    http://www.ansichtskartenserver.de/shop/ak/32/3289590.jpg

    Steht oder besser stand der Komplex eigentlich unter Denkmalschutz?

  • An der Tübinger Straße, am Fangelsbacher Eck, wurden vor geraumer Zeit folgende Behelfsbauten der Nachkriegszeit (http://kessel.tv/wp-content/upl…acker_eck_2.jpg) für das Neubauvorhaben Stuttgart City Puls abgebrochen.

    Quellen:
    http://www.strenger.de/nc/stuttgart-city-puls.html
    http://stuttgart.neubaukompass.de/Stuttgart/Bauv…gart-City-Puls/

    Dabei hat man sich für Wohnungsbau entschieden, in der Form wie es hier nach wie vor total schick, modern und urban ist oder was sich Planer darunter vorstellen wie man heute zu bauen hat. Um die Buden an potenzielle Käufer los zu werden wirbt Strenger :

    Zitat

    Alle Wohnungen sind mit überdurchschnittlichem Anspruch gestaltet. Das beginnt schon vor der Wohnungstüre: Der repräsentative Hauseingang hinterlässt sofort einen guten Eindruck.

    Wahrscheinich richtet sich der Werbetext vermehrt an auswärtige Interessenten in der Gestalt wie man mit der Marke Stuttgart hantiert:

    Zitat

    Willkommen in Stuttgart. Willkommen in einer lebensfrohen Stadt, in der die schönste Maßeinheit ein Viertele ist und Traumautos am Fließband gefertigt werden.

    Mein absolutes Highlight:

    Zitat

    In den zahlreichen Bars, Cafes und Restaurants wird das französische Savoir vivre auf schwäbisch zelebriert.

    Savoir vivre oder das was Stuttgart darunter versteht gibt es übrigens bereits in den Pariser Höfen...

    Jeder, der sich die Fähigkeit erhält Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.
    http://www.archicultura.ch

    2 Mal editiert, zuletzt von zeitlos (21. Juli 2015 um 14:08)

  • Bemerkenswert, daß man an diesem doch ursprünglich recht heruntergekommenen Standort jetzt hochwertig ausgestattete und teure Wohnungen errichtet. Offensichtlich hat der Bau des Gerber, des "Caleido" und der Versicherungsgebäude gleich daneben hier eine Art von Initialzündung ausgelöst.

    Den vorherigen Zustand in seiner ganzen Tristesse zeigt Bing: http://binged.it/1LxVWiA - halbwegs schön wird die Tübinger Straße aber erst kurz vor dem Marienplatz.

  • Die Tübinger Straße ist am schönsten zwischen Eberhardstraße und Paulinenstraße, hier stehen noch einige Alt-Stuttgarter Geschäftsbauten. Danach kommt der Rupert-Mayer-Platz mit der schönen Marienkirche, dann Durststrecke und ab der Römerstraße wieder Gründerzeit bis zum Marienplatz.

    Der Neubau ist architektonisch ein typisches Modeprodukt mit fragwürdiger Ästhetik, aber er wird diesem Quartier wenigstens etwas neue Vitalität geben. Die Nachkriegsbaracken waren überfällig.

    In dubio pro reko