• Wenn es sicht nicht nachweisen lässt, woher willst du das wissen, gibt es Indikatoren?

    Ja, die unzähligen Renaissance-Schlösser auf deutschem Boden, die in der Regel eine entsprechende Farbigkeit auf Putz aufweisen. Gegliederte und ornamentierte Bauten dieser Zeit pflegten verputzt zu sein, um einen Kontrast schaffen zu können zu den Gliederungselementen und Ornamenten. Die mittelalterliche Steinsichtigkeit war - mal abgesehen vom Backsteinbau - vielfach nicht mehr angesagt. In Regionen wie den Niederlanden oder in der norddeutschen Tiefebene erreichte man in der Zeit aber häufig auch eine ornamentale Wirkung bzw. Gliederung, indem man bewusst auf den Kontrast zwischen den Backsteinflächen und Sandsteinelementen setzte. Übrigens: Auch die Gefache von Fachwerkbauten waren zu jener Zeit meist verputzt. Ausnahmen können wieder Gefache aus Backstein darstellen.

  • Ganz Nürnberg war wohl die meiste Zeit über verputzt (dass man das heute bei den spärlichen Überresten nicht so handhaben will, ist verständlich), und Dinkelsbühl ist es bis heute. Dinkelsbühl freizulegen wäre für mich ein Sakrileg. Der Putz ist Teil der Substanz geworden und mit dieser gewachsen.

  • Backsteinbauten als häufige Ausnahme hatte ich doch bereits genannt, weil sich hierbei die Möglichkeit ergibt, mit Sandsteinelementen einen ästhetischen Kontrast zum Rot der Backsteinflächen zu erzeugen. Ob die Bauten in Rinteln wirklich immer steinsichtig waren, wäre bauhistorisch zu untersuchen. Allerdings findet sich das in der Gegend tatsächlich häufiger. Das ist aber nicht selten ein Ergebnis von Restaurierungen des 19. Jahrhunderts, die von falschen Annahmen ausgingen (wie in Quedlinburg auch). Schloss Johannisburg in Aschaffenburg ist steinsichtig und das wird wohl immer so gewesen sein, denn einerseits besitzt der Stein eine außergewöhnliche Färbung, die bereits allein für sich äußerst dekorativ wirkt. Zudem ist der Stein sehr akkurat als Quader verbaut worden. Diesen Aufwand würde man nicht betreiben, wenn ein Putz vorgesehen gewesen wäre. Das Eisenacher Stadtschloss ist ein barocker Bau und abgesehen vom Erdgeschoss verputzt, insofern verstehe ich diese Anmerkung nicht.

  • Das Schloss Eisenbach war gemeint. https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Eisenbach

    ich kann nur hoffen, dass Renovierung oder Rekonstruktion sich mehr an Schönheit orientiert und nicht nur an selektiv bauhistorisch Nachweisbarem. Der Luftschutzbunker neben der Nikolaikirche in Magdeburg wird ja auch gerade abgerissen bzw. platt gemacht und nicht bauhistorisch korrekt hergerichtet.

    Gleich neben dem Schloss hat sich das Bild auch verändert (Dachlandschaft Wassertorstraße). Gegenwärtig liegen Linkskremper auf dem Dach, vorher Hohlziegel in Kalmörtelleisten. Das ist so erstmal kein optisches Drama aber das Dach vom Schloss selbst schon, das leuchtet ja wie ne Orange vom Obstbaum.

  • ich kann nur hoffen, dass Renovierung oder Rekonstruktion sich mehr an Schönheit orientiert und nicht nur an selektiv bauhistorisch Nachweisbarem.

    Du kannst dir sicher sein, dass die Bauforschung da gründlich arbeitet und eine Selektion - wenn denn notwendig - auf wissenschaftlicher Grundlage erfolgt. Alles andere gehört ins Reich von Träumereien. Schön können wir gerne Neubauten errichten, bei historischer Bausubstanz ist das ein untergeordnetes Kriterium. Und das ist gut so, uns wird sich sicherlich auch nicht ändern.

    Wir kommen hier auch nicht weiter, wenn du mir weitere Bauten der frühen Neuzeit präsentierst, die steinsichtig sind. Die gibt es natürlich in ausreichender Zahl. Zum einen ist aber zu klären, ob dieser Zustand nicht auf das 19. Jahrhundert zurückgeht, zum anderen darfst du mir glauben, wenn ich dir sage, dass bei Residenzen des Adels aus dieser Zeit der Putz eher die Regel war, erst recht, wenn das Mauerwerk nicht akkurat aus Quadern besteht. In Quedlinburg ist daher von einem Putz auch vor der barocken Zeit auszugehen. Möglicherweise ist der sogar nachgewiesen (da müsste man in die Restaurierungsberichte schauen), nur ist die Farbfassung nicht überliefert.

  • Ganz Nürnberg war wohl die meiste Zeit über verputzt (dass man das heute bei den spärlichen Überresten nicht so handhaben will, ist verständlich), und Dinkelsbühl ist es bis heute. Dinkelsbühl freizulegen wäre für mich ein Sakrileg. Der Putz ist Teil der Substanz geworden und mit dieser gewachsen.

    Diverse Gebäude in Dinkelsbühl sind nicht verputzt, das Fachwerk ist sichtbar - dazu gehören m.E. die schönsten Häuser im Ort überhaupt. Das Fachwerk welches man sieht, scheint auch nicht angebeilt zu sein, so dass diese Gebäude wahrscheinlich nie verputzt waren. Und beim Rest- würde mich schon interessieren ob die Gebäude seit Anbeginn verputzt waren.