Frankfurt a. M. - altes Polizeipräsidium und Matthäuskirche

  • Ich denke nur stets weit in die Zukunft.

    Was stellst du dir denn vor passiert in ferner Zukunft in deutschen Städten? Aus irgendeinem Grund saniert/wartet man Gebäude nicht mehr, es gibt es keine Bau- und Sicherheitsstandards mehr?
    Das interessiert mich jetzt schon, was das für zukünftige Umstände sein sollen, dass man Hochhäuser mitten in Städten auf einmal aufgibt und sie auseinanderfallen lässt.

  • "erbse" zum Beispiel ist ein großer Hochhaus-Freund.

    Zum einen bin ich das pauschal nicht. Und zum anderen hat sich das auch in den letzten Jahren noch um einiges verändert.

    Im westlichen Kern der Frankfurter Innenstadt erscheinen mir Hochhäuser als politisch geradezu alternativlos. Das vor allem, weil die Stadt sich nun einmal bewusst zu diesem Weg konsequent entschieden hat und eine entsprechende Stadtstruktur über Jahrzehnte ausgeprägt hat. Als so stark kriegszerstörte Stadt kann ich diesen Weg nachvollziehen. Eine noch uninteressantere Stadt wie Essen oder Düsseldorf soll das meinetwegen auch machen.

    Zum anderen ist die Dichte durch Hochhäuser natürlich gewissermaßen eine Mär. Wenn wir uns die dichtbesiedeltsten Viertel Europas anschauen, sind das allesamt keine Hochhausgegenden, sondern Strukturen des Mittelalters bis hin zum Ersten Weltkrieg. Die meisten europäischen Städte brauchen keine Hochhäuser und sollten mE auch keine haben. Wenn jede Stadt versucht, da mit irgendwem mitzuhalten, gibt es irgendwann für uns Städter keine Wahl mehr, in einer wirklich schönen, klassischen Stadt zu leben. Was ja wohl hoffentlich nicht das Ziel sein kann. Mailand z.B. hätte wirklich nicht diesen Weg gehen müssen, Den Haag, Brüssel, Stockholm, Riga, Prag, Amsterdam, Wien und Breslau auch nicht. Überflüssig wie ein Kropf deren Hochhausviertel. Generell sollten unzerstörte Städte das einfach bleiben lassen. Amsterdam muss um Gottes willen nicht Rotterdam nacheifern, das ist doch peinlich. Man spricht ja auch nicht umsonst von Brüsselisierung, wenn Hochhäuser in historische Stadtviertel gestellt werden.

    Und zu guter Letzt halte ich es mit Leon Krier: ein Hochhaus muss seine Stellung in der Stadt verdient haben. So wie Kirch- und Rathaustürme dies einst durch filigrane und angenehme Ästhetik taten. Die wenigsten Hochhäuser tun das. Darum bin ich auch kein Freund des in Berlin propagierten Modells "Hochhausverdichtung an allen S-Bahnen". Da kommen nur überall die selben Kisten bei heraus - und am Ende weiß man nicht mehr, an welcher Station man eigentlich gerade ausgestiegen ist. Wenn man diese Stadtbaupolitik schon um 1900 verfolgt hätte, wären sicher wunderbare Türme dabei herausgekommen, wie das Ullsteinhaus oder der Borsigturm. Dann bitte an diesen heute orientieren. Wir brauchen nicht die international austauschbare Standardästhetik, sondern eine lokale Architektursprache auch im Hochhausbau. Das würde auch Frankfurt äußerst gut stehen, mal einige Türme wirklich lokal zu interpretieren - mit Mainsandstein, Abstufungen, eleganten Details, einer Interpretation Frankfurts zwischen Expressionismus und Art Deco.

  • Was stellst du dir denn vor

    Es geht nicht darum, was ich mir vorstelle, denn die Glaskugel, um die Zukunft zu sehen, habe ich nicht. Ich kann aber bestimmte Risiken mit einzukalkulieren versuchen. Viele machen das nicht, weil sie sich darauf verlassen, dass immer alles funktioniert.

    Als ich vor etlichen Jahrfen mal erwähnte, sicherheitshalber zu Hause stets einen kleinen Lebensmittelvorrat zu haben, falls es mal Stromausfall/Naturkatastrophen/Währungsreform usw.usf. geben sollte, antwortete mir eine Freundin: "Wenn ich Lebensmittel brauche, gehe ich einfach zu Aldi. Da sind sie immer billig zu haben." Als hier am Anfang der Corona-Maßnahmen das Klopapier knapp wurde, war das für mich kein Problem. Ich hatte drei große Packungen im Keller. Es wunderte sich aber ein guter Freund: "Ich bin in drei Supermärkten gewesen, aber nirgendwo gab es Klopapier. Da habe ich mir von meinem Nachbarn zwei Rollen geben lassen müssen."

    Man kann auch so durchs Leben gehen. Jeder wie er möchte.

    Will sagen: Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt. Wir sollten uns aber nicht darauf verlassen, dass ewig Geld da ist und ewig die Maschine in gewohnter Weise weiter funktioniert. Manche Leute in der DDR haben 1949 sicher auch gemeint, dass ihre Häuser doch gut durch den Krieg gekommen sind und tiptop aussehen. Den Zustand 1989 haben sie sich nicht vorstellen können.

  • Die Stapelung auf kleiner Fläche hilft doch eher, das typisch deutsche Problem der Zersiedlung in der Fläche zu verringern. Die Städte der europäischen Vormoderne waren meist äußerst verdichtet und kompakt. Ich sehe hier keinen prinzipiellen Widerspruch.

    Ich sehe den sehr wohl. Die Glaskästen sind überhaupt nicht vergleichbar mit dichter sonstiger Bebauung, weil sie Luftraum um sich herum brauchen. Das führt dazu, dass die Dichte insgesamt keineswegs höher ist, als wenn man niedriger dafür geschlossener bauen würde.

    Hochhäuser haben im übrigen kein spezifisches Problem bezüglich Langlebigkeit und Erhaltensaufwand. Bau- und Planungsfehler können natürlich vorkommen, sind aber nicht systembedingt.

    Allein der Abriss eines Hochhauses ist ein sehr aufwendiges Verfahren. Nimmt man dann noch andere technische Herausforderungen, z.B. verhindern, dass in den großen Mengen stehenden Wassers in Rohren Legionellen sich ausbreiten, die Klimatisierung, und die Konstruktionstechnik, die fast vollständig aus CO2 intensivem Glas, Beton und Stahl besteht, so gäbe es jede Menge systembedingte Probleme, die sich natürlich auch auf den Erhaltungsaufwand auswirken.

  • Meine Aussage war eine Replik auf Heimdall , der sich sinngemäß über die zu hohe Inanspruchnahme der Infrastruktur durch die Hochhäuser in Frankfurt beschwert hatte, was ja einer zu hohen Nutzungsdichte des Stadtraumes entspräche.

    Majorhantines , Du schreibst im Gegensatz dazu nun, dass die Dichte geringer wäre als bei traditioneller Bebauung.

    In Bezug auf Frankfurt mit seiner für europäische Verhältnisse relativ hohen Dichte von Hochhäusern und zusätzlich vorhandener dichter konventioneller Bebauung fände ich das erstaunlich.

    Ihr argumentiert beide gegen Hochhäuser, aber mit gegensätzlicher Argumentation.

    Mein Punkt war weder grundsätzlich pro noch kontra gerichtet, sondern der, dass wenn man schon an einer bestimmten Stelle in Frankfurt ein Hochhaus neu baut, es für das Stadtbild keinen Vorteil bringt, an Höhe zu sparen. Die Aussage bezieht sich aber wirklich nur auf Frankfurt, dessen Kulisse ohnehin durch die Wolkenkratzer dominiert wird.

  • Eine vier- bis sechsgeschossige Überbauung ermöglicht nämlich schon weit grössere bauliche Dichten und Beschäftigten- bzw. Einwohnerdichten, als in manchen Schweizer Städten oder Agglomerationen erwünscht und erforderlich sind153. Zudem sind solche Bauformen – namentlich höhere (Zeilen-)Häuser oder Blockrandbebauungen – aus ökonomischer, städtebaulicher, rechtlicher und soziologischer Sicht meist geeigneter als das dasselbe Bauvolumen generierende Hochhaus, zumal mit dem Verteilen der Baumasse in die Breite grundsätzlich mehr Nutzfläche generiert werden kann als bei der Verteilung derselben Baumasse in die Höhe, die Stadtsilhouette nicht dermassen tangiert wird, nicht zwingend ein Bebauungsplan erforderlich ist und das Wohnen in Bodennähe auch für Familien und alte Menschen geeignet ist

    HelgeK Du konstruierst einen Widerspruch zwischen den Aussagen Heimdalls und mir, der nicht besteht. In der oben verlinkten Arbeit wird ausdrücklich genau die verkehrliche Belastung, wie von Heimdall beschrieben durch die Dichte thematisiert ua. Da geht es aber um die punktuelle Dichte und verkehrliche Belastung. Gleichzeitig wird aber auch meine Aussage klar gestützt, dass dieselbe Dichten aus einem ganzen Strauß an Gründen besser durch andere Bauformen erreicht werden kann.

    Ich habe mich auch gar nicht zu Deiner unterstützenden Aussage von Hochhäusern in Frankfurt zu Wort gemeldet, sondern zu klaren Falschaussagen, ua. dass Hochhäuser zu einer Verdichtung führen in Städten, die diesen Städten gut tun würde. Daher auch meine Aussagen, welche unabhängig von Frankfurt sind. Von mir aus können sie hier ihre Türme auch bauen, aber ich korrigiere falsche Aussagen, die das als Maßnahme gegen Zersiedelung feiern und als Kontinuität einer stetig wachsenden Dichtezunahme. Selbiges zu den Aussagen bezüglich Langlebigkeit. Wir werden ja sehen ob diese Türme in Frankfurt die 400 Jahre schaffen, wie die Häuser unserer Altvorderen.

  • Wir werden ja sehen ob diese Türme in Frankfurt die 400 Jahre schaffen, wie die Häuser unserer Altvorderen.

    Das tun sie ja nachweislich nicht. Die meisten Hochhäuser der Skyline-Frühphase Frankfurts aus den 50ern, 60ern und 70ern sind entweder schon wieder abgerissen oder nahezu komplett umgebaut. Zuletzt auf dem FOUR-Areal, zuvor z.B. für den Bau des Opernturms, die Deutsche Bank Zwillingstürme, die Commerzbank, Silver Tower, Selmi-Hochhaus, dieser eine Uni-Turm, Henninger, usw...

  • dass wenn man schon an einer bestimmten Stelle in Frankfurt ein Hochhaus neu baut, es für das Stadtbild keinen Vorteil bringt, an Höhe zu sparen. Die Aussage bezieht sich aber wirklich nur auf Frankfurt, dessen Kulisse ohnehin durch die Wolkenkratzer dominiert wird.

    Bezogen auf das Frankfurter Stadtbild will ich Dir ja gar nicht widersprechen. Ich bezog mich aber eben nicht auf den optischen Effekt als Kulisse, sondern auf dahinter liegende strukturelle Probleme, z.B. die Verkehrssituation.

  • Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass die Hochhäuser den Stadtbewohnern KEINERLEI Vorteile bieten. Es löst nicht den Mangel an bezahlbaren Wohnraum, es sorgt nicht für eine Stadtreparatur und es ist aus ökologischer Sicht kontraproduktiv. Es ist ein Produkt internationaler Investorenarchitektur und bedient zumeist einen längst übersättigten Büroimmobilienmarkt in der Stadt. Gleichwohl muss ich anerkennen, dass der Blick auf die Skyline (auf die Perspektive kommt es an) schon einen Wow-Effekt auslöst. Aber vielleicht hätte man diesen Effekt auch bei einer verdichteten Hochhauslandschaft in der Frankfurter Bürostadt Niederrad erzielt...

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  • Majorhantines : Heimdall ist doch gar nicht gegen das Hochhaus an sich (- wenn ich ihn richtig verstehe), sondern dagegen, dass es höher gebaut wird als ursprünglich geplant.

    Mehr Geschossfläche bei identischer Grundfläche bedeutet hier im konkreten Fall aber doch wohl unzweifelhaft höhere städtebauliche Dichte, korrekt? Und genau das sieht Heimdall dann ja auch kritisch, weil die Frankfurter Infrastruktur nicht noch mehr Dichte vertrüge.

    Du hingegen stellst dem einen Artikel hingegen, demnach höheres Bauen allgemein keine höhere Nutzungsdichte derselben Fläche ermöglichen würde.Wir reden also offenbar aneinander vorbei.

  • Andere Stadt - gleiche Probleme. Auch in Frankfurt macht die schlingernde Gerchgroup von sich reden. Es ist unklar, wie es bei der Entwicklung des Alten Polizeipräsidiums weitergeht. Auch hier droht weiterer Verfall und Dauerleerstand: https://www.faz.net/aktuell/rhein-…t-19125729.html

    Es ist eine von vielen Baustellen in der Innenstadt, wo es derzeit nicht weitergeht. Die Krise am Bau und am Immobilienmarkt wird immer offensichtlicher.

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