Hier ein paar Bilder von Tewkesbury, einer kleinen geschichtsträchtigen Stadt am rande der Cotswolds zwischen Worcester und Gloucester gelegen. Es gibt viele schöne Fachwerkbauten in der Stadt, dazu gibts noch die ein oder andere enge mittelalterliche Gasse zu sehen.
Tut mir den gefallen und achtet auch mal auf die Fenster. Beim Craik's House ist da alles mögliche zusammengewürfelt, beim Museum und der Touristeninfo jedoch sehr, sehr alt wirkende Fenster (also keine aufgeklebten PVC Sprösschen auf Fabrikneuem Floatglas). Sowas findet man öfter in England. Mir gefällt auch die eher dunkle oder natürliche Farbfassung. Gestrichenes Fachwerk geht auch voll in Ordnung aber wenn alle Häuser bunt sind im Dorf dann sieht es schnell aus wie bei den Schlümpfen...
Craik's House

Spätes 15. oder frühes 16. Jahrhundert. Rückflügel aus dem späten 16. bzw. 17. Jahrhundert, erweitert im späten 18. oder 19. Jahrhundert. Enge Fachwerkständer mit Putzgefachen an der Vorderseite, schweres Kastenfachwerk an den übrigen Seiten, Backsteinsockel; Ziegeldächer, Schornsteine aus Backstein.
Grundriss: Seitlicher Eingang, paralleler Grundriss, beheizt durch einen zentral geteilten Kaminzug; niedrigerer rückwärtiger Flügel bildet einen L-förmigen Grundriss.
Außenbau: Dreigeschossiger, doppelt vorkragender Vorderbau, der rechts den Zugang zu Turner’s Alley überdeckt. Die Front ist zweiachsig:
- Nr. 82 besitzt ein dreiteiliges bleiverglastes Fenster aus dem 18. Jahrhundert mit mittlerem Öffnungsflügel (nur horizontale Sprossen), darunter ein gleichartiges Fenster im ersten Obergeschoss und ein Ladeneinbau aus dem 20. Jahrhundert mit Dreischeibenfront und Tür links. Das Fenster des ersten Obergeschosses wird beidseitig von je zwei fein geschnitzten, mit Maßwerkbögen versehenen Blendfeldern flankiert; darunter verläuft über die gesamte Breite ein geschnitztes Fries im senkrechtgotischen Stil unmittelbar unter dem Vorkragen. Ursprünglich handelte es sich um ein durchgehendes Fensterband, das sich auch über Nr. 83 erstreckte.
- Nr. 83 besitzt je ein dreiteiliges Holzfenster im ersten und zweiten Obergeschoss sowie einen kleinen, holzverkleideten Erker mit kleinen Scheiben als Schaufenster; rechts daneben der Durchgang zur Gasse. Das Fenster des ersten Obergeschosses wird, wie bei Nr. 82, von Maßwerkblenden flankiert (drei bzw. zwei Felder), jedoch mit etwas breiteren Öffnungen und einem hölzernen Brüstungsbalken statt eines Frieses.
Ein großer Backsteinkamin sitzt mittig hinter dem First, der teilweise mit Firstziegeln aus Stein gedeckt ist. Die Gassenwand rechts ist in schwerem Fachwerk ausgeführt, links verputzt.
Hinter dem Vorderbau folgt ein dreigeschossiger Teil in schwerem Kastenfachwerk mit Backsteinausfachung und dreiteiligem Fenster, anschließend ein zweigeschossiger Backsteinbau mit zwei dreiteiligen Fenstern und einer Brettertür links zu Nr. 83. Dahinter leicht zurückgesetzt ein weiterer Fachwerkteil mit kräftigem Eckpfosten, je einem dreiteiligen Fenster pro Geschoss und einer teils verglasten Stalltür zu Nr. 82.
Innenraum:
Nr. 82 besitzt sehr breite Deckenbalken, eine abgefaste Querbalkendecke, große Eckpfosten und einen einfachen Sturz über einem erneuerten Kamin. In der Mitte rechts eine gewendelte Treppe aus der Mitte des 18. Jahrhunderts mit Stabgeländer und dorischen Pfosten; hier auch Wandvertäfelung aus derselben Zeit. Die Trennwände und Rückwände bestehen aus schwerem Fachwerk. Die obere Treppe ist eine steile, einfache Wendel, wohl ebenfalls 18. Jahrhundert, mit einem Abschnitt profilierter Wandvertäfelung am Austritt. Die Eckpfosten laufen oben fast wie Kragbögen zusammen. Ein kleiner, mit Verglasung aus dem 20. Jahrhundert überdeckter Innenhof verbindet den hinteren Gebäudeteil, ebenfalls in Fachwerk, mit einem vermauerten Türdurchgang mit spitzbogigem Sturz an der rechten Rückseite. In diesem Raum befinden sich abgefaste und gestoppte Deckenbalken.
Das Innere von Nr. 83 wurde nicht besichtigt, doch das Grundgerüst stammt eindeutig aus derselben Bauzeit wie Nr. 82. Es sind dort Fragmente spätmittelalterlicher Wandmalerei (spätes 16. Jh.) im vorderen Raum des ersten Obergeschosses erhalten, darunter Auszüge aus Psalm 102 und ein separater Textbeginn mit der Inschrift „Honour thy Father…“ („Ehre deinen Vater…“).
Touristeninfo

Frühes oder wahrscheinlich mittleres 17. Jahrhundert, unter Einbeziehung von Bauteilen aus dem 16. Jahrhundert. Dicht gesetztes Fachwerk mit Eichenständern, teils verputzt, teils aus Backstein; Ziegeldach, Schornsteine aus Backstein.
Grundriss: Ein doppelt vorkragender Vorderbau mit Treppenhaus links, zwei vorderen Haupträumen und einem rückwärtigen Raum, der zusammen einen L-förmigen Grundriss bildet. Der leicht versetzte Eingang führt durch einen mit Steinplatten ausgelegten Durchgang, der ursprünglich wohl als Durchfahrt diente.
Außenbau: Dreigeschossig, zweiachsig. Im zweiten Obergeschoss befinden sich dreiteilige Fenster mit Kehle-Profil (ovolo moulding) und Querstrebe, unter einem vorspringenden, dreigeteilten Traufgesims auf drei Konsolsteinen. Das erste Obergeschoss besitzt über die gesamte Breite eine Reihe von gleichartig profilierten Fenstern mit Querstrebe, darunter einen mittigen, leicht vorspringenden Erker (oriel), gestützt von einem profilierten Balken (bressumer) mit seitlichen Konsolen. Im Erdgeschoss, unter einem weiteren profilierten Balken, befinden sich ein später eingesetztes sechsteiliges und ein niedriges dreiteiliges Fenster sowie zwei zweiflügelige Türen mit verputzten Leibungen. Sämtliche Fenster besitzen rechteckige Bleisprossen. Links vom Eingang steht ein Abschnitt eng gesetzter Eichenbrüstungen aus dem 16. oder 17. Jahrhundert, etwas aus der Frontflucht hervortretend. Das Dach ist abgeschleppt (Walmdach) mit großem Schornstein links; die rechte Seitenwand aus Backstein besitzt einen breiten Außenschornstein. Der rückwärtige Flügel ist in modifiziertem englischem Verband gemauert, mit schlichtem Ziegelgiebel und großem außenliegendem Kamin.
Innenraum: Der vordere Erdgeschossbereich wurde verändert, doch der hintere Raum hinter dem Treppenhaus zeigt einen kräftigen Querbalken mit nachträglichen Profilierungen und ein fünfteiliges Fenster. Die offene, gewendelte Treppe mit Zwischenpodesten besitzt eine geschlossene Wange, Stabgeländer und kantige Pfosten; sie wird durch ein weiteres fünfteiliges Fenster belichtet.
Im ersten Obergeschoss sind im linken vorderen Raum vollständig erhaltene Wandvertäfelungen aus dem 17. Jahrhundert, breite Dielen und ein verputzter Mittelbalken zu sehen. Über dem Fenster verläuft ein Fries mit Schnitzereien in Kerbschnitttechnik aus dem 17. Jahrhundert. Der rechte Raum ist unverkleidet und zeigt zwei verputzte Balken mit Profilierung nur zur Vorderseite. Der kleine rückwärtige Raum, belichtet durch zwei Fenstergruppen (3 + 2 Lichter), besitzt einen profilierten Deckenbalken aus Stuck und breite Holzdielen.
Das zweite Obergeschoss weist im linken Vorderraum ein großes, reich verziertes ovales Stuckfeld aus der späten Zeit des 17. Jahrhunderts auf, eingefasst von kräftig profilierten Balken, teilweise auf einem Pfosten mit Konsolstein ruhend. Eine modillionierte Stuckleiste (Kranzgesims) läuft teilweise durch die rückwärtige Trennwand. Pilaster mit dekorativen Volutenköpfen und vertäfelten Sockeln flankieren das Fenster. Der rechte Raum zeigt zwei starke, leicht durchhängende Stuckbalken, ist ansonsten schlicht. Am Treppenende zum hinteren Raum führt eine originale sechsfeldrige Tür aus dem 17. Jahrhundert mit sehr schmalen Rahmen.
Der vorkragende, abgeschleppte Vorderbau mit tiefem Dachüberstand und Fensterbändern ähnelt Nr. 100 Church Street und zeigt, wie im 17. Jahrhundert Renaissanceformen auf die traditionelle englische Fachwerkbauweise übertragen wurden. Das Gebäude ist zudem bedeutsam, weil es von der für Bürgerhäuser bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts üblichen Seitenflur-Anlage abweicht und stattdessen einen zentralen Durchgang zwischen zwei beheizten Räumen mit einer hinteren Treppe (heute ersetzt) besitzt.
Tewkesbury Museum

Datierung „B R R 1664“ über der linken Tür. Dicht gesetztes Fachwerk mit verputzten Gefachen an der Vorderseite, verstrebtes Kastenfachwerk an den übrigen Seiten; Ziegeldächer, Schornsteine aus Backstein.
Grundriss:
Seitlicher Eingang; rechtwinkliger Grundriss.
Außenbau:
Ein vollständig erhaltenes Bauwerk des 17. Jahrhunderts, oberhalb des Erdgeschosses nahezu unverändert. Dreigeschossig, mit doppelt vorkragender Fassade und breitem, mittigem Erker über alle Geschosse, abgeschlossen durch ein Walmdach zur Straßenseite. Rückwärtig zwei giebelständige Flügel, der linke mit Treppenhaus.
Die Fenster der beiden Obergeschosse verlaufen über die gesamte Breite: Bleiverglaste Holzfenster mit profilierten Pfosten (ovolo moulded mullions) und Querstrebe, jeweils in 14 Feldern. Im Erdgeschoss ein schwacher Ladeneinbau des 20. Jahrhunderts mit verglaster Tür; links daneben eine breite Tür aus Brettholz unter einem geschnitzten, leicht gebogenen Sturz mit Zierarbeit und der Inschrift BKR 1664 – Initialen von Bartholomew und Katherine Read.
Unter den vorkragenden Geschossen sitzen tiefe, geschwungene Konsolen an den Enden, darüber weit auskragende Traufen auf Konsolen. Rückseitig ein mittiger Backsteinkamin. Rechts des Gebäudes führt ein überdachter Durchgang mit getäfelter, teils verglaster Tür ins Innere. Hinten befindet sich ein giebelständiger Flügel mit integriertem Taubenschlag; links davon ein breiterer, aber niedrigerer Flügel, beide in Fachwerk mit Backsteinausfachung.
Innenraum:
Das Erdgeschoss ist stark verändert, doch die vorderen Haupträume der ersten und zweiten Etage sind weitgehend original erhalten: breite Dielen, dreigeteilte Deckenfelder mit profilierten oder abgefasten Balken. Im ersten Obergeschoss stützt eine gedrechselte Mittelsäule den Querbalken. Beide Räume besitzen vorspringende, verputzte Kaminanlagen aus Ziegeln, im oberen Stockwerk mit profiliertem Holzbalken (bressumer), im unteren leicht verändert. Rechts vom Kamin führt eine enge Wendeltreppe aus dem zweiten Obergeschoss hinab; die Haupttreppe im rückwärtigen Flügel ist eine offene, gewendelte Spindeltreppe.
Der niedrigere Hinterflügel, dessen Fußböden unterhalb des Hauptniveaus liegen, zeigt ein frühes vierteiliges Fenster nach Westen. Der Dachraum besitzt breite Dielen, ein einfaches Fachwerk mit einer Pfette und zwei gekappte Schornsteinzüge nahe dem Treppenhaus, das bis in den Dachraum reicht. Der Keller war bei der Untersuchung nicht zugänglich.
Bewertung:
Eine außergewöhnlich fein gearbeitete Fachwerkfassade des 17. Jahrhunderts. Ihre ausgewogenen Proportionen mit tief herabgezogenem Dachüberstand und Walmdach zeigen den Einfluss des niederländisch inspirierten Klassizismus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Zum Zeitpunkt der Erfassung (August 1991) stand das Gebäude leer und befand sich in sehr schlechtem baulichen Zustand. Der Bauforscher S. R. Jones vermutete, dass der rückwärtige Flügel den Rest eines älteren Vorgängerbaus darstellt, wofür sich jedoch keine eindeutigen Belege fanden.




